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Rasha Deep ist Syrerin. Vor vier Jahren verließ sie ihr Heimatland aufgrund des dort herrschenden Krieges und lebt seitdem in Tübingen. Vor allem aber ist Rasha Künstlerin. Schon seit ihrer Kindheit malt und zeichnet sie leidenschaftlich und hat in Damaskus sechs Jahre Bildende Kunst mit Fokus auf die Bildhauerei studiert. Ihre Werke werden sowohl national als über die Ländergrenzen Syriens und Deutschlands hinaus ausgestellt. Zwei ihrer Kunstwerke sind derzeit bei der Biennale in Venedig zu sehen. Weiterlesen

Ein Portrait der Chicagoer Künstlerin Ash Windbigler und der Gespenster, die durch ihr Werk spuken.

Künstlerin Ash Windbigler

„Für mich sind Gespenster nicht nur der Geist eines verstorbenen Menschen. Ich denke immer an die Person, die ich in der Vergangenheit war, als ich klein war. Diese Person ist jetzt auch eine Art Gespenst.“

Ash Windbigler zögert nicht, wenn sie von den Gespenstern ihrer Vergangenheit spricht. Was ihr aktuelles Leben angeht, ist sie sich weniger sicher.

Wenn man die aus Indiana stammende 28-Jährige fragt, welche Art von Künstlerin sie ist, spricht sie zunächst von einem Abschluss in Grafikkunst, ihre Liebe für 3D-Collagen und dem einen Mal, als sie mit einem Kugelschreiber auf ein Gemälde zeichnete. Die Bezeichnung, für die sie sich letztlich entscheidet, ist aber „selbst gelernte Malerin“. Was ihr auf jeden Fall klar ist, ist dass sie von Gespenstern „besessen“ ist.

„Ein großer Teil meiner Werke beziehen sich auf Geister, den Tod oder das Jenseits“, sagt die Künstlerin. Bis zu ihrem 15. Lebensjahr besuchte Windbigler eine konservative, protestantische Kirchenschule. „Ich bin sehr religiös aufgewachsen und die Idee, dass es wirklich ein Jenseits gibt, wurde in meinen Kopf gepflanzt. Jetzt glaube ich nicht mehr, was bedeutet, dass es dann wohl auch kein Jenseits gibt. Solche Fragen haben einen großen Einfluss auf meine Werke.“

Zeichentrickfiguren und Künstlerkollektive

Bild: Ash WIndbigler

Wenn man durch Windbiglers Arbeiten blättert, stößt man auf Kaugummi-Rosa und Babyblau, Zeichentrickfiguren und Gespenster. In einem ihrer Drucke (rechts) hat sie einen Frontalzusammenstoß zweier Autos vor einem hellrosa Hintergrund dargestellt. Ein Regenbogen, ein Rehkitz und ein lächelndes Gespenst springen aus den Wracks. Diese Mischung von makabren und kindlichen Elementen ist typisch für ihren Stil.

Windbigler ist schon länger als sie denken kann künstlerisch tätig. Ihren ersten Kunstunterricht hatte sie aber erst in der Sekundarschule. Zu dieser Zeit sind einige, geliebte Menschen in ihrem Leben gestorben. Darunter auch eine junge Cousine, die bei einem Autounfall ums Leben kam.

„Meine Bilder in der Sekundarschule hatten keinerlei Zwischentöne. Sie waren immer dunkel, ohne ein helles Element. Mit Humor konnte ich nichts anfangen. Es war dieser klassische Emo-Stil: Skizzen von Gerard Way von ‚My Chemical Romance‘“, lacht Windbigler und bezieht sich auf den Sänger einer Teeny-Pop-Punk-Band der Zweitausenderjahre.

