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Flackernde Glühbirnen, fliegende Gegenstände und Stimmen aus dem Jenseits: Was wie ein Horrorfilm klingt, gehört für Geisterjäger*innen zum Arbeitsalltag. Aber was oder wem sind sie eigentlich auf der Spur? Alexa Waschkau hat die deutsche Szene untersucht.

Alexa Waschkau ist Autorin, Podcasterin und Europäische Ethnologin. Seit mehreren Jahren beschäftigt sie sich bereits mit der Arbeit deutscher Geisterjäger*innen – ohne selbst an Geister zu glauben. 2013 veröffentlichte sie gemeinsam mit dem Psychologen Sebastian Bartoschek das Buch „Ghosthunting – Auf Spurensuche im Jenseits“.

Haben Sie schon einmal einen Geist gesehen?

Ich bin mir nicht sicher (lacht). Nachdem wir unser Buch veröffentlicht haben, hatte ich die Möglichkeit ein Geisterjäger-Team bei einem Einsatz zu begleiten. Das war im Fort X, einer alten Befestigungsanlage in Köln. Für kurze Zeit haben wir uns dort in einem geschlossenen, stockfinsteren Raum aufgehalten, um Tonaufnahmen zu machen. Dort habe ich ein Geräusch gehört, bei dem ich nicht einordnen konnte, woher es kam. Aber nur weil ich das nicht weiß, heißt es natürlich nicht, dass es ein Geist war.

Alexa Waschkau

Alexa Waschkau glaubt selbst nicht an Geister (Foto: privat)

Hatten Sie Angst?

Dort angekommen sind wir bei Sonnenschein, die Vögel haben gezwitschert und alles war noch in Ordnung. Als wir aber im Dunkeln durch die Anlage gelaufen sind, hat man ganz anders auf  die Umgebung reagiert. Da merkt man plötzlich, wie anfällig man selber für solche Vorstellungen ist – auch bedingt durch die Gruppendynamik.

Viele Menschen meiden Spukorte, Geisterjäger*innen suchen sie absichtlich auf. Was treibt sie dabei an?

Das kann man nicht pauschal beantworten. Manche suchen nach Erklärungen, anderen geht es wohl eher um den Sportsgeist. Sie wollen als Erste den ultimativen Beweis dafür liefern, dass es Geister gibt. Dann gibt es aber auch Gruppen, die Betroffenen wirklich helfen wollen. Für mich persönlich ist das die beste Motivation, um Geisterjäger zu werden.

Angenommen, bei mir zu Hause spukt es. Ich rufe bei einem Geisterjäger*innen-Team an und bitte um Hilfe. Wie geht es weiter?

Es gibt ein Vorgespräch, bei dem der Betroffene seine Beobachtungen schildert. Manche der Teams versuchen dabei auch herauszuhören, ob der Hilfesuchende möglicherweise psychische Probleme hat und diese der Grund für den Spuk sind. In dem Fall vermitteln sie den Betroffenen an einen Psychologen weiter. Findet sich während des Telefonats kein rationaler Grund für den Spuk, machen die Geisterjäger einen Hausbesuch und führen vor Ort Untersuchungen durch. Ein sehr interessantes Phänomen in diesem Zusammenhang ist der Placebo-Effekt einer Geisterjagd. Betroffenen hilft es schon, dass jemand zu ihnen nach Hause kommt, mit ihnen über ihre Erfahrungen spricht und technische Messungen durchführt. Sie fühlen sich ernst genommen. Selbst wenn die Geisterjäger nichts Übernatürliches feststellen, geht es den Menschen danach oft besser. Das finde ich wahnsinnig spannend.

Zur Ausrüstung fiktiver Geisterjäger*innen gehören Spiegel, Polaroidkameras oder Räucherstäbchen. Was hat ein richtiger Geisterjäger bei einem Hausbesuch dabei?

Jedenfalls keine Räucherstäbchen (lacht). Geisterjäger haben oft eine sehr technische Ausrüstung. Sie arbeiten unter anderem mit Spiegelreflexkameras, Diktiergeräten, Thermometern oder Bewegungsmeldern mit Videofunktion. Damit messen sie verschiedene Werte oder machen Aufnahmen, die sie später auswerten. Alles, was vom Normalen abweicht, könnte auf einen Geist hindeuten.

Was für Abweichungen können das sein?

Da gibt es sehr viele Möglichkeiten. Wenn sich an einer Stelle die Temperatur beispielsweise stark von der im übrigen Haus unterscheidet, ist das eine Kältesäule. Nach Meinung der Geisterjäger entsteht sie, wenn sich ein Geist materialisiert – also in Erscheinung tritt. Weil er dabei seiner Umgebung Energie entzieht, wird es kälter. Oder die Geisterjäger stellen elektromagnetische Felder fest, obwohl keine elektronischen Leitungen in der Nähe sind. Viele Gruppen nehmen auch Bild- und Tonmaterial auf, das sie später zu Hause auswerten. Für mich ist dabei immer die Frage, was wirklich zu sehen oder zu hören ist und was nicht.

Lassen sich viele der gesammelten Indizien nicht auch rational erklären?

Meiner Meinung nach schon und es gibt auch viele Forscher, die genau das versuchen. Relativ bekannt ist beispielsweise der Psychologe Richard Wiseman. Er hat sich mit Spukorten in Großbritannien beschäftigt – unter anderem mit dem Tower of London. Während einer seiner Untersuchungen erfasste er mithilfe einer Wärmebildkamera starke Temperaturschwankungen. Sie traten immer zur selben Zeit auf, als könnte man die Uhr danach stellen. Statt eines Geists ging dort aber nur die Putzfrau um. Weil die Abluft des Staubsaugers durch die Ritzen des Mauerwerks drang, wurde es draußen wärmer. Solche rationalen Erklärungen gefallen nicht allen Briten, für viele sind die Schauergeschichten untrennbar mit ihrer Heimat verbunden.

Also haben Geister in Großbritannien einen anderen Stellenwert als in Deutschland?

Sie gehören dort fast schon zum guten Ton. Wenn man in Großbritannien ein Hotel oder Landhaus besitzt, in dem es nicht spukt, ist das schade. Weil es keine Schauergeschichten gibt, die man seinen Gästen erzählen könnte. Die Briten gehen also auf völlig andere Art und Weise mit dem Thema Geister um. Paranormale Theorien und Untersuchungen haben dort eine lange Tradition. Während Geisterjäger bei uns oft belächelt werden, finden viele Briten deren Arbeit nicht nur interessant, sondern sehr wichtig.

Wir leben in einer aufgeklärten Gesellschaft. Warum ist der Geisterglaube in Europa dennoch so verbreitet?

Weil der Tod für Menschen immer wichtig sein wird. Jeder von uns geht anders mit dem Verlust eines Menschen oder der eigenen Endlichkeit um. Dabei nutzen manche Menschen Geister als Strategie, um Erfahrungen oder Gefühle zu bewältigen. Sie glauben dann beispielsweise, dass sich ein verstorbener Angehöriger bei ihnen durch Zeichen bemerkbar machen will. Das heißt, es geht beim Geisterglauben eigentlich mehr um die Lebenden und weniger um die Toten.

Vielen Dank Frau Waschkau für das Gespräch!

Wie werde ich Geisterjäger*in? Hier findet ihr die Antwort.

Ob Film, Fernsehen oder Romane: Geister spuken mittlerweile in jedem Medium fröhlich vor sich hin. Doch wie so oft bleibt das Comic dabei etwas außen vor. Als großer Fan habe ich mir daher vorgenommen, einen Blick auf geisterhafte Erscheinungen des Mediums zu riskieren und fünf davon vorzustellen. 

Wer einmal vor die Aufgabe gestellt wird, so schnell wie möglich eine gewisse Anzahl von spezifischen Wesen aufzusagen, merkt, dass das gar nicht so leicht ist. Für diesen Artikel habe ich mir vorgenommen, fünf exemplarische Geister des Mediums vorzustellen und zu zeigen, was diese ausmacht. Praktisch jedes künstlerische Medium wird dieser Tage ausgiebig untersucht und bekommt seinen regelmäßigen Platz im Fokus der Forschung oder der Gesellschaft. Doch Comics kommen hierbei immer noch seltener zum Zug als  Filme oder Bücher. Dabei ist das Medium eine wahre Schatzkiste an Potential. Nichts, was der/die Zeichner*in sich vorstellen kann, kann im Comic nicht existieren. Seine Darstellungsmöglichkeiten sind geradezu grenzenlos. Ebenso vielfältig sind die Möglichkeiten, Geister darzustellen. Ohne weitere Vorreden nun also fünf Geister, die zeigen sollen, wie vielfältig Comics sein können.

Casper, the friendly ghost (Harvey Comics)

Cover zu „Harvey Comics Classics Vol. 1 – Casper The Friendly Ghost“. ©Dark Horse Comics All Rights Reserved

Gleich zum Anfang mogel ich ein bisschen. Casper ist ursprünglich keine Comicfigur, sondern entstammt einem Bilderbuch von 1939. Später wurde er ein populärer Cartoon-Charakter und feierte 1949 seinen Einstand als Comicfigur. Ab 1952 gehörte Casper dann zum festen Repertoire des Comicverlags Harvey Comics. Hier wurden Casper auch die meisten seiner bekannteren Nebenfiguren zur Seite gestellt, wie seine Onkels, das geisterhafte Trio oder die kleine Hexe Wendy.

