Fakten, Biologie

Das Haar kommt überall vor: in der Kunst, der Poesie, im Alltag und auch in der Archäologie. Mumien sind das beste Beispiel dafür, dass Haare sich auch nach Jahrtausenden immer noch halten können. Daher habe ich mich mit dem „Tollund-Mann“, einer Moorleiche aus Dänemark getroffen und mit ihm ein wenig über das Haar in der Archäologie gesprochen. Was gibt es für Methoden, was kann man herausfinden und was ist eigentlich das Problem dabei? 

Könnten Sie sich vielleicht kurz vorstellen?
Tollundmannen.jpg

Kopf des Tollund-Mannes (datiert auf 375-210 v. Chr.): von Sven Rosborn – Eigenes Werk, Gemeinfrei, Link

Man kennt mich unter dem Namen „Tollund-Mann“. Ich bin in der vorrömischen Eisenzeit gestorben und wurde nach meinem Tod im Hochmoor bei Bjaeldskovdal vergraben. Das liegt in der Nähe von Tollund, daher kommt auch mein Name. Die Torfstecher, die mich im Mai 1950 fanden, dachten zunächst, ich sei erst kürzlich verstorben. Da wussten sie natürlich noch nicht, dass ich schon ein paar Jahrhunderte hinter mir hatte.

Ihre Haare sind ja trotz Ihres beachtlichen Alters noch gut erhalten geblieben! Können Sie mir Ihr Geheimnis verraten?

Vielen Dank, ich hab mein Haar zu Lebzeiten gern kurz getragen. Da hatten Läuse und andere kleine Tierchen weniger Chancen sich zu verbreiten. Meinen Bart habe ich eigentlich auch regelmäßig gestutzt. Nur am Tag vor meinem Tod kam ich nicht dazu, daher die Stoppeln. Das Moor hat ein saures Milieu, welches zusammen mit dem sauerstoffarmen Boden dafür sorgt, dass man sich auch nach vielen Jahren gut hält. Dazu gibt es auch noch Gerbsäuren im Moor, die wie beim Leder die Haut gerben. Auch Haare, innere Organe und Kleidung aus Fell oder Leder werden wunderbar konserviert! Die Stoffe im Moor sorgen allerdings auch dafür, dass sich die Haare entfärben und rötlich werden. Ich weiß ja nicht, ob es Ihnen schon aufgefallen ist, aber alle Moorleichen haben rote Haare.

Das ist also nicht Ihre richtige Haarfarbe?

Nein! Wobei ich zugeben muss, dass ich mich nicht mehr daran erinnern kann, wie meine Haare früher ausgesehen haben. Sie müssen verstehen, dass das schon etwas her ist. (lacht) Leider führt der säurehaltige Boden auch dazu, dass sich Knochen, Muskeln und Fettgewebe nicht erhalten. Ich hoffe, Sie können es entschuldigen, wenn ich etwas platt daherkomme.

Was wissen Sie denn über die Methoden, welche die Archäologen für ihre Untersuchungen an Haaren nutzen?

Tja, natürlich bin ich kein Experte. Damals gab es so etwas ja noch nicht. Aber durch meine Zeit im Museum hab ich natürlich einiges aufgeschnappt. Nicht nur bei Untersuchungen an mir, sondern auch in Gesprächen über andere Mumien. Ich hab mich sozusagen weitergebildet. An Haaren kann man zum Beispiel Isotopenanalysen durchführen. Diese Untersuchungen werden meistens an Knochen und Zähnen durchgeführt. Bei Moorleichen wie mir, erhalten die sich aber oft nicht. Isotopen sind Atome vom gleichen Element mit unterschiedlicher Neutronenanzahl. Isotopen sind regional unterschiedlich, dadurch kann man sehen, wo jemand herkommt. Außerdem unterscheiden sich die Isotopen auch je nachdem, was man gegessen oder getrunken hat. Um zu sehen was ich gegessen habe, hat man bei mir aber meinen Mageninhalt analysiert, der war nämlich auch noch erhalten. Aber bei vielen Mumien ist das nicht der Fall, da bieten sich die Haare an.

Was kann man denn noch alles aus Haaren herausfinden?

Bei ein paar Mumien aus San Pedro de Atacama, in Nordchile hat man Nikotin im Haar nachgewiesen. Die haben wohl gerne mal geraucht oder Nikotin geschnüffelt. Haare kann man aber auch anders nutzen. In Australien zum Beispiel wollten Forscher wissen, wie sich der moderne Mensch verbreitet hat und ob es da Vermischungen gab oder nicht. Da haben sie die mtDNA aus einer Haarlocke eines Aborigines des 20. Jahrhunderts extrahiert und mit der DNA von heutigen Menschen und der DNA archaischer Menschen verglichen. Dabei kam heraus, dass die Ureinwohner Australiens vermutlich von einer der ersten Auswanderungswellen der frühen Menschen abstammten, also etwa 50.000 Jahre vor heute!

Gibt es bei solchen Haaranalysen denn auch manchmal Probleme?

Leider ja. Durch die Taphonomie beispielsweise, also alle Prozesse, die ab dem Todeszeitpunkt eines Lebewesens bis zum Auffinden auf es einwirken. Dabei kann es dazu kommen, dass es beschädigt oder chemisch verändert wird. Es kann zum Beispiel Stoffe aus dem Boden aufnehmen und so das Ergebnis verfälschen. Es kommt natürlich immer darauf an, wie sich das Haar erhalten hat. Bei der DNA ist das auch nicht so leicht. Haare sind ja sowieso schon tote Materie, da ist die DNA ohnehin nicht komplett und je länger das Haar gelagert wird, desto kleiner sind die DNA-Fragmente, die man bekommt.

Vielen Dank für das Interview. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag und hoffentlich kommen noch viele Besucher.

Gerne, mit der Zeit schnappt man so einiges auf. Sie können mich immer gerne im Silkeborg Museum besuchen kommen!

 

Wer wissen möchte, wofür Haare in der Wissenschaft noch verwendet werden können, kann sich hier den Beitrag von Angelina über Haare in der Forensik durchlesen. Wem nach Moorleichen jetzt eher der Sinn nach Spuckgeschichten steht, findet auch auf dem Gespensterblog interessante Beiträge!

 

Literaturhinweise:

A. H. Thompson/A. S. Wilson/J. R. Ehleringer, Hair as a geochemical recorder: ancient to modern. In: K. K. Turekian/H. D. Holland (Eds.), Treatise on Geochemistry. Elsevier Vol. 14, 2nd ed., 2012, 371-393.

J. Echeverría/H. M. Niemeyer, Nicotine in the hair of mummies from San Pedro de Atacama (Northern Chile). Journal of Archaeological Science 40, 2013, 3561-3568.

