Papier. Zweifellos eine der wichtigsten Erfindungen in der Geschichte der Menschheit. Papier ist in unserer heutigen Gesellschaft fast so selbstverständlich wie Autos, fließendes Wasser und Strom. Und fast genau so wichtig. Aber wann und wo entstand das Papier überhaupt und wie fand es seinen Weg zu uns?
Die Erfindung des modernen Papier
Historische Aufzeichnungen datieren die Erfindung des Papiers auf das Jahr 105 nach Christus. Die erste Vorstufe des modernen Papiers wurde demnach in China während der Han-Dynastie von dem Beamten Cai Lun erfunden. Zwar zeigen archäologische Funde, dass ein Vorläufer des modernen Papiers schon mehrere Jahrhunderte zuvor existierte, allerdings ist die von Cai Lun verwendete Herstellungsmethode die historisch erste dokumentierte Herstellungsmethode von Papier. Bei jener Herstellungsmethode wurde die Rinde von Maulbeerbäumen zusammen mit Hanf, Lumpen und Fischnetzen in Wasser vermischt. Der daraus entstandene Brei wurde anschließend zu einem dünnen Blatt gepresst und zum Trocknen in der Sonne aufgehängt.
Ausbreitung der Papierproduktion von China auf verschiedene Teile Asiens
Das daraus entstandene Papier wurde zunächst zum Verpacken von Delikatessen verwendet, fand bald jedoch auch als Schreibmaterial Verwendung. Vor der Erfindung des Papiers wurde in China hauptsächlich auf Bambusmatten, Tierknochen oder Seidenstücken geschrieben. Jene Schreibmaterialien waren in der Praxis allerdings entweder zu schwierig zu lagern oder – wie im Falle der Seidenstücke – zu teuer, um flächendeckend eingesetzt zu werden. Das von Cai Lun produzierte Papier war dagegen leicht und flexibel und konnte zudem vergleichsweise preiswert und schnell hergestellt werden.
Auf Grund dieser Eigenschaften wurde das Papier von Cai Lun bald in ganz China verwendet und breitete sich über die nächsten Jahrhunderte hinweg sowohl entlang der Seidenstraße, als auch in Korea und Japan aus. Die dortige Papierproduktion begann im siebten Jahrhundert und verwendete neben den bereits in China verwendeten Materialien wie Hanf und Maulbeere auch Materialien wie Reisstroh, Bambus und Algen.
Ausbreitung der Papierherstellung in Arabien und Südeuropa
Trotz dieser Verbreitung versuchte China das Geheimnis der Papierherstellung über mehrere Jahrhunderte hinweg bestmöglich zu hüten, um andere Nationen davon abzuhalten, ihr eigenes Papier herzustellen, um eine Monopolstellung bei der Papierproduktion zu bewahren. Dies änderte sich jedoch im Jahre 751 nach Christus, als das chinesische Heer in der Schlacht am Talas von der Streitmacht des arabischen Abbasiden-Kalifats besiegt wurde. Dabei wurden auch mehrere chinesische Papiermacher gefangen genommen, wodurch sich die Kunst der Papierproduktion auch in der arabischen Welt ausbreiten konnte.
Es sollte jedoch noch mehrere Jahrhunderte dauern, bis das Papier auch nach Europa kam, da auch die Araber das Wissen um die Papierherstellung zunächst geheim hielten. Tatsächlich gelangte die Kunst der Papierherstellung erst im Jahre 1150 nach Europa, in al-Andalus, einem damals unter muslimischer Herrschaft stehenden Teil Spaniens. Dort wurde in der Stadt Xativa die erste Papiermühle Europas erbaut. Das dort produzierte Papier stieß auf Grund seiner im Vergleich zu Pergament eher geringen Haltbarkeit und seiner arabischen Herkunft in Europa allerdings zunächst auf Skepsis. Tatsächlich erließ der deutsche Kaiser Friedrich der Zweite sogar ein Papierverbot, welches besagte, dass Urkunden und Erlässe nicht auf Papier geschrieben werden durften.
Ausbreitung des Papiers in Europa
Den Siegeszug des Papiers konnte dies jedoch nicht schmälern und so breitete sich das Papier bald über ganz Europa aus. Die weitere Geschichte des Papiers in Europa lässt sich vor allem dank der Wasserzeichen des damaligen Papiers nachvollziehen, die auch der Forschungschwerpunkt von Dr. Erwin Frauenknecht sind. Die historisch ältesten Wasserzeichen traten gegen Ende des 13. Jahrhunderts in der italienischen Stadt Fabriano auf. Sie dienten laut Dr. Frauenknecht sowohl als Herkunftssymbol, als auch als Qualitätsmerkmal des Papiers.
Einige dieser Wasserzeichen sind der Forschung bis zum heutigen Tage erhalten geblieben, weshalb sich dank jener Wasserzeichen auch heute noch feststellen lässt, aus welcher Stadt oder Region mittelalterliche Papiere ursprünglich kamen. Die Wasserzeichen lassen dabei erkennen, dass sich das Papier zuerst im Süden Europas in Ländern wie in Italien und Spanien durchsetzte, sich dann über die Alpen hinweg nach Norden hin ausbreitete und schließlich auch seinen Weg nach Deutschland fand.
Für die Geschichte des Papiers in Deutschland ist zunächst die Gleismühle bedeutend. Sie wurde 1390 durch den Kaufmann Ulman Stromer in Nürnberg gegründet und war die erste Papiermühle Deutschlands. Dies hatte zur Folge, dass Nürnberg zu einem wichtigen Zentrum der Papiermacher wurde. Neben Nürnberg entwickelten sich zudem auch die Städte Ravensburg und Basel zu bedeutsamen Zentren der Papierherstellung.
Zu den ersten Papiermühlen im Umkreis von Tübingen zählen laut Dr. Frauenknecht die Mühlen in Urach und Söflingen, sowie eine Papiermühle in Reutlingen, welche Ende des 15. Jahrhunderts gegründet wurde. Interessant ist hierbei, dass Tübingen trotz des Status als Universitätsstadt keine eigene Papiermühle besaß, sondern das Papier hauptsächlich von den Papiermühlen der näheren Umgebung, etwa aus Reutlingen oder Bad Urach, bezog.
Mehr Informationen zu Herrn Dr. Frauenknecht sind unter folgendem Link zu finden:
https://www.hi.uni-stuttgart.de/institut/team/Frauenknecht/
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