Casper erfüllt die klassischen Geisterkriterien. Er kann fliegen (auch wenn er meistens läuft), durch Wände gehen und sieht so ähnlich aus, wie man sich als Kind einen Geist vorstellt. Nur spuken will er nicht so recht.

Eine Info am Rande, die meistens  unter den Tisch fällt:  Casper ist der Geist eines Kindes. Also ein Kind, das gestorben ist. Ihr wisst schon: für Kinder!

Gut, darüber wird noch gestritten, ob Casper tatsächlich ein Kind post mortem ist oder ob der Kleine immer schon am Geistern war. Dennoch, allein wegen des nostalgischen Wertes darf er in dieser Liste nicht fehlen.

The Spectre (DC Comics)

The Spectre auf dem Cover zu „Infinite Crisis Aftermath: The Spectre“ (2007) ©DC Comics All Rights Reserved

Von einem kleinen Gespenst, das nicht so recht spuken will, hin zu einem großen Gespenst, dessen Macht nahezu grenzenlos ist. Jim Corrigan war ein gewöhnlicher Polizist. Dann wurde er getötet. Doch für Jim war es nicht das Ende. Etwas hatte sich an seine Seele gebunden, und gemeinsam wurden sie zurückgeschickt auf die Erde. Jims Seele war zum Wirt eines Wesens namens Spectre geworden: die personifizierte Rache Gottes.

Seinen Anfang nahm The Spectre 1940, als Erfindung von Superman-Co-Erfinder Jerry Siegel und Zeichner Bernard Baily. Jim erfüllt die zentralen Kriterien eines Gespenstes ausgezeichnet. Ein verstorbener Mensch, dessen Seele weiter auf Erden wandelt. Nur ist zusätzlich an seine geisterhafte Seele ein nahezu allmächtiger Racheengel gebunden, der boshafte Sünder auf Erden jagt und für ihre Verbrechen grausam bestraft. Eine der mächtigsten und gleichzeitig ambivalentesten Figuren aus dem DC-Katalog und ein ganz besonderer Geist.

Izabel (Image Comics)

Izabel auf dem Cover zu „Saga #3“ (2012) ©Image Comics All Rights Reserved

Es wird Zeit für eine meiner liebsten Geisterfiguren. Izabel liebe ich als Figur so sehr, dass ich eigentlich einen ganzen Artikel nur über sie schreiben würde, wenn das nicht etwas zu sehr vom Thema weggehen würde. Izabel ist eine Teenagerin vom Planeten Cleave aus der Comicreihe „Saga“ der Künstlerin Fiona Staples und des Autors Brian K. Vaughan. Sie sieht auch aus wie eine gewöhnliche Teenagerin. Mit dem kleinen Unterschied, dass sie rötlich transparent ist und in der Luft schwebt. Ach, und außerdem hängen ihre Eingeweide aus ihrem Torso in Ermangelung eines Unterkörpers. Ein Andenken an ihr Ableben, als sie auf eine Landmine trat.

Izabel ist in „Saga” die Babysitterin von Hazel, der Tochter der beiden Hauptfiguren Marco und Alana. Des Nachts, wenn Izabel in Erscheinung treten kann, passt sie auf das kleine Mädchen auf. Sie macht das auch sehr gut, schließlich war sie im Leben die älteste von sieben Geschwistern. Der Geist der toten Teenagerin wird somit ein fester Bestandteil der Familie. Es sei jedem empfohlen, Saga zu lesen. Izabel ist sympathisch, offen, hat einen bittersüßen Sinn für Humor und ist selbstlos wie kaum eine andere Figur in dieser Liste. Ihr tragischer Tod machte ihr allerdings auch klar, was sie verloren hat, wie ihre Familie und ihre große Liebe, ihre Exfreundin Windy.

Edwin Paine & Charles Rowland: The Dead Boy Detectives (Vertigo)

Edwin und Charles auf dem Cover zu „Dead Boy Detectives: Band 1“ (2014). ©DC Comics, Vertigo Comics & Panini Comics All Rights Reserved

Während Neil Gaiman in den 1990ern mit „Sandman” Comicgeschichte schrieb, entwickelte er eine Unsumme an Figuren, die oftmals nur in einzelnen Ausgaben vorkamen. Zwei davon waren die Internatsschüler Edwin Paine und Charles Rowland. Edwin starb 1916 und kam in die Hölle (unfair, irgendwie). Als jedoch im Zuge von Gaimans „Sandman”-Storyline „Seasons of Mist” Jahrzehnte später die Hölle von Luzifer geräumt wird und die Seelen der Toten zurückkehren, taucht Edwins Geist wieder in dem Internat auf. Dort freundet er sich mit dem Schüler Charles an.

Edwin hilft Charles dabei, allerlei Gefahren zu bestehen, die von den auferstandenen Toten ausgehen. Doch schließlich fällt auch Charles ihnen zum Opfer und stirbt. Nein, die Geschichte hat kein Happy End.

Doch einen Hoffnungsschimmer gibt es. Charles kehrt ebenfalls als Geist zurück. Als die Hölle unter neue Schirmherrschaft gestellt wird, beschließen er und Edwin, nicht ins Jenseits zurückzukehren und stattdessen in der Welt der Lebenden zu bleiben. Gemeinsam bestreiten sie nun als Detektive Abenteuer und lösen allerlei übernatürliche Fälle.

Deadman (DC Comics)

Deadman auf dem Cover zu „Deadman #1“ (1985). ©DC Comics All Rights Reserved

Last but not least: Boston Brand, seines Zeichens Zirkusakrobat par excellence, Mordopfer und Geist. Nach seinem Tod wurde Brand von der Gottheit Rama Kushna zurückgeschickt, um seinen eigenen Mord aufzuklären. Als Geist hat Deadman eine ganze Reihe klassischer Fähigkeiten. Er kann unsichtbar bleiben, durch Wände gehen, fliegen und besitzt, als besonderes Schmankerl, das Talent, von jedem Menschen Besitz zu ergreifen und deren Körper für seine Zwecke zu nutzen.

Vor seinem Ableben war Boston Brand eine der düstersten Gestalten, arrogant und eingebildet. Sein Tod ließ ihn zwar bescheiden werden, doch düster und tragisch blieb er. Gefangen zwischen Leben und Tod nutzt er seine Kräfte, um seinen Tod aufzuklären und Erlösung zu finden, indem er sich für das Gute einsetzt. Zynisch und bitter blieb er. Aber das ist eigentlich durchaus verständlich, wenn man tot ist, oder?

Tübingen, die schöne Kleinstadt im Herzen Baden-Württembergs, begeistert viele Besucher*innen und Bewohner*innen mit ihrer historischen Altstadt, dem hochgelegenen Schloss und zahlreichen Universitätsgebäuden. Doch auch im idyllisch und friedlich scheinenden Städtchen verbergen sich geisterhafte Geschichten, die dank des Stadtführers Oliver Rödiger nicht in Vergessenheit geraten.

In der Bursagasse, am Alten Waschhaus, treffen meine Kommiliton*innen und ich Oliver Rödiger alias Oli Kahn, den wohl bekanntesten Stadtführer und Stocherkahnfahrer Tübingens. Er ist der Einzige, der neben den normalen Stadtführungen auch Nachtwächter- und Geisterführungen anbietet. Nicht nur deshalb fällt er in Tübingen besonders auf: „Der Oli Kahn, das ist der, der mit dem Hawaiihemd rumläuft, oder der Verrückte, der in der Nacht als Nachtwächter verkleidet rumrennt. So wird man dann natürlich irgendwann zur Marke,“ sagt er stolz.

Der geniale Geist des Hölderlin und der Spuk im „Aquarius Haus“

Mit seinem bunten Hawaiihemd nimmt er uns an einem milden Sommerabend in Empfang. Was eher den Eindruck erweckt, gleich einen Ausflug an einen Strand zu machen und Cocktails zu trinken, ist in Wirklichkeit der Beginn einer Geisterführung. Wir sind gespannt, wo es in Tübingen spukt, und folgen dem riesigen Mann mit seiner lauten Stimme und dem schwäbischen Dialekt zum Denkmal für Lotte Zimmer. Sie soll den weltbekannten Dichter Friedrich Hölderlin in seinen letzten Lebensjahren bis zu seinem Tode im Jahr 1843 gepflegt haben. Das Denkmal sieht aus wie ein längliches Gefäß mit einer Antenne, die gen Himmel gerichtet ist. Sie zapfe die kosmische Energie an und stelle so auch eine Verbindung zu Hölderlin her. Oliver Rödiger, der seit 1988 in Tübingen lebt und von Anfang an die magische Atmosphäre der Stadt spürt, sagt überzeugt: „Wenn ich in der Nähe von diesem Denkmal bin, dann durchläuft mich ein Schauer, weil ich merke, dass dieser geniale Geist des Hölderlin immer noch da ist.“

Geisterführer Oliver Rödiger und im Hintergrund das mit Efeu überwachsene „Aquarius Haus“. Foto: Stephanie Constantin.  