M. Rasmussen/X. Guo/Y. Wang u.a., An Aboriginal Australian Genome Reveals Separate Human Dispersals into Asia, Science 334(6052), 2011, 94-98.

Graue Haare gelten weltweit als ein Symbol für Weisheit oder als Zeichen dafür, dass ein Mensch älter wird. Die meisten Menschen, egal ob Mann oder Frau, bekommen die ersten deutlich sichtbaren grauen Strähnen ab dem 50. Lebensjahr. Andere auch schon mal mit 30 Jahren. Doch woran liegt es, dass die Haare grau werden und was sagen diese über einen Menschen aus? Weiterlesen

Unzählige YouTube-Tutorials und zahlreiche Produkte versprechen eine voluminöse und frizz-freie Lockenfrisur, doch oft passiert nach der Anwendung das Gegenteil. Das Resultat ist weit entfernt von dem Wunschergebnis. Aber woran liegt das? In meinem vorherigen Blogeintrag „I Am Not My Hair“ ging es um die Liebe für die eigene Haarpracht. Diesmal gibt es ein paar Tipps und Tricks für dich, um deine Locken besser kennen zu lernen und der Mähne freien Lauf zu lassen.

Lockenkrone oder Locken mit Krone?

Eine wiederkehrende Frage, die sich viele Lockenköpfe stellen, ist die Frage nach den perfekten Locken. Das Problem liegt hier vor allem bei der Pflege und Instandhaltung der Locken. Denn der falsche Umgang führt zu mehr, als nur einer unschönen Frisur. Das Haar kann nachhaltig geschädigt werden.

Wichtig ist es im Kopf zu behalten, dass es keine perfekten Locken gibt. Am besten steckt man sich ein Ziel, auf das man hinarbeiten möchte. Doch wie bekommt man schönes, scheinendes und gesundes Haar, und behält gleichzeitig seine originale Haarstruktur?

Schritt 1: Lerne deine Krone kennen!

Quelle: Instagram Die Pflege macht’s aus!… Um Vogelnest und co aus dem Weg zu gehen, ist es sinnvoll seine Haarpracht kennen zu lernen.

Das Internet ist gefüllt mit Informationen zu den unterschiedlichsten Locken. Doch oft sind wir überfordert mit der Flut an Wissen und können das Erlernte gar nicht richtig umsetzen. Dass Haare allgemein verschiedene Haarstrukturen haben, ist den meisten bekannt. Locken sind auch da etwas Besonderes. Nicht jede Locke ist dieselbe. Ich als Lockenträgerin musste feststellen, dass ich nicht nur eine Art von Locke auf meinem Kopf trage. Von 2B bis 3B ist alles bei mir vorhanden. Am besten nimmt man sich mehrere Locken heraus und vergleicht sie mit einer Lockenskala (siehe Bild). Wie in der Demokratie bestimmt die Mehrheit deiner Lockenpracht deinen Lockentyp und somit auch dein Styling.

Schritt 2: Waschtag!

Quelle: nappy / pexels via canva

Jedes Curly Girl weiß, dass der Waschtag ein besonderer Tag in der Woche ist. An diesem Tag kannst du deinen Haaren die Liebe schenken, die sie über die Woche missen. Ganz wichtig ist es eine Routine zu entwickeln, die für dich am einfachsten ist und auch dir Spaß macht. Vor allem weil die Prozedur dieses Tages ewig gehen kann. „Ich wasch mir mal eben meine Haare“, hat bis jetzt noch kein Lockenkopf von sich gelassen. Lockiges Haar produziert keine eigenen Öle. Daher ist es wichtig seine Haare nicht jeden Tag zu waschen. Es wäre auch viel zu große Arbeit, da so ein Waschtag gerne mal mehrere Stunden gehen kann.

Die Curly Girl Methode kommt aus dem englischsprachigen Raum, erstmals angeführt durch das Buch Curly Girl, The Handbook. von Lorraine Massey. Da diese Bewegung recht neu ist gibt es noch keine deutschen Übersetzungen der Fachbegriffe.

Die Schritte sind eigentlich ziemlich klar. Shampooing, Detangling und Deep Conditioning!

Trage das Shampoo deines Vertrauens in dein nasses Haar ein und massiere deine Kopfhaut etwa vier Minuten. Dadurch befreist du deine Kopfhaut von Verschmutzungen und nicht natürlichen Fetten und die kleine Massage regt den Haarwuchs an. Meide Produkte mit Silikonen und Parabenen, da sie deine Haare austrocknen und frizzig aussehen lassen.

Als nächstes kommt dein Conditioner zum Einsatz. Um den perfekten Conditioner zu finden, der dein Haar mit der ausreichenden Pflege bedient, solltest du das Suchkriterium auf deinen Haartypen anpassen. Aloe Vera, Shea Butter und Co. geben deinem Haar die nötige Feuchtigkeit wieder. Ich persönlich greife gerne zu Produkten, die Aloe Vera enthalten, denn diese helfen meinen Haaren gesund und vital aussehen zu lassen.

Eine großzügige Menge an Conditioner hilft dir deine Mähne in gleichmäßigen Teilen durchzukämmen. Bestenfalls verzichtest du auf  Bürsten und versucht deine Haare mithilfe deiner Finger zu entwirren. Diese Art von Detangling ist zeitaufwendig, reißt dir aber weniger Haare heraus. Lass dich ja nicht dazu verleiten zu viel Conditioner im Prozess aufzutragen. Denn eine zu große Menge kann sich an deinen Haaren absetzten, und die Reste schaden den Locken im Verlauf des Stylings. Bei diesem Schritt ist es wichtig, den Conditioner gut einwirken zu lassen. Ihn besonders in den Längen und Spitzen einzuarbeiten und, ganz wichtig, mit kaltem Wasser abzuwaschen. Gegensätzlich zum heißem Wasser hilft dir kaltes Wasser den Glanz in den Haaren zu behalten und die Feuchtigkeit vorerst zu versiegeln. Braucht dein Haar mehr Liebe und Aufmerksamkeit, kannst du auch gerne eine Deep Conditioning Kur auftragen, um so deinem Haar zu Glanz zu verhelfen.

 

Ein Guide für die Curlyqueen und welche die es möchten werden. Quelle: Instagram

Erwärme 3 Löffel reines Kokosnuss Öl, mische ein paar Tropfen Rizinusöl darunter. Füge nach deinem Belieben Olivenöl hinzu. Trage die Mischung auf dein Haar auf und lass es für mindestens fünfzehn Minuten einwirken. Vergiss nicht besonders deine Kopfhaut damit einzumassieren. Um ein besseres Ergebnis zu erzielen kannst du deine Haare auch mit Folie umwickeln.

