Darf es ein falscher Bart aus Goldstaub sein? Oder doch lieber der jugendliche Caesaren-Look? Im alten Rom dauerte der Friseurbesuch schon einmal länger. Mit ihren Experimenten veränderten die Trendsetter der Antike die Haarmode aber für immer.

Römerin mit Mittelscheitel und Schleier.

Rom bestimmte die antike Haarmode. (Wolfgang Sauber, Perge – Faustina, CC BY-SA 3.0)

Die Römer waren die Herrscher der bekannten Welt und zeigten sich auch modisch als Stilikonen. Als sich nördlich der Alpen die germanische Haartolle noch wild über den Rücken erstreckte, erhob das Imperium Romanum Haare zum Statussymbol. Viele Römerinnen färbten sich ihre Haare in den angesagtesten Farbtönen und nach dem Untergang der Republik eiferten Männer den Frisuren ihrer exzentrischen Kaiser nach. Über die Jahrhunderte entwickelte sich eine bemerkenswerte Besessenheit.

Aber selbst Rom blickte zunächst auf eine eher haarige Vergangenheit zurück. Denn als sich die Stadt 753 v. Chr. am Tiber gründete, war der Kahlschlag noch verpönt. Stattdessen trug das Königreich lange Haare und Bärte. Warum die Königsherrschaft scheiterte, ist bis heute umstritten. An einem Aufstand der Kurzhaarträger lag es eher nicht. Auch die Patrizier der Römischen Republik (ab 509 v. Chr.) ließen niemanden ihre Zotteln kürzen. Erst später bemerkten die Römer in Griechenland ein sonderbares Treiben: Die Einheimischen suchten regelmäßig den Marktplatz auf, um sich dort ihre Haare schneiden zu lassen.

Weil alles Griechische damals im Trend lag, opferten die ersten Römer schließlich ihre wilden Frisuren. Plötzlich galt langes Haar als Kennzeichen der Barbaren. Und denen fehlte es an der Kultur für einen anständigen Haarschnitt. Nur Sklaven sollten weiterhin Bärte tragen. Dieser Trend breitete sich bis in die Provinzen aus. Hatten die Römer ein Volk unterworfen, dauerte es etwa eine Generation, bis sich die Nachkommen römisch frisierten. Gelegentlich stolperten Gelehrte wie beispielsweise Cicero (106 – 43 v. Chr.) über den Widerspruch: Hatten die eigenen Urväter nicht Bärte getragen?

Dichter beraten in Stilfragen

In der römischen Antike steckten Frauen die Haare hoch.

Frisuren mussten auffällig und individuell sein. (Unknown, Matronalivia2, CC BY-SA 3.0)

Entspannter war es für die Römerinnen. Für sie fand keine Haar-Revolution statt. Wie die langen Haare blieb auch ein typischer Mittelscheitel erhalten. Offene Haare hatten nur Mädchen und junge Frauen. Angesehene Römerinnen trugen geflochtenes Haar, das mit einem heißen Eisen gelockt wurde. Die beliebteste Frisur hieß Tutulus: Die Haare waren zu Strähnen verflochten und dann zu einem Kegel hochgesteckt. Verheiratete Frauen trugen zudem eine Palla als Gewand, das den Hinterkopf verhüllte.

Die Trendsetterinnen fanden außerdem Ratschläge bei ihren Lieblingsdichtern: So gab Ovid (43 v. Chr. – 17 n. Chr.) Styling-Tipps in seiner „Ars Amatoria“: „Ein rundes Gesicht verlangt, dass ein niedriger Knoten über der Stirn bleibt, sodass man die Ohren noch sieht.“ So richtig aufwendig wurde es, als Rom bei seiner Expansion auf exotische Haarfarben stieß. Zum Beispiel tiefschwarze Haare aus Indien. Nördlich der Alpen wurden blonde Echthaarperücken zur wertvollen Kriegsbeute. Frauen, die keine Perücke tragen wollten, experimentierten mit Bleichen und Färben. Oft kam es hierdurch allerdings zu schweren Haarschäden, weswegen viele das Fremdhaar später doch dankend annahmen.

Kaiser machen die Antike bunter

Kaiser Augustus mit vollem Haar.

Kaiser Augustus als Trendsetter seines Imperiums. (I, Sailko, Augusto di pirma porta, inv. 2290, 02, CC BY-SA 3.0)

Es entwickelte sich eine aufwendige Haarkultur. Römerinnen benutzten Haarnadeln aus Gold oder Elfenbein und irgendwann reichte der Gang zum Friseur nicht mehr aus. Wohlhabende Frauen legten sich eine Sklavin zu, die ihre Frisur überwachen sollte. Der zweite Vorteil: Wenn sich die Sklavin ihre eigenen Haare wachsen ließ, konnte die Herrin mit etwas Geduld ihre eigene Echthaarperücke „züchten“. Diese hatten sich fast im gesamten Reich ausgebreitet. Nur im Ostteil des Imperiums zeigten sich die Bewohnerinnen wenig angetan von den Perücken.