In der Gasse namens Klosterberg, nicht weit vom Denkmal entfernt, bekommen wir die nächste Geistergeschichte erzählt. Gleich auf der rechten Seite befindet sich ein mit Efeu bewachsenes Haus, das von der letzten Eigentümerin „Aquarius Haus“ getauft wurde. Hier soll ein Professor gewohnt und einen Geist in seinem Haus vermutet haben, weil seine Lebensmittel immer wieder auf unerklärliche Weise verschwanden. Nach einigen Jahren fand man die Leiche eines ehemaligen Studenten in seinem Schrank. Dieser wurde von dem Professor aus dem Studium geschmissen, da er es nicht ernst genug genommen hatte. Der Student versteckte sich daraufhin in dessen Schrank und kam nur in der Nacht oder wenn der Professor nicht zu Hause war heraus, um sich etwas zu Essen zu holen. Er hatte eine solche Angst vor der Reaktion seiner Familie, dass er lieber den Rest seines Lebens im Schrank des Professors verbrachte.

Ob der Geist des Studenten noch immer dort herumspukt? „In dem Haus gibt es immer noch seltsame Töne. Die ursprüngliche Eigentümerin hat mir das so berichtet“, erzählt Rödiger. Er selbst glaubt an Dinge, die nicht erklärt werden können, und daran, dass es mehr gibt, als viele Menschen tatsächlich wahrnehmen: „Ich habe schon eine Nahtoterfahrung gemacht, als ich klinisch tot war. Meine Seele war außerhalb des Körpers, und dadurch konnte ich mich auf dem OP-Tisch liegen sehen. Ich habe also eine außerkörperliche Erfahrung gemacht und glaube daran, dass es eine Seele gibt“, sagt er mit ernstem Blick. 

Kreuzritter im Nebel und das Schlossgespenst

In der selben Gasse befindet sich das Evangelische Stift. Vor dem verschlossenen Tor versammeln wir uns im Halbkreis und lauschen der nächsten Geschichte. Es wurde 1536 von Herzog Ulrich von Württemberg gegründet. Auch heute noch erhalten Studierende der Theologie Stipendien in Form einer Wohnmöglichkeit. Von hier aus sind früher die Ritter zu den heiligen Kreuzzügen aufgebrochen. Diese sind auch heute noch spürbar, meint unser Stadtführer: „Wenn es richtig düster ist und Nebelschwaden aufziehen, sieht es manchmal so aus, als ob die Kreuzritter auf ihren Pferden entlangreiten, und das ist dann wirklich etwas, das durch die Gassen schleicht.“ Mittlerweile ist es schon fast dunkel und der Himmel wird von dichten Wolken bedeckt. Ich bin froh, dass nicht auch noch Nebel aufkommt…

Vor dem Evangelischen Stift. Foto: Stephanie Constantin

Gemeinsam begeben wir uns zum Johannisbrotbaum, der sich oberhalb des Evangelischen Stifts befindet. Dann ziehen wir durch die schmalste Gasse Tübingens bis zum Schloss Hohentübingen, in dem das Schlossgespenst bereits die Franzosen verjagt haben soll, die versuchten, das Schloss zu besetzen. Auch eine Jugendherberge konnte sich dort nicht lange halten, „weil unser Schlossgespenst da wohnt und die Kinder keinen ruhigen Schlaf gefunden haben“, klärt Rödiger auf.

„Hier kotzte Goethe“

„Hier kotzte Goethe“- Tafel in der Münzgasse. Foto: Stephanie Constantin

Schließlich folgen wir ihm auf den Marktplatz. Hier erfahren wir mehr über das Rathaus, das Brotfenster und den Neptunbrunnen. Unsere letzte Station der etwa zweistündigen Geisterführung befindet sich an einem Studentenwohnheim in der Münzgasse, an dem eine Tafel mit der Aufschrift „Hier kotzte Goethe“ angebracht ist. Dieser hat im September 1797 seinen Verleger Johann Friedrich Cotta für ein paar Tage besucht, und „Goethe hat tatsächlich in das Eck da hinten gekotzt, weil er zu viel von dem Tübinger Wein getrunken hat,“ sagt Rödiger lachend. Was das nun mit Geistern zu tun hat, frage ich mich und bekomme schon bald eine Antwort von unserem Stadtführer: „Die Leute, die da wohnen, haben öfter mal festgestellt, dass sich wieder hat einer übergeben müssen. Das passiert dort ungewöhnlich häufig. Der Geist von Goethe ist halt auch noch irgendwo in Tübingen.“

Kaum ist die Führung zu Ende, fängt es an zu regnen. Oliver Rödiger ist davon überzeugt, dass wir dank seiner besonderen Fähigkeit, das Wetter zu beeinflussen, einem starken Regenschauer entkommen sind. „Ich mache das Wetter hier in Tübingen. Ich habe indianische Vorfahren, weil mein Ururururgroßvater nach Amerika ausgewandert ist und die Tochter eines Medizinmannes geheiratet hat. Aber ich tanze nicht für Regen, sondern singe für Sonne“, sagt er bestimmt. Auch für seine Gäste auf dem Stocherkahn singt Rödiger des Öfteren. Ein vielseitiger Mann also. Es wundert nicht, dass er vor vier Jahren begann, Geisterführungen in Tübingen anzubieten. Diese gestaltet er humorvoll und mit viel Freude. Auf die Idee kam er durch Gespräche mit Einwohner*innen Tübingens. „Da erfährst du Geschichten, auf die du sonst nicht kommst“, meint er. Und auch durch gründliche Recherche in alten Zeitschriften, Büchern und Zeitungen, die unter anderem im Stadtarchiv zu finden sind, kommt er zu seinen Geistergeschichten. Es ist ihm jedoch wichtig, dass die Menschen bei der Geisterführung auch etwas über Tübingen erfahren, und das gelingt ihm durchaus. Sogar ich als eingesessene Tübingerin konnte neben den Geistergeschichten auch etwas „Greifbares“ über die Stadt erfahren.

Gespenstersagen und Gruselgeschichten lauern überall, auch das „Ländle“ hält einiges für Geisterfans bereit. Im ersten Teil dieser Serie waren wir in Großerlach. Von dort aus sind es gerade mal 35 km bis Waiblingen. Auch hier gibt es gleich mehrere schaurige Geschichten.

Die Sage der Totenmesse im Nonnenkirchlein

Waiblingen, 17. Jahrhundert – seit langem ist es Brauch, im Nonnenkirchlein am letzten Tag des Jahres den verstorbenen Bürgern Waiblingens zu gedenken. So will auch eine namentlich unbekannte Witwe auf diese Weise ihren toten Mann ehren. Sie nimmt sich vor, am nächsten Morgen den Gottesdienst zu besuchen. Um ausgeschlafen zu sein, geht sie früh zu Bett. Doch mitten in der Nacht wird sie aus ihrem Schlaf gerissen. Aus dem Nonnenkirchlein dringen Stimmen und Orgelmusik. Als die Witwe aus dem Fenster sieht, entdeckt sie am Fenster der Kirche den flackernden Schein einer Kerze. Aufgewühlt wirft sie sich rasch ihre Sonntagskleider über. Sie rechnet damit, dass die Totenmesse bereits begonnen hat. Die Witwe eilt zur Kirche: Sie liegt richtig.

Allerdings erkennt die Frau weder den Pfarrer wieder noch eine*n der Anwesenden. Zwar wundert sie sich, lauscht aber trotzdem gespannt der Messe. Als am Ende des Gottesdienstes die Opfergaben eingesammelt werden, erschrickt die Witwe. Sie hat ihren Geldbeutel vergessen. So streift sie sich einen Ring als Pfand vom Finger, um diesen später gegen Geld wieder einzutauschen. Sie geht nach Hause und will nach der langen Nacht noch ein paar Stunden schlafen. Gegen Mittag des nächsten Tages wird die Witwe auf der Straße angesprochen, wo sie denn beim morgendlichen Gottesdienst für die verstorbenen Seelen gewesen sei.

Wo ist der Ring?

Verwundert über die Reaktionen der Mitbürger*innen sucht sie den örtlichen Pfarrer auf. Und siehe da: Ihr Ring befindet sich nicht im Beutel mit den Opfergaben. Gemeinsam begeben sie sich im Nonnenkirchlein auf die Suche nach dem Ring. Dieser ist jedoch nicht aufzufinden. Umso mehr erschrecken die Bewohner*innen Waiblingens, als sie den Ring finden: eingemeißelt in einen alten Grabstein. Mit viel Mühe und Not brechen alle gemeinsam das Schmuckstück aus dem Stein heraus. Erleichtert geht die Witwe nach Hause. Ein ähnliches Ereignis ist seither nicht überliefert.

Von Teufeln, Trollen und Totenköpfen

Die Geschichte der Totenmesse im Waiblinger Nonnenkirchlein kann man heute noch in einem Buch über Waiblinger Stadtgeschichten nachlesen. Der Vorsitzender des Heimatvereins, Wolfgang Wiedenhöfer, hat in „Teufel, Trolle und Totenköpfe“ 24 geheimnisvolle Geschichten zusammengefasst, die sich in Waiblingen zugetragen haben sollen. Als Quelle diente ihm dabei die Chronik des Vogts Wolfgang Zacher aus dem Jahr 1666. In seiner Niederschrift stehen zahlreiche Geschichten und Sagen, die ihm damals von Bürger*innen zugetragen wurden. Vieles wurde dem Vorsitzenden des Heimatvereins aber auch von noch lebenden Bewohner*innen Waiblingens erzählt, so Wiedenhöfer in der Stuttgarter Zeitung.

