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Ob eine Reise durch die Erinnerungen oder eine göttliche Erscheinung – manche Menschen, die dem Tod knapp entronnen sind, berichten von sonderbaren Erfahrungen und stellen die Wissenschaft vor ein Rätsel. Könnte es sich um eine Art Traumzustand handeln? Was eine Nahtoderfahrung ist, in welchen Formen sie sich zeigen kann und welche wissenschaftliche Erklärungsansätze es gibt, erklärt der folgende Beitrag.

Was kommt nach dem Tod? Kommt überhaupt etwas nach dem Tod? Eine genaue Antwort auf diese Fragen können nur jene geben, die bereits gestorben sind. Das Verlassen des eigenen Körpers oder das Treffen von verstorbenen Verwandten sind nur einige von vielen Erlebnissen, von denen Patient*innen berichten, die dem Tod knapp entronnen sind.

Aber was sind Nahtoderfahrungen? Eine allgemeingültige Definition gibt es nicht. Meist versteht man darunter Erfahrungen, die Menschen erleben, während sie bereits kurzzeitig als klinisch tot gelten, aber anschließend reanimiert werden können. In der Zeitspanne bis zur Reanimation machen manche von ihnen denkwürdige Erfahrungen. Einige können sich anschließend an nichts erinnern, als hätten sie traumlos geschlafen. Andere berichten, wie sie in diesem Zustand ihren eigenen Körper verlassen und von außen oder oben beobachten konnten, wie die Ärzt*innen oder Sanitäter*innen Notoperationen oder reanimierende Maßnahmen an ihnen vollzogen. Diesen Zustand nennt man ‚außerkörperliche Erfahrung‘. Was die Betroffenen in diesem Zustand erleben ist individuell, kann aber beispielsweise eine Reise durch wichtige Erinnerungen oder zu einem Licht am Ende eines Tunnels umfassen.

Vergleicht man Nahtoderfahrungen mit Träumen, fallen einige Parallelen auf: Die Betroffenen sind während ihrer Nahtoderfahrung, ähnlich wie im Schlaf, bewusstlos und erleben individuelle, teils übernatürliche Erfahrungen. Sind Nahtoderfahrungen also eine Art Traumzustand? Genau lässt sich diese Frage nicht beantworten, auf wissenschaftliche Vermutungen kommen wir noch zu sprechen.

Was erleben Nahtoderfahrende? Ein Erfahrungsbericht

Wie intensiv eine Nahtoderfahrung sein kann, schildert die Traumatherapeutin Christine Brekenfeld im Interview mit dem YouTube-Format Hyperbole anhand ihrer eigenen Erfahrungen. Sie durchlebt fast alle bekannteren Szenarien. Während einer Notoperation machte sie eine außerkörperliche Erfahrung. Ihre Ängste und Schmerzen waren weg und sie konnte sich selbst und ihre Operation von außen beobachten. Dabei hatte sie das Gefühl, dass die Zeit stillstehe. Gleichzeitig spielte sich eine Art Lebensrückblick vor ihr ab. Jedoch sah sie nicht alle wichtigen Erinnerungen, sondern im Speziellen negative Erinnerungen, in denen sie andere verletzt hatte. Erinnerungen, die sie bereut. Anschließend kam sie tatsächlich in etwas Ähnliches wie das berühmte Licht am Ende des Tunnels, doch nahm sie diesen Tunnel eher als eine Art Strudel wahr. Ein Sog zog sie sanft durch den Strudel, langsam auf eine Enge zu. In dieser Enge sah sie eine Art weiches Licht. Sie spürte, dass sie dahin wollte. Sie berichtete: Als ich dann in Kontakt gekommen bin mit diesem Lichten, war es ein unglaublich schönes Gefühl. So als würde ich mit etwas in Kontakt kommen, was voller Liebe ist.

Die Bemühungen der Ärzt*innen waren erfolgreich und Christine Brekenfeld konnte reanimiert werden. Sie ist sie dankbar für ihre Nahtoderfahrung, welche für sie der schönste Moment ist, den sie je erlebt hat. Für sie war es zwar nicht eine Begegnung mit Gott, aber mit etwas Göttlichem. Betroffene ändern oft ihr Leben oder ihre Einstellungen nach einer Nahtoderfahrung. Viele werden religiös. Die Verbindung mit dem Göttlichen oder Spirituellen liegt bei einer solchen scheinbar übernatürlichen Erfahrung natürlich nahe, aber es gibt durchaus auch wissenschaftliche Ansätze, das Phänomen zu erklären.

