Ramsaier steht zwischen Urnen, Särgen und Kreuzen in seinem Bestattungsinstitut

Ist nach dem letzten Atemzug alles vorbei? Der Bestatter Helmut Ramsaier glaubt das nicht. Bei seiner Arbeit spürt er die Aura der Toten.

Mit einem Ruck öffnet Helmut Ramsaier die Tür des Kühlraums. Im Halbdunkel liegen drei tote Frauen auf Metallliegen. Laken bedecken ihre Körper, nur die erstarrten Gesichter schauen hervor. Während zwei Verstorbene bereits auf ihre Überführung nach Tunesien und Griechenland warten, ist die dritte noch nicht versorgt worden. Ihr Mund steht halb offen, die schütteren Haare sind zerzaust. „Meine Mitarbeiter haben sie erst heute Morgen abgeholt“, sagt Ramsaier entschuldigend.

Ramsaier – weißes Haar, schwarz gekleidet – ist Bestatter in der dritten Generation. Schon seit seiner Kindheit wird er mit dem Tod konfrontiert und zwar täglich. An den ersten toten Menschen, den er gesehen hat, kann er sich nicht mehr erinnern. Auch nicht, wie viele danach kamen. „Da ist so viel überlagert“, sagt er. „Es wird Alltag.“ Ein Alltag, der ihn nach wie vor schwer belastet. „Es gelingt mir mit zunehmendem Alter immer weniger, abends den Schlüssel rumzudrehen und die Eindrücke des Tages hinter mir zu lassen.“

Einerseits will Ramsaier Nähe zulassen, andererseits sich selbst schützen. Für ihn ist das ein täglicher Spagat, der nicht immer gelingt. Besonders schwer sei es, wenn er den Verstorbenen oder die Verstorbene kenne und wenn Kinder sterben. „Das sind Dinge, die können einen nicht kalt lassen“, sagt er. Oft wache er dann nachts mehrmals auf und das teilweise eine ganze Woche lang. Was in seinen Träumen passiert, bevor er aufschreckt, daran kann er sich nicht erinnern. Nie. „Vielleicht ist das ein körpereigener Selbstschutz, den ich entwickelt habe.“

„Das ist wie bei der Mafia“

Ursprünglich wollte Ramsaier beruflich etwas ganz anderes machen. Nach der Schule hat er eine Ausbildung im Sozialrecht gemacht, acht Jahre im Sozialministerium gearbeitet. „Irgendwann habe ich aber gemerkt, dass ich diesen Weg nicht bis zur Pensionierung gehen möchte“, sagt Ramsaier. Deshalb hat er seine sichere Stelle als Beamter aufgegeben und wurde Bestatter, so wie sein Vater und Großvater vor ihm. Auch sein Sohn hat diesen Weg nach seinem Wirtschaftsstudium eingeschlagen. „Das ist wie bei der Mafia, da wird man hineingeboren“, habe er einmal gesagt, erzählt Ramsaier Senior.

Es ist ein gewagter Vergleich. Vor allem, weil Ramsaier seit mehr als 40 Jahren gegen den schlechten Ruf der Bestatter*innen ankämpft. „Wir wollen den Beruf endlich aus der Schmuddelecke rausholen“, sagt Ramsaier. Das fange schon mit dem Bild an, das viele Menschen von Bestatter*innen hätten: „Die denken, wir sitzen den ganzen Tag im Keller. Und was im Keller ist, hat keinen Wert.“ Deshalb befinden sich in seinem Bestattungsinstitut in Stuttgart-Vaihingen alle Räume über der Erde. Auch für die Toten tritt er ein. So hat er erreicht, dass im baden-württembergischen Bestattungsgesetz inzwischen von Verstorbenen statt von Leichen gesprochen wird – für ihn ein würdevollerer Begriff.

Verstorbene nehmen Lieblingskleider mit ins Grab

Instrumente im weißgekachelten Aufbereitungsraum des Bestattungsinstiuts Ramsaier

Haarbürste, Faden, Wildrosenseife: Helmut Ramsaiers Ausrüstung als Bestatter (eigene Aufnahme)

Ein Mitarbeiter des Bestattungsinstituts kümmert sich inzwischen um die tote Frau mit den schütteren Haaren. Er hat sie auf ihrer Metallliege in den angrenzenden Raum geschoben. Dort werden die Verstorbenen medizinisch versorgt, wie es in der Fachsprache heißt. An der weißgekachelten Wand hängt eine Lehrtafel, die den menschlichen Körper zeigt. Die abgebildeten Knochen, Muskeln, Sehnen und Organe sind beschriftet. Darunter steht ein Metallschrank, auf dem nicht nur medizinisches Besteck, Kämme und Spulen mit Faden liegen, sondern auch eine Wildrosenseife von Weleda auf ihren Einsatz wartet.

Ungefähr 750 Bestattungen führt Ramsaier im Jahr durch. Acht von zehn Toten werden dabei aufgebahrt. Bevor die Angehörigen sich von ihren Verstorbenen verabschieden können, haben er und seine Mitarbeiter*innen viel zu tun: Nase und Speisröhre verschließen sie mit Watte, damit keine Gerüche entweichen können. Ober- und Unterkiefer nähen sie zusammen. Und geöffnete Augenlieder schließen sie, indem sie eine Plastikkappe mit kleinen Spitzen unter diese schieben. Danach frisieren sie die Verstorbenen wie zu Lebzeiten und schminken sie dezent. „Wir wollen, dass die Aufgebahrten für ihre Angehörigen vertraut aussehen“, sagt Ramsaier. Dazu gehört auch, dass sie im Sarg ihre Lieblingskleider tragen – also eher ein kariertes Hemd statt einem formellen Anzug.

Ramsaier ist es sehr wichtig, mit allen Verstorbenen liebevoll umzugehen. „Weil sie sich nicht mehr wehren können“, sagt er. Dennoch fühlt er sich manchen näher als anderen. Wenn sich im Beratungsgespräch mit den Angehörigen eine gewisse Vertrautheit entwickelt habe, übertrage sich das auf seine Arbeit danach. Es gibt aber auch tödliche Krankheiten, die diese Nähe für ihn erschweren – zum Beispiel Nierenversagen. Die Betroffenen scheiden einen Großteil der Schadstoffe über die Haut statt wie sonst über den Urin aus. „Das führt zu einem sehr unangenehmen Geruch“, erklärt der Bestatter. „In unserer Branche sagen wir dann: Der hat ein sehr intensives Deo“.

„Tote Menschen haben eine Aura“

Wenn Ramsaier sich um Verstorbene kümmert, spürt er ihre Präsenzen. Für ihn sind sie noch anwesend, auch wenn sie schon gegangen sind. „Es gibt Menschen, die haben eine bestimmte Aura, auch wenn sie tot sind“, versucht er sein Empfinden zu erklären. „Man nimmt wahr, ob jemand gut gewesen ist oder gravierende Ecken und Kanten hatte.“ Besonders stark spüre er diese Aura bei sogenannten Anthroposophen und Anthroposophinnen. Ihrer spirituellen Weltanschauung nach besteht ihr Wesenskern fort und verlässt drei Tage nach dem Tod ihren Körper.

Auch Ramsaier glaubt an ein Leben nach dem Tod. „Ich komme aus einem evangelischen Elternhaus, bin aber außerdem geprägt durch den tibetanischen Lamaismus.“ Er könne sich einfach nicht vorstellen, dass mit dem Tod alles ende. „Da bin ich nicht konform mit der Auffassung meiner Frau“, so der Bestatter. „Die sagt ganz klar: Mit dem letzten Schnaufer ist alles vorbei.“

Ist ein Medium jemand, der mit Geistern in Verbindung tritt? Jemand, der Energien aus unterschiedlichen Dimensionen wahrnimmt? Wie wird man ein Medium? Wie funktioniert Channeln? Wir gehen diesen Fragen auf den Grund.

Eine junge Frau sitzt mit Tränen in den Augen mit Theresa Caputo am Tisch. Die junge Frau heißt Kearstan und hat ihren Freund bei einem Asthmaanfall verloren. Sie erlebt diesen Moment immer und immer wieder. Sie kann nicht loslassen und sagt, sie habe ihr Glück, ihre Liebe verloren. In der Serie „Long Island Medium“ will das beliebte Medium ihr nun helfen, diesen tragischen Verlust hinter sich zu lassen. Sie nimmt Kontakt zu Kearstan’s Freund auf: „Er möchte dir danken, weil du ihn so geliebt hast, wie er es verdient hat.“

In der Medienwissenschaft ist ein Medium ein Mittel zur Wahrnehmung, der Verständigung, der Verbreitung sowie eine Form von Kommunikation. Doch auf spiritueller Ebene ist ein Medium ein Mensch, der Verbindung zur Geisterwelt bzw. zu einer anderen Dimension aufnimmt und Botschaften empfängt. Anders ausgedrückt ist ein Medium eine Art Übersetzer zwischen der realen und der unsichtbaren Dimension. Deshalb wird ein Medium auch oft Channel genannt.

Wie wird man ein Medium?