Neben der Sage der Totenmesse besteht das Gerücht, es gebe einen bisher unentdeckten Verbindungsgang vom Kirchenhügel zum heutigen Rathaus. Außerdem sollen eine alte Quellhexe und ein Totenkopf ihr Unwesen in der Stadt getrieben haben. Letzterer spuke im Turm der Stadtmauer und gehöre einem alten Leichnam an, den Tübinger Medizinstudenten im 15. Jahrhundert aufgrund anatomischer Studien entführt haben sollen. Der Schädel des Waiblingers erscheine seitdem in manchen Nächten im Karzer und sei am nächsten Morgen sofort wieder verschwunden.

Wieviel Wahrheit steckt in den Geschichten?

Keine der Gruselsagen lässt sich bisher historisch belegen. „Ein Funken Wahrheit steckt in vielen der Geschichten“, so Wolfgang Wiedenhöfer. Der Totenschädel gehöre sogar irgendwie zur Stadtgeschichte. Ebenso wie die abgeschlagene Ecke an der alten Steinplatte bei der Michaelskirche nahe dem Nonnenkirchlein, in der der Ring der alten Witwe gesteckt haben soll. Wiedenhöfer selbst bietet auch Stadtführungen an, die an das Interesse der Teilnehmenden angepasst werden können. Wer sich jedoch besonders für das Nonnenkirchlein oder die Michaelskirche begeistert, muss sich noch bis zum kommenden November gedulden. Die beiden Gebäude werden momentan saniert und sind nicht für Besucher*innen zugänglich, so die Waiblinger Kreiszeitung. Und trotzdem – Waiblingen lädt mit seinen zahlreichen Anekdoten auf jeden Fall zu einem Besuch ein. Egal ob das Nonnenkirchlein, der städtische Karzer oder auch der Kirchenhügel. Gruselfans haben hier die Gelegenheit, an den vielen Punkten Waiblingens den geheimnisvollen Geschichten auf den Grund zu gehen.

 

 

Sie nagen an jedem von uns: die Geister unserer Vergangenheit

Wir leben in einer fantastischen Welt. Geister und der Versuch, sie auszutreiben, sind Realität. Jeder von uns hat schon mindestens einen Versuch unternommen, sich von einer bösen Macht zu befreien. Alles ein Hirngespinst? Da kommen wir der Sache schon näher…

Die Geister aufgeben

Unsere Vergangenheit ist ein Teil von uns – und doch kann sie uns zerstören, wie kaum etwas anderes. (Quelle: ShiftGraphiX, pixabay.com)

Wer im Jahr 2018 nicht an Geister glaubt, dem ist nicht mehr zu helfen. Denn sie sind überall. Viele von uns kennen sie sogar persönlich, leben mit ihnen zusammen. Natürlich nicht freiwillig. Wer möchte sich schon gerne fürchten? Die Anderen dürfen nicht wissen, dass man einen geheimen Schatten hat. Man würde sonst ja für verrückt erklärt werden. Also, den Geist lieber still und heimlich ins obere Stübchen sperren. Denn eigentlich ist doch alles gut, im Grunde sind wir zufrieden, alles läuft in seinen Bahnen. Eigentlich. Wären sie nicht da. Die bösen Erinnerungen, die uns einfach nicht loslassen wollen. Die Leichen im Keller. Der Grund, warum wir nachts nicht ruhig schlafen können. Sie suchen uns heim. Sie lassen uns nicht los. Die Geister der Vergangenheit.

In der Theorie gibt es Möglichkeiten, sich von ungebetenen Gespenstern zu befreien. Von Geisterbeschwörung über Exorzismus bis hin zum Medium. Voraussetzung ist, dass echte Geister ihr Unwesen treiben. Echte Geister? Zumindest so echt, wie sie uns in Horrorfilmen und Gruselgeschichten verkauft werden. Kaum einer wird wohl daran glauben, dass diese Gespenster die Schwelle des Fiktiven je übertreten werden. Sollte das Unmögliche möglich werden, wüssten wir aus Erzählungen immerhin, was zu tun wäre. Das Ouija-Brett auspacken, den Priester rufen oder uns mit Kruzifix und Weihwasser wappnen. Kein Problem, kennen wir alles. Wir sind bereit.

Bei dir spukt’s wohl?!

Der erste Schritt ist, das eigene Schweigen zu brechen und sich Klarheit über seine inneren Dämonen zu verschaffen. (Quelle: Kat Jayne, Pexels.com)

Wirklich gruselig wird es dann, wenn wir machtlos sind. In der Realität ist vermutlich noch keinem von uns ein milchiger, schwebender Geist oder eine schwarze Dame erschienen. Wohl aber weiß jeder von uns um einen ganz bestimmten Spuk. Den Spuk im eigenen Kopf. Die Heimsuchung der eigenen Geister. Woher diese Geister kommen? Erschaffen in der Vergangenheit, gewachsen im Unterbewusstsein, genährt von unserem Gewissen. In unseren Gedanken treiben sie ihr Unwesen, und lassen sich nicht durch bloße Willenskraft vertreiben. Ein Exorzist wird hier nicht helfen, denn diese Geister sind hausgemacht. Jeder hat seine ganz eigenen Geister. Böse Erinnerungen, traurige Erlebnisse, Selbstzweifel oder seelische Verletzungen können die Quelle sein.

Die metaphorischen Geister sind jenen aus Gruselgeschichten ähnlich. Sie verfolgen uns, lassen uns keine Ruhe, quälen uns. Wir werden sie nicht los. Der Unterschied? Sie sind gefährlicher, Angst einflößender und mächtiger als Poltergeist und Kettenhemd zusammen. Wachsen aus unseren persönlichen Ängsten und Erlebnissen. Kennen unsere Schwächen. Sie wissen genau, wo wir angreifbar sind. Wir müssen lernen, unsere eigenen Geister zu beschwören. Geist bleibt Geist – sehen wir, was sich machen lässt!

Erlöse uns von dem Bösen

Möglichkeiten gibt es viele. In der Umsetzung ist allerdings Kreativität gefragt. Ein Kreuz am Rosenkranz um den Hals tragen. Das kommt dem ein oder anderen sicher bekannt vor. Anfang der 2000er sehr beliebt, vor allem bei den Promis damals nicht wegzudenken. Ein Mode-Hype oder tatsächlich ein echter Geister-Killer? Wer kann das schon so genau sagen?

Nächster Versuch: Einen großzügigen Schluck vom Weihwasser nehmen. Es soll ja der Heilige Geist darin stecken. Ob es ein Schluck aus der Schnapsflasche auch tut? Es müsste noch Himbeergeist im Schrank stehen… Wie sagt man noch? Feuerwasser? Teufelszeug? Besser nicht die Geister nähren! Oft versucht, oft gescheitert.

Noch ein Versuch: Gläser rücken. Kein schlechter Ansatz. Wobei, man belügt sich dabei ja doch nur selbst. Letztendlich bleibt das Medium. Wir lernen schon von klein auf, dass Kommunikation der Schlüssel zum Erfolg ist. Probleme sollen verbal gelöst werden. Wie aber ein Medium finden? Jemanden, der unsere tiefsten Gedanken zum Vorschein bringt und uns dazu bewegt, uns mit unseren Geistern auseinanderzusetzen. Eine Person, die uns zuhört und versucht, uns mit den Geistern zu versöhnen. Ein Profi, der uns von unseren schlimmsten Gedanken befreit und uns Erlösung schenkt. Eine Idee?

Spätestens jetzt sollte auch dem Letzten klar sein, wie schmal der Grat zwischen dem Unerklärlichen und der Wirklichkeit ist. Gruselfilm und Spukgeschichte scheinen plötzlich nicht mehr unwirklich. Im Gegenteil: Wir leben mittendrin. Die Geister spuken in unseren Köpfen. Der Horror ist real.

Biete deinen Geistern die Stirn! Versteck dich nicht länger! Hol dir echte Hilfe:
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Vor ein paar Wochen habe ich mal wieder „Beetlejuice“ angesehen. Einen Film, den ich liebe, seit ich ihn mit ungefähr zehn Jahren zum ersten Mal gesehen habe. Keine Frage, Tim Burton hat 1988 mit diesem Film definitiv seinen viertbesten Film abgeliefert, hinter „Ed Wood“ und „Big Fish“ und möglicherweise „Batman Returns“. Keine Sorge, es ist in Ordnung, wenn du das anders siehst. Du liegst falsch, aber es ist okay, wenn du mir nicht zustimmst.

Als Warnung, weil das dieser Tage natürlich immer wichtig ist: Dieser Text enthält Spoiler für „Beetlejuice“, einen dreißig Jahre alten Film. Welche Überraschung. Wenn ihr also den Film noch nicht kennt und mit Spoilern für einen dreißig Jahre alten Film ein Problem habt, dann schaut ihn euch schnellstmöglich an.