Das alles änderte sich, als sie an eine Kunsthochschule in Indianapolis ging. Dort fand sie eine Gruppe Freunde, mit denen sie später das Kunstkollektiv „The Droops“ formte. Die Gruppe war lokal bekannt für ihre witzigen Wandgemälde. Eines davon erlangte sogar nationale Bekanntheit: Eine Einheimische beantragte das Gemälde zu verdecken, weil es männliche Genitalien in einem Hot Dog-Brötchen zeigte. Sie war nicht erfolgreich.

„Auch unser Name, The Droops, hatte die gleiche Art Humor, die ich heute mag. Witzig, aber auch ein bisschen traurig.“ Man denkt an „Drops den Hund“, die amerikanische Zeichentrickfigur, die auf Englisch „Droopy“ heißt. „Meine Zeit in der Gruppe hat mir wirklich geholfen meine Ideen auf eine Weise zu präsentieren, die auf den ersten Blick nicht so dunkel ist.“

Die Geister, die sie malte

Gespenster und Geister spuken durch ihre Werke, wie durch eine Geisterbahn. Ob Caspar, das freundliche Zeichentrick-Gespenst aus den USA, oder ein klassischer Bettlaken-Geist, nie sehen ihre Figuren wirklich furchteinflößend aus.

Beispiel eines typischen Windbigler-Gespensts:

Wo sie Gespenster malt, folgen oft Regenbogen. Sie erklärt, dass sie ‒ abgesehen davon, dass sie einfach Spaß zu malen machen ‒ den Moment bedeuten, in dem ein Geist von einem Ort verdrängt wird. Über ihr Gemälde „Lady Lazarus“, sagt sie:

„Es hat eine doppelte Bedeutung. Ich sehe es an und denke, es hat definitiv mit dem Tod zu tun.‘ Aber es ist auch eine Geschichte über Identität. Ihre Seele wird von irgendetwas ausgesaugt. Der dunkle Schrank könnte eine Besessenheit verkörpern, vielleicht böse Erinnerungen oder Selbstmordgedanken.“

„Lady Lazarus“; Bild: Ash Windbigler

Der Name des Gemäldes wurde von ihrem Lieblingsgedicht der amerikanischen Poetin Sylvia Plath inspiriert; ein Gedicht, das sie wiederum an ihre liebste biblische Geschichte erinnert, die Geschichte von Lazarus:

„Ich liebe diese Geschichte, weil es da diesen Moment der Enttäuschung gibt, in dem alle auf Jesus böse sind, weil er nicht rechtzeitig gekommen ist um Lazarus zu retten. Und dann erweckt er ihn von den Toten. Mein Gemälde gründet tief in dieser Geschichte: diese Person, die als Gespenst neu geboren wird.“

Mom and Dad

Religion ist nur ein Aspekt ihrer Kindheit, der Windbigler noch heute beeinflusst. Die konservative Familie, in der sie aufgewachsen ist, mit einer strengen Mutter und Polizeichef-Vater, spielt auch eine Rolle.

Einmal hatte sie ein Buch über Poltergeister für ein Schulprojekt nach Hause gebracht („Dass ich dieses Thema ausgesucht hatte, sagt schon vieles.“) Aber ihre Mutter verbat ihr, das Buch über das Übernatürliche ins Haus zu bringen. „Und ich habe es immer geliebt, alles zu tun, von dem meine Mutter nicht wollte, dass ich es tue“, sagt sie. „Mir geht es heute noch so.“

„Ein anderes Mal, nachdem meine Cousine Felicia gestorben ist, saß ich mit meiner Mutter im Auto. Ich war sehr traurig und still und dann habe ich sie gefragt, ‚Glaubst du, dass gestorbene Menschen uns hören können?‘ Und sie hat sofort geantwortet: ‚Nein.‘ Einfach nein. Und dann habe ich es noch mehr geglaubt.“

Mit ihrem Vater war es anders: „Mein Papa fand Gespenster und Außerirdische und Verschwörungstheorien alle toll. Oder manchmal fand ich seine Tatort-Aufnahmen bei uns zu Hause. Meine Eltern hatten beide ihren eigenen Einfluss auf meine Obsession.“

