Der verstorbene Ehemann geistert durch das Schlafzimmer, Kinderschreie ertönen aus dem Keller, Gegenstände bewegen sich wie von Geisterhand: Spuk-Forscherin Sarah Pohl ist diesen abnormen Vorkommnissen auf der Spur. Vieles kann rasch rational erklärt werden – doch immer wieder stößt die Parapsychologin an die Grenzen des Erklärbaren. Ein Besuch in Freiburg.
Aus Alltag wird Alptraum: Gespenster und Geister in asiatischen Horrorfilmen
Keine Zombie-Apokalypse, keine Aliens aus dem Weltraum – asiatische Horrorfilme bevorzugen es mit alltäglichen Dingen Alpträume zu verursachen. In diesem Longread werden drei klassische Filme aus verschiedenen Orten Asiens vorgestellt und erläutert, warum der Ursprung unserer Angst aus vertrauten Dingen entstehen kann.
Ju-on: The Grudge 1 & 2 (Japan 2002, 2003)
Die Altenpflegerin Rika soll eines Tages ein Haus in Nerima, Tokyo, aufräumen und sich um eine alte Dame kümmern. Dort erlebt sie jedoch den Mord der alten Frau von einem hässlichen Geist und fällt in Ohnmacht. Nach und nach sterben viele ihrer Freunde aus ungewissen Gründen. Rika versucht eine Freundin zu retten, welche sich nach einem ihrer Schüler erkundigen will und deswegen sein Haus aufsucht. Jede Hilfe kommt jedoch zu spät. Auf der anderen Seite soll die Schauspielerin Kyoko als Moderatorin an einem TV-Programm über Mordhäuser teilnehmen. Nach und nach werden alle ihre Kollegen von einer blassen Frau umgebracht. Auch ihr Freund liegt eines Tages tot auf dem Boden ihres Wohnzimmers. Aber die Schwangere wusste gar nicht, dass es noch etwas Schlimmeres auf sie wartete.
Ju-on (japanisch 呪怨) bedeutet Fluch aus Groll. In den beiden Filmen werden zahlreiche kurze Geschichten nichtlinear erzählt. Alle Opfer, die von dem grausamen Geist Takeo getötet werden, haben direkte Kontakte mit dem Mordhaus oder Familienmitgliedern sowie zu Freunden, die das Haus betreten haben. Das Mordhaus gehörte vorher einer dreiköpfigen Familie: dem Mann Takeo, seiner Ehefrau Kayako und ihrem Sohn Toshio. Kayako war ein schüchternes und ungeselliges Mädchen und verliebte sich in ihren Mitschüler Kobayashi in aller Heimlichkeit. Sie verfolgte ihn und schrieb alles über ihn in ein Tagebuch. Diese exzentrische Frau heiratete Takeo, nachdem Kobayashi eine andere ehemalige Mitschülerin heiratete. Sechs Jahre nach der Geburt von Toshio wünschte Takeo sich ein weiteres Kind, aber gleichzeitig erfuhr er, dass er wahrscheinlich unfruchtbar ist. Anschließend fand er das geheime Tagebuch von Kayako. Aus Wut tötete er seine Frau und seinen Sohn auf ungeheure und brutale Weise. Als er sich an der Kobayashi-Familie rächen will, erscheint der Geist von Kayako.
Der Fluch der Kayako-Familie scheint wie ein Virus zu sein. Niemand kann sicher sein, nachdem er oder sie absichtlich oder unabsichtlich dem bösen Geist begegnet ist. Und die neuen Opfer werden auch zu neuen Tätern. Die unzufriedenen Geister tauchen schlagartig auf und überraschen ihre Opfer – ob vor der Wand, unter dem Bett oder hinter dem Rücken der Opfer. Was den Film jedoch noch furchteinflößender macht, ist die Präsentation der bekannten alltäglichen Umgebung in gruseliger Atmosphäre. Das Haus scheint nichts besonders zu sein, doch wenn man das schmale Treppenhaus, die enge Dachstube und den dunklen Wandschrank genau beobachtet, kommen dazwischen plötzlich blasse Gesichter mit blutroten Augen hervor. Eine ikonische Szene zeigt, wie ein Opfer versucht, sich aus Angst unter der Bettdecke zu verstecken… Der Ergebnis kann man sich vorstellen, es ist zu gruselig, um es hier zu erwähnen. Außerdem gibt es kaum Musik in den Szenen. Wie das Alltagsleben herrscht auf der Leinwand weißes Rauschen. Erst wenn die Zuschauer sich an die Stille gewöhnt haben, passiert das Ungewöhnliche ohne Warnung.
A Tale of Two Sisters (Korea 2003)
Su-mi und Su-yeon kehren nach einem langen Aufenthalt in einer Psychiatrie nach Hause zurück, wo ihr Vater und ihre Stiefmutter sie erwarten. Das erste Abendessen markiert die angespannte Beziehung zwischen den Schwestern und ihrer Stiefmutter. Die ältere Su-mi streitet sich ständig mit der neuen Frau ihres Vaters, die nach ihrer Ansicht das vorherige glückliche Leben der Familie zerstört hatte. Die jüngere und ängstliche Su-yeon hingegen, wird wegen Kleinigkeiten bestraft. Als sie den Käfig der Lieblingsvogels der Stiefmutter kaputt macht, muss sie zur Strafe in den Kleiderschrank. Dort erleidet das Mädchen einen Nervenzusammenbruch. Su-mi wendete sich verzweifelt an den Vater. Dieser antwortet jedoch nur, dass er nichts mehr von dem Kleiderschrank hören will. Gleichzeitig passieren ungewöhnliche Ereignisse in der Familie: Der Vater spricht immer öfter mit einer unbekannten Person über das Geschehen in der Familie am Telefon; ein weiblicher Geist hebt mitten in der Nacht die Bettdecke von Su-yeon auf; unter dem Geschirrspüler taucht das Gespenst von einem Mädchen auf; Su-mi träumt von dem Geist, der ihrer Mutter ähnelt…
Der Erfolg des Filmes lässt sich einerseits auf die unerwartete Handlung zurückführen, als man erfährt, dass die sogenannten Gespenster Illusionen von Su-mi sind, weil sie unter Schizophrenie leidet. Auch ihre jüngere Schwester und die Stiefmutter sind zwei Persönlichkeiten von ihr, denn sie erlebte den Selbstmord ihrer Mutter und den zufälligen Tod ihrer Schwester mit. Su-mi brach darunter zusammen.
Auf der anderen Seite gelingt es dem Film, die fiktiven und schrecklichen Vorstellungen mit dem wirklichen Alltag zu kombinieren. Der Kleiderschrank, in dem die Mutter in Wirklichkeit Selbstmord beging und von dem dem Su-yeon zufällig erschlagen wurde, ist ein normales Möbelstück in jedem Familienhaus. Unter dem Geschirrspüler, auf den man im Alltag kaum achtet, verbirgt sich das blasse Gespenst mit verzerrtem Gesicht. Unter der kuscheligen Bettdecke fühlt man sich nach diesem Film nicht mehr sicher. „A Tale of Two Sisters“ erzählt uns eine ungewöhnliche Familientragödie in einer für uns ganz gewöhnlichen Umgebung, in dem Haus einer normalen Familie.