Eine Infowebseite über mediale Ausbildungen sagt, die Grundvoraussetzung um ein Medium zu werden sei zu akzeptieren, dass der menschliche Körper nur eine Hülle der Seele ist, die den physischen Tod überlebt und irgendwo weiter existiert.

Laut Susanne, die sich selbst als Medium bezeichnet, ist die sogenannte Medialität keine Gabe, die nur Auserwählte besitzen. Es gibt Theorien die besagen, dass grundsätzlich jeder Mensch dazu in der Lage sei, mit anderen Dimensionen zu kommunizieren. Denn jeder Mensch besitzt eine mehr oder weniger ausgeprägte Wahrnehmungsfähigkeit. Doch jedem Menschen ist es selbst überlassen, ob er diese bereits vorhandene Fähigkeit weiterentwickelt oder nicht.

Ein Medium muss lernen sich mit der Geisterwelt zu verbinden, das Wahrgenommene richtig einzuordnen und lernen zu unterscheiden, mit wem es in Verbindung steht. Einige Menschen besitzen seit ihrer Geburt oder frühen Kindheit diese Fähigkeiten, andere müssen die Fähigkeiten trainieren und weiterentwickeln. Auch eine Nahtoderfahrungen oder die Trauer um einen geliebten Menschen kann diese Fähigkeiten auslösen.

Channeling? Wie arbeitet ein Medium?

Übersetzt bedeutet Channeling „Etwas durch einen Kanal empfangen“. Der Kanal ist dabei das Medium. Somit ist das Channling die Anwendung der medialen Fähigkeiten, also das Herstellen der Verbindung zur Geisterwelt und das Übersetzen von Botschaften.

Ein Medium spricht weniger von der Geisterwelt sondern von einer anderen Dimension. Diese Geisterdimension umgibt uns und ist nicht von der menschlichen Welt getrennt. Dimensionen sind unterschiedliche Bewusstseinsebenen. Um dies besser zu verstehen, vergleicht „Mediumausbildung“die Dimension mit einem Radio. Jeder Kanal bzw. Dimension hat eine andere Frequenz als die des menschlichen Körpers. Erst wenn die Abstimmung stimmt, kommt eine klare und deutliche Verbindung zustande. Ein Medium lernt sich auf diese Frequenz einzustimmen. Allerdings entscheidet letztendlich der Geist, ob diese Verbindung entsteht.

Kommt eine Verbindung zustande, muss sich das Medium zuerst sicher sein, um wen es sich handelt. Vor allem bei Verstorbenen ist es wichtig zu wissen, wie er gestorben ist, wie er aussah oder ob er Eigenheiten hatte. Ist das Medium sich sicher, beschreibt es was er sieht, hört und fühlt. Das „Wesen“ in einer anderen Dimension teilt alles mit was er zu sagen hat, warnt vor Gefahren oder beantwortet offene Fragen. Die Aufgabe eines Medium ist es dem Kunden mit Hilfe des Geistes Fragen zu beantworten und Klarheit zu schaffen. Oft wird dadurch ein neuer Blickwinkel eröffnet.

Allerdings kommt nicht immer eine Verbindung zustande. Laut dem Onlinemagazin Viversium- Sprituelle Lebensberatungist dies unter anderem von folgenden Faktoren abhängig:

  • Der Geist will nicht in Kontakt treten.
  • Dem Medium fehlt die Erfahrung, fühlt sich nicht gut oder ihm fehlt die Energie.
  • Der Kunde glaubt nicht daran, dass die Verbindung zustande kommen kann.
  • Der Kunde muss offen und bereit für die Botschaften sein und darf keine Angst vor Negativem haben.

Kritik

Channeling findet heutzutage auf viele Arten statt:

  • Auf Esoterikmessen
  • Kostenpflichten Telefonhotlines
  • Einzelsitzungen
  • Gruppensitzungen

Kunden suchen Rat und zahlen dafür, laut Zeit-Online, bis zu 180 Euro pro Stunde. Einige Medien machen Vorschläge, was der Kunde zu tun hat. Beispielsweiße einem Missbrauchstäter zu verzeihen oder den Beruf wechseln. Die Gefahr der Abhängigkeit besteht, da der Kunde sich nicht mehr zutraut Entscheidungen alleine zu treffen und immer und immer wieder das Medium aufsucht. Das Medium Susanne betont ausdrücklich auf ihrer Webseite, dass sie keine Entscheidungen für den Kunden trifft oder ihm sagt, was er zu tun hat. 

Auch Theresa Caputo muss mit Kritik und Betrugsvorwürfen leben. Laut Focus-Online gibt es Vorwürfe von Ron Tebo, Gründer der Webseite SciFake.com. Caputo würde die sogennate „Cold Reading“ Technik anwenden. Aufgrund der Kleidung und Körpersprache schließt man auf hier auf Probleme der Person, stellt allgemeine Fragen und erhöht somit die Chance auf einen Treffer. Des Weiteren würden die Kunden bzw. Klienten vor dem Treffen mit Caputo genau durchleuchtet und analysiert werden.

Vieles ist nicht wissenschaftlich erklärbar – dazu gehört wohl auch die Kommunikation mit Verstorbenen. Doch muss immer alles rational erfasst werden? Ob wir nun an die Fähigkeiten eines Medium glauben, bleibt jedem selbst überlassen. Aber unsere Lieben sind immer bei uns. Wenn wir sie brauchen, geben wir uns Kraft.

„Jeder, der schon einmal einen geliebten Menschen verloren hat, wünscht sich einen letzten Augenblick, um noch etwas zu sagen, was er unbedingt sagen wollte.“ 

Jennifer Love Hewitt

Sie nagen an jedem von uns: die Geister unserer Vergangenheit

Wir leben in einer fantastischen Welt. Geister und der Versuch, sie auszutreiben, sind Realität. Jeder von uns hat schon mindestens einen Versuch unternommen, sich von einer bösen Macht zu befreien. Alles ein Hirngespinst? Da kommen wir der Sache schon näher…

Die Geister aufgeben

Unsere Vergangenheit ist ein Teil von uns – und doch kann sie uns zerstören, wie kaum etwas anderes. (Quelle: ShiftGraphiX, pixabay.com)

Wer im Jahr 2018 nicht an Geister glaubt, dem ist nicht mehr zu helfen. Denn sie sind überall. Viele von uns kennen sie sogar persönlich, leben mit ihnen zusammen. Natürlich nicht freiwillig. Wer möchte sich schon gerne fürchten? Die Anderen dürfen nicht wissen, dass man einen geheimen Schatten hat. Man würde sonst ja für verrückt erklärt werden. Also, den Geist lieber still und heimlich ins obere Stübchen sperren. Denn eigentlich ist doch alles gut, im Grunde sind wir zufrieden, alles läuft in seinen Bahnen. Eigentlich. Wären sie nicht da. Die bösen Erinnerungen, die uns einfach nicht loslassen wollen. Die Leichen im Keller. Der Grund, warum wir nachts nicht ruhig schlafen können. Sie suchen uns heim. Sie lassen uns nicht los. Die Geister der Vergangenheit.

In der Theorie gibt es Möglichkeiten, sich von ungebetenen Gespenstern zu befreien. Von Geisterbeschwörung über Exorzismus bis hin zum Medium. Voraussetzung ist, dass echte Geister ihr Unwesen treiben. Echte Geister? Zumindest so echt, wie sie uns in Horrorfilmen und Gruselgeschichten verkauft werden. Kaum einer wird wohl daran glauben, dass diese Gespenster die Schwelle des Fiktiven je übertreten werden. Sollte das Unmögliche möglich werden, wüssten wir aus Erzählungen immerhin, was zu tun wäre. Das Ouija-Brett auspacken, den Priester rufen oder uns mit Kruzifix und Weihwasser wappnen. Kein Problem, kennen wir alles. Wir sind bereit.

Bei dir spukt’s wohl?!

Der erste Schritt ist, das eigene Schweigen zu brechen und sich Klarheit über seine inneren Dämonen zu verschaffen. (Quelle: Kat Jayne, Pexels.com)

Wirklich gruselig wird es dann, wenn wir machtlos sind. In der Realität ist vermutlich noch keinem von uns ein milchiger, schwebender Geist oder eine schwarze Dame erschienen. Wohl aber weiß jeder von uns um einen ganz bestimmten Spuk. Den Spuk im eigenen Kopf. Die Heimsuchung der eigenen Geister. Woher diese Geister kommen? Erschaffen in der Vergangenheit, gewachsen im Unterbewusstsein, genährt von unserem Gewissen. In unseren Gedanken treiben sie ihr Unwesen, und lassen sich nicht durch bloße Willenskraft vertreiben. Ein Exorzist wird hier nicht helfen, denn diese Geister sind hausgemacht. Jeder hat seine ganz eigenen Geister. Böse Erinnerungen, traurige Erlebnisse, Selbstzweifel oder seelische Verletzungen können die Quelle sein.

Die metaphorischen Geister sind jenen aus Gruselgeschichten ähnlich. Sie verfolgen uns, lassen uns keine Ruhe, quälen uns. Wir werden sie nicht los. Der Unterschied? Sie sind gefährlicher, Angst einflößender und mächtiger als Poltergeist und Kettenhemd zusammen. Wachsen aus unseren persönlichen Ängsten und Erlebnissen. Kennen unsere Schwächen. Sie wissen genau, wo wir angreifbar sind. Wir müssen lernen, unsere eigenen Geister zu beschwören. Geist bleibt Geist – sehen wir, was sich machen lässt!

