Welche Personen sind überhaupt Helden? Diese Frage klingt einfach, ist aber in Wirklichkeit sehr schwer. Die „Umstrittene Helden“-Serie des Heldenblogs wagt einen Antwortversuch. Marie argumentiert: inszenierte Helden sind noch lange keine Helden.

Politik

Wladimir Putins großes Versprechen an seine Wähler ist die Verbesserung der Wirtschaft. Zwar geht seit Putins Amtsantritt im Jahre 2000 die Arbeitslosigkeit zurück und die Wirtschaft wird stärker, dennoch gibt es eine große Altersarbeitslosigkeit. Momentan gehen Männer mit 60 und Frauen mit 55 Jahren in Rente, aber diese Rente reicht nicht aus. 2017 wurde die Rente auf 220 Euro pro Monat erhöht. Wer schon einmal in Russland war, dem wird aufgefallen sein, wie viele Rentner auf der Straße betteln gehen. Nicht alle können von der verbesserten Wirtschaft profitieren. Zudem hängt der russische Wirtschaftsboom hauptsächlich vom Öl ab. Eine Abhängigkeit, die 2015 zu einer wirtschaftlichen Krise führte. Versuche, die Wirtschaft mit Abkommen, wie z.B. mit China zu stärken, sind gescheitert.

Statt im Land zu agieren und den russischen Bürgern zu helfen, sorgt Putin mit außenpolitischen Taten für Ablenkung. Putin annektiert die Krim und beteiligt sich am Syrien-Krieg. Dem Militär wird in seinen Reden viel Zeit gewidmet und diese Politik geht auf.

2018 erhielt Putin 77 Prozent der Wählerstimmen. Keine deutsche Partei schafft es 2017 über 30 Prozent. Der russische Stimmzettel umfasst 14 Parteien und dennoch niemand, der für Putin eine Konkurrenz ist. Seit seinem Amtsantritt hat er sich Verbündete geschaffen. Alle großen Sender sind unter der Kontrolle des Kreml. Bei „Reporter ohne Grenzen“ steht Russland auf 148 von 180 Plätzen. Die Medien sind nicht der einzige Verbündete Putins, aber ein Instrument, welches Putin bewusst einsetzt.

Privat

Putin ist das einzige überlebende Kind seiner Eltern. Dies verschafft ihm, nach eigenen Angaben, viel Unterstützung, aber sicherlich auch große Verpflichtungen. Aus armen Verhältnissen stammend, legt Putin ein Jurastudium ab. 1983 heiratet er Ljudmila Alexandrowna Schkrebnewa. 1985 kommt die Tochter Maria und 1986 Jekaterina zur Welt. Zu dieser Zeit ist Putin für fünf Jahre in der DDR tätig. Er ist zielstrebig und von Anfang an staatlich aktiv.

Der russischen Presse ist es verboten, über Putins Familie zu berichten. Mit dem Amtsantritt nehmen die Putins ihre Töchter aus der Deutschen Moskauer Schule und geben als einzigen Aufenthaltsort Russland an. Das Verstecken lässt viel Raum für Vermutungen. Die Presse spekuliert über eine Affäre und ein Kind mit der Sportlerin Alina Maratowna Kabajewa. 2013 gibt Putin die Scheidung bekannt. Als Grund wird ihre Abneigung gegenüber dem öffentlichen Leben und sein Zeitmangel genannt. Ein Präsident, der sogar sein Privatleben aufgibt, ist vor den Wählern vertretbar.

Putin nutzt seine Familie nicht für seinen Erfolg aus. Seiner Familie steht nicht unter dem Druck der politischen Pflichten. Das Geheimhalten seines Privatlebens kann Putin hoch angerechnet werden. Für Staatsoberhäupter wie Putin kann eine Scheidung den Verlust seines guten Rufes bedeuten, aber seine Frau hat sich von ihm scheiden lassen. Glücklich wirkt das nicht, aber dennoch respektvoll und ein Pluspunkt für Putin.

Inszenierte Auftritte

Wladimir Putin zeigt sich oberkörperfrei beim Angeln, reitend und einsam in der Wildnis mit Gewehr. Die Bilder von Putins Urlaub in Sibirien waren 2017 überall in der westlichen Presse. Zu sehen ist die perfekt ausgearbeitete Darstellung eines Helden.