Die Forschung am Tod und das Problem belastbarer Daten

Das Phänomen der Nahtoderfahrung wird wissenschaftlich noch nicht sehr lange erforscht. Das liegt unter anderem daran, dass reanimierende Maßnahmen selbst noch nicht allzu alt sind: Erst 1957 wurden wiederbelebende Maßnahmen vom Arzt Peter Safar in seinem Buch Das ABC der Wiederbelebung beschrieben. Dementsprechend kam es erst in den 1970er Jahren zu eigentlicher Forschung zu Nahtoderfahrungen. Trotzdem lässt sich immer noch nicht mit Sicherheit sagen, wie Nahtoderfahrungen entstehen.

Das Problem: Das neuronale Netz im Gehirn versagt beim Hirntod. Es sollte also unmöglich sein, mit dem Gehirn nach dem Tod noch etwas wahrzunehmen. Die Nahtoderfahrung geschieht aber anscheinend gerade dann, wenn man bereits klinisch tot ist. Abgesehen davon ist es sehr schwer, an Studienteilnehmer*innen für Befragungen zu kommen. Von tausenden Patient*innen, an denen Reanimierungsversuche vorgenommen werden mussten, überlebten in einer Studie nur 330. Von den Überlebenden konnten nur 100 ausführlicher befragt werden, weil der gesundheitliche Zustand es bei den anderen nicht zuließ. Von diesen wiederum erinnerten sich weniger als zehn Personen an ihre Nahtoderfahrung. An dem Beispiel wird deutlich, wie schwer es ist, belastbare Datenmengen für eine Studie zu sammeln.

Nahtoderfahrungen: Ein finaler Akt des Gehirns?

Die Erforschung von Nahtoderfahrungen hat also ihre Schwierigkeiten, dennoch gibt es mögliche Erklärungsansätze. Neuere Messungen der Gehirnaktivitäten von Sterbenden zeigen, dass das Gehirn kurze Zeit nach dem Herzstillstand ein letztes Mal einen starken Anstieg an Aktivität aufweist. Dieser Anstieg der Gehirnaktivität wird von Neurolog*innen ‚Wave of Death‘, also Welle des Todes genannt. Auch nach dieser Welle sendet das Gehirn noch für eine Weile Signale aus. Diese Welle des Todes lässt sich vereinfacht gesagt dadurch erklären, dass die aufgrund von Sauerstoffmangel sterbenden Gehirnzellen eine Art letzte Energiereserve freisetzen, bevor sie in sich zusammenfallen. Es ist also möglich, dass diese letzte Gehirnaktivität mit der Wahrnehmung von Nahtoderfahrungen zusammenhängt. Darüber hinaus ließen sich ähnliche Zustände, wie die für Nahtoderfahrungen typische außerkörperliche Erfahrungen, bei Epilepsieerkrankten durch die Stimulation bestimmter Areale im Gehirn auslösen. Auch das spricht dafür, dass unser Gehirn der Auslöser des Zustands ist. Daher vermuten viele Forscher*innen, dass es sich bei Nahtoderfahrungen um komplexe Halluzinationen handelt. Sollte dies zutreffen, wären Nahtoderfahrungen tatsächlich eng mit Träumen verwandt, da auch Träume aus psychologischer Sicht eine Unterform der Halluzinationen darstellen.

Forscher*innen sind sich zumindest einig, dass Nahtoderfahrungen keine religiösen Ursprünge haben. Im Gegenteil, Nahtoderfahrungen können nicht nur unabhängig von Religion und Kultur gemacht werden, sie werden sogar von dieser beeinflusst: Während manche christliche Patient*innen beispielsweise in ihren Nahtoderfahrungen Jesus treffen, machen Patient*innen aus anderen religiösen und kulturellen Kontexten ganz andere Erfahrungen. 

Es gibt also Erklärungsansätze, die auf einen biologischen Ursprung des Phänomens hinweisen, aber letzten Endes weiß man nicht, was genau bei einer Nahtoderfahrung passiert. Eines ist jedoch sicher: Für Betroffene sind sie oft eine positive Erfahrung, viele verlieren durch sie die Angst vor dem Tod.