Erlöse uns von dem Bösen

Möglichkeiten gibt es viele. In der Umsetzung ist allerdings Kreativität gefragt. Ein Kreuz am Rosenkranz um den Hals tragen. Das kommt dem ein oder anderen sicher bekannt vor. Anfang der 2000er sehr beliebt, vor allem bei den Promis damals nicht wegzudenken. Ein Mode-Hype oder tatsächlich ein echter Geister-Killer? Wer kann das schon so genau sagen?

Nächster Versuch: Einen großzügigen Schluck vom Weihwasser nehmen. Es soll ja der Heilige Geist darin stecken. Ob es ein Schluck aus der Schnapsflasche auch tut? Es müsste noch Himbeergeist im Schrank stehen… Wie sagt man noch? Feuerwasser? Teufelszeug? Besser nicht die Geister nähren! Oft versucht, oft gescheitert.

Noch ein Versuch: Gläser rücken. Kein schlechter Ansatz. Wobei, man belügt sich dabei ja doch nur selbst. Letztendlich bleibt das Medium. Wir lernen schon von klein auf, dass Kommunikation der Schlüssel zum Erfolg ist. Probleme sollen verbal gelöst werden. Wie aber ein Medium finden? Jemanden, der unsere tiefsten Gedanken zum Vorschein bringt und uns dazu bewegt, uns mit unseren Geistern auseinanderzusetzen. Eine Person, die uns zuhört und versucht, uns mit den Geistern zu versöhnen. Ein Profi, der uns von unseren schlimmsten Gedanken befreit und uns Erlösung schenkt. Eine Idee?

Spätestens jetzt sollte auch dem Letzten klar sein, wie schmal der Grat zwischen dem Unerklärlichen und der Wirklichkeit ist. Gruselfilm und Spukgeschichte scheinen plötzlich nicht mehr unwirklich. Im Gegenteil: Wir leben mittendrin. Die Geister spuken in unseren Köpfen. Der Horror ist real.

Biete deinen Geistern die Stirn! Versteck dich nicht länger! Hol dir echte Hilfe:
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Vor ein paar Wochen habe ich mal wieder „Beetlejuice“ angesehen. Einen Film, den ich liebe, seit ich ihn mit ungefähr zehn Jahren zum ersten Mal gesehen habe. Keine Frage, Tim Burton hat 1988 mit diesem Film definitiv seinen viertbesten Film abgeliefert, hinter „Ed Wood“ und „Big Fish“ und möglicherweise „Batman Returns“. Keine Sorge, es ist in Ordnung, wenn du das anders siehst. Du liegst falsch, aber es ist okay, wenn du mir nicht zustimmst.

Als Warnung, weil das dieser Tage natürlich immer wichtig ist: Dieser Text enthält Spoiler für „Beetlejuice“, einen dreißig Jahre alten Film. Welche Überraschung. Wenn ihr also den Film noch nicht kennt und mit Spoilern für einen dreißig Jahre alten Film ein Problem habt, dann schaut ihn euch schnellstmöglich an.

Filmplakat

 

Wenn ihr mit Spoilern  kein Problem habt, aber trotzdem den Film noch nicht gesehen habt, schaut ihn euch jetzt trotzdem an. Macht euch keine Sorgen, ich kann warten. Speichert diesen Tab, geht auf Amazon und leiht ihn euch zum Streamen aus oder bestellt euch die DVD. Vielleicht gibt es den Film auch irgendwo kostenlos. Schaut ihn euch nur an. Tut euch den Gefallen. Ich warte solange.

Willkommen zurück. Was mich persönlich so an „Beetlejuice“ begeistert, ist, wie unglaublich optimistisch und sogar lebensbejahend er letztendlich ist. Klar, der Film beginnt mit dem überraschenden Unfalltod von Adam und Barbara Maitland. Letztendlich ist die Botschaft des Filmes im Grunde aber, dass der Tod dir nicht die Freude am Leben nehmen muss.

Noch kurz zum Plot

Kurz zur Handlung: „Beetlejuice“ beginnt mit dem tragischen Tod der Maitlands, dargestellt von Alec Baldwin und Geena Davis. In ihr nun leerstehendes Haus zieht alsbald die reiche Familie Deetz ein, bestehend aus Bauunternehmer Charles und seiner Frau, der Bildhauerin Delia (Jeffrey Jones und Catherine O’Hara), sowie Charles‘ Goth-Tochter aus erster Ehe, Lydia, gespielt von einer jungen Winona Ryder. Falls ihr euch je gefragt habt, was die Gute vor „Stranger Things“ gemacht hat. Die Maitlands, die von ihrer Sachbearbeiterin im Leben danach erfahren, dass sie für 125 Jahre in ihrem Haus bleiben müssen, beschließen, dass die neuen Bewohner*innen aus dem Haus verschwinden müssen. Doch ihre Spukversuche und Poltereien bleiben vergebens. In ihrer Ratlosigkeit beschließen die beiden, Hilfe bei dem selbstständigen Poltergeist Betelgeuse, dargestellt von Michael Keaton, zu suchen. Diese Entscheidung soll sich jedoch schon bald als Fehler herausstellen, denn Betelgeuse verfolgt voll und ganz seine eigenen Pläne.

 

Beetlejuice, Beetlejuice, Beetlejuice! Via Giphy

Das ist gut, aber wir machen es ganz anders!

Soviel zunächst zum Inhalt. Tim Burton hat das Drehbuch des Films deutlich verändert. Die ursprüngliche Fassung war wesentlich düsterer und mehr Horrorfilm als explizite Horrorkomödie. In Tim Burtons Film weichen die Maitlands mit ihrem Auto einem Hund aus und fahren in einen Fluss, ihr Tod ist entschärft. In der Originalfassung des Drehbuchs von Autor Michael McDowell ist der tödliche Autounfall der Maitlands explizit und brutal. Später exhumieren sie den Dämon Betelgeuse, eine wesentlich grausamere Gestalt. Betelgeuse versucht in der Urversion auch nicht, die Familie Deetz zu vertreiben, sondern zu ermorden. Lydia ist im Drehbuch zwei Töchter, eine ältere und eine neunjährige jüngere Schwester. Betelgeuse versucht die erstere nicht nur zu heiraten, sondern explizit zu vergewaltigen, letztere wird nur verstümmelt. Charmant. Ihr wisst schon. Für Kinder.

Tim Burton hat wohl dieses Drehbuch gesehen und gemeint, dass man daraus bestimmt einen guten Film machen kann. ABER man muss ein paar Kleinigkeiten ändern. Aus der expliziten Gewalt des Todes der Maitlands wird ein sanfterer Tod, aus den beiden Töchtern der Familie Deetz wird Lydia. Und aus dem bösen Dämon Betelgeuse wird Michael Keatons überzogener Mix aus einem Gebrauchtwagenhändler und einem perversen Poltergeist.

Zum Besseren geändert

Die Änderungen waren wohl eine gute Entscheidung. Winona Ryders finale Version von Lydia wirkt gleichermaßen kindlich verletzlich als auch erwachsen und durch ihre Goth-Attitüde ist sehr sympathisch. Sie fühlt sich von ihrem Vater und ihrer Stiefmutter missverstanden und als würde sie nicht ganz reinpassen. Somit macht es Sinn, dass sie sich Ersatzeltern in den Geistern der Maitlands sucht.

Doch die wohl beste Änderung des Filmes ist der titelgebende Geist selbst. Kein mörderischer Dämon aus den Niederhöllen, sondern der Betelgeuse, der Michael Keaton zu einem Superstar machte. Keatons Version des Charakters ist opportunistisch und fies. Er ist pervers, belästigt Barbara und hat eine abnormale Attraktion zu Lydia. Diese will er heiraten, um seinen Fluch zu brechen und in der Welt der Lebenden frei Unheil stiften zu können.

Betelgeuse ist im finalen Film nicht wirklich böse, eher selbstsüchtig, vollständig durchgeknallt und distanzlos. Was er vorher war, ist nicht ganz klar. Er behauptet, studiert und durch die Pest gelebt zu haben. Ob es stimmt oder nicht, das bedeutet nichts. Wichtig ist sein Dasein jetzt, als wahnsinniger Poltergeist.

Erinnerungen eines Poltergeists an das Leben vor dem Tod. Via Giphy

Perfekter Poltergeist

Sein Leben vor dem Tod ist nicht von Bedeutung. Es ist impliziert, dass er Selbstmord begangen hat. In jedem Fall war er zwischenzeitlich Angestellter der Jenseitsbürokratie, wurde aber gefeuert. Nun verdingt er sich als „Bio-Exorzist”, herbeigerufen durch das dreimalige Aussprechen seines Namens. Michael Keaton spielt den Charakter in all seinem Wahnsinn, seinem Sarkasmus und seinen Gemeinheiten. Das alles unter zentimeterdickem Make-Up, ein Kunststück das nicht vielen Schauspieler*innen gelingt.