 

Setzte deine Krone in Szene mit einem Wash-And-Go. (Quelle: eigene Aufnahme)

Schritt 3: Styling!

Nun da deine Haare all die Feuchtigkeit bekommen haben, die sie brauchen, solltest du dir auch Pflege-Produkte suchen, die sich ähnlich zusammensetzen wie dein Conditioner. Das prüfst du am besten, indem du eine kleine Menge auf deiner Hand zusammenrührst und schaust, ob sich die Produkte vermischen lassen oder sich absetzen. Fürs Styling ist dir freie Hand überlassen. Es gibt viele Styles, um deine Lockenkrone zu formen. Ich wähle aber immer gerne die einfache Wash-and-Go-Variante.

Zum Stylen kannst du einen Leave-In Conditioner oder eine Styling Milk nehmen. Du solltest wieder auf die Inhaltsstoffe achten und dir Produkte suchen, die zu deinem Lockentyp passen. Auch hier greife ich gerne zu Aloe Vera und Kokosnuss. Nachdem du dein Produkt eingearbeitet hast, nimmst du dir ein Öl zur Versiegelung der Feuchtigkeit und arbeitest dies ebenfalls in dein Haar ein. Wichtig, als letztes solltest du deine Haare immer crunchen. Bei dieser Methode drückst du deine Haarenden hoch in Richtung deiner Kopfhaut und unterstützt somit deine natürliche Lockenstruktur.

Zu guter Letzt lässt du deine Haare lufttrocknen und gibst ihnen den Raum, den sie brauchen. Für kalte Wintertage solltest du zu einem sogenannten Diffuser greifen. Oder du lässt sie über Nacht trocknen. Ein Diffuser ist ein Aufsatz für deinen Föhn mit dem Vorteil, dass er deine Haare nicht beansprucht. Denn Hitze sollte man auf alle Fälle vermeiden. Oder du greifst zu einem T-Shirt für ein Frizz freies Ergebnis, wickle es einfach wie ein Handtuch um deine Haare zum Trocknen.

Diffuser zum trocknen. Quelle: Instagram

Schlafe wie eine wahre Lockenqueen! Seide und Satin werden deine besten Freunde sein. Beide Stoffe sind perfekt um deinen Lockenstyle für mehrere Tage aufrecht zu erhalten. Egal ob als Kissen oder Haarhaube sie entziehen dir keine Feuchtigkeit und lassen dir deinen Glanz länger.

 


Links zum weiterstöbern:

https://natürlich-lockig.de/curly-girl-methode/

https://www.femelle.ch/beauty/frisuren/conditionerguide-benutzt-den-richtigen-conditioner-auch-richtig-2037/2

 

Wenn die Angst vor Haaren das Leben bestimmt, fällt oft der Ausdruck „Chaetophobie“. Unser Reporter hat sich auf die Spuren solcher Phobiker begeben: Seine Selbstfindung führte von der britischen Boulevardpresse bis zu den finsteren Abgründen der Tübinger Gastronomie.

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In einem vergangenen Beitrag hat uns Lena bereits die haarigen Redewendungen nähergebracht. Dabei haben wir uns gefragt, was eigentlich hinter solchen Redensarten steckt. Warum sagen wir zum Beispiel, dass jemand Haare auf den Zähnen hat? Und können wir solche Redewendungen bedenkenlos nutzen? Mehr in diesem Faktencheck.

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Ein Leben ohne Haare? Für dich unvorstellbar? Das ist Realität für Viele. 1,5 Millionen Menschen in Deutschland sind an Alopecia Areata, kreisrundem Haarausfall, erkrankt. Aylin zum Beispiel. Die 26-Jährige leidet an dieser unheilbaren Krankheit, seit sie zwei Jahre alt ist. Ein Beitrag über Haare und Identität, die Geschichte von Aylin und die Krankheit Alopecia Areata.

Haare prägen unser Erscheinungsbild und sind ein Symbol persönlichen Ausdrucks. Besonders für junge Menschen ist die eigene Frisur eine Quelle des Experimentierens. Wir können durch unser Äußeres, das stark von unseren Haaren geprägt ist, entscheiden, wie wir uns repräsentieren wollen. Haare gelten als Ausdruck von Identität und auch Individualität. Das Haar ist maßgebend für unser eigenes Schönheitsempfinden.

Doch was bedeutet dies für Menschen, denen durch Haarausfall diese Möglichkeiten genommen werden? Menschen mit Haarausfall empfinden es als starke Belastung, ihre Haare, und damit einen bedeutenden Teil ihres Äußeren, nicht mehr selbst bestimmen zu können. Sie fühlen sich machtlos, entstellt und nicht mehr schön. Auch Aylin bestätigt dies.

 

Haarlos glücklich

Aylin leidet an Alopecia Areata in besonders starker Ausprägung: Die junge Frau hat neben ihrer Kopfbehaarung auch Augenbrauen und Wimpern verloren.

Hier ein kleines Update meiner derzeitigen Situation. Bin ich derzeit in irgendeiner medikamentösen Behandlung?…

Gepostet von Aylin Celene am Mittwoch, 26. Juli 2017

Im Jahr 2014 veröffentlichte die junge Frau auf YouTube ein Video mit dem Titel „glückl-ICH“. Haarlos glücklich war sie jedoch keineswegs von Beginn an. Im Video erzählt sie, dass sie jahrelang versuchte, die Krankheit zu verstecken. Ohne Perücke, aufgemalte Augenbrauen und falsche Wimpern verließ sie nicht das Haus. Sie wollte so sein wie alle anderen und möglichst wenig auffallen. Die Perücken trug sie, um Kontrolle über ihr Äußeres zu haben, um ihre Frisur selbst bestimmen zu können. Im Video berichtet sie ihren Zuschauern, dass sie früher viele Komplimente für ihre Haare bekommen habe. Doch damit fühlte sie sich nie wohl, waren diese Haare doch gar nicht ihre eigenen.

Irgendwann hatte sie genug davon, sich zu verstecken, und wollte sich so zeigen, wie sie wirklich ist. Somit entschied sie sich, dieses Video zu drehen. Ein Video, das ihren Weg zu sich selbst symbolisiert. Innerhalb weniger Minuten vollzieht sie eine Wandlung, sowohl äußerlich als auch innerlich: Aylin ist zuerst geschminkt und mit Perücke zu sehen. Nach und nach entfernt sie das Make-up in ihrem Gesicht und nimmt die Perücke ab. Sie zeigt, wie sie wirklich aussieht. So möchte sie ihren Zuschauern die Botschaft vermitteln, dass sich niemand verstecken oder einem Schönheitsideal genügen muss. Zwar trägt sie künstliche Wimpern noch täglich, aber Perücken nur noch nach Lust und Laune.