A Wicked Ghost (Hong Kong 1999)
Vier Freunde von Ming spielen ein spirituelles Spiel, indem sie Wasser mit Blut trinken. So rufen sie einen weiblicher Geist herbei. Kurz darauf sterben alle Freunde nacheinander an plötzlichen und unerklärlichen Ereignissen: Herzinfarkt, Selbstmord… Nur Ming überlebt. Um sich zu retten, sammelt Ming zusammen mit ihrer Schwester und ihrem Freund Mao alle Informationen über den bösen Geist. Gleichzeitig benutzt der Geist eine Freundin von Ming, um ihr mitzuteilen, dass sie nur noch drei Tage zu leben habe.
Der Film war der Alptraum zahlreicher Chinesen. Und plötzlich verwandelten sich alltägliche Gebrauchsgegenstände in Orte der Angst: sei es der Fahrstuhl, die Toilette oder das Haarewaschen… Der Geist war eine Schauspielerin der kantonesischen Oper (eine traditionelle Opera Chinas) und trägt stets das klassische blauen Kostüm. Man stellt sich unbewusst vor, wie die blassen Hände unter dem blauen Ärmel hervorkommen und an der Schulter berühren. In einer klassische Szene wird eine Frau von dem Geist auf dem Weg zu Toilette verfolgt. Die Zuschauer sehen wie der Geist so nah an ihr lehnt, dass fast kein Abstand zwischen ihnen ist. Die Frau merkt jedoch nichts außer einem kühlen Schauer. Nachdem man diese Szene gesehen hat, fällt es schwer noch unbeschwert zur Toilette zu gehen.
Sigmund Freud schreibt in seinem Essay Das Unheimliche, dass es nicht nur das Unvertraute, sondern zugleich das Vertraute sein kann, dass uns am Meisten gruselt. In den drei oben genannten Filmen versteckt sich das Unheimliche, die Geister und Gespenster, perfekt in dem uns Vertrauten. Die Zuschauer von Horrorfilmen gewöhnen sich vielleicht daran hässliche Geister auf der Leinwand zu sehen, diese asiatischen Filme lassen jedoch jeden Horror-Fan erschaudern – hinter allem Alltäglichen steckt das Unheimliche. Wer glaubt, dass solche Filme doch gar nicht so gruselig sind, der soll es einmal selbst ausprobieren und sich dem Grusel des Alltäglichen stellen. Ich habe vor drei Jahren „A Wicked Ghost“ gesehen und kann immer noch nicht meine Haare in schwachem Licht waschen.
Wer kennt das Gefühl nicht, ein bekanntes Gesicht zu sehen und den Wunsch zu verspüren hier und jetzt im Boden zu versinken? (Du kennst das nicht? – Dann melde dich, ich freue mich dich kennenzulernen!) Die Geister unserer Vergangenheit statten uns gerne mal einen Besuch ab, besonders dann, wenn wir nicht damit rechnen. Hier eine Auflistung der drei schlimmsten Geisterbesuche, die wir lieber wieder vergessen wollen. Eine Glosse.
„Paranormal Activity“ zählt zu den rentabelsten Horrorfilmen aller Zeiten. Der Low-Budget-Film spielte Millionen an den Kinokassen ein. Viele vermuten hinter dem Erfolg die Darstellung des Bösen im US-amerikanischen Erfolgsstreifen. Mit seiner Geisterdarstellung versucht Regisseur Oren Peli die Angst der Zuschauer*innen vor dem Unbekannten zu wecken. Außerdem spielen auch die gelungenen Marketing-Aktionen eine nicht unwesentliche Rolle für den Erfolg des Films.
Im Jahr 2009 durfte eine ausgewählte Anzahl von Personen den neuen Horrorfilm „Paranormal Activity“ zum allerersten Mal im Kino schauen. Die Reaktionen der Zuschauer*innen wurden aufgezeichnet. Versteinerte Mienen, weit aufgerissene Münder und mit den Händen verdeckte Gesichter sind in diesem kurzen Video zu sehen. „Paranormal Activity“ zählt zu den schlimmsten Horrorfilmen der letzten Jahre.
Entstehungsgeschichte
Die Idee für den Film stammt von dem US-amerikanischen Filmemacher Oren Peli. Bis dato hatte er noch keinen Film selbst produziert. Ausgestattet mit einem Budget von 15.000 US-Dollar, seinem eigenen Haus als Drehort und zwei Schauspieler*innen, begann er den Dreh. Es gab kein konkretes Skript. Die Schauspieler*innen hatten einen groben Handlungsablauf vorgegeben, woraus sich die Dialoge ergaben. Der ganze Film ist im „Found Footage“-Stil gehalten. Das heißt, es wird der Eindruck erweckt, die Hauptcharaktere filmten sich selbst mit einer Handkamera und dokumentierten ihr Leben. Oft wird der Film deshalb mit dem vor zehn Jahren gedrehten, pseudodokumentarischen „Blair Witch Project“ verglichen. Innerhalb einer Woche war der Film abgedreht.
Die Handlung
Die beiden Hauptcharaktere Katie Featherston und Micah Sloat behalten auch ihre Vornamen für den Film. Das junge Paar lebt in einem netten, kleinen Häuschen in San Diego. Als Katie eines Nachts seltsame Geräusche hört, stellt ihr Freund Micah eine Kamera im Schlafzimmer auf, um die Sache aufzuklären. Aber die nächtlichen Ereignisse verschlimmern sich.
Die Schlafzimmertür knallt zu, der Kronleuchter fällt von der Decke und Katie schlafwandelt. Schon als Kind hatte Katie mit solchen paranormalen Ereignissen zu kämpfen. Micah sieht es nicht ein, die Kamera zu entfernen, da er denkt, dem Spuk so Einhalt zu gebieten. Doch da irrt er sich. Die Phänomene werden immer schlimmer, bis diese zu einem schrecklichen Höhepunkt gelangen.
Der Geist in „Paranormal Activity“
Obwohl der Geist in „Paranormal Activity“ nie in Erscheinung tritt, jagt er den Zuschauer*innen dennoch einen gehörigen Schrecken ein. Der Film spielt mit der Furcht vor dem Unsichtbaren. Dazu nutzt der Regisseur die Angst der Zuschauer*innen vor dem Unbekannten. Dass man nicht genau weiß, wovor man sich eigentlich fürchtet, macht die Situation umso gruseliger. Der Geist tritt nie als Person oder als Gestalt auf. Man kann lediglich seltsame Geräusche vernehmen und das Bewegen von Gegenständen beobachten. Als der Geist aber auch nicht mehr davor zurückschreckt, Katie aus dem Bett zu ziehen und zu verletzten, wird klar: Mit ihm ist nicht zu spaßen. Besonders gruselig wird es dann, wenn der/die Zuschauer*in merkt, dass der Geist von Katie Besitz ergriffen hat und sie nicht mehr dieselbe ist. Plötzlich ist sie zu schrecklichen Taten fähig.
