Eine junge Frau von 24 Jahren, ein Holzflugzeug mit 80 PS und ein waghalsiger Plan: Die Welt im Alleinflug zu umrunden. Elly Beinhorn hob 1932 in Berlin ab und startete ihr Abenteuer in Richtung Indien. Knapp 8 Monate und 31 000 km später landete sie wieder in Deutschland. Dort wurde sie als Heldin gefeiert, und galt wenige Jahre später im Nationalsozialismus als Vorzeige-Deutsche. Ein Leben zwischen Weltreisen, Medienrummel und NS-Ideologie.

Mit 21 Jahren besuchte die gebürtige Hannoveranerin Elly Beinhorn einen Vortrag des Starpiloten Hermann Köhl. Als sie den Saal verließ, hatte sie ihren Lebenstraum gefunden: Fliegen lernen! Damals kein einfaches Unterfangen, zumindest für eine Frau. Im Jahr 1930 gab es in ganz Deutschland nur 21 Pilotinnen, und das Steuern eines Passagierflugzeugs war Frauen gänzlich untersagt.

Ein wackliger Start 

Entgegen allem Widerstand ihrer Eltern bewarb sich Elly Beinhorn als Flugschülerin in Hannover – und wurde abgelehnt. Erst an einer Berliner Flugschule bekam sie die Chance, das erste Mal in den Himmel abzuheben. Danach war sie vollständig verliebt in die Fliegerei. Das Erlebnis habe ihr das Gefühl gegeben, als würde sich das Tor zu einer „neu geschenkten Welt“ öffnen.

Eine Klemm L25. Mit diesem Leichtbauflugzeug trat Elly Beinhorn ihren Alleinflug nach Afrika an.

Um ihre Schulden aus der Flugschule zu begleichen, mauserte sich die junge Frau schnell zu einer talentierten Kunstfliegerin. Ihre Attraktion: der Looping nach vorne, welcher viel mehr Geschick verlangt als ein gewöhnlicher Looping. Erst 1931 erfüllte sich ihr Wunsch nach Abenteuern in fernen Ländern, als die Pilotin zu ihrem ersten Langstreckenflug antrat:

7000 km im Alleinflug nach Westafrika, um dort eine völkerkundliche Expedition mit Luftaufnahmen zu unterstützen. Nach Finanzierung für das teure Unterfangen suchte sie vergeblich – niemand glaubte an ihren Erfolg – und so musste sie einen Kredit aufnehmen, um Bauteile und Versicherung zu bezahlen. In einer Klemm L25, einem Leichtbauflugzeug aus Holz und mit offenem Cockpit, erhob sie sich dann schließlich in die Lüfte und brach zu einer turbulenten, aber erfolgreichen Reise auf.

Von Not- und Bruchlandungen

Elly Beinhorn im Jahr 1932

Auf dem Rückflug sollte dann aber alles schiefgehen: Eine Ölleitung im Flugzeug brach und die junge Pilotin musste in der Wüste vor Timbuktu notlanden. Alleine hätte sie das vermutlich nicht überlebt. Glücklicherweise wurde sie von Angehörigen des Songhai-Stammes gefunden und in einem kräftezehrenden Fußmarsch nach Timbuktu gebracht. Völlig erschöpft und krank konnte sie dann endlich ein Lebenszeichen nach Hause schicken, wo sie vermisst und vielleicht schon totgeglaubt wurde.

Die Berliner Zeitung am Mittag schickte ihr ein Ersatzflugzeug und einen Reporter nach Casablanca, wo sie ihre Reise wieder antreten konnte. Bei ihrer Landung zurück in Berlin wurde die Pionierin von einer Menschenmenge samt Fluggeschwader und Presse empfangen und von da an als Nationalheldin gefeiert. Kein Wunder, denn die 24 jährige verkörperte das neue Bild der modernen, emanzipierten und weltoffenen Frau, die es selbst in Sachen Technik und sportlicher Leistung mit der Männerwelt aufnehmen konnte.