Doch Keaton geht in dieser Situation völlig auf. Er ist natürlich begabt für körperliche Comedy, seine Mimik ist selbst unter der Schminke wahnsinnig vielseitig. Warum um alles in der Welt wurde er seinerzeit nicht als bester Nebendarsteller für den Oscar nominiert? Dinge, die wir nie verstehen werden. Keaton begnügt sich damit, jede Szene, in der er vorkommt, zu stehlen und den Film zu seiner persönlichen Show zu machen. Überhaupt, Michael Keaton ist einer der besten Schauspieler aller Zeiten. Das ist eine simple Wissenschaft.

Und eben so einen Schauspieler braucht es in dieser Rolle. Antagonist Betelgeuse bildet immerhin das Zentrum des Filmes. Der Aspekt des Poltergeisterns ist in diesem Film zentral. Der Geist ist laut, offensiv anstrengend, furchteinflössend und dabei extrem lästig für alle anwesenden. Und er hat dabei einen Heidenspaß. Diese Freude daran, allen auf die Nerven zu gehen. Daran, dass die Maitlands schnell bereuen, ihn um Hilfe gebeten zu haben, diese Freude am Schabernack ist es, was den Film so erinnerungswürdig macht.

Die Ewigkeit in der Warteschleife

Keatons Betelgeuse ist weniger ein durchtriebenes Böses, das besiegt werden muss. Vielmehr ist er eine Lästigkeit, die die beiden Familien, tot oder lebendig, zwingt, sich zusammenzuraufen. Die Moral der Geschichte ist eine, die das Leben bejaht und den Tod nicht als etwas Grundschlechtes, sondern vielmehr als einen neuen, abenteuerlichen Abschnitt des Lebens darstellt. Somit ist es eigentlich nur logisch, dass am Ende Lydia mit ihren Eltern und ihren toten Zieheltern feiert, dass sie eine Eins in Mathe hat, und der Antagonist bekommt was er verdient. Die Ewigkeit im Wartebereich in der Bürokratie im Jenseits. Schlimmer kann die Hölle auch nicht sein.

Bildquellen: © Warner Bros. & Warner Home Video all rights reserved 

Wenn man an Schottland denkt, kommen einem unweigerlich Whisky, der Dudelsackspieler im karierten Schottenrock oder das Ungeheuer von Loch Ness in den Sinn. Der Norden Großbritanniens hat jedoch weitaus mehr zu bieten als Whisky & Co. Alte Steinkreise und -formationen, mittelalterliche Burgen und Schlösser sowie historisch bedeutende Kriegsplätze: Gerade wenn es um schottische Spuk- und Geistergeschichten geht, kommen Fans des Übernatürlichen auf ihre Kosten.

Edinburgh ist bekannt für seine engen und dunklen Gassen sowie steilen Treppengänge. Kein Wunder, dass sich viele Schriftsteller*innen von dem „Gruselcharme“ haben anstecken lassen, so u.a. der Autor Robert Louis Stevenson („Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“) oder auch „Harry Potter“-Schöpferin Joanne K. Rowling. Welche Geistergeschichten kursieren denn aber nun in Schottlands Hauptstadt?

Die Geister in Edinburghs Untergrund

Da wären zum einen der sogenannte kopflose Trommler, der durch die Räume des Edinburgh Castles schleicht und dessen Trommelgeräuschen man heute noch lauschen kann. Ebenso gibt es eine Frau namens Janet Douglas, auch bekannt als Lady of Glamis, die 1537 wegen Hexerei auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde und nun regelmäßig in der Burg umherirrt.

Royal Mile

Die Royal Mile ist die Verbindungsstraße zwischen dem Edinburgh Castle und dem Holyrood Palace. Foto: Natalie John.

Eine weitere spannende Geschichte ist die des verschollenen Dudelsackspielers. Vor einigen Jahrhunderten entdeckte man Tunnel unter der Royal Mile, von denen man annahm, dass sie Edinburgh Castle mit dem Holyrood Palace verbinden. Um der Sache auf den Grund zu gehen, schickte man einen Dudelsackspieler in die Gänge hinunter. Dabei sollte er auf seinem Instrument spielen, um mitverfolgen zu können, wo sich der Pfeifer gerade aufhält. Auf halbem Weg zwischen der Burg und dem Palast verschwand das Dudelsackspiel jedoch plötzlich. Sofort ließ man eine Rettungsmannschaft nach dem Musiker schicken, doch er ist seither nicht mehr gesehen worden. Noch heute, heißt es allerdings, kann man sein Lied auf der Royal Mile klingen hören.

 

Edinburgh Castle

Hoch über der Stadt Edinburgh thront das majestätische Schloss auf einem inzwischen erloschenen Vulkanfelsen. Größtenteils gebaut im 16. Jahrhundert und seitdem immer wieder Schauplatz von Plünderungen, Zerstörungen und Wiederaufbauten ist die Burg bekannt für ihre blutige und düstere Geschichte. Die wohl bekannteste Festung Schottlands ist somit nicht nur eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Edinburghs, sondern auch einer der gruseligsten Orte Schottlands mit der wohl höchsten Geisterdichte im ganzen Umkreis!

Edinburgh Castle

Im Edinburgh Castle wurden paranormale Aktivitäten festgestellt. Foto: Natalie John.

Immer wieder versuchen Wissenschaftler*innen nachzuweisen, was viele schon lange vermuten: die Existenz von Geistern innerhalb der Burgmauern. So auch der britische Psychologe Richard Wiseman, der 2001 ein Experiment mit 240 Freiwilligen durchführte. Wie BBC News berichtete, erkundete Wiseman in einer zehntägigen Studie mit seinen Testpersonen die dunklen Kammern und Kerker des Schlosses und beobachtete deren Verhalten. So gaben die Besucher*innen anschließend zu Protokoll, dass sie unterschiedliche Anzeichen von paranormalen Aktivitäten spürten. Einige fühlten eine Berührung im Gesicht oder ein Ziehen an der Kleidung. Andere wiederum bemerkten eine plötzliche Kälte oder ein brennendes Empfinden auf der Haut. Außerdem waren manche überzeugt, Schatten und Umrisse von Menschen zu sehen, obwohl sich definitiv keine im Raum befanden. Wiseman selbst zeigte sich nach dem Experiment allerdings immer noch skeptisch. Ob sich die Geheimnisse von Edinburgh Castle jemals wirklich lüften lassen, bleibt also fraglich.

Der einsame Highlander von Culloden

Kein anderer Ort vermag wohl das Trauma der Schotten deutlicher aufzuzeigen als Culloden, ein historisch bedeutender Landfleck in der Nähe von Inverness. Das heutige Wiesenfeld bestand im 18. Jahrhundert noch aus einer trostlosen Moorlandschaft. 1746 fand dort die blutige Schlacht zwischen der Armee von Charles Edward Stuart mit seinen Clanmitgliedern und den Engländern statt.

Culloden

Heute erinnern nur noch Denkmäler an die Schlacht von 1746. Foto: Luna Selle.

Keine 40 Minuten dauerte die Schlacht, in der die englischen Regierungstruppen die schottischen Highlander brutal niedermetzelten. Das Ereignis markiert einen Wendepunkt in der schottischen Geschichte, leitete es doch das Ende der schottischen Clans und ihrer Kultur ein. Ein idealer Schauplatz, der nach Geistererscheinungen und unnatürlichen Ereignissen nur so schreit. Wen wundert es also, dass Besucher*innen auch heute noch überzeugt sind, Kampf- und Kriegsgeschrei, Geschützfeuer sowie marschierende Füße und Trommelschläge wahrzunehmen? Außerdem gibt es Zeug*innen, die behaupten, sie hätten einen einsamen, erschöpften Highlander gesehen, der durch die Gegend schleiche und dabei immer wieder das Wort „besiegt“ vor sich hinmurmele.

Der älteste und gruseligste Pub Schottlands

Ohne Zweifel eignen sich alte Burgen und Schlösser sowie Schauplätze von blutigen Schlachten besonders gut für Spukgeschichten. In Schottland machen Geister jedoch auch vor „normalen“ Orten keinen Halt. So gilt im ältesten und wohl gruseligsten Pub alle Vorsicht, wenn es um unerwünschte und gespensterhafte Gäste geht. Im „Drovers Inn“, einem im Jahre 1705 eröffneten Gasthaus unweit des Loch Lomond, sollen Geister regelmäßig ein und ausgehen. Auf der Website des Gasthauses heißt es da zum Beispiel, dass ein junger Viehtreiber namens Angus vor 300 Jahren kaltblütig vor dem Inn ermordet und aufgehängt wurde. Nun soll er des Nachts durch den Pub wandern und nach seinen Mördern Ausschau halten, um Rache zu verüben. Außerdem gibt es da eine junge Bauernfamilie, die im 18. Jahrhundert auf dem Weg in die Unterkunft in einen Schneesturm geriet und in der Kälte erfror. Heute soll sie immer noch durch die Zimmer schleichen. Doch nicht nur solche Geistergeschichten machen den Pub zu etwas Besonderem, auch kuriose Berichte der Gäste selbst geben Rätsel auf. So berichtete eine Besucherin, dass sie eines Morgens Bilder auf ihrer Kamera fand, die sie schlafend zeigten. Weder Gäste noch Bedienstete konnten in das Zimmer gelangen, da es von innen abgeschlossen war. Ein weiterer unerklärlicher Vorfall ereignete sich bei einer Familie, die eine Geburtstagsfeier in dem Inn feierte. Auf den aufgenommenen Bildern der Party entdeckte die Mutter einige Tage später ein kleines Mädchen in einem rosa Kleid, das sie zuvor noch nie gesehen hatte. Weder gehörte es zu der Partygesellschaft noch waren an dem Abend überhaupt irgendwelche Kinder anwesend. Selbst die Angestellten des „Drover Inn“ waren ratlos. Im Übrigen beherbergt der Pub nicht nur Geister, auch Promis wie der schottische Schauspieler Gerard Butler sollen des Öfteren hier gesichtet worden sein.