Filmplakat

 

Wenn ihr mit Spoilern  kein Problem habt, aber trotzdem den Film noch nicht gesehen habt, schaut ihn euch jetzt trotzdem an. Macht euch keine Sorgen, ich kann warten. Speichert diesen Tab, geht auf Amazon und leiht ihn euch zum Streamen aus oder bestellt euch die DVD. Vielleicht gibt es den Film auch irgendwo kostenlos. Schaut ihn euch nur an. Tut euch den Gefallen. Ich warte solange.

Willkommen zurück. Was mich persönlich so an „Beetlejuice“ begeistert, ist, wie unglaublich optimistisch und sogar lebensbejahend er letztendlich ist. Klar, der Film beginnt mit dem überraschenden Unfalltod von Adam und Barbara Maitland. Letztendlich ist die Botschaft des Filmes im Grunde aber, dass der Tod dir nicht die Freude am Leben nehmen muss.

Noch kurz zum Plot

Kurz zur Handlung: „Beetlejuice“ beginnt mit dem tragischen Tod der Maitlands, dargestellt von Alec Baldwin und Geena Davis. In ihr nun leerstehendes Haus zieht alsbald die reiche Familie Deetz ein, bestehend aus Bauunternehmer Charles und seiner Frau, der Bildhauerin Delia (Jeffrey Jones und Catherine O’Hara), sowie Charles‘ Goth-Tochter aus erster Ehe, Lydia, gespielt von einer jungen Winona Ryder. Falls ihr euch je gefragt habt, was die Gute vor „Stranger Things“ gemacht hat. Die Maitlands, die von ihrer Sachbearbeiterin im Leben danach erfahren, dass sie für 125 Jahre in ihrem Haus bleiben müssen, beschließen, dass die neuen Bewohner*innen aus dem Haus verschwinden müssen. Doch ihre Spukversuche und Poltereien bleiben vergebens. In ihrer Ratlosigkeit beschließen die beiden, Hilfe bei dem selbstständigen Poltergeist Betelgeuse, dargestellt von Michael Keaton, zu suchen. Diese Entscheidung soll sich jedoch schon bald als Fehler herausstellen, denn Betelgeuse verfolgt voll und ganz seine eigenen Pläne.

 

Beetlejuice, Beetlejuice, Beetlejuice! Via Giphy

Das ist gut, aber wir machen es ganz anders!

Soviel zunächst zum Inhalt. Tim Burton hat das Drehbuch des Films deutlich verändert. Die ursprüngliche Fassung war wesentlich düsterer und mehr Horrorfilm als explizite Horrorkomödie. In Tim Burtons Film weichen die Maitlands mit ihrem Auto einem Hund aus und fahren in einen Fluss, ihr Tod ist entschärft. In der Originalfassung des Drehbuchs von Autor Michael McDowell ist der tödliche Autounfall der Maitlands explizit und brutal. Später exhumieren sie den Dämon Betelgeuse, eine wesentlich grausamere Gestalt. Betelgeuse versucht in der Urversion auch nicht, die Familie Deetz zu vertreiben, sondern zu ermorden. Lydia ist im Drehbuch zwei Töchter, eine ältere und eine neunjährige jüngere Schwester. Betelgeuse versucht die erstere nicht nur zu heiraten, sondern explizit zu vergewaltigen, letztere wird nur verstümmelt. Charmant. Ihr wisst schon. Für Kinder.

Tim Burton hat wohl dieses Drehbuch gesehen und gemeint, dass man daraus bestimmt einen guten Film machen kann. ABER man muss ein paar Kleinigkeiten ändern. Aus der expliziten Gewalt des Todes der Maitlands wird ein sanfterer Tod, aus den beiden Töchtern der Familie Deetz wird Lydia. Und aus dem bösen Dämon Betelgeuse wird Michael Keatons überzogener Mix aus einem Gebrauchtwagenhändler und einem perversen Poltergeist.

Zum Besseren geändert

Die Änderungen waren wohl eine gute Entscheidung. Winona Ryders finale Version von Lydia wirkt gleichermaßen kindlich verletzlich als auch erwachsen und durch ihre Goth-Attitüde ist sehr sympathisch. Sie fühlt sich von ihrem Vater und ihrer Stiefmutter missverstanden und als würde sie nicht ganz reinpassen. Somit macht es Sinn, dass sie sich Ersatzeltern in den Geistern der Maitlands sucht.

Doch die wohl beste Änderung des Filmes ist der titelgebende Geist selbst. Kein mörderischer Dämon aus den Niederhöllen, sondern der Betelgeuse, der Michael Keaton zu einem Superstar machte. Keatons Version des Charakters ist opportunistisch und fies. Er ist pervers, belästigt Barbara und hat eine abnormale Attraktion zu Lydia. Diese will er heiraten, um seinen Fluch zu brechen und in der Welt der Lebenden frei Unheil stiften zu können.

Betelgeuse ist im finalen Film nicht wirklich böse, eher selbstsüchtig, vollständig durchgeknallt und distanzlos. Was er vorher war, ist nicht ganz klar. Er behauptet, studiert und durch die Pest gelebt zu haben. Ob es stimmt oder nicht, das bedeutet nichts. Wichtig ist sein Dasein jetzt, als wahnsinniger Poltergeist.

Erinnerungen eines Poltergeists an das Leben vor dem Tod. Via Giphy

Perfekter Poltergeist

Sein Leben vor dem Tod ist nicht von Bedeutung. Es ist impliziert, dass er Selbstmord begangen hat. In jedem Fall war er zwischenzeitlich Angestellter der Jenseitsbürokratie, wurde aber gefeuert. Nun verdingt er sich als „Bio-Exorzist”, herbeigerufen durch das dreimalige Aussprechen seines Namens. Michael Keaton spielt den Charakter in all seinem Wahnsinn, seinem Sarkasmus und seinen Gemeinheiten. Das alles unter zentimeterdickem Make-Up, ein Kunststück das nicht vielen Schauspieler*innen gelingt.

Doch Keaton geht in dieser Situation völlig auf. Er ist natürlich begabt für körperliche Comedy, seine Mimik ist selbst unter der Schminke wahnsinnig vielseitig. Warum um alles in der Welt wurde er seinerzeit nicht als bester Nebendarsteller für den Oscar nominiert? Dinge, die wir nie verstehen werden. Keaton begnügt sich damit, jede Szene, in der er vorkommt, zu stehlen und den Film zu seiner persönlichen Show zu machen. Überhaupt, Michael Keaton ist einer der besten Schauspieler aller Zeiten. Das ist eine simple Wissenschaft.

Und eben so einen Schauspieler braucht es in dieser Rolle. Antagonist Betelgeuse bildet immerhin das Zentrum des Filmes. Der Aspekt des Poltergeisterns ist in diesem Film zentral. Der Geist ist laut, offensiv anstrengend, furchteinflössend und dabei extrem lästig für alle anwesenden. Und er hat dabei einen Heidenspaß. Diese Freude daran, allen auf die Nerven zu gehen. Daran, dass die Maitlands schnell bereuen, ihn um Hilfe gebeten zu haben, diese Freude am Schabernack ist es, was den Film so erinnerungswürdig macht.

Die Ewigkeit in der Warteschleife

Keatons Betelgeuse ist weniger ein durchtriebenes Böses, das besiegt werden muss. Vielmehr ist er eine Lästigkeit, die die beiden Familien, tot oder lebendig, zwingt, sich zusammenzuraufen. Die Moral der Geschichte ist eine, die das Leben bejaht und den Tod nicht als etwas Grundschlechtes, sondern vielmehr als einen neuen, abenteuerlichen Abschnitt des Lebens darstellt. Somit ist es eigentlich nur logisch, dass am Ende Lydia mit ihren Eltern und ihren toten Zieheltern feiert, dass sie eine Eins in Mathe hat, und der Antagonist bekommt was er verdient. Die Ewigkeit im Wartebereich in der Bürokratie im Jenseits. Schlimmer kann die Hölle auch nicht sein.

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Gute Serien sind voller Geister. Die offensichtlicheren findet ihr bei eurem Streamingdienst mit dem Suchwort „Ghost“. Mehr Spaß hat aber, wer tiefer gräbt: Wir haben die ultimativen Tipps für großartiges Fernsehen mit Gespensterbeteiligung. Ganz ohne Bettlaken und Buh-Huh und stattdessen mit feinster Erzählkunst.

Drei Serien sollen hier vorgestellt werden: einmal absurde Philosophie, einmal Kult und schließlich ein ästhetisches Meisterwerk. Jede der Produktionen verdient ihren eigenen Binge-Marathon, aber unsere Tipps eignen sich auch für einen einzigen Fernsehabend. Wir haben die richtigen Episoden schon ausgesucht und machen darin eine kleine Gespensterführung: Wer sind die Geister von Netflix und Co? Und was wollen sie uns sagen?