Im Laufe des Films vollzieht sich die klassische Steigerung der Ereignisse bis zu einem absoluten Höhepunkt. Was zunächst nur harmlose Poltergeisterscheinungen sind, entpuppt sich als wahrhafter Horror. Durch die langsame Steigerung wird der/die Zuschauer*in in die Situation der Protagonist*innen versetzt. Jede Nacht ist durch die Kamera dokumentiert, so ist man scheinbar live dabei. Die sehr authentische Darstellung der Schauspieler*innen verstärkt diesen Eindruck noch. Auf spannungssteigernde Musik wird gänzlich verzichtet. Stattdessen kündigt ein tiefer Brummton an, dass gleich wieder etwas Unheimliches passieren wird. Auf diese Weise wird die Spannung noch mehr gesteigert.
Der Film hat für seine Geisterdarstellung viel Kritik einstecken müssen. „Paranormal Activity“ weckt in Zuschauer*innen die Angst vor dem unsichtbaren Bösen. Das ist jedoch keine wirklich tiefgreifende Angst. Es geht eher darum, sich in regelmäßigen Abständen zu erschrecken wie in einer Geisterbahn. Außerdem spiegelt es unsere Kindheitsängste wieder: Ein Monster könnte sich nachts im Zimmer aufhalten und sich unter dem Bett oder im Schrank verstecken. Bei Katie wird diese Angst zur Realität. Natürlich kommt dadurch auch Gruselatmosphäre auf. Horrorklassiker bedienen sich aber meist noch anderer, tiefgreifenderer Ängste. Es handelt sich bei Pelis Werk um eine eher einfach gehaltene Schauergeschichte und nicht um ein filmisches Meisterwerk.
Die Erfolgsgeschichte
Trotz der Kritik funktioniert das Erfolgskonzept: Dies hängt aber auch mit den Marketing-Aktionen des Herausgebers „Paramount Pictures“ zusammen. Durch einen „Demand it“ (dt.: Verlange es)-Button auf der Facebook-Seite von „Paramount Pictures“ konnte jeder/jede darüber abstimmen, ob „Paranormal Activity“ in seiner/ihrer Stadt gespielt werden soll. Die 20 Städte mit den meisten Klicks bekamen den Film zuerst zu sehen. Außerdem wurde eine „Tweet your scream“ (dt.: Teile deinen Schrei)-Kampagne ins Leben gerufen. So gibt es noch heute überall im Internet Videos, wie Zuschauer*innen den Film schauen und sich dabei filmen, wie sie sich erschrecken. Nach der offiziellen Premiere in der ganzen USA gingen die Kinobesuche durch die Decke. Weltweit spielte der Horrorfilm 190 Millionen US-Dollar ein. Diese Marge kann sich sehen lassen. Mit einem derartigen Erfolg des Streifens hatte wohl selbst der Regisseur nicht gerechnet.
„Paranormal Activity“ ist ein durchaus sehenswerter Film, vor allem für Zuschauer*innen, die sich gerne gruseln. Zu viel Tiefe darf man jedoch nicht erwarten, auch bei den Hauptcharakteren nicht. Die Geisterdarstellung ist dem Regisseur Oren Peli definitiv gelungen. Denn nachdem man „Paranormal Activity“ gesehen hat, ist jeder froh, wenn er/sie nicht alleine schlafen muss.
Wer sich noch nicht genug gegruselt hat, kann gerne hier klicken für noch mehr schaurig schöne Horrorfilmtipps.
Beitragsbild: Tom Small, CC BY-SA 2.0, Ausschnitt.
Sagenumwoben, gefürchtet und von einer unbändigen Faszination umgeben: Der Berg der Berge, der Mount Everest. Unsere Redakteurin erzählt von eigenen Erfahrungen am Fuße des höchsten Berges der Welt, welche Wirkung die Kultur auf Tourist*innen ausübt und warum der höchste Berg der Erde zugleich heilig und unheimlich ist.
Wenn etwas das Schönste, das Schlimmste oder in diesem Fall das Höchste ist, wird darum herum ein Gespinst aus Sagen und Geschichten gesponnen, das den materiellen Wert noch einmal steigert. So ist das auch mit dem höchsten Berg der Erde, dem Mount Everest. Sagarmatha in der Sprache der Nepali (= Himmelskönig), Qomolangma in der Sprache der Tibeter (= Göttin-Mutter der Erde). Schon bevor der Nepalese Tensing Norgay und der Brite Edmund Hillary am 29. Mai 1953 als erste Menschen den Gipfel erreichten, war der Berg in Nepal und Tibet in aller Munde. In der buddhistischen Kultur der Sherpas bewohnen Geister und Dämonen die Gipfel der Berge. Demnach wohnt auf dem Mount Everest Jomo Miyo Lang Sangma, eine der fünf „Schwestern des langen Lebens“, die auf den fünf höchsten Gipfeln des Himalaya wohnen. Jomo Miyo Lang Sangma bringt den Menschen Nahrungsmittel. Sie ist die drittjüngste von fünf Feengöttinnen. Einer Sage nach lieferten sich um 1300 Padmasambhava (der Mann, der den Buddhismus nach Nepal brachte) und der Lama der Bön-Religion (im 8. Jahrhundert die vorherrschende Religion in Tibet) ein Wettrennen hinauf zu der Feengöttin auf den Berg. Der Lama wurde von seiner magischen Trommel getragen und Padmasambhava von einem Lichtstrahl. Der Lichtstrahl war schneller. Der Lama ließ deshalb enttäuscht seine Trommel am Gipfel zurück.
„Noch heute sagen die Sherpas, dass Geister die Trommel schlagen würden, wenn eine Lawine den Berg hinunterdonnert.“ – Basler Zeitung
Die Menschen in den Bergdörfern des Himalayas sind besonders gläubig, denn ihr Leben hängt von der Gnade der Berggötter ab. Das Wetter wechselt in Sekundenschnelle, Lawinen gehen ab, Erdbeben zerstören ganze Landstriche.
Ein Erfahrungsbericht aus dem Sagarmatha Nationalpark
Als ich 2015 zum ersten Mal eine winzige Spitze des höchsten Berges der Welt erblickte, fühlte es sich an, als würde dieser runde Planet aufhören sich zu drehen. Ein winziges Stück Berg hinter dem Lhotse und dem Nuptse, den beiden Bergen, die den Berg der Berge umgeben. Eine weiße Rauchfahne scheint von der Spitze aufzusteigen. „Der Berg raucht“, erklärt mir Sune Tamang, unser Bergführer mit seinem gewohnt verschmitzten Lächeln. Von etwa 4.000 Metern Höhe kann ich nur erahnen, wie stark der Wind dort oben auf 8.848 Metern pustet und diese weiße Fahne auslöst. Einige Tage später, vom Gipfel des Aussichtsberges Kala Patthar aus blicke ich von läppischen 5.555 Metern hinauf zum noch immer unerreichbaren Dach der Welt. Ich kämpfe mit der Anstrengung des Aufstiegs. Alle paar Schritte muss ich anhalten und wegen des kaum vorhandenen Sauerstoffs schon auf dieser Höhe wie ein Walross schnaufen. Keine halbe Stunde bleiben wir dort, schon geht es wieder hinunter ins Dorf auf 5.100 Meter, um die Höhenkrankheit zu vermeiden. Ich frage mich, wie könnte ich jemals auf den Mount Everest steigen, wenn mir hier schon die Puste ausgeht?