Alopecia Areata: Perücken ware Aylins ständiger Begleiter.

Ein ständiger Begleiter: Früher ging Aylin ohne Perücken nicht aus dem Haus. (Quelle: Alexas_Fotos, Pixabay.com)

 

Was die Krankheit verändert hat

Mittlerweile hat ihr Video 2,6 Millionen Aufrufe. Über ihren YouTube-Kanal versorgt Aylin Abonnenten mit Tipps und Tricks bezüglich Perücken, Styling und auch Ernährung. In ihren Beiträgen erklärt sie, dass sie damit vor allem helfen und die Menschen erreichen möchte, die auch an Alopecia Areata erkrankt sind. Zusätzlich führt sie einen Blog. Mit ihren Texten und dem Bezug zu ihrer Krankheit will sie anderen Mut machen.

Im Video erkennt der Zuschauer, dass Aylin heute stärker und selbstbewusster ist. Sie hat ihr Schicksal zum Anlass genommen, andere Menschen darin zu bestärken, sich selbst so zu akzeptieren, wie sie sind.

 

Wenn die Haare kreisrund ausfallen

Die Autoimmunkrankheit Alopecia Areata wurde schon früh entdeckt. Über die Ursachen ist aber bisher wenig bekannt. Alopecia Areata wird auch „kreisrunder Haarausfall“ genannt. Dieser tritt meist im Kopfbereich auf, kann aber auch die restliche Körperbehaarung betreffen. Der Verlust der Haare kann über einen Zeitraum weniger Wochen oder auch über Monate hinweg erfolgen. Alopecia Areata tritt sowohl bei Männern als auch bei Frauen unterschiedlichsten Alters auf. Meist wird die Krankheit jedoch bereits in der Kindheit (Alter 3-12) diagnostiziert.

Ursachen 

Experten gehen davon aus, dass Alopecia Areata auf eine Störung des Immunsystems zurückzuführen ist. Die Abwehrzellen richten sich gegen das körpereigene Haar, anstatt Viren und Bakterien zu bekämpfen. Fachleute erklären, dass dadurch Entzündungen an den Haarwurzeln entstehen. Diese entzündeten Stellen sondern Stoffe ab, die das Haarwachstum hindern oder ganz unterbinden. Fest steht, dass die Erkrankung eine vererbbare Komponente besitzt. Aktuell forschen Humangenetiker in Bonn an den genetischen Grundlagen dieser Erkrankung.

Behandlungsmöglichkeiten

Bisher ist keine Therapiemöglichkeit bekannt, die die Krankheit ursächlich heilen kann. Aktuell werden jedoch schon Therapieformen eingesetzt, die zu einer Wieder-Behaarung führen können. Dennoch kommt es häufig zu erneutem Haarausfall. Zwischen Haarwuchs und dem nächsten Haarausfall kann eine Zeitspanne von bis zu 30 Jahren liegen. Therapien, die zur Wieder-Behaarung führen, beinhalten meist den Einsatz von Kortison. Dieses soll den Entzündungen entgegenwirken. Eine weitere Therapieform versucht, das Immunsystem durch kopfhautreizende Tinkturen abzulenken: Dadurch setzt der Körper die Antikörper zur Heilung der Kopfhaut ein. Das Immunsystem ist abgelenkt und zwischenzeitlich können sich die Haarwurzeln regenerieren.

Doch bleibt keine dieser Therapieformen ohne Nebenwirkungen. Ärzte raten Patienten daher häufig, mögliche Selbstheilungskräfte des Körpers abzuwarten.

 

Informationen für Betroffene

Erfahrungsberichte

 

Es gibt viele Krankheiten, die das Haar betreffen. Doch nicht immer ist Haarverlust die unmittelbare Folge: zum Beispiel bei Trichotillomanie, einer psychischen Störung, bei der sich Betroffene die Haare ausreißen. Mehr Informationen zu dieser Krankheit im Beitrag „Vom Drang, sich die Haare auszureißen“ von Anne Diessner.

Eine volle Haarpracht gilt nicht nur als Schönheitsideal, sie wird gleichzeitig mit Vitalität und Attraktivität assoziiert. Nicht selten kommt es bei Frauen wie Männern jedoch zum Haarausfall, der die Lebensqualität der Betroffenen beeinträchtigt und sich negativ auf das Selbstbewusstsein auswirkt. Oftmals erscheint eine Haartransplantation als letzte Möglichkeit, die kahlen Stellen am Kopf erfolgreich zu bekämpfen. Doch welche Methoden und Techniken werden heutzutage praktiziert? Welche Risiken birgt eine Haartransplantation und wie sieht es eigentlich mit den Kosten aus?

Der medizinische Fachausdruck für krankhaften Haarausfall lautet Alopezie. Frauen wie Männer sind vom Haarausfall betroffen, Männer leiden jedoch viel häufiger darunter. So tritt die androgenetische Alopezie, also der erblich bedingte Haarausfall, bei rund 80 Prozent der deutschen Männer auf, bei Frauen hingegen sind es nur 20 bis 30 Prozent. Neben der erblichen Veranlagung gibt es noch weitere Ursachen, die zum Haarausfall oder Ausdünnen der Haare führen können:

  • Probleme mit der Schilddrüse (Unterfunktion und Überfunktion)
  • Haarausfall durch bestimmte Medikamente
  • Haarverlust durch ungesunde Lebensweise: Stress, falsche Ernährung, Rauchen, zu wenig Schlaf
  • Insbesondere bei Frauen: Haarausfall in der Menopause (Umschwung des Hormonhaushalts), Einnahme oder Absetzen der Antibabypille, Haarausfall während und nach der Schwangerschaft
Mediziner können eine androgenetische Alopezie bei Männern sieben Stadien zuordnen. Stadium I entspricht dem Normalzustand, Stadium VII einer maximal ausgeprägten Glatze. Quelle: Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, Band 9, Supplement 6, Oktober 2011, S. 4.

Mediziner können eine androgenetische Alopezie bei Männern sieben Stadien zuordnen. Stadium I entspricht dem Normalzustand, Stadium VII einer maximal ausgeprägten Glatze. (Quelle: Leitlinie, S.4, Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft.)