„Believe it or not: Time’s arrow marches forward.“ (Bojack Horseman, S4 E2)

Bojack Horseman funktioniert nur ganz oder gar nicht und eine Folge genügt, um zu wissen, ob das existenzialistische Pferd mit Alkoholproblemen einem taugt. Ganz zu schweigen davon, ob man sich die linksliberale Attitüde der Zeichentrickserie geben will. Wer bis zur vierten Staffel gekommen ist, muss also Fan sein. In der zweiten Folge fahren wir mit Bojack nach Michigan, dort quartiert er sich im alten Sommerhaus seiner Familie ein. Offensichtlich spukt es dort: In Rückblenden tauchen die Großeltern und Bojacks Mutter auf und wir erfahren endlich, was Beatrice zu der schrecklichen Person gemacht hat, die sie ist. Ihr Bruder starb als Soldat im Zweiten Weltkrieg und für Trauer war kein Platz im Haus: „Time’s arrow marches forward“ kommentiert der Großvater lakonisch.

Was macht also Bojack dort? Er ist aus LA nach Michigan geflüchtet, nachdem eine Freundin an einer Überdosis gestorben war. Schuldgefühle bearbeitet er sonst mit Whiskey und Arschigkeit. Diesmal renoviert er das alte Haus, während die Zuschauer*innen parallel den Geistern der Vergangenheit dabei zusehen, wie sie an einem Familientrauma bauen. Es ist ein klassischer Bojack: Ein depressiv veranlagtes Pferd macht eine schwere Zeit durch und schrammt knapp an Hollywood-Plattitüden vorbei. An manchen Stellen möchte man weinen, aber dann ist es doch zu witzig, wie diese Tiere einfach Tiere sind. So sind die Geister in Bojack Horseman tragisch und komisch zugleich: Sie verkörpern ein allzu realistisches Familiendrama und unterhalten uns perfekt.

„There’s only ghosts here in the winter.“ Bojack Horseman, S 4 E 2

„I just have this really strong feeling that…” (Friends, S4 E2)

„…this cat is my mother”. Phoebe Buffay ist die fantastischste der sechs Freund*innen aus Friends. Die wirklich absurden Dinge haben meist mit ihr zu tun, besonders wenn es um Übernatürliches geht. So auch in dieser Folge: Phoebe hat soeben ein Konzert im Stammcafé beendet, da läuft eine Katze zu ihrem Gitarrenkoffer. Als Phoebe das Tier im Arm hält, wird ihr klar, dass der Geist ihrer verstorbenen Mutter in dem Tier sein müsse. Sie meint es ganz ernst und findet direkt untrügliche Hinweise: „How about the fact that she went into my guitar case? Which is lined with orange felt? My mother’s favorite fish was Orange Roughy. Cats like fish. Hi Mommy!“ Den Rest der Folge wird sie die Katze mit sich herumtragen. Keine*r der Freund*innen traut sich, ihr zu sagen, dass das Tier eigentlich Julio heißt und vermisst wird.

Für Phoebe hat die Katze eine klassische Geister-Funktion: Die Verstorbene ist zurückgekommen, weil ihre Tochter sich seit Neuestem mit einer „neuen Mum“ beschäftigt. Gespenstertypus: Heimsuchung. Phoebe hat erst kurz zuvor ihre eigentliche biologische Mutter kennengelernt (ihre tragische Kindheit als Kriminelle ist einer der Running Gags der Show). Ross, der Rationale, „Dr. Skeptismo“, will sie schließlich zur Vernunft bringen und konfrontiert sie mit ihren Schuldgefühlen, verkörpert durch die Katzen-Projektion. Da wird deutlich, wie klar sich Phoebe tatsächlich über ihre Gefühle ist: Sie erklärt Ross, dass er gar nicht wissen könne, wie es sich anfühlt, wenn ein verlorenes Elternteil zurückkäme. Denn seine Eltern leben noch. Am Ende kann sich nicht nur Phoebe mit ihrer „Mutter“ aussprechen und ihre Gefühle ausdrücken. Auch Ross entschuldigt sich bei der Katze: „Mrs. Buffay, it was insensitive of me to say you are just a cat, when you are clearly the reincarnated spirit of my friend’s mother.”

„…this cat is my mother.“ Friends, S 4 E 2

„The moon belongs to everyone.” (Mad Men, S 7 E 7)

Geister sind in Mad Men eigentlich nichts Ungewöhnliches: Don Draper, der Protagonist, sieht sie recht häufig. Gewöhnen kann man sich daran jedoch nicht, denn die meiste Zeit ist die Serie geradezu unheimlich realistisch, da ist kein Platz für Übersinnliches. Die Szene in der Mitte der letzten Staffel lässt sich auch nicht mit Alkohol oder Drogen erklären, sonst ein naheliegender Verdacht. Erst wenige Tage zuvor ist Bert Cooper verstorben, der kauzige Gründer von Don Drapers Werbeagentur. Ausgerechnet während er die Mondlandung im Fernsehen sah (es ist das Jahr 1969), hatte er einen Herzinfarkt. Und nun, an einem nüchternen Vormittag, steht er vor Don, lächelnd. Dann fängt er auch noch an zu singen, begleitet von tanzenden Sekretärinnen: „The moon belongs to everyone. The best things in life are free.“ Es treibt Don die Tränen in die Augen, und hinterlässt beim Publikum eine unheimliche Vorahnung.

Ist das jetzt ein unterhaltsamer Hinweis auf den ikonischen Abwärtsdrang, seit sieben Staffeln vom Vorspann vorhergesagt? Ein Wink aus dem Jenseits für Don, der ohnehin noch nie so sehr am Abgrund stand wie in diesen letzten Folgen vor dem Finale? Am meisten irritiert die Fröhlichkeit des Auftritts. Die vorherigen Geistersichtungen waren angemessen düster (tragisch verstorbene Familienmitglieder, Kollegen, Liebhaberinnen). Jedes Mal rufen sie dem Publikum wieder in Erinnerung, dass die Hauptfigur eigentlich selber ein Geist ist: Donald Draper ist tot. Der schicke Werbemensch, von dem die Serie handelt, heißt eigentlich Dick Whitman, und hat im Koreakrieg die Identität eines gefallenen Kameraden angenommen. Jeder Geist weist uns wieder darauf hin: Bei Mad Men geht es genauso sehr um Werbung wie um den Tod. Von den vorgestellten Serien sind Don Drapers Geister daher die metaphysischsten. Und angenehm absurde Erscheinungen in der sonst hyperrealistischen Ästhetik der Serie.

„The best things in life are free.“ Mad Men, S 7 E 7

Geister müssen uns weder in weißen Laken verfolgen oder angsteinflößend hinter der nächsten Ecke lauern. Nein, Geister können auch anders! Gerade im Film gibt es unterschiedlichste Arten Geister darzustellen – auch als töpfernde Romantiker.

„Ghost – Nachricht von Sam“ lässt die 90er Jahre wiederaufleben. Zurück zu Schulterpolstern und Schnurtelefonen. Warum gerade dieser Film, fragen Sie sich? Patrick Swayze und Demi Moore sind als Liebespaar im Kampf gegen den Tod einfach zu schön, um sie hier nicht zu erwähnen.

Der Film erzählt die Geschichte des Bankers Sam Wheat (Swayze), welcher nach einem Theaterbesuch mit seiner Freundin Molly Jensen (Moore) bei einem Überfall erschossen wird. Sein Geist kann die Erde jedoch noch nicht verlassen und schnell wird klar – Sam hat noch eine Aufgabe zu erledigen.

Medium wider Willen

Für Sam ist seine Situation anfangs schwer zu begreifen, denn er ist mit der Tatsache überfordert, für seine Umwelt unsichtbar zu sein. Schnell findet er heraus, dass sein Tod jedoch kein Zufall war. Sam war dabei eine Verschwörung aufzudecken, und musste deswegen sterben. Was genau Sam da aufdeckte ist zweitrangig, wichtig ist nur: Sam ist der Gute und wurde von den Bösen umgebracht. Der Film spielt mit dem Motiv der Erlösung, denn nur wenn Sam seinen Mörder findet und stellen kann, wird seine Seele frei.

Als Geist sieht Patrick Swayze für den Zuschauer ganz normal aus, kein Schimmer, kein weißes Laken. Während bei Ghostbusters schleimige grüne Monster bekämpft werden, ist es bei „Ghost – Nachricht von Sam“ ein gut aussehender Geist, der die Bösen zur Strecke bringt.

Sam trifft zufällig auf das Geschäft von Oda Mae Brown, einer Wahrsagerin – und Betrügerin. Deshalb ist es kein Wunder, dass sie selbst überrascht ist, Sam zu hören. Die temperamentvolle Oda Mae hat anfangs so gar keine Lust dem unbekannten Geist zu helfen (zu ihrer Verteidigung, sie sieht ihn ja auch nicht). Mit Oda Maes Hilfe gelingt es Sam jedoch, Molly die Hintergründe zu seinem Tod zu erklären.

„I love you.“ – „Dito!“

Molly ist anfangs noch skeptisch. Mit Hilfe von gemeinsamen Erinnerungen von ihr und Sam, kann Oda Mae sie letztendlich doch von der Existenz von Sams Geist überzeugen. Sam war kein Mann großer Worte und antwortete auf „Ich liebe dich“ stets mit „Dito“. Dieses kleine Wort überzeugt Molly und zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Film.