Kommerz auf dem Dach der Welt
Viele andere Bergsteiger*innen stellen sich diese Frage nicht. Der Berg übt eine Faszination aus, die ihresgleichen sucht. Einmal am höchsten Punkt der Erde sein, dem Himmel so nah wie nie zuvor. Das ist der Wunsch hunderter Bergsteiger*innen, die jedes Jahr nach Nepal oder Tibet kommen und den Aufstieg wagen wollen. Und manche von ihnen kehren nie wieder heim. Denn der höchste Berg der Welt fordert Opfer. Über 200 Menschen sind bereits oben am Berg gestorben. Viele haben nicht die Kondition oder die technische Erfahrung, die ein solcher Aufstieg erfordert. Sie haben aber das Geld und kaufen sich ihren Weg auf den Berg. Über 60.000 Dollar kostet es, auf den Mount Everest zu steigen. Für das Permit (die Aufstiegsbescheinigung) verlangen die Nepali so viel Geld, weil ihnen der Berg heilig ist. Am liebsten sollte niemand hinaufsteigen, doch so ist er immerhin eine gute Einnahmequelle. Wer den Aufstieg oder den Weg hinunter nicht überlebt, bleibt wohl für immer dort oben. Eine Bergung ist zu riskant – und so ist der Weg nach oben von Leichen gesäumt. Auch diese Geister leben vermutlich am Berg weiter und sind Teil seiner Geschichte.
Der Traum eines jeden Bergsteigers
Als Bergtourist in Nepal bekommt man einiges von der Kultur mit, die durch ein friedliches Zusammenleben von Buddhismus und Hinduismus geprägt ist. Beim Aufbruch zum Bergaufstieg wird Reis ins Feuer geworfen und die Bergsteiger mit dem buddhistischen Mantra „Om mani padme hum“ verabschiedet. Mit diesem Mantra in Sanskrit wird Mitgefühl ausgedrückt. Trotzdem blieb auch für mich diese umfangreich gelebte Kultur ein bisschen hinter dem Massentourismus zurück. Als wir im Basislager des Mount Everest ankamen, wurde für mich ein Traum wahr. Einmal dort zu sein, wo die großen Bergsteiger gestartet sind. Der Berg ist einerseits so nah und doch so fern, denn von hier sind es noch immer über 3.000 Meter Aufstieg bis zum Gipfel. Dort oben warten Gefahren wie Wetterumschwünge, Sauerstoffmangel und die eigene körperliche und geistige Belastungsgrenze. In der Todeszone über 7.000 Meter darf man sich nicht lange aufhalten, denn dort beginnt man irgendwann zu halluzinieren, wenn die Höhenkrankheit eintritt. Es ist ein magischer Ort für die Einheimischen, aber auch für jeden Bergsteiger. Die buddhistischen und menschlichen Geister auf dem höchsten Berg der Welt machen ihn zu dem, was er ist: ein faszinierendes, schicksalhaftes Mysterium.
Berge sind nicht nur in Nepal Herberge für Geister. Lesen Sie hier, welche besondere Bedeutung der Ayers Rock in Australien für die Einheimischen hat.
Hier geht es zu einem Artikel über von Geistern bewohnte Vulkane und Berge zum Beispiel in Indonesien, Madagaskar und auch Deutschland.
Die Verschleierung von Haaren. Gefühlt hat in der Debatte um Frauen im Islam nichts höhere Brisanz als das Kopftuch. Dabei ist der Islam längst nicht die einzige Religion, die das Tragen einer Kopfbedeckung vorsieht. So tragen katholische Nonnen genauso eine Verschleierung wie streng gläubige Jüdinnen. Und dennoch scheint das muslimische Kopftuch in den Diskussionen ein Alleinstellungsmerkmal zu sein. Es wird debattiert, gestritten, be- und geurteilt, was das Zeug hält – oft aber, ohne wirklich zu wissen, wer sich unter dem Kopftuch verbirgt und welche Beweggründe dahinterstecken.
Um den Schleier metaphorisch zu lüften und mit Vorurteilen aufzuräumen, lohnt es sich immer noch, Debatten zum Thema zu führen. Dabei ist aber wichtig, miteinander und nicht übereinander zu reden. Deshalb durfte ich die 24-jährige Akademikerin, Mediamanagerin und Kopftuchträgerin Betül Ö. befragen. In Deutschland geboren und aufgewachsen hat sich die gläubige Muslimin mit türkischen Wurzeln im Alter von 19 Jahren für das Tragen des Kopftuchs entschieden. Im Interview spricht sie über freie Selbstbestimmung, Glaube und Inklusion.
Fangen wir mal mit Grundsätzlichem an: Warum werden eigentlich die Haare verschleiert?
Es ist so, dass in unserer Religion der Mensch an sich mehr im Vordergrund stehen sollte als das Aussehen. Außerdem soll man sich gegenüber Männern, die nicht blutsverwandt sind, wie Brüdern, Onkel oder dem Vater, verschleiern, um die Reize zu verbergen. Haare gehören zu solchen Reizen. Lange Haare oder kurze Haare, Locken, glatt oder blond rufen Präferenzen hervor. Die Verschleierung, auch die des Körpers, unterstützt dabei, den Fokus auf die Person zu legen und nicht auf das Optische.
Ist das auch der Grund, warum du Kopftuch trägst?
Ich trage Kopftuch, weil ich das möchte. Ich bin eine gläubige Person. Meine Religion schreibt mir unter anderem vor, Kopftuch zu tragen, und wer sich im Diesseits an die Vorschriften hält, wird im Jenseits dafür belohnt. Daran glaube ich. Gleichzeitig fühle ich mich wohl und vollständig damit.
Tragen alle Frauen bei dir in der Familie Kopftuch?
Nein, nicht alle. Wir dürfen das frei entscheiden. Manchmal ist das aber auch beruflich bedingt nicht möglich.
Wann und wo trägst du Kopftuch?
In der Öffentlichkeit, aber auch zu Hause, wenn Freunde oder Bekannte sowie Verwandte zweiten und dritten Grades zu Besuch sind.
Sind dir Haare trotzdem noch wichtig?
Ich liebe meine Haare! Nur, weil ich sie nicht jedem zeige, heißt das nicht, dass sie mir nicht wichtig sind. Ich mache mir auch manchmal die Haare, schminke mich und mache mich hübsch. Das gehört ja trotzdem noch zu mir. Aber das bleibt dann eben im familiären Rahmen.
Du hast Dich mit 19 Jahren relativ spät dafür entschieden, Kopftuch zu tragen. Wie kam es dazu?