Doch warum sind insbesondere Männer so stark vom Haarausfall betroffen? Schuld ist in den meisten Fällen das männliche Sexualhormon Testosteron bzw. eines seiner Abbauprodukte namens Dihydrotestosteron (DHT). Dieses verkürzt die Wachstumsphase der Haare in der Kopfhaut und lässt die Haarwurzeln, auch Follikel genannt, absterben. Follikel am Hinterkopf hingegen scheinen relativ immun gegen DHT zu sein. Oft kann man beobachten, dass Männer ihr komplettes Haar am Oberkopf verloren haben, der Haarkranz am Hinterkopf aber weiterhin kräftig wächst. Aus diesem Grund eignet sich insbesondere dieses Areal für eine Haartransplantation, da die Region dicht mit Haaren besiedelt ist und die Follikel regelmäßig nachwachsen.

Die Haartransplantation verhilft zu neuer Haarpracht

Da der Leidensdruck der Betroffenen oftmals sehr hoch ist und viele Mittel zur Bekämpfung des Haarausfalls nicht das gewünschte Ergebnis erzielen, entscheiden sich viele Leidtragende für einen operativen Eingriff. Bei einer Haartransplantation werden vorhandene Haare an eine Stelle mit wenig oder keinem Haar verpflanzt. Laut dem 2017 veröffentlichten Jahresbericht des Verbandes Deutscher Haarchirurgen e.V. Berlin (VDHC) wurden im Jahr 2016 weltweit etwa 600.000 Haartransplantationen durchgeführt, davon circa 80.000 in Europa. Vorzugsweise unterziehen sich Männer der operativen Haarverpflanzung: 85 % der Patienten waren männlich, nur 15 % weiblich. Seit der ersten Haartransplantation im Jahr 1952 in den USA von Dr. Norman Orentreich wurden die Methoden sowie Techniken kontinuierlich optimiert, um ein natürlich wirkendes Resultat zu erzielen.

Radikal gegen kahl: vor und nach der Haartransplantation. Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=Hod2Hnvh9q8.

Radikal gegen kahl: vor und nach der Haartransplantation. Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=Hod2Hnvh9q8.

Methoden der Haartransplantation

Für die Verpflanzung der Haare an eine andere Position gibt es mehrere Möglichkeiten. Ziel dabei ist eine möglichst narbenfreie Transplantation. Hier ein Überblick der Methoden, die aktuell am häufigsten praktiziert werden:

  • Micrograft-Methode (MMG)

Auch als Streifenmethode bekannt, da ein behaarter Hautstreifen vom Geber-Bereich, meist vom Hinterkopf, entnommen wird. Anschließend wird der Streifen in Micrografts, also in kleine Haarfollikel-Einheiten mit zwei bis vier Haaren, aufgeteilt. Danach werden die Grafts an den kahlen Stellen verpflanzt.

  • Follicular Unit Transplantation (FUT)

Bei dieser Methode wird ebenfalls ein Haar- bzw. Hautstreifen von einer behaarten Körperstelle entnommen. Dieser Hautlappen ist circa 10 bis 20 cm lang und 1 bis 2 cm breit. Im Gegensatz zur Micrograft-Methode werden die Hautstreifen mit einem Mikroskop in einzelne Follikulare zergliedert. Anschließend werden die Follikulare in die entsprechenden Stellen eingesetzt. Im Vorfeld werden dazu sogenannte Empfangslöcher gebohrt.

  • Follicular Unit Extraction (FUE)

Diese Art der Haarverpflanzung zählt zu den modernsten Methoden. Hier werden mithilfe einer sehr dünnen Hohlnadel schonend einzelne follikuläre Einheiten (bestehend aus einer bis vier einzelnen Haarwurzeln) aus dem Geber-Bereich entnommen und danach an den gewünschten Stellen eingesetzt. Den Ablauf einer Transplantation mit FUE-Methode gibt es hier zu sehen (Achtung! Nichts für schwache Nerven):

Risiken einer Haartransplantation

Wie jeder operative Eingriff birgt auch die Haartransplantations-Operation Risiken. Es können Infektionen der Haut auftreten sowie ein länger anhaltendes Taubheitsgefühl im Behandlungsgebiet. Zudem können sich Wunden entzünden und dadurch Narben auf der Kopfhaut bilden. Außerdem kann es passieren, dass Follikel abgestoßen werden und das Nachwachsen der Haare dadurch ausbleibt.

Was kostet eine Haartransplantation?

Kostenfaktor Haartransplantation in Deutschland. Verglichen mit anderen Schönheits-OPs liegt die Operation kostentechnisch im Mittelfeld. Quelle: https://www.haartransplantation-vergleich.de/kosten/.

Kostenfaktor Haartransplantation in Deutschland. Verglichen mit anderen Schönheits-OPs liegt die Operation kostentechnisch im Mittelfeld. Quelle: https://www.haartransplantation-vergleich.de/kosten/.

Die Preise für eine Haartransplantation variieren je nach Land und Aufwand der Operation. Je höher der Grad des Haarausfalls, d.h. je mehr Haarwurzeln verpflanzt werden müssen, umso höher sind die Kosten für eine Operation. In Deutschland muss mit Ausgaben zwischen 2.500 und 8.000 Euro gerechnet werden. In der Türkei hingegen zahlt man einen vergleichsweise geringen Preis für die Behandlung: gerade mal 1.300 bis 2.000 Euro. Das deutsche Online-Portal Statista verglich die durchschnittlichen Gesamtkosten von Schönheitsoperationen in Deutschland nach Art des Eingriffs in den Jahren 2013 bis 2017. Im letzten Jahr lag der Durchschnittswert bei 4720 Euro. Im Vergleich zum Jahr 2015 mit durchschnittlichen 5060 Euro macht sich also ein leichter Preisabfall bemerkbar. Ebenfalls gut zu wissen: Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für den Eingriff in der Regel nicht.

Wenn dauerhafter Haarausfall eine so starke Belastung für die betroffene Person darstellt, dass er zur Einschränkung der Lebensqualität und psychischen Belastung führt, sollte eine operative Haartransplantation in Erwägung gezogen werden. Doch nicht jede Geheimratsecke ist gleich Vorbote für eine Glatze. Oftmals bedingt auch eine ungesunde Lebensweise einen temporären Haarverlust oder Haarausfall. Moderne Methoden der Haartransplantation versprechen eine schonende Haarverpflanzung, die Narbenbildung verhindern soll. Allerdings kann nicht garantiert werden, dass der Eingriff immer erfolgreich ist. Neben den gängigen Risiken einer Operation, wie beispielsweise einer Infektionsgefahr, könnte der Körper die verpflanzten Haarwurzeln abstoßen und dadurch kein neues Haarwachstum entwickeln. Dass die Haartransplantation schon lange kein Tabu-Thema, sondern längst salonfähig ist, verdeutlichen prominente Personen, wie etwa Jürgen Klopp und Christian Lindner. So gibt es aber auch Männer wie Jude Law und Bruce Willis, die zu Geheimratsecken und Glatze stehen und diese vermeintlichen Schönheitsfehler zu ihrem Markenzeichen machen.