Egal, ob in den Kerkern des Edinburgh Castles, auf dem Schlachtfeld von Culloden oder im ältesten Pub Schottlands: Geister scheint es in dem Land wohl zur Genüge zu geben. Wer also mal Lust verspürt, auf Gespensterjagd zu gehen oder einen Urlaub mit Gruselfaktor sucht, dem sei Schottland wärmstens empfohlen.

Gute Serien sind voller Geister. Die offensichtlicheren findet ihr bei eurem Streamingdienst mit dem Suchwort „Ghost“. Mehr Spaß hat aber, wer tiefer gräbt: Wir haben die ultimativen Tipps für großartiges Fernsehen mit Gespensterbeteiligung. Ganz ohne Bettlaken und Buh-Huh und stattdessen mit feinster Erzählkunst.

Drei Serien sollen hier vorgestellt werden: einmal absurde Philosophie, einmal Kult und schließlich ein ästhetisches Meisterwerk. Jede der Produktionen verdient ihren eigenen Binge-Marathon, aber unsere Tipps eignen sich auch für einen einzigen Fernsehabend. Wir haben die richtigen Episoden schon ausgesucht und machen darin eine kleine Gespensterführung: Wer sind die Geister von Netflix und Co? Und was wollen sie uns sagen?

„Believe it or not: Time’s arrow marches forward.“ (Bojack Horseman, S4 E2)

Bojack Horseman funktioniert nur ganz oder gar nicht und eine Folge genügt, um zu wissen, ob das existenzialistische Pferd mit Alkoholproblemen einem taugt. Ganz zu schweigen davon, ob man sich die linksliberale Attitüde der Zeichentrickserie geben will. Wer bis zur vierten Staffel gekommen ist, muss also Fan sein. In der zweiten Folge fahren wir mit Bojack nach Michigan, dort quartiert er sich im alten Sommerhaus seiner Familie ein. Offensichtlich spukt es dort: In Rückblenden tauchen die Großeltern und Bojacks Mutter auf und wir erfahren endlich, was Beatrice zu der schrecklichen Person gemacht hat, die sie ist. Ihr Bruder starb als Soldat im Zweiten Weltkrieg und für Trauer war kein Platz im Haus: „Time’s arrow marches forward“ kommentiert der Großvater lakonisch.

Was macht also Bojack dort? Er ist aus LA nach Michigan geflüchtet, nachdem eine Freundin an einer Überdosis gestorben war. Schuldgefühle bearbeitet er sonst mit Whiskey und Arschigkeit. Diesmal renoviert er das alte Haus, während die Zuschauer*innen parallel den Geistern der Vergangenheit dabei zusehen, wie sie an einem Familientrauma bauen. Es ist ein klassischer Bojack: Ein depressiv veranlagtes Pferd macht eine schwere Zeit durch und schrammt knapp an Hollywood-Plattitüden vorbei. An manchen Stellen möchte man weinen, aber dann ist es doch zu witzig, wie diese Tiere einfach Tiere sind. So sind die Geister in Bojack Horseman tragisch und komisch zugleich: Sie verkörpern ein allzu realistisches Familiendrama und unterhalten uns perfekt.

„There’s only ghosts here in the winter.“ Bojack Horseman, S 4 E 2

„I just have this really strong feeling that…” (Friends, S4 E2)

„…this cat is my mother”. Phoebe Buffay ist die fantastischste der sechs Freund*innen aus Friends. Die wirklich absurden Dinge haben meist mit ihr zu tun, besonders wenn es um Übernatürliches geht. So auch in dieser Folge: Phoebe hat soeben ein Konzert im Stammcafé beendet, da läuft eine Katze zu ihrem Gitarrenkoffer. Als Phoebe das Tier im Arm hält, wird ihr klar, dass der Geist ihrer verstorbenen Mutter in dem Tier sein müsse. Sie meint es ganz ernst und findet direkt untrügliche Hinweise: „How about the fact that she went into my guitar case? Which is lined with orange felt? My mother’s favorite fish was Orange Roughy. Cats like fish. Hi Mommy!“ Den Rest der Folge wird sie die Katze mit sich herumtragen. Keine*r der Freund*innen traut sich, ihr zu sagen, dass das Tier eigentlich Julio heißt und vermisst wird.

Für Phoebe hat die Katze eine klassische Geister-Funktion: Die Verstorbene ist zurückgekommen, weil ihre Tochter sich seit Neuestem mit einer „neuen Mum“ beschäftigt. Gespenstertypus: Heimsuchung. Phoebe hat erst kurz zuvor ihre eigentliche biologische Mutter kennengelernt (ihre tragische Kindheit als Kriminelle ist einer der Running Gags der Show). Ross, der Rationale, „Dr. Skeptismo“, will sie schließlich zur Vernunft bringen und konfrontiert sie mit ihren Schuldgefühlen, verkörpert durch die Katzen-Projektion. Da wird deutlich, wie klar sich Phoebe tatsächlich über ihre Gefühle ist: Sie erklärt Ross, dass er gar nicht wissen könne, wie es sich anfühlt, wenn ein verlorenes Elternteil zurückkäme. Denn seine Eltern leben noch. Am Ende kann sich nicht nur Phoebe mit ihrer „Mutter“ aussprechen und ihre Gefühle ausdrücken. Auch Ross entschuldigt sich bei der Katze: „Mrs. Buffay, it was insensitive of me to say you are just a cat, when you are clearly the reincarnated spirit of my friend’s mother.”

„…this cat is my mother.“ Friends, S 4 E 2

„The moon belongs to everyone.” (Mad Men, S 7 E 7)

Geister sind in Mad Men eigentlich nichts Ungewöhnliches: Don Draper, der Protagonist, sieht sie recht häufig. Gewöhnen kann man sich daran jedoch nicht, denn die meiste Zeit ist die Serie geradezu unheimlich realistisch, da ist kein Platz für Übersinnliches. Die Szene in der Mitte der letzten Staffel lässt sich auch nicht mit Alkohol oder Drogen erklären, sonst ein naheliegender Verdacht. Erst wenige Tage zuvor ist Bert Cooper verstorben, der kauzige Gründer von Don Drapers Werbeagentur. Ausgerechnet während er die Mondlandung im Fernsehen sah (es ist das Jahr 1969), hatte er einen Herzinfarkt. Und nun, an einem nüchternen Vormittag, steht er vor Don, lächelnd. Dann fängt er auch noch an zu singen, begleitet von tanzenden Sekretärinnen: „The moon belongs to everyone. The best things in life are free.“ Es treibt Don die Tränen in die Augen, und hinterlässt beim Publikum eine unheimliche Vorahnung.

Ist das jetzt ein unterhaltsamer Hinweis auf den ikonischen Abwärtsdrang, seit sieben Staffeln vom Vorspann vorhergesagt? Ein Wink aus dem Jenseits für Don, der ohnehin noch nie so sehr am Abgrund stand wie in diesen letzten Folgen vor dem Finale? Am meisten irritiert die Fröhlichkeit des Auftritts. Die vorherigen Geistersichtungen waren angemessen düster (tragisch verstorbene Familienmitglieder, Kollegen, Liebhaberinnen). Jedes Mal rufen sie dem Publikum wieder in Erinnerung, dass die Hauptfigur eigentlich selber ein Geist ist: Donald Draper ist tot. Der schicke Werbemensch, von dem die Serie handelt, heißt eigentlich Dick Whitman, und hat im Koreakrieg die Identität eines gefallenen Kameraden angenommen. Jeder Geist weist uns wieder darauf hin: Bei Mad Men geht es genauso sehr um Werbung wie um den Tod. Von den vorgestellten Serien sind Don Drapers Geister daher die metaphysischsten. Und angenehm absurde Erscheinungen in der sonst hyperrealistischen Ästhetik der Serie.

„The best things in life are free.“ Mad Men, S 7 E 7

Geister müssen uns weder in weißen Laken verfolgen oder angsteinflößend hinter der nächsten Ecke lauern. Nein, Geister können auch anders! Gerade im Film gibt es unterschiedlichste Arten Geister darzustellen – auch als töpfernde Romantiker.

„Ghost – Nachricht von Sam“ lässt die 90er Jahre wiederaufleben. Zurück zu Schulterpolstern und Schnurtelefonen. Warum gerade dieser Film, fragen Sie sich? Patrick Swayze und Demi Moore sind als Liebespaar im Kampf gegen den Tod einfach zu schön, um sie hier nicht zu erwähnen.