Trotz aller Unklarheiten in der Forschung gelangen wir also zur Erkenntnis, dass man selbst in den schlimmsten Situationen noch etwas Schönes wahrnehmen kann, und dass man beim Tod vielleicht, nur vielleicht von seinem Gehirn in einen letzten, wunderschönen Traum geschickt wird, welcher alle Schmerzen vergessen lässt. Eine schöne Aussicht, oder?

Titelbild: © Timon Studler auf Unsplash

 

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Kopf mit bunter Wolke Träume

Filmplakat Paranormal Activity

„Paranormal Activity“ zählt zu den rentabelsten Horrorfilmen aller Zeiten. Der Low-Budget-Film spielte Millionen an den Kinokassen ein. Viele vermuten hinter dem Erfolg die Darstellung des Bösen im US-amerikanischen Erfolgsstreifen. Mit seiner Geisterdarstellung versucht Regisseur Oren Peli die Angst der Zuschauer*innen vor dem Unbekannten zu wecken. Außerdem spielen auch die gelungenen Marketing-Aktionen eine nicht unwesentliche Rolle für den Erfolg des Films.

Im Jahr 2009 durfte eine ausgewählte Anzahl von Personen den neuen Horrorfilm „Paranormal Activity“ zum allerersten Mal im Kino schauen. Die Reaktionen der Zuschauer*innen wurden aufgezeichnet. Versteinerte Mienen, weit aufgerissene Münder und mit den Händen verdeckte Gesichter sind in diesem kurzen Video zu sehen. „Paranormal Activity“ zählt zu den schlimmsten Horrorfilmen der letzten Jahre.

Entstehungsgeschichte

Die Idee für den Film stammt von dem US-amerikanischen Filmemacher Oren Peli. Bis dato hatte er noch keinen Film selbst produziert. Ausgestattet mit einem Budget von 15.000 US-Dollar, seinem eigenen Haus als Drehort und zwei Schauspieler*innen, begann er den Dreh. Es gab kein konkretes Skript. Die Schauspieler*innen hatten einen groben Handlungsablauf vorgegeben, woraus sich die Dialoge ergaben. Der ganze Film ist im „Found Footage“-Stil gehalten. Das heißt, es wird der Eindruck erweckt, die Hauptcharaktere filmten sich selbst mit einer Handkamera und dokumentierten ihr Leben. Oft wird der Film deshalb mit dem vor zehn Jahren gedrehten, pseudodokumentarischen „Blair Witch Project“ verglichen. Innerhalb einer Woche war der Film abgedreht.

Die Handlung

Katie schlafwandelt und beobachtet ihren Freund Micah über Stunden. Die Kamera zeichnet alles auf. (Screenshot; © Paramount Pictures)

Die beiden Hauptcharaktere Katie Featherston und Micah Sloat behalten auch ihre Vornamen für den Film. Das junge Paar lebt in einem netten, kleinen Häuschen in San Diego. Als Katie eines Nachts seltsame Geräusche hört, stellt ihr Freund Micah eine Kamera im Schlafzimmer auf, um die Sache aufzuklären. Aber die nächtlichen Ereignisse verschlimmern sich.

Die Schlafzimmertür knallt zu, der Kronleuchter fällt von der Decke und Katie schlafwandelt. Schon als Kind hatte Katie mit solchen paranormalen Ereignissen zu kämpfen. Micah sieht es nicht ein, die Kamera zu entfernen, da er denkt, dem Spuk so Einhalt zu gebieten. Doch da irrt er sich. Die Phänomene werden immer schlimmer, bis diese zu einem schrecklichen Höhepunkt gelangen.

Der Geist in „Paranormal Activity“

Obwohl der Geist in „Paranormal Activity“ nie in Erscheinung tritt, jagt er den Zuschauer*innen dennoch einen gehörigen Schrecken ein. Der Film spielt mit der Furcht vor dem Unsichtbaren. Dazu nutzt der Regisseur die Angst der Zuschauer*innen vor dem Unbekannten. Dass man nicht genau weiß, wovor man sich eigentlich fürchtet, macht die Situation umso gruseliger. Der Geist tritt nie als Person oder als Gestalt auf. Man kann lediglich seltsame Geräusche vernehmen und das Bewegen von Gegenständen beobachten. Als der Geist aber auch nicht mehr davor zurückschreckt, Katie aus dem Bett zu ziehen und zu verletzten, wird klar: Mit ihm ist nicht zu spaßen. Besonders gruselig wird es dann, wenn der/die Zuschauer*in merkt, dass der Geist von Katie Besitz ergriffen hat und sie nicht mehr dieselbe ist. Plötzlich ist sie zu schrecklichen Taten fähig.