Quellen und weitere Links zum Thema:

Haartransplantation

https://www.haartransplantation-vergleich.de/kosten/

https://www.tagesspiegel.de/advertorials/grosses-ergebnis-fuer-kleines-geld-kostenfalle-haartransplantation-die-tuerkei-ist-die-beste-wahl/20906776.html

http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/haarausfall-beim-mann-so-funktioniert-die-haartransplantation-a-893953.html

https://www.haartransplantation-vergleich.de/methoden/

https://www.aktive-rentner.de/haartransplantation-3-methoden-und-ihre-vorgehensweise-vorgestellt.html

https://www.menshealth.de/artikel/haartransplantation.444310.html

https://www.apotheken-umschau.de/Haarausfall/Haarausfall-Was-Maennern-hilft-459469.html

https://www.vdhc.de/

Haarausfall

https://www.zentrum-der-gesundheit.de/haarausfall-ursachen.html

http://www.medizinfo.de/pressemitteilungen/23.04.2012/Auszug%20S3-Leitlinie.pdf 

https://www.augsburger-allgemeine.de/wissenschaft/Neue-Studie-Warum-kriegen-Maenner-eine-Glatze-id40831046.html

https://www.haarausfall.de/haarausfall/haarausfall-maenner

https://www.haarausfall.de/haarausfall/haarausfall-frauen

https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Androgenetische%20Alopezie%20bei%20Frauen

https://www.zentrum-der-gesundheit.de/haarausfall-frauen.html

https://www.onmeda.de/krankheiten/haarausfall.html

Erfahrungsbericht von einer Haartransplantation in der Türkei

https://www.youtube.com/watch?v=Hod2Hnvh9q8

Erfahrungsbericht von einer Haartransplantation in Deutschland (Kopf und Augenbrauen): Kim Debkowski (Künstlername: Kim Gloss)

https://www.youtube.com/watch?v=UhdbaNYbPFc

In den letzten Monaten schwirren verstärkt Bilder von Plastik in den Meeren durch die Medien. Häufig wird Mikroplastik in Shampoos und anderen Kosmetikprodukten als Ursache der Umweltverschmutzung genannt. Doch schaden nicht nur feste Plastikpartikel unserer Umwelt, auch in flüssiger Form ist Kunststoff in Shampoos enthalten. Welche Schadstoffe sind in Shampoos enthalten? Und wie kann dies beim Kauf entdeckt werden?

Mikroplastik findet sich in zahlreichen Alltagsprodukten. (Quelle: eigene Aufnahme)

Zunächst einmal: Was genau ist Mikroplastik? Und wo findet man es? Im März 2016 zitiert das Umweltbundesamt in einem Artikel über Mikroplastik in Kosmetik die EU-Kriterien für das EU-Ecolabel für Wasch- und Reinigungsmittel und definiert Mikroplastik als „Partikel mit einer Größe von weniger als 5 mm eines unlöslichen, makromolekularen Kunststoffs“.

Allerdings folgen auf EU-Kriterien keine rechtlichen Maßnahmen, wodurch die Kosmetikindustrie angehalten ist, auf Mikroplastik zu verzichten. Laut Greenpeace tricksen viele Hersteller beim Ausstieg vom Mikroplastik „da es keine offizielle, einheitliche Definition von Mikroplastik gibt“. Dabei kritisiert Greenpeace, dass der „freiwillige Ausstieg nur auf so genannte „Rinse-off“ Produkte, die sofort wieder von Haut und Haaren abgewaschen werden“ bezogen wird. So sind alle anderen Produkte, die längere Zeit auf dem Körper bleiben, von der Definition ausgeschlossen. Kunststoffe in flüssiger Form sind also nicht relevant und mogeln sich weiter durch Kosmetikprodukte in die Umwelt.

Fragwürdige Inhaltsstoffe und Handlungsbedarf

In einer NDR-Reportage vom 26.03.2018 mit dem Titel „Plastik in Kosmetik: Gefahr für die Umwelt“ wird verdeutlicht, welche chemischen Substanzen in Produkten versteckt sind, die wir täglich verwenden. Mikroplastik ist sichtbar in Peelings, Gesichtsmasken oder Zahnpasta. Flüssige Kunststoffe verstecken sich hinter komplexen chemischen Namen und sind für den Verbraucher nur schwer erkennbar. Synthetische Polymere wie Silikone sind ein günstiger Ersatz für pflanzliche Fette und Öle. Jedoch legen sich Silikone, wie z.B. Dimethicon, wie ein Film über die Haut und verstopfen die Poren.

Bereits 2010 erscheinen Berichte über unbedenkliche Kosmetikprodukte. Mit dabei ist auch ein ZEIT- Artikel mit dem Titel „Schaumige Versprechen“. Die Autorin Birgit Herden deckt dabei die Maschen der Kosmetikindustrie auf und verweist auf die negative Wirkung von flüssigem Kunststoff. Vermehrt kreisen Diskussionen um synthetische Kunststoffe in Shampoo und Cremes. 2015 empfiehlt die Europäische Chemikalienagentur, Silikonöle (Siloxane) aufgrund ihrer schwer abbaubaren und giftigen Eigenschaften zu meiden. Einige Hersteller suchen nach einer Alternative, die genauso wie Silikon für Glanz, Kämmbarkeit und Reduktion von Haarschäden sorgt. Der Ersatz: Polyquaternium.

Für die Hersteller war dies ein Werbeerfolg: Der Schriftzug „ohne Silikone“ war zunächst gewinnbringend und kam bei den Verbrauchen gut an. Die Gesellschaft war kurzzeitig überzeugt, ein Produkt zu nutzen, das dem Menschen nicht schadet. Doch was ist Polyquaternium? Und welche Auswirkungen hat es auf den Menschen und die Umwelt?

Das Kleingedruckte

Das Duschgel enthält Polyquaternium und sollte somit gemieden werden. (Quelle: eigene Aufnahme)

Polyquaternium besteht aus polymeren Molekülen, also Teilchen, die miteinander vernetzt sind und lange Ketten bilden.

Polyquaternium weist antistatische Wirkungen und filmbildende Eigenschaften auf. Zudem bewirkt der flüssige Kunststoff genau das, was sich viele Verbraucher bei der Verwendung von Shampoo und Spülung wünschen: glatte und glänzende Haare!