In der Vergangenheit zu leben ist also für Windbigler ganz normal, eine Gemeinsamkeit, die sie mit Gespenstern teilt und die sie schätzt. „Ich hatte immer die Denkart, dass aktuelle Ich am alten Ich zurück zu spiegeln. Für mich ist das vergangene Ich auch ein Art Gespenst oder Geist. Die Idee eines Geist-Selbsts finde ich wirklich spannend. Die meisten Gespenster in meinen Werken sind solche Geister.“

Warum heißen solche Geschäfte eigentlich immer Haarvantagarde, spectacoolhair oder Kamm Bodscha? Sind nicht die Menschen in einem Friseursalon wichtiger als ein besonders gutes Wortspiel im Namen? Eine Glosse über haarsträubende Namen von Friseurgeschäften.

Der Traum vom eigenen Friseursalon. Der Boden ist gefegt, die schweren ledernen Drehstühle zurechtgerückt und die Kaffeemaschine im Hinterzimmer vorgeheizt. Ein letzter Blick in den Spiegel, ob die Frisur sitzt und auf den Spiegel, ob auch wirklich alles blitzeblank geputzt ist. Damit dann auch beim Bewerten der neuen Frisur nichts am eigenen Spiegelbild stört. Alles scheint bereit um den Laden zu eröffnen.

Ab jetzt werden hier über Jahre hinweg hunderte Menschen ein- und ausgehen. Mal zufriedener, mal weniger. Aber auf jeden Fall immer mit einer neuen Frisur. Vermutlich werden ganze Tonnen an abgeschnittenen Haaren auf diesem Linoleumboden fallen und mühselig vom Azubi zusammengefegt werden. Immerhin besser, als im ersten Lehrjahr nur Kaffee zu kochen. Aber eines fehlt noch: Der Name zum eigenen Traum aus Haarspraydosen und Friseurwägelchen. Wie soll das hier alles heißen? Von welchem tollen Geschäft sollen meine Kunden ihren Freunden und Bekannten erzählen? „Du musst unbedingt ins Vier-Haareszeiten, da liest dir der Friseur, wie in einem guten Hotel, jeden Wunsch von den Augen ab.“ Oder eher: „Der Pony ist zwar etwas schief, aber die im Haarbracadabra machen einen zauberhaften Kaffee.“

Wie hätten Sie’s denn gerne? (Quelle: Positive_Images, Pixabay.com)

Bei den Namen für ihre Salons scheinen Friseure meist kreativer als bei der Auswahl ihrer Zeitschriften im Lesezirkel. Aber wer möchte denn nicht gerne ins Chaarisma, weil dort die Gespräche einfacher netter sind. Oder ins Atmosphair, weil dort … naja Sie verstehen schon. Zugegebenermaßen ist es auch nicht einfach, für ein solches Geschäft einen passenden und zu gleich wohlklingenden Namen zu finden. Wie soll man das alles beschreiben, was hier so passiert? Die Oma, die sich wieder eine aufwendigere Dauerwelle machen lässt, weil sie sowieso wieder etwas mehr von ihren Enkeln zu erzählen hat. Der Punk, der hastig auf das Foto neben der Sascha Lobo Kolumne gestikuliert und zu verstehen gibt, er wolle seine Haare genauso – nur in grün. Oder ich, der sich schüchtern auf einen der Drehstühle setzt, in der Hoffnung, das geht hier alles schnell vorbei, ohne große Gesprächsversuche des behandelnden Friseurs, und einigermaßen zu meiner Zufriedenheit.

Wenn ich jetzt daran denke, wie mein Friseursalon heißt, den ich alle paar Wochen, wenn die Länge der Haare mal wieder über meinen Unmut siegt, betrete, fällt mir nichts ein. Keine Ahnung wie das Geschäft heißt. Alles, was ich weiß ist, dass der Mann dort meine Haare zu einem Knüllerpreis von acht Euro schneidet und mich dabei weitestgehend in Ruhe lässt. Währenddessen beschallt uns fragwürdiger Sprechgesang. Das alles könnte auch in einer Nachmittagstalkshow im Privatfernsehen stattfinden. „Komm rein und gehe mit anderen Haaren wieder heraus“ beschreibt wahrscheinlich am besten einen Friseursalon. Der Name ist aber zu sperrig um ihn seinen Freunden zu empfehlen. Vorhair und Nachhair kommt da am Nächsten.

