Unzählige Familien wurden während der Kriegszeit zerstört. Soldaten wurden an die Front geschickt, ihre Familien konnten nur hilflos auf sie warten. Damals flogen Briefe, Glückwunschkarten und Postkarten zwischen Frontlinie und Heimat hin und her und überbrachten Sehnsucht und Segenswünsche.
Postkarten und Glückwunschkarten aus der Zeit des Ersten und Zweiten Weltkriegs sind jedoch nicht nur Sammlerobjekte aus Papier. Für uns Nachkommen bieten diese Feldpostkarten eine Gelegenheit, einen Blick auf die Wahrheit dieser Zeit zu werfen – schmerzhaft und voller Sehnsucht. Dadurch können wir erfahren, wie Menschen während des Krieges lebten und litten.
Für die damaligen Soldaten und ihre Familien war diese Feldpost eine der wenigen Möglichkeiten, miteinander in Kontakt zu bleiben. Alle warteten gespannt auf die Antworten ihrer entfernten Lieben. Dieses Gefühl geht über Sprache und Tinte hinaus.
Eine Geschichte voller Pulverdampf
Das Versenden einer Grußkarte oder Postkarte hat eine lange Tradition, war aber anfangs noch nicht sonderlich weit verbreitet. 1845 wurde in Deutschland die erste Schnelldruckmaschine hergestellt, woraufhin die Mechanisierung der Drucktechnik einsetzte. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurden die Karten durch günstigere Preise und bessere Qualität zur Massenware.
Vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs zeigten die meisten Karten wunderschöne Landschaften oder niedliche Figürchen mit Segenswünschen zum Fest. Aber als der Krieg begann, dienten die Bilder der Karten zunehmend der militärischen Propaganda. Die kleinen Kärtchen wurden vor dem Versand geprüft und gegebenenfalls zensiert, um mögliche Offenlegungen von Militärgeheimnissen zu unterbinden.
Aber für gewöhnlich sorgten sich die Soldaten wenig darum. Um in Kontakt mit ihren Familien zu bleiben, versandten sie sehr häufig Postkarten. Schätzungsweise wurden während des Ersten Weltkriegs über 20 Milliarden Sendungen per Feldpost verschickt, anschließend sogar noch mehr. Nichts konnte die Liebe aufhalten, die durch die kleinen Kärtchen verbreitet wurde.
Soldaten, Waffen und Nationalflaggen
Zusätzlich zu den traditionellen Landschaften, Porträts und Szenen aus der Bibel gab es im Ersten und Zweiten Weltkrieg ein relativ neues und populäres Thema: das Militär. Beliebte Themen waren beispielsweise gut gekleidete Soldaten, flatternde Nationalflaggen, Porträts von Offizieren, Militärparaden und Zeremonien, Waffen und Panzer und Slogans zur Rekrutierung.
Diese Karten wurden fein gestaltet bedruckt, um einen Einblick in das Alltagsleben oder in militärische Operationen zu gewähren. Genau wie die gezeichnete Weihnachtskarte aus dem Jahr 1942 (Bild links), die von Reed Gallery bei der Ausstellung A Heritage Christmas in Neuseeland ausgestellt wurde. Sie zeigt die Kleidung der Soldaten und drei Maschinengewehre und liefert uns ein lebendiges Bild von der Kriegsführung während des Zweiten Weltkriegs. Der hier dargestellte Geist eines heldenhaften Kampfs, wurde damals von vielen jungen Leuten bewundert. Durch das Versenden dieser Karten scheinen sie in der Lage zu sein, ihre ‚heroischen‘ Ideen, patriotischen Gefühle und das Heldentum zu zeigen. Das war eben auch Teil der Propaganda: Ein heroisches Bild des Krieges zu entwerfen und von der Front an die Heimatfront zu schicken (und umgekehrt).
Noch interessanter ist allerdings, dass die damaligen Regierungen, ob es nun die Alliierten, die Entente oder die Achsenmächte waren, versuchten sich durch diese Karten in einem besseren Licht zu präsentieren, um den Patriotismus zu fördern. Außerdem verspotteten sie die feindlichen Staaten, wodurch die Gegenpartei unterdrückt werden sollte. Auf der Webseite Wartime Canada findet sich hierfür ein Beispiel. Die von einem kanadischen Soldaten zwischen 1944 und 1945 aufbewahrte Weihnachtskarte heißt „Hitler’s Christmas Present“ und verspottet Adolf Hitler. Diese Art der Karte erhöhte und verbesserte die Kampfmoral der Alliierten, indem sie den Anführer der Achsenmächte verleumdete und erniedrigte – es sollte sich herausstellen, dass diese Taktik funktioniert.