Der Film erzählt die Geschichte des Bankers Sam Wheat (Swayze), welcher nach einem Theaterbesuch mit seiner Freundin Molly Jensen (Moore) bei einem Überfall erschossen wird. Sein Geist kann die Erde jedoch noch nicht verlassen und schnell wird klar – Sam hat noch eine Aufgabe zu erledigen.

Medium wider Willen

Für Sam ist seine Situation anfangs schwer zu begreifen, denn er ist mit der Tatsache überfordert, für seine Umwelt unsichtbar zu sein. Schnell findet er heraus, dass sein Tod jedoch kein Zufall war. Sam war dabei eine Verschwörung aufzudecken, und musste deswegen sterben. Was genau Sam da aufdeckte ist zweitrangig, wichtig ist nur: Sam ist der Gute und wurde von den Bösen umgebracht. Der Film spielt mit dem Motiv der Erlösung, denn nur wenn Sam seinen Mörder findet und stellen kann, wird seine Seele frei.

Als Geist sieht Patrick Swayze für den Zuschauer ganz normal aus, kein Schimmer, kein weißes Laken. Während bei Ghostbusters schleimige grüne Monster bekämpft werden, ist es bei „Ghost – Nachricht von Sam“ ein gut aussehender Geist, der die Bösen zur Strecke bringt.

Sam trifft zufällig auf das Geschäft von Oda Mae Brown, einer Wahrsagerin – und Betrügerin. Deshalb ist es kein Wunder, dass sie selbst überrascht ist, Sam zu hören. Die temperamentvolle Oda Mae hat anfangs so gar keine Lust dem unbekannten Geist zu helfen (zu ihrer Verteidigung, sie sieht ihn ja auch nicht). Mit Oda Maes Hilfe gelingt es Sam jedoch, Molly die Hintergründe zu seinem Tod zu erklären.

„I love you.“ – „Dito!“

Molly ist anfangs noch skeptisch. Mit Hilfe von gemeinsamen Erinnerungen von ihr und Sam, kann Oda Mae sie letztendlich doch von der Existenz von Sams Geist überzeugen. Sam war kein Mann großer Worte und antwortete auf „Ich liebe dich“ stets mit „Dito“. Dieses kleine Wort überzeugt Molly und zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Film.

DVD Cover „Ghost“ (Copyright Paramount Pictures)

Am Ende des Films kommt es zum großen Kampf (wie sollte es anders sein) zwischen Sam und seinem Mörder. Sam hat inzwischen gelernt Gegenstände zu bewegen und durch einen Unfall wird der Angreifer erschlagen und stirbt. Sam ist dadurch natürlich immer noch der Gute, der nur seine Freundin und sein Medium beschützte. Ein wahrer Held eben.

Und nun wird aus „perfect Patrick“ doch noch ein schimmernder Geist, der in weißem Licht erstrahlt. Sam hat seine Aufgabe erfüllt, seine Seele ist nun bereit zu gehen. In diesem Moment kann Molly Sam auf einmal hören und der Zuschauer fragt sich, warum das nicht von Anfang an ging.

Sam nutzt die Gelegenheit Molly endlich direkt zu sagen, dass er sie immer geliebt hat. Molly antwortet mit „Dito!“. Sam verschwindet im strahlenden Licht.

Lass‘ uns töpfern!

Wer jetzt nicht schluchzend auf dem Sofa sitzt hat kein Herz. Was für eine Geschichte! Hollywood in seiner ganzen Pracht: der einfühlsame Banker, der den Schurken das Handwerk legt. Wer dachte, dass Sam wieder von den Toten aufersteht, den muss ich leider enttäuschen.

Patrick Swayze verkörpert Sam und kommt damit endlich von seinem „Dirty Dancing“ Image los (für mich wird er jedoch immer Johnny bleiben). Demi Moore spielt die Künstlerin Molly und symbolisiert die Reinheit und Unschuld – und zeigt zudem bemerkenswerte Töpferfertigkeiten. In einem legendären Flashback werden Molly und Sam gezeigt, wie sie gemeinsam an einer Vase töpfern. Diese Szene erlangte Kultstatus und zeigte allen Männern da draußen, dass gemeinsame Hobbies auch sexy sein können.

Der eindeutige Star des Films ist und bleibt Oda Mea Brown, welche von der wunderbaren Whoopi Goldberg einen Witz und Charme verliehen bekommt, neben dem Molly blass aussieht. Für ihre Leistung erhält sie 1991 den Oscar als beste Nebendarstellerin. Goldberg spielt zwar besser als alle anderen Darsteller, aber ob es eine Oscar reife Leitung war sei dahingestellt. Ohne die Rolle der Oda Mae Brown wäre „Ghost – Nachricht von Sam“ jedoch eine weitere Romanze ohne großen Wiedererkennungswert. Zugegeben, der Film bedient unzählige Klischees von Himmel und Hölle, Gut und Böse und der alles überwindenden Liebe. Durch die Mischung aus Romantik, Komödie und Fantasy ist es dennoch gelungen, einen Klassiker zu schaffen. Ein starker Mann, eine schwache Frau und ein freches Medium – was für ein Dreiergespann!

Und da bekanntlich eh alles wieder in Mode kommt, ist auch „Ghost – Nachricht von Sam“ nicht verschont geblieben. In der Reihe von unnötigen Musical Adaptionen reiht sich seit 2011 nun auch „Ghost – the Musical“ ein. Seit Dezember 2017 exklusiv auch für das deutsche Publikum. Und was gibt es schöneres als Alexander Klaws, den ersten ‚Deutschland sucht den Superstar‘ Gewinner, töpfern zu sehen? Genau – nichts.

 

Mexiko feiert vom 31. Oktober bis zum 2. November eines jeden Jahres ein großes Fest für und mit den Verstorbenen des Landes. Bei den sogenannten „Día de los Muertos“-Feierlichkeiten gedenken die Einwohner*innen Mexikos den Toten mit aufwändig gestalteten Ritualen. Sie zeigen fröhlich und ausgelassen, mit Paraden oder kulinarischen Köstlichkeiten, dass der Tod kein Grund zur Trauer ist.

Aber wieso feiert ganz Mexiko eigentlich auf so positive Art und Weise, wenn es doch um Tod und Trauer geht? Der Grund hierfür ist, dass die Geister der Toten während der „Día de los Muertos“-Feiertagen ihren Familien einen Besuch abstatten. Für die Einwohner*innen Mexikos zählen sie zu den wichtigsten Feiertagen des Jahres. Deshalb beginnen schon Anfang Oktober die Vorbereitungen für das Fest.

In ihrem Artikel für „National Geographic Society“ beschreibt Sue Caryl den Tod aus Sichtweise der Einwohner*innen Mexikos als natürliche menschliche Erfahrung. Er ist der nächste Schritt nach Geburt, Kindheit und dem Aufwachsen in der Gemeinschaft. An dem Feiertag kehren die Seelen der Verstorbenen in die Gemeinschaft zurück, um mit den Lebenden ein großes Fest zu feiern.

„Dia de los Muertos celebrates the lives of the deceased with food, drink, parties, and activities the dead enjoyed in life.“ – (Sue Caryl für National Geographic Society)

Deshalb ist in Mexiko auch nicht schwarz die Farbe der Trauer, sondern alles was bunt, fröhlich und farbenfroh ist. Sue Caryl beschreibt „Día de los Muertos“ als Fest, welches das Leben der Verstorbenen kulinarisch, mit Musik und Tänzen feiert. Dies stimme die Verstorbenen glücklich. Sie könnten einmal im Jahr nochmals all die Dinge genießen, die sie im Jenseits vermissen.

Aztekische Ursprünge

In Lateinamerika wird mit dem Tod positiver umgegangen, als wir es im europäischen Raum gewohnt sind. Logan Ward erklärt in „National Geographic – Geschichte und Kultur“, dass der Sinn hinter „Día de los Muertos“ sei, die Liebe und den Respekt für verstorbene Familienmitglieder unter Beweis zu stellen. Vor vielen Tausenden von Jahren entstand diese Tradition unter anderem durch die Tolteken und Azteken. Sie empfanden das Trauern um verstorbene Personen als respektlos. Wer verstarb, sollte weiterhin als fester Bestandteil in der Gemeinschaft erhalten bleiben.

Die „Día de los Muertos“-Tradition gilt als typisch lateinamerikanischer Brauch, welcher aztekische Rituale mit dem Katholizismus vereint. Spanische Eroberer brachten im 15. Jahrhundert den katholischen Einfluss in die Region. Gina Franco und Christopher Poore erwähnen im „America Magazine“, dass jedoch bis heute Kontroversen bezüglich des Ursprungs des „Día de los Muertos“ bestehen. Manche Überlieferungen würden die europäischen Wurzeln mit katholischen Ritualen wie Totenmessen betonen. Andere behaupten, „Día de los Muertos“ müsse ausschließlich dem indigenen Volk zugeordnet werden. Grund hierfür sei der Brauch, dass die Lebenden sich um die Toten kümmern und die Toten die Lebenden beschützen.