Während die Republik langsam im Bürgerkrieg versank, hielten die Männer an jahrhundertealten Ritualen fest. Möglichst kurze Haare, eine gründliche Rasur und ein Aftershave aus Spinnenweben. Die antike Welt wartete gespannt auf den Auftritt der römischen Kaiser: den neuen Stilikonen. Ein erstes Ausrufezeichen setzte bereits Augustus (27 v. Chr. – 14 n. Chr.) mit seinem vollen Lockenkopf. An eindrucksvollen Perücken probierte sich dagegen Domitian (81 – 96) aus. Der wahre Exzentriker war aber Caligula (37 – 41), der sich einen falschen Bart aus Goldstaub zulegte. Wer weiterhin zur Oberschicht Roms gehören wollte, musste fortan bei den Haartrends mitspielen.

Der Caesaren-Look bei Haarausfall

Caesar-Büste zeigt Haarausfall.

Caesar kämpfte auch gegen Haarausfall. (Jules_cesar.jpg: Mcleclat derivative work: DanieleDF1995 (talk), Jules cesar modified, CC BY-SA 3.0)

Für einen Römer glich der Haarausfall einem kleinen Weltuntergang. Der Dichter Ovid machte sich keine Mühe, irgendetwas zu beschönigen: „Hässlich ein Strauch ohne Laub oder ein Kopf ohne Haar.“ Ausgerechnet Caesar (100 – 44 v. Chr.) litt aber unter Haarausfall. Mühsam soll er sich daher die Haarsträhnen seines Hinterkopfs Richtung Stirn gelegt haben. Um das jugendliche Aussehen abzurunden, strich er dann die seitlichen Haare Richtung Gesicht: Der Caesaren-Look war geboren, der aber nicht unbedingt bei jedem Träger vorteilhaft aussah.

Umso mehr freute sich der Diktator, als ihm der Senat gestattete, sein Haupt mit einem Lorbeerkranz zu bedecken. Zudem wurden auch bei Männern Haarfärbemittel beliebt. Das sorgte für Spott bei Zeitgenossen wie dem Dichter Martial (40 – 103/104): „Du täuscht einen Jüngling vor mit deinen gefärbten Haaren: So plötzlich ein Rabe, der du eben noch ein Schwan warst.“ Das Haar war schon längst keine Abgrenzung zu irgendwelchen Barbaren mehr. In einer Welt ohne Smartphone war eine ausgefallene Frisur das ultimative Statussymbol. Dass der Untergang Roms mit diesem Schönheitswahn zusammenhängen könnte, scheint zumindest nicht ganz an den Haaren herbeigezogen.

 

Mehr Wissenswertes zur Haarmode der Antike findet sich bei ‚Ancient History Et Cetera‘.

 

Weitere Quellen:

Bartman, E. (2001). Hair and the Artifice of Roman Female Adornment. American Journal of Archaeology, 1, 1-25.

Sherrow, V. (2006). Encyclopedia of Hair. A Cultural History. Westport: Greenwood Press.

9 Kommentare
  1. Yu-Hsuan
    Yu-Hsuan sagte:

    Cooler Beitrag! Hab mich zum ersten Mal über dem Caesar Haarschnitt informiert. lol

  2. Nardos
    Nardos sagte:

    Ein echt interessanter Beitrag! Ich hab mich noch gar nicht mit Frisuren in der Antike auseinandergesetzt, aber ich kann einige wiederkehrende Trends erkennen 😉

  3. Robin
    Robin sagte:

    Sehr interessant, dass die Römer den Trend des Haareschneidens bei den Griechen entdeckten.

  4. Alexandra
    Alexandra sagte:

    Ein super Beitrag! Ich hatte in der Schule früher Latein. Wir haben da viel gemacht und gelernt. Aber leider nichts über antike Frisuren 😀

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  1. […] westliche Länder haben den Handel mit Haaren als lukrative Einnahmequelle früh entdeckt. Selbst in der Antike wurde bereits mit Haaren gehandelt und vor allem im Osten hat sich ein Geschäft entwickelt, das bis in die Gegenwart […]

  2. […] mit Sonnenlicht und Gold. So stellten die Griechen viele ihrer Götter mit blondem Haar dar, und die Römerinnen versuchten ihr Haar zu bleichen oder ließen sich blonde Perücken anfertigen. Auch im Mittelalter und in der Neuzeit war das weibliche Schönheitsideal blond. Die Haarfarbe […]

  3. […] nicht in Australien, sondern im antiken Europa. Nach dem Untergang West-Roms versuchte Byzanz, die römische Haartradition zu bewahren. In Konstantinopel kam es 532 jedoch zum Aufstand gegen Kaiser Justinian. Der […]

  4. […] Beruf des Friseurs hat eine lange Geschichte. Selbst die Römer haben sich schon Gedanken gemacht, was sie mit ihren Haaren machen und wie ihre F… Heute bekommt ein Auszubildender oder eine Auszubildende je nach Ausbildungsjahr und Arbeitsort […]

  5. […] galt der haarlose Körper als Schönheitsideal und als Signal der Klassenzugehörigkeit. So soll Caesar beispielsweise regelmäßig einen Sklaven mit dem Auszupfen seiner Gesichtshaare beauftragt haben. […]

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