Friseursalon

Warum nicht einfach so? (Quelle: Merker Berlin, gemeinfrei, Wikimedia Commons)

Daher haben sich über die ganze Republik verteilt, Inhaber von Friseurgeschäften ausgefallenere Namen für Ihren Lebensmittelpunkt ausgedacht: Kamm In! fordert direkt zu einem Besuch auf, erinnert gleichzeitig aber auch an den Werbeslogan einer Parfümeriekette. Bei Fönix kommen wahrscheinlich Harry Potter Fans auf ihre Kosten. Bei Pony und Clyde dagegen niemand. Im Salon Haarnarchie würde dem Punk sicherlich mit seinem Frisurenwunsch geholfen werden können. Sie merken, ich könnte stundenlang weitermachen mit Haarvantagarde, spectacoolhair oder Kamm Bodscha.

Über Kurz oder Lang – übrigens auch der Name eines Salons – bringt es aber nichts sich über diese Wortspiele aufzuregen; Denn ich habe fast Verständnis für diese armen Leute, die auf verzweifelter Suche nach einem schönen Namen sind. Eine Google-Suche bestätigt dies. Die erste Seite der Suchergebnisse ist voll von Leuten, die um Ideen für einen „coolen“ oder „verlockenden“ Namen für ihren Salon bitten. Ein Nutzer namens „funnyHamburger“ fragt nach einem Namen für einen Friseursalon mit Nagel- und Kosmetikstudio. Seine Idee „Cut & More“ sei leider patentiert, daher suche er auf diesem Wege nach einer Alternative, denn es handle sich um einen „sehr modernen trendigen Salon auf dem Kiez.“ Die Topantwort, wie sie Werner Schulze-Erdel im Familienduell anmoderieren würde, kommt vom Nutzer „DizzyD“: „Hier bei mir gibt’s nen Salon der heisst „Girls like Ponies“. Doppeldeutig, weil übersetzt: „Mädchen lieben Ponys“ sowohl für die – oftmals tatsächlich vorhandene – Vorliebe der Frauen für Pferde, als auch für die Frisur gemeint sein kann.“ Danke, DizzyD. Danke für nichts. Auch seine anderen Vorschläge „His & Hairs“ oder „Dye Hard“, stoßen zumindest bei mir auf wenig Zuspruch. Später bemerkt DizzyD in seiner Antwort völlig korrekt: „Sowieso: Wenn man Wortspiele will, muss man aufpassen, dass es nicht blöd wird.“

Vielleicht ist es aber auch ganz egal, wie das Geschäft heißt, in dem mir alle paar Wochen die lästige Mähne gekürzt wird. Vielleicht sind die Menschen in diesem Laden viel wichtiger. Vielleicht schafft es der Friseur oder die Friseurin sogar bei mir ein wohliges Gefühl auszulösen, das mich gar nicht an einen anderen Friseursalon mit kreativen Wortspielnamen denken lässt. In diesem Moment fällt mir der Name des Friseursalons der alten Dame ein, den ich als Kind immer zusammen mit meiner Mutter besucht habe: „Bei Rosie“. Daran erinnere ich mich gerne zurück, denn es gab kein Wortspiel, das mein Vorschul-Ich wahrscheinlich nicht verstanden hätte, und nach der durchgestandenen Tortur immer einen Lolli.

Wer sich weitergehend mit der Diskussion von „funnyHamburger“ und „DizzyD“ auseinandersetzen möchte, findet hier den Beitrag.

Wer wissen möchte, wo man Friseursalons mit solch kreativen Namen finden kann, klickt hier