„Día de los Muertos“ wird heutzutage von jedem in Mexiko gefeiert, unabhängig seiner Religion oder ethnischen Herkunft. So bezeichnet Ward die Feierlichkeiten als Kombination aus christlichen Festen und religiösen Riten prä-hispanischen Ursprungs. Im Jahr 2003 ernannte die UNESCO die Tradition zum immateriellen und mündlichen Kulturerbe der Menschheit.

Lebendige Tote feiern ein Fest

(Bild: Catrina, ein weibliches Skelett für das Día de los Muertos Fest by Pixabay)

Catrina – Das Symbol für den Día de los Muertos-Brauch (Quelle: mlarranga, Pixabay)

Skelette und Totenköpfe sind bei den „Día de los Muertos“-Festlichkeiten die am meisten anzutreffenden Symbole. Die sogenannten „Calacas“ und „Calaveras“ tauchen in unterschiedlichsten Arten auf. „Calaveras de Dulce“ sind bunt bemalte Totenschädel aus Marzipan oder Zuckerguss, welche italienische Missionare im 17. Jahrhundert nach Mexiko brachten. Zudem produzieren die Einheimischen auch Skelette oder Särge aus Schokolade in Massen. Das „Pan de Muerto, ein süßes Anisbrot verziert mit Schädeln und Knochen aus Teig, ist ebenfalls eine kulinarische Tradition.

Hinter der Idee, Lebensmittel in Totenkopf- oder Skelettform darzustellen, steckt jedoch mehr als nur reiner Symbolcharakter. Zudem werden Parallelen zum Katholizismus sichtbar, da beim Ritual des Abendmahls auch der Verzehr von Speisen und Trank fester Bestandteil ist.

Skelette kommen allerdings nicht nur als kulinarische Objekte zum Vorschein. Für festliche Paraden durch die Straßen bemalen sich die Teilnehmer*innen ihre Gesichter in Form von Schädeln. Die Paraden und die Musik dienen dazu, die eigene Freude auszudrücken und die Geister der Verstorbenen zu wecken. Die mexikanischen Frauen laufen bei den Festtagsumzügen als „Catrina“ verkleidet mit. Solvejg Hoffman schreibt in einem Artikel für GEO:

„La Catrina“ ist „eine Erfindung des mexikanischen Künstlers José Guadalupe Posada [und] ist zum klassischen Symbol für den Tag der Toten geworden.“

Ward berichtet, dass Diego Rivera, ein mexikanischer Künstler, 1947 in seinem Wandgemälde „Dream of a Sunday Afternoon in Alameda Park“ das von Posada stammende Kupferstich-Skelett mit einbezog. Demzufolge trug die Skelettbüste einen großen Hut und bekam den Namen „Catrina“.  „Catrina“ war seiner Zeit ein Spitzname für Reiche. Aufgrund ihrer Popularität wurde die Figur zum Hauptsymbol des „Día de los Muertos“-Fests.

Altäre – Anlaufstellen für die Geister

Als Catrina verkleidete Mexikanerinnen mit Kerzen vor einem Altar

Mexikanerinnen mit Kerzen in der Hand, vor einem reich geschmückten Altar stehend (Bild: ernestordzglz, Pixabay)

Weitere wichtige Bestandteile der Feiertage sind Altäre. Sie bilden den Mittelpunkt des Festes einer jeden Familie. Überall findet man sie reich geschmückt, damit der Geist des*r Verstorbenen sich nach der langen Reise stärken kann. Sie sind überfüllt mit Essen, Trinken, Kerzen, Kruzifixen, Fotos des*r Verstorbenen und einem Meer aus orangenen Blumen. Aber wozu das Ganze?

Die Altäre dienen als Anlaufstelle, um die Verstorbenen zu empfangen und am Ende des Festes wieder zu verabschieden, erklären Franco und Poore im „America Magazine“.

Von den Altären aus laufen die Familien zu den Gräbern der Toten, um diese zu säubern und zu dekorieren. Musik und Fröhlichkeit begleiten die Rituale. Am Ende einer jeden Feier gehen die Familien zurück zu den Altären, um die Geister der Toten dort wieder zu verabschieden – bis sie genau ein Jahr später wiederkommen, um gemeinsam das Leben und den Tod ausgiebig zu feiern.

Brot und Wein. Beides sind auch wichtige Sinnbilder im christlichen Glauben. Beim Abendmahl wird diese Kombination den Gläubigen gereicht. Dabei symbolisiert der Wein das Blut und das Brot den Leib Christi. Durch dieses Ritual soll eine Verbindung zwischen den Gläubigen und Jesus Christus entstehen. Doch ist die Form der Anwesenheit Christi – wie die von Gespenster und Geistern – umstritten. Ist es die tatsächliche Wesensverwandlung von Brot und Wein? Oder ist es eine andere Form der reellen Präsenz? Oder ist sie doch nur symbolisch zu verstehen?

Beim christlichen Abendmahl – oder auch Eucharistie genannt – soll an das Sterben Christi für die Sünden der Gläubigen gedacht werden. Durch das Ritual des Verzehrs des Leibes (Brot) und Blutes (Wein) Christi soll die Gegenwart des Sohnes Gottes erfahren werden. Dabei gibt es verschiedene Ansätze, wie die Gegenwart Christi zu verstehen ist. Und welche Bedeutung bei dem Sakrament Brot und Wein einnehmen. Dieser Konflikt wird heute als Abendmahlstreit bezeichnet.

Die römisch-katholische Abendmahlslehre

Die katholische Kirche setzte eine klare Definition der römisch-katholische Eucharistielehre während des Trienter Konzils fest.

„Durch die Konsekration des Brotes und Weines geschieht eine Verwandlung der ganzen Substanz des Brotes, in die Substanz des Leibes Christi, unseres Herrn, und der ganzen Substanz des Weines in die Substanz seines Blutes. Diese Wandlung wurde von der heiligen katholischen Kirche treffend und im eigentlichen Sinne Wesensverwandlung genannt.“

Konzil von Trient, Dekret über das Sakrament der Eucharistie, Kapitel 4

Die katholische Kirche geht also davon aus, dass während des Abendmahls Jesus Christus tatsächlich und lebendig anwesend ist. Christus ist also in Form von Brot und Wein anwesend und wird von den Gläubigen durch den Verzehr erfahren. Zentral ist hier, dass tatsächlich an die Realpräsenz Christi geglaubt wird. Ist dies nicht der Fall, können die Gläubigen das Sakrament nicht erhalten.

Die lutherische Abendmahlslehre

Martin Luther (1483 – 1546)
Quelle: Wikipedia

Die Reformation führte dazu, dass viele christlichen Rituale und Dogmen neu gedacht wurden. So auch das Abendmahl. Luther kritisierte die Wesensverwandlung, die die katholische Kirche vertritt.

„Luther und die ihm folgende Tradition hat in der Transsubstantitationslehre eine philosophische Überfremdung der biblischen Zeugnisse von der Gegenwart Christi in den Elementen gesehen“

Rochus Leonhardt

Luther geht von einer allgewärtigen aber realen Anwesenheit Christi aus. Sie ist nicht, wie bei den Katholiken, auf Brot und Wein beschränkt. Brot und Wein werden von der Präsenz Christi umfasst. Hier ist der Glaube an die Realpräsenz nicht ausschlaggebend, um das Sakrament zu erhalten. Nicht der Glaube der Empfänger ist für das Sakrament verantwortlich, sondern das Sakrament schaffe und stärke den Glauben der Empfänger.

Die Abendmahlslehre der reformierten Kirchen

Dieser Ansatz einer realen Präsenz Jesus Christus beim Abendmahl wurde wiederum von Huldrych Zwingli in der Auseinandersetzung mit Luther kritisiert. Er geht davon aus, dass Brot und Wein nur ein Symbol für den Sohn Gottes

Huldrych Zwingli (1484 – 1531)
Quelle: Wikipedia

seien. Das Abendmahl dient üals Erinnerung an den Opfertod Jesus Christus und er ist im Geiste der Gläubigen anwesend. Johannes Calvin vertrat im Zuge der Reformation einen weiteren Ansatz: die Verbindung zwischen Jesus und den Gläubigen wird durch das Wirken des Heiligen Geist erzeugt.

„Calvin [präzisiert] die Realpräsenz Christi in der Feier des Mahls als Spiritualpräsenz. Das Mahlgeschehen wird als komplexer Vorgang begriffen, in dem uns der gekreuzigte und auferstandene Christus mit Brot und Wein seine Gemeinschaft schenkt und sich als geistliche Speise darreichen lässt, damit wir ihn empfangen und in ihm an der ganzen Fülle seiner Gnadengaben Anteil erlangen.“

Michael Beintker

Die Anwesenheit Christi wird allein durch den Glauben an ihn erfahrbar. Der Heilige Geist wirkt in Brot und Wein und der Gemeinschaft.

Die Unterschiede im Abendmahl

Wenn von der tatsächlichen Wesensverwandlung ausgegangen wird, wie es bei der römisch-katholischen Kirche der Fall ist, ist es üblich, dass der Priester die Gaben an jeden Gläubigen persönlich überreicht. Er handelt in persona Christi, also an Stelle von Jesus Christus. Hier kann auch nicht von richtigem Wein abgewichen werden. Was mit dem Fakt begründet wird, dass Jesus bei seinem letzten Abendmahl auch Wein gereicht hat.