Die positiv geladenen Teilchen des Moleküls lagern sich an die negativ geladenen Teilchen der Haare an, sodass ein „Build-up-Effekt“ entsteht. Dadurch bleiben die Moleküle für lange Zeit auf den Haaren haften. Das klingt also zunächst gut, die Haare bleiben dadurch lange kämmbar und glänzend. Das verspricht doch Vorteile, oder etwa nicht?

Leider nein, denn man sollte wissen, dass Polyquaternium Spuren von Acrylamid aufweisen kann – einer krebserregenden Substanz. Des Weiteren wird Polyquaternium durch ein komplexes chemisches Verfahren hergestellt. Synthetischen Polymere wie Polyquaternium kommen nicht natürlich in der Umwelt vor und sind nicht oder nur schwer biologisch abbaubar. Polyquaternium dient hier nur als Beispiel, es gibt noch weitaus mehr Kunststoffe in Shampoos.

Und wie erkenne ich, ob Plastik drinsteckt?

Werner Eckert, SWR-Redaktion Umwelt und Ernährung, erklärt, dass die Bezeichnung „Poly-“ ein guter Indikator ist, um Kunststoffe im Shampoo oder anderen Kosmetikprodukten zu entdecken. Hier eine Liste der umweltschädlichen Kunststoffe:

Eine Übersicht über Kunststoffe kann beim Einkaufen helfen, umweltschädliche Produkte zu meiden.

Folgen für Natur und Gesellschaft

Klar ist, dass über das Abwasser Mikroplastik über Flüsse in die Meere gelangt. Also ist Kunststoff in Shampoos zunächst einmal ein Problem für die Umwelt. Allerdings sind die Schadstoffe nicht biologisch abbaubar und können auch von den Kläranlagen nicht herausgefiltert werden. In den Meeren angekommen, wird der Kunststoff von Tieren aufgenommen. Schließlich finden sich Kunststoffe in unserer Nahrung wieder und landen im menschlichen Körper.

Die Folgen: Flüssige Kunststoffe, wie Polyquaternium, können Entzündungen im Magen-Darm-Trakt hervorrufen. Darüber hinaus befürchten Experten eine Behinderung der Verdauung, die Einschränkung der Mobilität und des Fortpflanzungsverhaltens bei Tieren. Allerdings sind Forschungen zur Gesundheitsgefährdung der flüssigen Kunststoffe noch in den Kinderschuhen. Daher lassen sich keine weiteren Schritte gegen die Kosmetikindustrie einleiten, um flüssige Kunststoffe aus den Produkten zu vermeiden. In hochkonzentrierter Lösung ist Polyquaternium -10 giftig für Wasserorganismen. Für die Natur bedeutet dies schwerwiegende Folgen, und für den Menschen sind synthetische Polymere gesundheitsgefährdend. Welche Auswirkungen dies haben könnte, ist bisher noch unklar.

In Zukunft? Was nicht abbaubar ist, gehört nicht ins Abwasser!

Bevor beim nächsten Einkauf zum bisher verwendeten und günstigen Shampoo gegriffen wird, wäre es also ratsam, auf der Rückseite die kleingedruckte Inhaltsangabe zu prüfen. Ein mögliches Hilfsmittel ist die Code-Check App. Anhand dieser können Verbraucher die Produkte genau unter die Lupe nehmen. Dabei wird einfach der Barcode gescannt, und sofort erhält man Infos zu bedenklichen Inhalten. Eine weitere Alternative zu „Plastik-Shampoos“ sind zertifizierte Naturkosmetikprodukte, wie Lavera und Weleda. Die Produkte verzichten auf Kunststoffe und Nutzen die Kraft der Pflanzen. Wer gerne einmal alternative Haarwaschmittel ausprobieren möchte, kann sich auf ganz natürliche Art mit Roggenmehl oder DIY-Shampoo die Haare waschen.

Lesenswerte Beiträge zur Geschichte des Shampoos und Erfahrungen zum Verzicht auf Shampoo sind in unserem Blog zu finden.

Weitere Informationen und Ratgeber finden sich unter Greenpeace und BUND.

 

Quellen:

https://utopia.de/ratgeber/mikroplastik-kosmetik-produkte/

https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Plastik-in-Kosmetik-Gefahr-fuer-die-Umwelt,plastik236.html

https://www.swr.de/buffet/leben/mikroplastik-in-unserem-shampoo/-/id=257304/did=20227390/nid=257304/177e026/index.html

https://www.umweltbundesamt.de/themen/mikroplastik-in-kosmetika-was-ist-das

Schaut man sich unsere evolutionär nächsten Verwandten an, so fällt einem vor allem ein Merkmal auf: alle Menschenaffen sind an ihrem gesamten Körper mit Fell bedeckt, wir Menschen hingegen nicht. Dabei hat das Fell eigentlich viele Vorteile für seine Träger. So können Tiere mit Fell tags und nachts aktiv sein, da Haare vor Kälte gleichsam wie vor zu viel Sonneneinstrahlung schützen. Damit sind die Tiere weniger von den Temperaturunterschieden abhängig. Auch können viele Tiere über ihr Fell kommunizieren. Das Aufstellen der Haare kann ein Zeichen für Angriff, Verteidigung oder Angst sein. Das Einzige, was uns Menschen davon noch als Relikt geblieben ist, ist die Gänsehaut.

Nacktheit als Vorteil

In der Evolution setzt sich nur derjenige mit der besten Anpassung und der höchsten Fitness durch. Demnach muss die Nacktheit uns Menschen im Laufe der Zeit also einen Vorteil gebracht haben. Mit Hilfe verschiedener Funde konnte nachgewiesen werden, dass unsere Vorfahren durch die Evolution ihr Fell immer weiter reduzierten. In einem 3.sat-Artikel wird erläutert, dass in der sexuellen Selektion Partner mit weniger Fell bevorzugt wurden, wodurch über viele Generationen die behaarten Zonen des Menschen immer weniger wurden. Wieso genau der Mensch sein Fell verlor, ist nach wie vor nicht ganz sicher geklärt. Es gibt jedoch mehrere Theorien, die von unterschiedlichen Wissenschaftlern vertreten werden.

Ohne Fell können die Schweißperlen besser direkt an der Haut kühlen.