Ich wollte das eigentlich schon früher. Habe mich aber nicht getraut, aus Angst vor der Reaktion meines sozialen Umfelds. Dann bin ich aufgrund meines Studiums in eine andere Stadt gezogen, wo mich niemand kannte. Da dachte ich: jetzt oder nie.
„Ich muss mich erst selbst von Dingen überzeugen, sie nachvollziehen können und herausfinden, ob es Sinn macht, etwas zu tun.“
Wie hat denn Deine Familie und Dein soziales Umfeld darauf reagiert, dass Du plötzlich Kopftuch trägst?
Insgesamt positiv. Ich komme auch aus einer Familie, in der es mir offengelassen wurde, das Kopftuch zu tragen. Mir wurde zwar gesagt, dass die Religion dies und jenes vorgibt, es aber meine Entscheidung sei, ob ich das möchte oder nicht. Als ich dann erzählt habe, dass ich mich für das Kopftuch entschieden habe, hat sich meine Mutter sehr gefreut und mein Vater hat mir seine Unterstützung zugesichert. Meine Eltern waren da locker drauf. Ich kenne muslimische Eltern, die das Kopftuch nicht erlauben, aus Sorge, ihre Tochter stößt in Deutschland auf Schwierigkeiten, wie beispielsweise im Job. Sowas gibt es also auch.
Du sagst damit, dass Du Dich frei für das Kopftuch entschieden hast. Kannst Du auch einen indirekten Zwang, also beispielsweise durch gesellschaftliche Konventionen, ausschließen?
Es kann schon sein, dass manche Frauen Kopftuch tragen, weil es in ihrer Familie oder Community getragen wird. Ich würde von mir aber behaupten, dass ich selbstbestimmt bin. Ich muss mich erst selbst von Dingen überzeugen, sie nachvollziehen können und herausfinden, ob es Sinn macht, etwas zu tun. Mit 19 konnte ich das dann und wollte es unbedingt. Einen indirekten Zwang habe ich eher darin empfunden, darauf zu verzichten, Kopftuch zu tragen, weil die Mehrheit in meinem Umfeld keines trägt. Deshalb habe ich mich auch erst so spät dafür entschieden.
Hast Du seitdem noch mal an Deiner Entscheidung gezweifelt?
Wenn, dann nur, weil ich in Deutschland damit auf Probleme stoße. Nicht aber aus religiöser Sicht.
Was sind das für Probleme, auf die Du gestoßen bist?
Natürlich gibt es die typischen Sprüche oder Blicke beim Vorbeilaufen. Aber auch in der Berufswelt habe ich einiges erlebt. Ich habe während des Studiums viele Praktika gemacht. Dabei war mir wichtig, in einem deutschen Unternehmen zu arbeiten. Leider musste ich feststellen, dass öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten mir weniger Toleranz entgegenbrachten als private Unternehmen – obwohl man oft glaubt, die Öffentlich-Rechtlichen seien so aufgeschlossen. Am Ende habe ich sogar ein Jobangebot bei einem privaten Unternehmen bekommen. Denen war nur wichtig, dass ich gute Arbeit leiste. Von den Öffentlich-Rechtlichen war ich wirklich enttäuscht, dass die sich nicht mehr getraut haben.
Wie hat sich deren Intoleranz genau geäußert?
In Form von Absagen. Oder auch Aussagen: Ich wurde zum Beispiel gefragt, warum ich nicht bei einer türkischen Zeitung arbeiten möchte. Aber wieso soll ich bei einer türkischen Zeitung arbeiten wollen? Nur, weil ich türkische Wurzeln habe?
Das klingt wirklich absurd. Hast du nach dem Studium denn lange nach einem Job suchen müssen?
Einige Monate, obwohl meine Noten gut waren und ich sozial engagiert bin. Selbst der Sachbearbeiter beim Arbeitsamt konnte keine Fehler in meiner Bewerbung finden. Er war sogar vielmehr von der Kreativität meiner Bewerbung angetan. Schließlich waren wir uns einig, dass es an meinem Kopftuch liegen muss. Er hat mir dann zu Praktika geraten, um den Arbeitgebern zu zeigen, wer und wie ich bin. Und dass ich Deutsch sprechen kann. Damit hatte ich dann auch Erfolg.
„Wer die Welt verändern will, muss bei sich selbst anfangen.“
Das erinnert mich an so manche Kopftuchdebatte. Erst neulich argumentierte der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz, dass das Kopftuch Parallelgesellschaften befördere. Was denkst Du darüber?
Ich halte es für wichtig, dass wir eine Gesellschaft der Inklusion, nicht bloß der Integration, leben. Und das sollte von beiden Seiten ausgehen. Die meisten Immigrant*innen haben ihre eigene Community gebildet. Dadurch kommen sie aber auch nicht in Kontakt mit anderen. Gleichzeitig haben es beispielsweise Kopftuchträgerinnen schwer in der Gesellschaft. Meistens wird nur über das Kopftuch geredet, aber nicht über die Person dahinter. Wir schließen uns also gegenseitig aus, anstatt aufeinander zuzugehen.
Ist das auch der Grund, warum Du in einem deutschen Unternehmen arbeiten wolltest?
Ja, auch. Obwohl ich es mir damit ja nicht leicht mache, wenn ich immer wieder erklären muss, warum ich so aussehe, was ich anziehe und so weiter. Ich finde aber, dass das dazu gehört, sonst kommen wir nicht voran. Wer die Welt verändern will, muss bei sich selbst anfangen.
Immer wieder werden ja Kritiker*innen laut, die das Kopftuch vehement ablehnen. Dabei wird dann oft auf den Iran verwiesen, wo gläubige Muslim*innen gegen die Verschleierung protestieren. Wie denkst Du darüber?
Ich kann die Geschehnisse im Iran nicht so gut beurteilen, weil ich weder Iranerin bin, noch jemals dort war. Ich weiß aber, dass dort das eigentlich religiöse Symbol des Kopftuchs politisiert wird. Die Frauen werden dort gezwungen. Damit wird aber der Sinn des Kopftuchtragens verfehlt. Man sollte etwas Religiöses tun, weil man daran glaubt, nicht weil andere einen dazu zwingen.
Was müsste sich für Dich gesellschaftlich verändern, damit Du Dich akzeptierter fühlst?
Dass der Mensch in den Fokus gerückt wird und nicht ein Stück Stoff. Mich unterscheidet ja nicht viel von anderen Menschen. Meine Arbeitskollegen haben wie ich studiert, haben wie ich Klausuren geschrieben oder wie ich ein Interesse für Fotografie. Aber bevor es soweit kommt, ist das Kopftuch oft schon ein Ausschlusskriterium und gleichzeitig sehr klischeebehaftet. Ich finde es schade, dass man nicht offen miteinander umgeht.
Was würdest Du einer Muslima mit oder ohne Kopftuch noch gerne sagen?