Auch wenn nur von einer Realpräsenz ausgegangen wird und nicht direkt von einer Wesensverwandlung, wie es bei evangelisch-lutherischen Kirche der Fall ist, gibt der Pfarrer die Gaben an jeden Gläubigen persönlich weiter. Denn auch die Pfarrer handeln in persona Christi. Bei den reformierten Kirchen – hier geht man nicht von einer realen Präsenz Christus aus – ist es häufig üblich, dass die Gläubigen sich untereinander Brot und Wein übergeben. Dies soll die Priesterschaft aller Gläubigen betonen. Bei einer freieren Interpretation des Sakraments kann auch Traubensaft gereicht werden. Begründet wird dies damit, dass verschiedene Evangelisten, wie Matthäus und Markus, nur von der „Frucht des Weinstocks“ gesprochen hätten und nicht explizit von Wein.

Schlussendlich wird es vermutlich niemals möglich sein, die richtige Interpretation des Abendmahls zu finden. Die Frage, in welcher Form Jesus bei dem Fest anwesend ist. Aber egal welcher Konfession die Menschen angehören, im Geist des Glaubens sind sie bei diesem Fest alle miteinander verbunden.

Quellen:

Calvins Theologie des Heiligen Geistes, Michael Beintker, 2008

Grundinformationen Dogmatik, Rochus Leonhardt, 2008

 

Ein Portrait der Chicagoer Künstlerin Ash Windbigler und der Gespenster, die durch ihr Werk spuken.

Künstlerin Ash Windbigler

„Für mich sind Gespenster nicht nur der Geist eines verstorbenen Menschen. Ich denke immer an die Person, die ich in der Vergangenheit war, als ich klein war. Diese Person ist jetzt auch eine Art Gespenst.“

Ash Windbigler zögert nicht, wenn sie von den Gespenstern ihrer Vergangenheit spricht. Was ihr aktuelles Leben angeht, ist sie sich weniger sicher.

Wenn man die aus Indiana stammende 28-Jährige fragt, welche Art von Künstlerin sie ist, spricht sie zunächst von einem Abschluss in Grafikkunst, ihre Liebe für 3D-Collagen und dem einen Mal, als sie mit einem Kugelschreiber auf ein Gemälde zeichnete. Die Bezeichnung, für die sie sich letztlich entscheidet, ist aber „selbst gelernte Malerin“. Was ihr auf jeden Fall klar ist, ist dass sie von Gespenstern „besessen“ ist.

„Ein großer Teil meiner Werke beziehen sich auf Geister, den Tod oder das Jenseits“, sagt die Künstlerin. Bis zu ihrem 15. Lebensjahr besuchte Windbigler eine konservative, protestantische Kirchenschule. „Ich bin sehr religiös aufgewachsen und die Idee, dass es wirklich ein Jenseits gibt, wurde in meinen Kopf gepflanzt. Jetzt glaube ich nicht mehr, was bedeutet, dass es dann wohl auch kein Jenseits gibt. Solche Fragen haben einen großen Einfluss auf meine Werke.“

Zeichentrickfiguren und Künstlerkollektive

Bild: Ash WIndbigler

Wenn man durch Windbiglers Arbeiten blättert, stößt man auf Kaugummi-Rosa und Babyblau, Zeichentrickfiguren und Gespenster. In einem ihrer Drucke (rechts) hat sie einen Frontalzusammenstoß zweier Autos vor einem hellrosa Hintergrund dargestellt. Ein Regenbogen, ein Rehkitz und ein lächelndes Gespenst springen aus den Wracks. Diese Mischung von makabren und kindlichen Elementen ist typisch für ihren Stil.

Windbigler ist schon länger als sie denken kann künstlerisch tätig. Ihren ersten Kunstunterricht hatte sie aber erst in der Sekundarschule. Zu dieser Zeit sind einige, geliebte Menschen in ihrem Leben gestorben. Darunter auch eine junge Cousine, die bei einem Autounfall ums Leben kam.

„Meine Bilder in der Sekundarschule hatten keinerlei Zwischentöne. Sie waren immer dunkel, ohne ein helles Element. Mit Humor konnte ich nichts anfangen. Es war dieser klassische Emo-Stil: Skizzen von Gerard Way von ‚My Chemical Romance‘“, lacht Windbigler und bezieht sich auf den Sänger einer Teeny-Pop-Punk-Band der Zweitausenderjahre.

Das alles änderte sich, als sie an eine Kunsthochschule in Indianapolis ging. Dort fand sie eine Gruppe Freunde, mit denen sie später das Kunstkollektiv „The Droops“ formte. Die Gruppe war lokal bekannt für ihre witzigen Wandgemälde. Eines davon erlangte sogar nationale Bekanntheit: Eine Einheimische beantragte das Gemälde zu verdecken, weil es männliche Genitalien in einem Hot Dog-Brötchen zeigte. Sie war nicht erfolgreich.

„Auch unser Name, The Droops, hatte die gleiche Art Humor, die ich heute mag. Witzig, aber auch ein bisschen traurig.“ Man denkt an „Drops den Hund“, die amerikanische Zeichentrickfigur, die auf Englisch „Droopy“ heißt. „Meine Zeit in der Gruppe hat mir wirklich geholfen meine Ideen auf eine Weise zu präsentieren, die auf den ersten Blick nicht so dunkel ist.“

Die Geister, die sie malte

Gespenster und Geister spuken durch ihre Werke, wie durch eine Geisterbahn. Ob Caspar, das freundliche Zeichentrick-Gespenst aus den USA, oder ein klassischer Bettlaken-Geist, nie sehen ihre Figuren wirklich furchteinflößend aus.

Beispiel eines typischen Windbigler-Gespensts:

Wo sie Gespenster malt, folgen oft Regenbogen. Sie erklärt, dass sie ‒ abgesehen davon, dass sie einfach Spaß zu malen machen ‒ den Moment bedeuten, in dem ein Geist von einem Ort verdrängt wird. Über ihr Gemälde „Lady Lazarus“, sagt sie:

„Es hat eine doppelte Bedeutung. Ich sehe es an und denke, es hat definitiv mit dem Tod zu tun.‘ Aber es ist auch eine Geschichte über Identität. Ihre Seele wird von irgendetwas ausgesaugt. Der dunkle Schrank könnte eine Besessenheit verkörpern, vielleicht böse Erinnerungen oder Selbstmordgedanken.“

„Lady Lazarus“; Bild: Ash Windbigler

Der Name des Gemäldes wurde von ihrem Lieblingsgedicht der amerikanischen Poetin Sylvia Plath inspiriert; ein Gedicht, das sie wiederum an ihre liebste biblische Geschichte erinnert, die Geschichte von Lazarus:

„Ich liebe diese Geschichte, weil es da diesen Moment der Enttäuschung gibt, in dem alle auf Jesus böse sind, weil er nicht rechtzeitig gekommen ist um Lazarus zu retten. Und dann erweckt er ihn von den Toten. Mein Gemälde gründet tief in dieser Geschichte: diese Person, die als Gespenst neu geboren wird.“

Mom and Dad

Religion ist nur ein Aspekt ihrer Kindheit, der Windbigler noch heute beeinflusst. Die konservative Familie, in der sie aufgewachsen ist, mit einer strengen Mutter und Polizeichef-Vater, spielt auch eine Rolle.

Einmal hatte sie ein Buch über Poltergeister für ein Schulprojekt nach Hause gebracht („Dass ich dieses Thema ausgesucht hatte, sagt schon vieles.“) Aber ihre Mutter verbat ihr, das Buch über das Übernatürliche ins Haus zu bringen. „Und ich habe es immer geliebt, alles zu tun, von dem meine Mutter nicht wollte, dass ich es tue“, sagt sie. „Mir geht es heute noch so.“

„Ein anderes Mal, nachdem meine Cousine Felicia gestorben ist, saß ich mit meiner Mutter im Auto. Ich war sehr traurig und still und dann habe ich sie gefragt, ‚Glaubst du, dass gestorbene Menschen uns hören können?‘ Und sie hat sofort geantwortet: ‚Nein.‘ Einfach nein. Und dann habe ich es noch mehr geglaubt.“

Mit ihrem Vater war es anders: „Mein Papa fand Gespenster und Außerirdische und Verschwörungstheorien alle toll. Oder manchmal fand ich seine Tatort-Aufnahmen bei uns zu Hause. Meine Eltern hatten beide ihren eigenen Einfluss auf meine Obsession.“

In der Vergangenheit zu leben ist also für Windbigler ganz normal, eine Gemeinsamkeit, die sie mit Gespenstern teilt und die sie schätzt. „Ich hatte immer die Denkart, dass aktuelle Ich am alten Ich zurück zu spiegeln. Für mich ist das vergangene Ich auch ein Art Gespenst oder Geist. Die Idee eines Geist-Selbsts finde ich wirklich spannend. Die meisten Gespenster in meinen Werken sind solche Geister.“