Ohne Fell können die Schweißperlen besser direkt an der Haut kühlen. ©tiburi, pixabay

Fellverlust durch schweißtreibende Bewegung

Die erste und bisher gängigste Theorie geht davon aus, dass der Verlust des Fells mit der jagenden Lebensweise des Frühmenschen zusammenhängt. Wie in einem Artikel des Wissenschaftsmagazins Spektrum erläutert, hatte der Homo ergaster, welcher vor 1,6 Millionen Jahren lebte, schon ähnliche Körperproportionen wie der Mensch heute. An den Knochen erkannten Forscher, dass er viel wanderte, rannte und von der Jagd lebte. Die Regenwälder gingen durch klimatische Veränderungen in dieser Zeit immer weiter zurück. Es entstand ein weitläufiges Savannengebiet mit knapperem Nahrungsangebot und weit auseinanderliegenden Wasserstellen. Durch die Anpassung an die neuen Lebensumstände musste der Homo ergaster ausdauernd laufen und seine Körpertemperatur gut regulieren können. Ein Fell wäre dabei sehr hinderlich gewesen. Der Körper hätte sich in der afrikanischen Savanne bei dieser Ausdauerbelastung zu stark aufgeheizt und der Gefahr eines Hitzschlags ausgesetzt. Durch die Kombination aus weniger Fell und die Vermehrung der Schweißdrüsen passte sich der Frühmensch gut an die neuen Anforderungen an.

Auch felltragende Tiere besitzen Schweißdrüsen und können schwitzen. Sie tun dies jedoch deutlich weniger effektiv als unsere Vorfahren, da der Schweiß die Haare verklebt und eine Wärmeabfuhr des Körpers dadurch eher verhindert wird. Bis zu zwölf Liter kann ein Mensch am Tag schwitzen und dadurch seinen Körper auch über eine längere Zeit der Anstrengung und Belastung hinweg kühlen. Wir haben also eine im Tierreich einzigartige Regulierung der Körpertemperatur entwickelt und sind so vielen Tieren in Sachen Ausdauer um einiges voraus.

Trotzdem zweifeln viele Wissenschaftler wie der Biologe Mario Ludwig diese Theorie an. Sie sehen in der fehlenden Behaarung eine Gefahr für das Leben in der Savanne. Ohne Fell wird die bloße Haut dort der UV-Strahlung ausgesetzt und somit steigt das Risiko für Sonnenbrand und Hautkrebs.

Auf glatter Haut finden die kleinen Blutsauger deutlich schlechteren Halt.

Auf glatter Haut finden die kleinen Blutsauger deutlich schlechteren Halt. ©Catkin, pixabay

Fellverlust zur Parasitenbekämpfung

Eine weitere und neue Theorie wird unter anderem von den britischen Forschern Walter Bodmer und Mark Pagel vertreten. Sie besagt, dass der Fellverlust eine Reaktion auf Parasitenbefall war. Menschen begannen mit der Zeit sozial zu leben, Verbände zu gründen und sesshaft zu werden. Für viele Parasiten hätte dies beste Bedingungen zur Ausbreitung geboten. Um sich in diesen neuen Lebensgemeinschaften besser vor Läusen, Flöhen und anderen Ektoparasiten schützen zu können, war es also hilfreich, möglichst wenig Fell zu besitzen. Durch die voranschreitende Nacktheit konnten demnach Übertragungsmöglichkeiten für Krankheiten reduziert werden, da das Ungeziefer an glatter Haut schlechter haftet als an Fell. Auch ging damit eine enorme Zeitersparnis einher, da das über Stunden andauernde „Lausen“ wie man es bei vielen Affenarten noch beobachten kann, wegfiel. So konnte mehr Zeit für das Jagen und Sammeln genutzt werden. Außerdem lernten die Menschen, Feuerstellen gegen Kälte anzulegen. Zudem wurde Kleidung hergestellt, welche Schutz bot und sich leichter reinigen ließ als ein Fell.

Das dichte Affenfell muss mehrere Stunden am Tag nach Ungeziefern durchsucht werden.

Das dichte Affenfell muss mehrere Stunden am Tag nach Ungeziefern durchsucht werden. ©Alexas_Fotos, pixabay

Trotzdem noch ein wenig Rest-Fell

Welche Theorie nun der Sache am nächsten kommt, ist bisher noch nicht geklärt. Vielleicht gibt es auch eine ganz andere Erklärung, oder es ist ein Zusammenspiel aus verschiedenen Faktoren. Relativ einig sind sich die Forscher jedoch bei der Frage, warum der Mensch trotzdem an manchen Stellen des Körpers eine dichtere Behaarung behalten hat.

Ein Überbleibsel des ehemaligen Fells: ein dünner Flaum bedeckt noch immer fast unseren gesamten Körper

Ein Überbleibsel des ehemaligen Fells: ein dünner Flaum bedeckt noch immer fast unseren gesamten Körper. ©physicsgirl, pixabay

So schützt das Kopfhaar unser hitzeempfindliches Gehirn vor zu starker Sonneneinstrahlung, sowie vor Kälte und Hautverletzungen. Auch hat es eine ästhetische Wirkung und steigert die sexuelle Attraktivität. Das Schamhaar soll vor allem die empfindlichen Genitalien schützen. Dazu schafft es visuelle Reize und steigert die Wirkung von Pheromonen (Sexualduftstoffen). Außerdem ist fast unser gesamter Körper von einem dünnen Flaum bedeckt. Britische Wissenschaftler vermuten, dass diese dünnen Haare ebenfalls zum Schutz vor Parasiten dienen. Menschen spüren die Blutsauger eher und die Zecken, Läuse und ähnliches brauchen länger, um eine geeignete Bissstelle zu finden.

Trotz Fellverlusts fanden die Menschen unterschiedliche Möglichkeiten mit anderen Individuen zu kommunizieren. So kam es zu Körperbemalungen, dem Tragen von Schmuck, dem Verfeinern von Mimik und natürlich der Entwicklung von Sprache. Es scheint also, dass der Mensch sich im Laufe der Evolution nicht nur in seinen geistigen und körperlichen Fähigkeiten steigerte, sondern sich ebenso im Bereich der Körperbehaarung immer weiter optimierte.

 

Weiterführende Links:

Video: Das Erste: Haarige Sache: Haare im Wandel der Evolution

Podcast: Deutschlandfunk Nova: Das Tiergespräch: Warum der Mensch sein Fell verloren hat

Originalstudien:

Human skin pigmentation as an adaptation to UV radiation

A naked ape would have fewer parasites

Human fine body hair enhances ectoparasite detection

Deutsche duschen im Durchschnitt fünfmal die Woche. Ob morgens oder abends – es erfolgt dabei der Griff zur Shampoo-Flasche. Eine angenehm duftende, manchmal klare, manchmal weiße Flüssigkeit wird ins Haar einmassiert und gleich wieder ausgespült. Shampoo ist ein ganz alltägliches Produkt und aus dem Badezimmer nicht mehr wegzudenken. Doch warum ist das herkömmliche Haarwaschmittel überhaupt flüssig? Was ist in dieser wohlriechenden Flüssigkeit enthalten? Und seit wann gibt es Shampoo? Weiterlesen