“I miss your letters very much”
Im Gegensatz zu den heroischen oder kriegerischen Bildern auf der Vorderseite der Karten hatten die Menschen keine Angst, ihre Gefühle und Emotionen auf deren Rückseite niederzuschreiben. Normalerweise waren schriftliche Grüße kurz, aber herzlich. Manchmal befand sich darauf ein fröhliches Gedicht. Ab und zu gab es nur den Großbuchstaben ‚V‘ zu sehen, der für ‚Victory‘ (engl. Sieg) steht. Aber fast niemand sprach auf Papier über den Krieg. Einerseits durften die Menschen wegen der Zensur, die im Laufe des Krieges immer strenger wurde, nicht allzu viel über die Begebenheiten auf dem Schlachtfeld erzählen. Andererseits neigten Menschen aber womöglich auch aus psychologischen Gründen dazu, nur über Erfolge zu berichten. Über Misserfolge wurde hingegen häufig geschwiegen, damit Freunde und Familie von der Traurigkeit und den Sorgen verschont blieben.
Auf der Vorderseite einer weiteren Postkarte (Bild links) sitzt ein gutaussehender Soldat. In einer Gedankenblase ist er wieder mit seiner Geliebten vereint. Tatsächlich schickte eine junge Frau namens Alice diese Postkarte aus ihrer Heimatstadt zu ihrem Arthur an der Front. Hatte sie doch seit einer Woche nichts mehr von ihm gehört: „Hoping nothing has happened. You have not wrote for a week, and I miss your letters very much.“ Wegen Platzmangels konnte der Absender nur wenige Sätze – knapp und deutlich – auf eine kleine Karte schreiben, was seinen Gefühlen und Emotionen Prägnanz und Authentizität verlieh.
Jedoch konnte nichts die Sorge während des Krieges beseitigen. Den Schilderungen im Text Only Death Can Part Us: Messages on Wartime Cards des amerikanischen Professors Cary Nelson zufolge kamen viele Leute ums Leben, bevor ihre Karten die jeweiligen Empfänger erreichten. Daher fühlten sich die Menschen unwohl, wenn sie eine Karte bekamen. Jede Nachricht von der Front strahlte eine schmerzhafte, dramatische und angespannte Atmosphäre aus.
Ein Blick auf die Kriegszeit
Nach Meinung von Cary Nelson spielt die Postkarte sowie die Grußkarte in der historischen Forschung eine große Rolle. Eine der größten Herausforderungen für die historische Kulturwissenschaft besteht seiner Ansicht nach darin, dass in unseren Archiven keine wesentlichen Aufzeichnungen darüber vorhanden sind, wie die „normale“ Bevölkerung in früheren Zeiten mit verschiedenen Regimen interagierte. Obwohl es die Feldpostkarten als Zeugnisse gibt, wurden sie dennoch nie gesammelt oder wissenschaftlich untersucht. Die Erforschung von Postkarten und Glückwunschkarten kann es daher ermöglichen, unser Verständnis für die einstige Geschichte zu vertiefen.
„Wie schrecklich schwer ist doch das Schicksal jedes einzelnen Soldaten in diesem grässlichen Krieg, und wie wenig wird an den unbekannten Soldaten gedacht, an Jedermann.“ So wie Heinrich Böll in seinem Buch Briefe aus dem Krieg 1939-1945 geschrieben hat, bietet uns diese Feldpost eine Chance, mehr über das Schicksal der Soldaten während der Kriegszeit zu erfahren. Diese kleinen Kärtchen sind Zeugnisse, die das damalige Alltagsleben und den Zustand der Gesellschaft zeigen und die die Wirklichkeit und die Grausamkeit des Krieges überliefern. Die geschriebenen Wörter auf Glückwunschkarten und Postkarten lassen uns darüber nachdenken, was die Bedeutung von Frieden heutzutage wert ist.
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