Ich würde einer Muslima mit Kopftuch sagen, dass sie viel offener damit umgehen soll. Ich finde, man steckt sich selbst schnell in Schubladen, in dem man sein Kopftuch dafür verantwortlich macht, dass man beispielsweise keinen Job findet. Das ist zwar durchaus der Fall und nicht wegzudenken, manchmal liegt es aber auch einfach an seinen Noten oder Referenzen. Da sollte man mehr reflektieren. Denn nicht alle sind rassistisch. Und sich selbst in so eine Schublade zu stecken, finde ich nicht richtig. Hinzu kommt, dass wir aus Angst vor falschen Darstellungen oft nicht zulassen, dass die Medien über uns berichten. Auf der anderen Seite beschweren wir uns darüber, dass in den Medien selten positiv über uns berichtet wird. So kommen wir aber auch nicht voran. Muslimas müssten einerseits mitreden dürfen: In Debatten über Kopftuchtragende haben alle das Recht, sich zu äußern, außer Kopftuchtragende selbst. Auf der anderen Seite müssten wir uns gegenseitig kennenlernen, um uns besser zu verstehen. Der Fremde ist meistens der Feind. Doch wenn du den Fremden kennenlernst, ist er nicht mehr fremd und vielleicht sogar irgendwann dein Freund.
Schönes Schlusswort eines gelungenen Interviews. Vielen Dank dafür, liebe Betül.
Empfohlene Literatur zum Weiterlesen:
Şahin, Reyhan (2014): Die Bedeutung des muslimischen Kopftuchs. Eine kleidungssemiotische Untersuchung Kopftuch tragender Musliminnen in der Bundesrepublik Deutschland. Münster.
Mehr zum Thema und weitere spannende Beiträge gibt es auf unserem Blog Shades of Hair. Außerdem halten wir unsere Leser*innen auf Facebook, Twitter und Instagram mit regelmäßigen Neuigkeiten rund um unseren Blog auf dem Laufenden.
Die Krone auf deinem Kopf ist etwas Einzigartiges und Besonderes. Doch was passiert, wenn jemand, der sich nicht damit identifizieren kann, auf einmal dieselbe Krone trägt? Sollte man sich nicht freuen, wenn ein kultureller Austausch auf einer so ästhetischen Ebene wie dem Haar stattfindet? Oder sollte man gegen die Haarinvasion antreten?
Kim Kardashian West mit Bo Derek Braids – das fühlt sich ein bisschen an wie eine neue Episode der Serie „Was die Kardashians stahlen und als ihre Eigenmarke vertrieben“. Anfang des Jahres war das die neue Lieblingsfrisur von ihr und ihrer Tochter. Doch diese angeblich neue Frisur brachte einen unverwechselbaren Shitstorm mit sich. Viele beschwerten sich, nicht nur über das Tragen der angeblichen Bo Derek Braids, sondern auch über die Art und Weise, wie Kim Kardashian ihre neue Flechtfrisur vermittelte.
Fangen wir mit der ersten und offensichtlichsten Frage an. Warum gab sie ihrer deutlich erkennbaren afrikanischen Flechtfrisur einen anderen Namen?
Nach einer ergiebigen Google-Suche gibt es hier die Erklärung, wer Bo Derek überhaupt ist. Bo Derek gilt als ein Sexsymbol der 1980er. Durch ihre Rolle in Zehn – Die Traumfrau gewann Derek weltweite Aufmerksamkeit, die sie trotz allem nicht vor dem Gewinn einer goldenen Himbeere bewahrten. Im Film trug Bo Derek in der Rolle als Jenny Hanley besondere Zöpfe, die wiederum Kim Kardashian zu ihrem neuen Look inspirierten. Das teilte die Stilikone natürlich sofort auf den sozialen Plattformen. Jedoch geschah all das unter dem neugetauften Bo Derek Look und nicht dem originalen Namen.
„Nicht mit uns!“ dachten sich viele Social-Media-Nutzer und machten Kim Kardashian West direkt auf ihr Fehlverhalten aufmerksam:
Woher kommen die Bo Derek Braids ursprünglich?
Die vermeintlich umbenannte Flechtfrisur heißt Fulani Zöpfe. Diese werden traditionell vom Volk der Fulbe getragen (womit auch die richtige Namensgebung erklärt wird), welches in der Sahelzone Afrikas seinen Sitz hat. Seinen Ursprung findet das Flechten im Jahre 3500 v.Chr. im alten Ägypten. Zöpfe waren ein Teil der Kommunikation und sind bis heute noch ein Anzeichen, um die Herkunft und den sozialen Status eines Menschen zu erkennen. Durch den Sklavenhandel und mehreren Migrationsschübe verbreitete sich die Frisur unter der afro-amerikanischen Bevölkerung. Durch die Bürgerrechtsbewegung (1954 – 1968) gewannen Zöpfe und die Kunst des Flechtens eine größere Bedeutung und Aufmerksamkeit.
Wo liegt jetzt das Problem?
Es ist kein Problem, wenn die „selbsterklärte“ Trendsetterin Mrs Kardashian West sich Zöpfe flechten lässt. Es ist ihr gutes Recht ihre Haare nach ihrem eigenen Belieben zu tragen. Das Problem lag in der Art der Vermittlung. Sie stellt ihre Frisur nicht nur zur Schau, als wäre es eine Eigenkreation, sondern benennt sie diese auch noch um. Es ist nicht abzustreiten, dass die Kardashian-West-Marke einen hohen Stellenwert in der heutigen Gesellschaft hat. Eben deswegen ist es vielen so wichtig, dass wenn sich jemand wie eine Kim an ihrem Stil vergreift, ihnen auch die notwendige Anerkennung verleiht. Wenn sie schon einen Trend daraus macht, dann bitte auch unter den richtigen Bedingungen.
Having Black hair is unique in that Black women change up styles a lot. You can walk down one street block in New York City and see ten different hairstyles that Black women are wearing: straight curls, short cuts, braids – we really run the gamut. – Queen Latifah
Wer ist überhaupt mit „ihnen“ gemeint?
Ihnen – umfasst primär alle Volksgruppen, die Zöpfe als ein Symbol ihrer Gesellschaft sehen. Zöpfeflechterin ist nicht nur eine Berufsbezeichnung, sondern auch ein Dienst für die Gesellschaft und für manche ein wichtiges Ritual. Die Zöpfe zeigen die Zugehörigkeit einer Person zu einer bestimmten Volksgruppe. Doch durch Migration und Sklavenhandel ging diese Tradition bei vielen Völkern verloren. Das Schönheitsideal hat sich verändert und ist westlicher geworden. Natürlich lockiges Haar und ihre Hair-Styles wurden und werden bis heute noch als ungepflegt und unästhetisch angesehen. Vielen dunkelhäutigen Trägerinnen wird ihre Schönheit abgesprochen aufgrund ihrer Frisur. Jedoch werden diese stereotypisierten Styles eben dann anerkannt, sobald eine weiße Sprecherin ihn für sich behauptet. All das spitzt sich dann zu, wenn die wirklichen Kuratoren nicht rechtmäßig kreditiert werden.