Höhenflüge

Am 4. Dezember 1931 stieg sie erneut in ein Flugzeug und trat ihre wohl größte Reise an: Eine Weltumrundung. Ihre Route führte sie unglaubliche 31 000 km über Indien, Thailand, Indonesien, Australien, Neuseeland, Südamerika und schließlich zurück nach Europa. Nach mehreren Notlandungen, Planänderungen und Umwegen traf Elly Beinhorn unversehrt wieder in Berlin ein, wo sie erneut wie ein Weltstar gefeiert wurde.

Reichspräsident Paul von Hindenburg überreichte ihr den Hindenburgpokal für die beste sportfliegerische Leistung und ein Preisgeld von 10 000 Reichsmark – damit war die junge Pilotin endlich schuldenfrei. 1936 folgte sie dann dem Ruf der Liebe und heiratete den Rennfahrer Bernd Rosemeyer, womit ein ganz neues Kapitel in ihrem Leben begann.

Turbulenzen

Zwei Jahre nach der Geburt ihres Sohnes verunglückte ihr Ehemann tödlich bei einem Weltrekordversuch und ließ sie als Witwe zurück. Wenig später begann der zweite Weltkrieg und Sportfliegen war nicht mehr möglich. Elly Beinhorn zog sich damit aus dem öffentlichen Leben zurück und widmete sich einem konservativen Leben als Hausfrau und Mutter.

Elli Beinhorn-Rosemeyer mit ihrem Ehemann Bernd Rosemeyer und dem Konstrukteur der Auto-Union-Rennwagen, Dr. Porsche, 1937.

Lange Zeit galt die erfolgreiche Pilotin als nicht politisch belastet, da sie nicht als Pilotin in den Krieg zog und nie der NSDAP beitrat. Neuere Veröffentlichungen beschäftigen sich allerdings genauer mit ihrer Beziehung zur nationalsozialistischen Ideologie. Die Pilotin besuchte auf ihren Reisen gerne ehemalige deutsche Kolonien und zeigte in ihren Büchern ein übermäßiges Interesse an sogenannten Auslandsdeutschen und der Erhaltung deutscher Traditionen im Ausland. Ihre Sprache wies dabei mitunter nationalistische und rassistische Merkmale auf.

Trotz ihrer Rolle als emanzipierte und unabhängige Frau wurde Elly Beinhorn von den Nazis als Heldenfigur für Propaganda benutzt. Zusammen mit ihrem Ehemann waren sie ein „deutsches Traumpaar“. Bernd Rosemeyer war zudem Mitglied der SS und galt selbst als Vorzeigefigur für NS-Propaganda.

Sichere Landung

Nach dem Krieg war es Deutschen für einige Jahre verboten zu fliegen. 1951 ging Elly Beinhorn in die Schweiz, um dort ihren Flugschein zu erneuern und endlich wieder fliegen zu können. Danach arbeitete sie als fliegende Reporterin und Fotografin und reiste weiter durch die Welt. Erst mit 72 Jahren gab sie ihren Flugschein freiwillig ab und setzte sich zur Ruhe. 2007 verstarb sie im hohen Alter von 100 Jahren in München und wurde in Berlin neben ihrem ersten Mann Bernd Rosemeyer beigesetzt.

 

Bildquellen

Titelbild: Bundesarchiv, Bild 102-11633 / Georg Pahl / CC-BY-SA 3.0, Bundesarchiv Bild 102-11633, Berlin-Tempelhof, Ankunft von Elli Beinhorn (cropped), cropped by Nadja_, CC BY-SA 3.0 DE

Elly Beinhorn mit Ehemann und Ferdinand Porsche: Bundesarchiv, Bild 183-2007-1205-500 / CC-BY-SA 3.0, Bundesarchiv Bild 183-2007-1205-500, Bernd Rosemeyer, Elly Beinhorn, Ferdinand PorscheCC BY-SA 3.0 DE

1 Antwort
  1. Laura Schneider
    Laura Schneider sagte:

    Ich finde es sehr spannend von diesen fast heimlichen, weiblichen Heldinnen zu lesen. Damals war sie vielleicht eine Berühmtheit, aber ich würde wetten dass Heute nur noch wenige von ihr wissen. Dennoch hat sie viel für uns Frauen getan! Und zusätzlich ist sie für mich mit ihrem Schicksalsschlag als Witwe auch eine Heldin.

Kommentare sind deaktiviert.