DVD Cover „Ghost“ (Copyright Paramount Pictures)

Am Ende des Films kommt es zum großen Kampf (wie sollte es anders sein) zwischen Sam und seinem Mörder. Sam hat inzwischen gelernt Gegenstände zu bewegen und durch einen Unfall wird der Angreifer erschlagen und stirbt. Sam ist dadurch natürlich immer noch der Gute, der nur seine Freundin und sein Medium beschützte. Ein wahrer Held eben.

Und nun wird aus „perfect Patrick“ doch noch ein schimmernder Geist, der in weißem Licht erstrahlt. Sam hat seine Aufgabe erfüllt, seine Seele ist nun bereit zu gehen. In diesem Moment kann Molly Sam auf einmal hören und der Zuschauer fragt sich, warum das nicht von Anfang an ging.

Sam nutzt die Gelegenheit Molly endlich direkt zu sagen, dass er sie immer geliebt hat. Molly antwortet mit „Dito!“. Sam verschwindet im strahlenden Licht.

Lass‘ uns töpfern!

Wer jetzt nicht schluchzend auf dem Sofa sitzt hat kein Herz. Was für eine Geschichte! Hollywood in seiner ganzen Pracht: der einfühlsame Banker, der den Schurken das Handwerk legt. Wer dachte, dass Sam wieder von den Toten aufersteht, den muss ich leider enttäuschen.

Patrick Swayze verkörpert Sam und kommt damit endlich von seinem „Dirty Dancing“ Image los (für mich wird er jedoch immer Johnny bleiben). Demi Moore spielt die Künstlerin Molly und symbolisiert die Reinheit und Unschuld – und zeigt zudem bemerkenswerte Töpferfertigkeiten. In einem legendären Flashback werden Molly und Sam gezeigt, wie sie gemeinsam an einer Vase töpfern. Diese Szene erlangte Kultstatus und zeigte allen Männern da draußen, dass gemeinsame Hobbies auch sexy sein können.

Der eindeutige Star des Films ist und bleibt Oda Mea Brown, welche von der wunderbaren Whoopi Goldberg einen Witz und Charme verliehen bekommt, neben dem Molly blass aussieht. Für ihre Leistung erhält sie 1991 den Oscar als beste Nebendarstellerin. Goldberg spielt zwar besser als alle anderen Darsteller, aber ob es eine Oscar reife Leitung war sei dahingestellt. Ohne die Rolle der Oda Mae Brown wäre „Ghost – Nachricht von Sam“ jedoch eine weitere Romanze ohne großen Wiedererkennungswert. Zugegeben, der Film bedient unzählige Klischees von Himmel und Hölle, Gut und Böse und der alles überwindenden Liebe. Durch die Mischung aus Romantik, Komödie und Fantasy ist es dennoch gelungen, einen Klassiker zu schaffen. Ein starker Mann, eine schwache Frau und ein freches Medium – was für ein Dreiergespann!

Und da bekanntlich eh alles wieder in Mode kommt, ist auch „Ghost – Nachricht von Sam“ nicht verschont geblieben. In der Reihe von unnötigen Musical Adaptionen reiht sich seit 2011 nun auch „Ghost – the Musical“ ein. Seit Dezember 2017 exklusiv auch für das deutsche Publikum. Und was gibt es schöneres als Alexander Klaws, den ersten ‚Deutschland sucht den Superstar‘ Gewinner, töpfern zu sehen? Genau – nichts.

 

Mexiko feiert vom 31. Oktober bis zum 2. November eines jeden Jahres ein großes Fest für und mit den Verstorbenen des Landes. Bei den sogenannten „Día de los Muertos“-Feierlichkeiten gedenken die Einwohner*innen Mexikos den Toten mit aufwändig gestalteten Ritualen. Sie zeigen fröhlich und ausgelassen, mit Paraden oder kulinarischen Köstlichkeiten, dass der Tod kein Grund zur Trauer ist.

Aber wieso feiert ganz Mexiko eigentlich auf so positive Art und Weise, wenn es doch um Tod und Trauer geht? Der Grund hierfür ist, dass die Geister der Toten während der „Día de los Muertos“-Feiertagen ihren Familien einen Besuch abstatten. Für die Einwohner*innen Mexikos zählen sie zu den wichtigsten Feiertagen des Jahres. Deshalb beginnen schon Anfang Oktober die Vorbereitungen für das Fest.

In ihrem Artikel für „National Geographic Society“ beschreibt Sue Caryl den Tod aus Sichtweise der Einwohner*innen Mexikos als natürliche menschliche Erfahrung. Er ist der nächste Schritt nach Geburt, Kindheit und dem Aufwachsen in der Gemeinschaft. An dem Feiertag kehren die Seelen der Verstorbenen in die Gemeinschaft zurück, um mit den Lebenden ein großes Fest zu feiern.

„Dia de los Muertos celebrates the lives of the deceased with food, drink, parties, and activities the dead enjoyed in life.“ – (Sue Caryl für National Geographic Society)

Deshalb ist in Mexiko auch nicht schwarz die Farbe der Trauer, sondern alles was bunt, fröhlich und farbenfroh ist. Sue Caryl beschreibt „Día de los Muertos“ als Fest, welches das Leben der Verstorbenen kulinarisch, mit Musik und Tänzen feiert. Dies stimme die Verstorbenen glücklich. Sie könnten einmal im Jahr nochmals all die Dinge genießen, die sie im Jenseits vermissen.

Aztekische Ursprünge

In Lateinamerika wird mit dem Tod positiver umgegangen, als wir es im europäischen Raum gewohnt sind. Logan Ward erklärt in „National Geographic – Geschichte und Kultur“, dass der Sinn hinter „Día de los Muertos“ sei, die Liebe und den Respekt für verstorbene Familienmitglieder unter Beweis zu stellen. Vor vielen Tausenden von Jahren entstand diese Tradition unter anderem durch die Tolteken und Azteken. Sie empfanden das Trauern um verstorbene Personen als respektlos. Wer verstarb, sollte weiterhin als fester Bestandteil in der Gemeinschaft erhalten bleiben.

Die „Día de los Muertos“-Tradition gilt als typisch lateinamerikanischer Brauch, welcher aztekische Rituale mit dem Katholizismus vereint. Spanische Eroberer brachten im 15. Jahrhundert den katholischen Einfluss in die Region. Gina Franco und Christopher Poore erwähnen im „America Magazine“, dass jedoch bis heute Kontroversen bezüglich des Ursprungs des „Día de los Muertos“ bestehen. Manche Überlieferungen würden die europäischen Wurzeln mit katholischen Ritualen wie Totenmessen betonen. Andere behaupten, „Día de los Muertos“ müsse ausschließlich dem indigenen Volk zugeordnet werden. Grund hierfür sei der Brauch, dass die Lebenden sich um die Toten kümmern und die Toten die Lebenden beschützen.

„Día de los Muertos“ wird heutzutage von jedem in Mexiko gefeiert, unabhängig seiner Religion oder ethnischen Herkunft. So bezeichnet Ward die Feierlichkeiten als Kombination aus christlichen Festen und religiösen Riten prä-hispanischen Ursprungs. Im Jahr 2003 ernannte die UNESCO die Tradition zum immateriellen und mündlichen Kulturerbe der Menschheit.

Lebendige Tote feiern ein Fest

(Bild: Catrina, ein weibliches Skelett für das Día de los Muertos Fest by Pixabay)

Catrina – Das Symbol für den Día de los Muertos-Brauch (Quelle: mlarranga, Pixabay)

Skelette und Totenköpfe sind bei den „Día de los Muertos“-Festlichkeiten die am meisten anzutreffenden Symbole. Die sogenannten „Calacas“ und „Calaveras“ tauchen in unterschiedlichsten Arten auf. „Calaveras de Dulce“ sind bunt bemalte Totenschädel aus Marzipan oder Zuckerguss, welche italienische Missionare im 17. Jahrhundert nach Mexiko brachten. Zudem produzieren die Einheimischen auch Skelette oder Särge aus Schokolade in Massen. Das „Pan de Muerto, ein süßes Anisbrot verziert mit Schädeln und Knochen aus Teig, ist ebenfalls eine kulinarische Tradition.

Hinter der Idee, Lebensmittel in Totenkopf- oder Skelettform darzustellen, steckt jedoch mehr als nur reiner Symbolcharakter. Zudem werden Parallelen zum Katholizismus sichtbar, da beim Ritual des Abendmahls auch der Verzehr von Speisen und Trank fester Bestandteil ist.

Skelette kommen allerdings nicht nur als kulinarische Objekte zum Vorschein. Für festliche Paraden durch die Straßen bemalen sich die Teilnehmer*innen ihre Gesichter in Form von Schädeln. Die Paraden und die Musik dienen dazu, die eigene Freude auszudrücken und die Geister der Verstorbenen zu wecken. Die mexikanischen Frauen laufen bei den Festtagsumzügen als „Catrina“ verkleidet mit. Solvejg Hoffman schreibt in einem Artikel für GEO:

„La Catrina“ ist „eine Erfindung des mexikanischen Künstlers José Guadalupe Posada [und] ist zum klassischen Symbol für den Tag der Toten geworden.“

Ward berichtet, dass Diego Rivera, ein mexikanischer Künstler, 1947 in seinem Wandgemälde „Dream of a Sunday Afternoon in Alameda Park“ das von Posada stammende Kupferstich-Skelett mit einbezog. Demzufolge trug die Skelettbüste einen großen Hut und bekam den Namen „Catrina“.  „Catrina“ war seiner Zeit ein Spitzname für Reiche. Aufgrund ihrer Popularität wurde die Figur zum Hauptsymbol des „Día de los Muertos“-Fests.