Irgendwo zwischen Glatt und Zöpfen…
Was wäre ein passender Lösungsansatz? Wenn ein kultureller Austausch passiert, auf einer ästhetischen Ebene wie den Haaren, dann ist dies ein Schritt in die richtige Richtung, um einen Dialog zu starten. Dieser Dialog sollte jedoch rechtmäßig stattfinden. Es ist schön, wenn sich andere Kulturen ihre Haare flechten und die jeweiligen Stile imitieren. Jedoch sollte man darauf achten, nicht zu plagiieren, sondern genau diese Gelegenheit zu nutzen, um auch andere davon zu überzeugen, dass die Frisur schön ist, egal an wem. Der Erfolg der Zöpfe sollte nicht durch die Hautfarbe des Trägers, sondern durch die persönliche Schönheit bestimmt werden.
Weitere Links:
https://www.brighthubeducation.com/social-studies-help/121031-cultural-significance-of-hair-braiding-in-african-tribes/
Pergament, Deborah. „It’s Not Just Hair: Historical and Cultural Considerations for an Emerging Technology.“ Chi.-Kent L. Rev.75 (1999): 41.
https://www.allure.com/story/kim-kardashian-called-cornrows-bo-derek-braids-lol-come-on-girl
https://csdt.rpi.edu/culture/cornrowcurves/civilrights.html
Können Haare dem Menschen Angst einflößen? In vielen asiatischen Horrorfilmen sind lange Haare ein Symbol für grauenvolle Gespenster. Die Filme „Ring“ (japanisch リング, Ringu), „Exte“ (japanisch エクステ, Ekusute) und „The Wig“ (Hangul: 가발; RR: Gabal) können eine tiefe Angst vor Haaren bei den Zuschauern auslösen.
Ring (リング) (1998)
Im japanischen Horrorfilm Ring geht es um ein Gerücht unter Schülern: Sieben Tage, nachdem man ein mysteriöses Videoband gesehen hat, wird man sterben. Um den Tod zu vermeiden, muss das Video kopiert und jemand anderem gezeigt werden.
Eine Reporterin beginnt diese Geschichten nachzuprüfen. Doch während ihrer Nachforschungen sieht auch sie dieses Video. Es zeigt ein kleines Mädchen in einem weißen Kleid, das vor einem Brunnen steht. Sie hat lange, schwarze Haare, die seitlich am Gesicht runterhängen. Nach sieben Tagen kriecht das Mädchen aus dem Fernseher und tötet den Zuschauer.
Die Reporterin möchte niemand anderen das gleiche Unglück bringen. Deshalb versucht sie, die entscheidende Szene des Videos zu entschlüsseln. Sie findet das Dorf, in dem das Mädchen vor 30 Jahren starb. Ihre Leiche befindet sich noch immer in einem alten Brunnen, in den sie ihr eigener Vater hineingeworfen hatte. Die Reporterin hilft bei der Beerdigung des Mädchens, und überlebt den Ablauf der 7-Tage-Frist. Doch damit ist der Fluch noch nicht gebrochen.
Die solide Horror-Inszenierung in Ring hinterlässt einen tiefen Eindruck. Die langen, schwarzen Haare werden zu einer Ikone der klassischen Horrorfilme. Einer der Gründe, warum Menschen sich schrecklich fühlen, ist die Angst vor dem Unbekanntem unter den Haaren.
Exte (エクステ) (2007)
In einem Versandcontainer entdecken Zollbeamte neben einer Mädchenleiche auch eine riesige Menge an menschlichem Haar. Der leblose Körper des Mädchens wird in eine Leichenhalle gebracht. Eine Autopsie zeigt, dass die inneren Organe des Mädchens entfernt wurden. Der Nachtwächter der Leichenhalle, Yamazaki, ist fasziniert von ihren schönen Haaren. Er stiehlt den Körper und bringt ihn zu sich nach Hause. Dort bemerkt er, dass die Haare des Mädchens weiter wachsen – an ihrem Kopf, aus ihren leeren Augenhöhlen, der Zunge und verschiedenen offenen Wunden. Er freut sich und fängt an, das Haar zu ernten und es als Haarverlängerung zu verkaufen. Aber die Haare kontrollieren und töten ihre neuen Träger. Außerdem lassen sie die Besitzer die Todeserinnerungen des Mädchens wieder erleben. Einschließlich ihrer letzten und grausamsten Erinnerung, in der sie auf einem blutigen Operationstisch liegt und den lächelnden Mund des Mannes sieht, der sie getötet hat.
Jedes Haar enthält den Geist des Mädchens. Sie wachsen unaufhaltsam und fungieren als Waffe, die Menschen töten kann. Das Motiv der Haare vermittelt den Zuschauern ein schreckliches Gefühl.
The Wig (가발) (2005)
Eine junge Frau, Soo-hyeon, verliert den Kampf gegen den Krebs und hat nur noch wenige Tage zu leben. Ihre Schwester Ji-hyeon schickt ihr eine Perücke. Nachdem Soo-hyeon einige Tage diese Perücke trägt, gewinnt sie an Lebensfreude zurück und sieht sie immer gesünder und attraktiver aus. Sie fängt an zu flirten und versucht den Freund ihrer Schwester, Ki-seok, auszuspannen. Ji-hyeon wird immer eifersüchtiger und will, dass Soo-hyeon ihr Haus verlässt. Ji-hyeon findet heraus, dass ein Geist in der Perücke lebt. Als sie die Herkunft der Perücke näher untersucht, wird ihr klar, dass diese von einem Schüler stammt, der vor vielen Jahren Ki-seoks schwuler Freund war. Der Schüler ließ sich das lange schwarze Haar für Ki-seok wachsen. Doch gerade wegen des langen Haars wurde er zusammengeschlagen und letztendlich gezwungen, sich seine Haare wieder abzuschneiden. Ki-seok wendete sich Ji-hyeon zu. Sein ehemaliger Freund weckte die Erinnerung an die Liebe zu Ki-seok und an den Hass zu Ji-hyeon in seinen Haaren. Er fiel zu Boden und starb. Schließlich ergriff sein Geist durch die Perücke Soo-hyeons Körper, um Rache zu nehmen.
In „The Wig“ und „Exte“ tragen Haare die Seele ihrer ehemaligen Besitzer. Ihre Geister kontrollieren die Menschen, die ihre Haare nun als Perücke tragen. Es wäre kein Wunder, wenn solche Horrorfilme Chaetophobie (die Angst vor Haaren) verursachen würden.
Haare, als eines der Körperorgane, ist besonders.Wegen der Eigenschaften ihres fortwährenden Wachstums konnten die Menschen in der chinesischen Antike die eigenen Haare abschneiden und als ein Zeichen ihrem Liebhaber oder ihrer Liebhaberin schicken. Das Haar fungierte somit als Träger von Gedanken, Erinnerungen und Gefühlen. Im Horrorfilm spielt das Haar eine ominöse Rolle, weil es um die Haare toter Menschen geht, die jedoch ein Eigenleben entwickeln und Gefühle und Erinnerungen ganz von selbst weitergeben. Auf diese Weise werden ausgerechnet die Haare zu tragischen, unerlösten Gespenstern, während die Körper schon bleich unter der Erde liegen.