Putin ist bekannt für seine medienstarken Auftritte. Er setzt sich im Mai selbst in den orangenen Lastwagen und fährt die 19 km lange Strecke über die neue Brücke bis zur Halbinsel Krim: Ein heldenhaftes, wie gestelltes Bild. Welches Bild genau lässt Putin von sich zeichnen? Seine Politik stützt sich auf Stärke. Es ist eine körperliche und militärische Stärke, keine geistige Stärke, die gezeigt wird. Der Sport und das Militär sind Teil der politischen Propaganda, werden finanziell unterstützt und für den Nationalstolz genutzt.

Putin zeigt sich sportlich: Urlaubsbilder sind immer aktiv, er ist im Fitnessstudio und beim Kampfsport zu sehen. Die Bilder zeigen einen fitten Präsidenten, ein Vorbild und einen Präsidenten zum Anfassen. Ob die Bilder immer noch so wirkungsvoll wären, wenn der graue, schlichte Jogginganzug von 2015 seinen Preis von 2.700 Euro zeigen würde? Die Gestelltheit der Bilder tritt nur in wenigen Momenten zutage. 2011 gibt Putins Sprecher offen zu, dass die Vasen, die Putin bei einem Tauchgang mit Presse gefunden hat, extra zum Finden platziert wurden. Ein schönes Bild, wie er in Taucherausrüstung zwei Vasen in die Höhe streckt. Platziert oder nicht, das Bild ist im Gesächtnis vorhanden und damit Wirklichkeit geworden. Realitäten werden geschaffen, indem sie Gestalt bekommen.

Putin pflegt ein Macho-Image. Die Sonnenbrille, die nicht erst seit „Men in Black“ ein heldenhaftes Gangsterimage an sich hat, darf nicht fehlen. Von Merkel sind keine Bilder mit Sonnenbrille zu finden. Unseriöse Auftritte der Kanzlerin haben Folgen, wie der zu große Ausschnitt eines Abendkleides von 2008 in Oslo. Putins Bildsprache, die im Westen zwar häufig für ein Schmunzeln sorgt, funktioniert in Verbindung mit weiteren Kontrollinstanzen dennoch. Auch die orthodoxe Kirche ist ein Verbündeter Putins. Putin lässt sich regelmäßig an Feiertagen beim Gottesdienst filmen.

Ein Held?

Kann der Pluspunkt des privaten Putins in dieser Heldenabstimmung gezählt werden? Ein Held ist assoziiert mit politischen Leistungen und Auszeichnungen. Putin wird zu einem Helden aufgrund seiner politischen Aktivitäten. Die Ergebnisse dieser sind allerdings nicht sehr heldenhaft. Putins Bilder zeigen ihn stark, gläubig und zum Anfassen. Bei einer genauen Betrachtung verlieren sich die Bilder in der Illusion, und der Betrachter muss sich fragen, warum Putin es nötig hat diese Illusion zu generieren. Er hat sein Versprechen, der Verbesserung der Wirtschaft, nicht einhalten können. Seine Außenpolitik ist kriegerisch, hat nichts mit Verteidigung zu tun und ist noch fragwürdiger, wenn man sie als Verschleierungstaktik Putins innenpolitischer Misserfolge sieht. Putin ist kein Held, sondern eine Illusion.

Bilder:  commons.wikimedia.org/wiki

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Lese auch von unserem Bloggers black_sheep Der unbekannte Putin.

4 Kommentare
  1. matz
    matz sagte:

    Interessanter Beitrag über eine sehr streitbare Person. Wobei man in Zeiten von professioneller PR mit Medientrainings, Imagekampagnen etc. auch bei deutschen Politikern (oder Promis im Allgemeinen) die Frage der Authentizität stellen kann. Ist das heutzutage in die Öffentlichkeit transportierte Bild nicht immer zu einem gewissen Teil eine Illusion? Und wenn die Illusion das Ausschlusskriterium fürs Heldentum ist, kann es dann überhaupt noch Helden geben? Allerdings hat das bei Putin selbstverständlich nochmal eine andere Qualität …

    PS: Grüße gehen raus an Tom Kummer 😉

    • Marie
      Marie sagte:

      Danke für den interessanten und anregenden Kommentar.
      Das ist eine spannende Frage. Die Illusion ist sicherlich überall zu fingen. Ich denke am Ende muss jeder selber entscheiden welcher Illusion man sich hingeben will und glauben schenken will und welcher nicht.

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