Altäre – Anlaufstellen für die Geister

Als Catrina verkleidete Mexikanerinnen mit Kerzen vor einem Altar

Mexikanerinnen mit Kerzen in der Hand, vor einem reich geschmückten Altar stehend (Bild: ernestordzglz, Pixabay)

Weitere wichtige Bestandteile der Feiertage sind Altäre. Sie bilden den Mittelpunkt des Festes einer jeden Familie. Überall findet man sie reich geschmückt, damit der Geist des*r Verstorbenen sich nach der langen Reise stärken kann. Sie sind überfüllt mit Essen, Trinken, Kerzen, Kruzifixen, Fotos des*r Verstorbenen und einem Meer aus orangenen Blumen. Aber wozu das Ganze?

Die Altäre dienen als Anlaufstelle, um die Verstorbenen zu empfangen und am Ende des Festes wieder zu verabschieden, erklären Franco und Poore im „America Magazine“.

Von den Altären aus laufen die Familien zu den Gräbern der Toten, um diese zu säubern und zu dekorieren. Musik und Fröhlichkeit begleiten die Rituale. Am Ende einer jeden Feier gehen die Familien zurück zu den Altären, um die Geister der Toten dort wieder zu verabschieden – bis sie genau ein Jahr später wiederkommen, um gemeinsam das Leben und den Tod ausgiebig zu feiern.

Ein Portrait der Chicagoer Künstlerin Ash Windbigler und der Gespenster, die durch ihr Werk spuken.

Künstlerin Ash Windbigler

„Für mich sind Gespenster nicht nur der Geist eines verstorbenen Menschen. Ich denke immer an die Person, die ich in der Vergangenheit war, als ich klein war. Diese Person ist jetzt auch eine Art Gespenst.“

Ash Windbigler zögert nicht, wenn sie von den Gespenstern ihrer Vergangenheit spricht. Was ihr aktuelles Leben angeht, ist sie sich weniger sicher.

Wenn man die aus Indiana stammende 28-Jährige fragt, welche Art von Künstlerin sie ist, spricht sie zunächst von einem Abschluss in Grafikkunst, ihre Liebe für 3D-Collagen und dem einen Mal, als sie mit einem Kugelschreiber auf ein Gemälde zeichnete. Die Bezeichnung, für die sie sich letztlich entscheidet, ist aber „selbst gelernte Malerin“. Was ihr auf jeden Fall klar ist, ist dass sie von Gespenstern „besessen“ ist.

„Ein großer Teil meiner Werke beziehen sich auf Geister, den Tod oder das Jenseits“, sagt die Künstlerin. Bis zu ihrem 15. Lebensjahr besuchte Windbigler eine konservative, protestantische Kirchenschule. „Ich bin sehr religiös aufgewachsen und die Idee, dass es wirklich ein Jenseits gibt, wurde in meinen Kopf gepflanzt. Jetzt glaube ich nicht mehr, was bedeutet, dass es dann wohl auch kein Jenseits gibt. Solche Fragen haben einen großen Einfluss auf meine Werke.“

Zeichentrickfiguren und Künstlerkollektive

Bild: Ash WIndbigler

Wenn man durch Windbiglers Arbeiten blättert, stößt man auf Kaugummi-Rosa und Babyblau, Zeichentrickfiguren und Gespenster. In einem ihrer Drucke (rechts) hat sie einen Frontalzusammenstoß zweier Autos vor einem hellrosa Hintergrund dargestellt. Ein Regenbogen, ein Rehkitz und ein lächelndes Gespenst springen aus den Wracks. Diese Mischung von makabren und kindlichen Elementen ist typisch für ihren Stil.

Windbigler ist schon länger als sie denken kann künstlerisch tätig. Ihren ersten Kunstunterricht hatte sie aber erst in der Sekundarschule. Zu dieser Zeit sind einige, geliebte Menschen in ihrem Leben gestorben. Darunter auch eine junge Cousine, die bei einem Autounfall ums Leben kam.

„Meine Bilder in der Sekundarschule hatten keinerlei Zwischentöne. Sie waren immer dunkel, ohne ein helles Element. Mit Humor konnte ich nichts anfangen. Es war dieser klassische Emo-Stil: Skizzen von Gerard Way von ‚My Chemical Romance‘“, lacht Windbigler und bezieht sich auf den Sänger einer Teeny-Pop-Punk-Band der Zweitausenderjahre.

Das alles änderte sich, als sie an eine Kunsthochschule in Indianapolis ging. Dort fand sie eine Gruppe Freunde, mit denen sie später das Kunstkollektiv „The Droops“ formte. Die Gruppe war lokal bekannt für ihre witzigen Wandgemälde. Eines davon erlangte sogar nationale Bekanntheit: Eine Einheimische beantragte das Gemälde zu verdecken, weil es männliche Genitalien in einem Hot Dog-Brötchen zeigte. Sie war nicht erfolgreich.

„Auch unser Name, The Droops, hatte die gleiche Art Humor, die ich heute mag. Witzig, aber auch ein bisschen traurig.“ Man denkt an „Drops den Hund“, die amerikanische Zeichentrickfigur, die auf Englisch „Droopy“ heißt. „Meine Zeit in der Gruppe hat mir wirklich geholfen meine Ideen auf eine Weise zu präsentieren, die auf den ersten Blick nicht so dunkel ist.“

Die Geister, die sie malte

Gespenster und Geister spuken durch ihre Werke, wie durch eine Geisterbahn. Ob Caspar, das freundliche Zeichentrick-Gespenst aus den USA, oder ein klassischer Bettlaken-Geist, nie sehen ihre Figuren wirklich furchteinflößend aus.

Beispiel eines typischen Windbigler-Gespensts:

Wo sie Gespenster malt, folgen oft Regenbogen. Sie erklärt, dass sie ‒ abgesehen davon, dass sie einfach Spaß zu malen machen ‒ den Moment bedeuten, in dem ein Geist von einem Ort verdrängt wird. Über ihr Gemälde „Lady Lazarus“, sagt sie:

„Es hat eine doppelte Bedeutung. Ich sehe es an und denke, es hat definitiv mit dem Tod zu tun.‘ Aber es ist auch eine Geschichte über Identität. Ihre Seele wird von irgendetwas ausgesaugt. Der dunkle Schrank könnte eine Besessenheit verkörpern, vielleicht böse Erinnerungen oder Selbstmordgedanken.“

„Lady Lazarus“; Bild: Ash Windbigler

Der Name des Gemäldes wurde von ihrem Lieblingsgedicht der amerikanischen Poetin Sylvia Plath inspiriert; ein Gedicht, das sie wiederum an ihre liebste biblische Geschichte erinnert, die Geschichte von Lazarus:

„Ich liebe diese Geschichte, weil es da diesen Moment der Enttäuschung gibt, in dem alle auf Jesus böse sind, weil er nicht rechtzeitig gekommen ist um Lazarus zu retten. Und dann erweckt er ihn von den Toten. Mein Gemälde gründet tief in dieser Geschichte: diese Person, die als Gespenst neu geboren wird.“

Mom and Dad

Religion ist nur ein Aspekt ihrer Kindheit, der Windbigler noch heute beeinflusst. Die konservative Familie, in der sie aufgewachsen ist, mit einer strengen Mutter und Polizeichef-Vater, spielt auch eine Rolle.

Einmal hatte sie ein Buch über Poltergeister für ein Schulprojekt nach Hause gebracht („Dass ich dieses Thema ausgesucht hatte, sagt schon vieles.“) Aber ihre Mutter verbat ihr, das Buch über das Übernatürliche ins Haus zu bringen. „Und ich habe es immer geliebt, alles zu tun, von dem meine Mutter nicht wollte, dass ich es tue“, sagt sie. „Mir geht es heute noch so.“

„Ein anderes Mal, nachdem meine Cousine Felicia gestorben ist, saß ich mit meiner Mutter im Auto. Ich war sehr traurig und still und dann habe ich sie gefragt, ‚Glaubst du, dass gestorbene Menschen uns hören können?‘ Und sie hat sofort geantwortet: ‚Nein.‘ Einfach nein. Und dann habe ich es noch mehr geglaubt.“

Mit ihrem Vater war es anders: „Mein Papa fand Gespenster und Außerirdische und Verschwörungstheorien alle toll. Oder manchmal fand ich seine Tatort-Aufnahmen bei uns zu Hause. Meine Eltern hatten beide ihren eigenen Einfluss auf meine Obsession.“

In der Vergangenheit zu leben ist also für Windbigler ganz normal, eine Gemeinsamkeit, die sie mit Gespenstern teilt und die sie schätzt. „Ich hatte immer die Denkart, dass aktuelle Ich am alten Ich zurück zu spiegeln. Für mich ist das vergangene Ich auch ein Art Gespenst oder Geist. Die Idee eines Geist-Selbsts finde ich wirklich spannend. Die meisten Gespenster in meinen Werken sind solche Geister.“