Externe Links:
https://www.elbenwald.de/Blog/Die-10-beliebtesten-Horrorfilme-aller-Zeiten
http://www.shuku.net/novels/zhentan/meiwanyghgs/meiwanyghgs55.html
Zotteln, Knicke im Haar und unschöne Knoten? So hätte Dornröschen sicher nicht ihren Märchenprinzen gefunden. Aber was macht man mit langem Haar überhaupt nachts am besten? Finde im Selbsttest heraus, welche Frisur zu Deinem persönlichen Schlaftyp passt.
Wo sind sie, diese Helden? Gibt es sie überhaupt? Diese fiktive Kurzgeschichte, die nur allzu real ist, versucht, eine Antwort zu geben.
Dunkel bricht die Nacht über Los Angeles herein. Die Sterne sind durch den wolkenverhangenen Novemberhimmel kaum zu sehen und ein eisiger Wind peitscht durch die leeren Straßen. Nur ein zartes Mädchen, gerade mal 16 Jahre alt, kauert an einer Straßenecke und schlingt die dünne Decke enger um ihre schmalen Schultern. Eltern, die in einer schönen warmen Wohnung sitzen und sich fragen, wo ihr geliebtes Mädchen bleibt, hat sie keine mehr. Nur manchmal noch blitzen Erinnerungen vor ihrem inneren Auge auf. Wie sie nachts aufwacht, weil das ganze Haus in Flammen steht. Ihr kleiner Bruder, der ängstlich schreit, und dann für immer verstummt. Die Feuerwehrkräfte, die zu spät kommen, um ihren Eltern zu helfen. Nur sie hat überlebt, aber es fühlt sich nicht wie ein Wunder an. Nein, ganz und gar nicht. Viel mehr wie eine Bestrafung. Wäre sie auch gestorben, dann wäre sie jetzt vielleicht mit ihrer Familie vereint. Alles wäre besser gewesen als auf dieser gottverdammten Straße zu landen, immer Hunger zu haben und jede Nacht zu frieren. Wo sind sie, diese Helden?
In nächster Nähe ist eine ältere Dame auf dem Heimweg vom Theater. Die 70-Jährige wohnt in einem schönen Haus, das jedoch viel zu groß für sie alleine ist. Seit ihr Ehemann verstorben ist, klafft ein schwarzes Loch in ihrem Herzen. Manchmal droht es, sie zu verschlingen. Um das Loch zu füllen, geht sie viel unter Menschen. Das Theater liebt sie ganz besonders, denn dort schillert und pulsiert das Leben. Die bunten Kostüme und Fantasiewelten lassen sie ihr eigenes trostloses Dasein zumindest zeitweise vergessen. Sie läuft dieselbe Strecke wie immer, langsam, denn ihr Rollator bleibt schnell auf dem unebenen Asphalt stecken. Es ist ein Abend wie jeder andere, und dennoch scheint heute etwas anders zu sein. Vielleicht, weil die Nacht so dunkel und kalt ist, denkt sie sich, und versucht, das ungute Gefühl beiseite zu schieben. Sie ist erleichtert, als sie endlich in die schmale Gasse einbiegt, die zu ihrem Haus führt. Mit den Gedanken ist sie bereits bei einer dampfenden Tasse Grüntee, als sich plötzlich vier Gestalten aus dem dunklen Schatten der Hauswand lösen. Sie schreit gellend auf, als ihr die Handtasche entrissen wird. Eine Hand wird auf ihren Mund gedrückt und erstickt den Schrei, eine andere Hand reißt zuerst an ihrer Perlenkette und dann an dem goldenen Armband, dem letzten Geschenk ihres verstorbenen Ehemannes. So plötzlich wie die Gestalten aufgetaucht sind, verschwinden sie auch wieder in der Dunkelheit der Nacht. Die Frau bleibt zitternd zurück, einsamer als jemals zuvor. Das Herz mit dem klaffenden Loch bleibt stehen. Wo sind sie, diese Helden?
Wenige Minuten zuvor kann man in der Parallelstraße beobachten, wie zwei Gangmitglieder aufeinander treffen. Der eine trägt ein rotes Bandana, der andere ein blaues. Dicht voreinander bleiben sie stehen und starren sich hasserfüllt an. Jeder Muskel ihres Körpers ist angespannt, bereit, das Messer zu zücken, falls der andere einen Angriff startet. Aus der Nebenstraße ertönt der Schrei einer alten Frau. Nur kurz zucken die Augen des einen Jungen in die Richtung der Geräuschquelle. Doch es ist lang genug, um den Angriff seines Gegenübers nicht kommen zu sehen. Hart trifft ihn eine Faust auf der Nase, die mit einem lauten Knacken bricht. Blind schlägt er zurück, bekommt seinen Angreifer zu fassen, beide gehen zu Boden. Zu wem welche Körperteile gehören, ist in dem folgenden Kampf kaum auszumachen. Dafür aber das schillernde Blut, das den sonst so trostlos grauen Asphalt rasch leuchtend rot färbt. So schnell wie der Kampf begonnen hat, ist er auch wieder vorüber. Einer der Jungen erhebt sich ächzend und taumelt die Straße hinab. Der andere liegt am Boden, regungslos. Er starrt in das helle Licht der Straßenlaterne und hofft, dass es keine Wiedergeburt oder ein Leben nach dem Tod gibt. Er wünscht sich, dass endlich alles vorbei ist und er einfach nur noch tot sein kann. Wo sind sie, diese Helden?
Nicht weit von all den schrecklichen Ereignissen strömen lachend Leute in das Kino von Los Angeles. Der neue Avengers-Film ist gerade angelaufen und jeder möchte unbedingt wissen, ob die Superhelden im Kampf gegen das Böse siegen. Sie alle wären gerne so stark wie Hulk, könnten gerne fliegen wie Iron Man und würden gerne ihrem Land dienen wie Captain America. Doch den Blick auf ihr Handy gerichtet laufen sie vorbei an dem Mädchen, das bleich und mit tauben blauen Lippen an der Straßenecke sitzt. Ihr schallendes Gelächter übertönt den Hilferuf der alten Frau aus der Seitengasse. Und von der Schlägerei machen die einen ein Video für ihre Snapchat-Story, die anderen sehen schnell weg, um bloß nicht selbst in Gefahr zu geraten.
Also gibt es sie nicht, diese Helden?
Vielleicht sollten wir öfter mit offenen Augen durch das Leben gehen und helfen, wenn jemand einen Helden braucht. Wir können keine fliegenden Superhelden sein. Aber wir können unsere menschlichen Superkräfte – Hilfsbereitschaft, Toleranz und Zivilcourage – öfter mal zum Vorschein bringen. Zeigen, dass Gutes in uns steckt. Zeigen, dass wir das Herz am rechten Fleck haben.
Denn genau da sind sie, diese Helden.
In 7 Milliarden Herzen verborgen. In jedem von uns. Auch du, lieber Leser und liebe Leserin, hast ein Heldenherz – es liegt an dir, ob du es zum Vorschein bringen willst.
Titelbild: Unsplash