Im Laufe des Films vollzieht sich die klassische Steigerung der Ereignisse bis  zu einem absoluten Höhepunkt. Was zunächst nur harmlose Poltergeisterscheinungen sind, entpuppt sich als wahrhafter Horror. Durch die langsame Steigerung wird der/die Zuschauer*in in die Situation der Protagonist*innen versetzt. Jede Nacht ist durch die Kamera dokumentiert, so ist man scheinbar live dabei. Die sehr authentische Darstellung der Schauspieler*innen verstärkt diesen Eindruck noch. Auf spannungssteigernde Musik wird gänzlich verzichtet. Stattdessen kündigt ein tiefer Brummton an, dass gleich wieder etwas Unheimliches passieren wird. Auf diese Weise wird die Spannung noch mehr gesteigert.

Der Film hat für seine Geisterdarstellung viel Kritik einstecken müssen. „Paranormal Activity“ weckt in Zuschauer*innen die Angst vor dem unsichtbaren Bösen. Das ist jedoch keine wirklich tiefgreifende Angst. Es geht eher darum, sich in regelmäßigen Abständen zu erschrecken wie in einer Geisterbahn. Außerdem spiegelt es unsere Kindheitsängste wieder: Ein Monster könnte sich nachts im Zimmer aufhalten und sich unter dem Bett oder im Schrank verstecken. Bei Katie wird diese Angst zur Realität. Natürlich kommt dadurch auch Gruselatmosphäre auf. Horrorklassiker bedienen sich aber meist noch anderer, tiefgreifenderer Ängste. Es handelt sich bei Pelis Werk um eine eher einfach gehaltene Schauergeschichte und nicht um ein filmisches Meisterwerk.

Die Erfolgsgeschichte

Trotz der Kritik funktioniert das Erfolgskonzept: Dies hängt aber auch mit den Marketing-Aktionen des Herausgebers „Paramount Pictures“ zusammen. Durch einen „Demand it“ (dt.: Verlange es)-Button auf der Facebook-Seite von „Paramount Pictures“ konnte jeder/jede darüber abstimmen, ob „Paranormal Activity“ in seiner/ihrer Stadt gespielt werden soll. Die 20 Städte mit den meisten Klicks bekamen den Film zuerst zu sehen. Außerdem wurde eine „Tweet your scream“ (dt.: Teile deinen Schrei)-Kampagne ins Leben gerufen. So gibt es noch heute überall im Internet Videos, wie Zuschauer*innen den Film schauen und sich dabei filmen, wie sie sich erschrecken. Nach der offiziellen Premiere in der ganzen USA gingen die Kinobesuche durch die Decke. Weltweit spielte der Horrorfilm 190 Millionen US-Dollar ein. Diese Marge kann sich sehen lassen. Mit einem derartigen Erfolg des Streifens hatte wohl selbst der Regisseur nicht gerechnet.

„Paranormal Activity“ ist ein durchaus sehenswerter Film, vor allem für Zuschauer*innen, die sich gerne gruseln. Zu viel Tiefe darf man jedoch nicht erwarten, auch bei den Hauptcharakteren nicht. Die Geisterdarstellung ist dem Regisseur Oren Peli definitiv gelungen. Denn nachdem man Paranormal Activity“ gesehen hat, ist jeder froh, wenn er/sie nicht alleine schlafen muss.

Wer sich noch nicht genug gegruselt hat, kann gerne hier klicken für noch mehr schaurig schöne Horrorfilmtipps.

 

Beitragsbild: Tom Small, CC BY-SA 2.0, Ausschnitt.

Fotografie und ihre Wahrnehmung durch Individuen und Massen liegt in ihrer Technik. Leute glauben an das, was sie sehen können. Fotografie ist in der Praxis nichts anderes, als ein „gefrorener“ Moment. Jedoch aus dem vorherigen Teil kann man feststellen, dass zwischen dem Moment, wo der magische Knopf gedrückt wird, bis zu dem Ausdruck, sehr viel passieren kann. 

Kurze Einleitung

Gespenster in der Fotografie ist ein sehr facettenreiches Thema. Dieser Beitrag wird mehrere Aspekte dahinter beleuchten und die direkten und indirekten Verbindungen zu Geistlichkeit aufzeigen. Fotografie macht nichts anderes, als Momente einzufrieren. Aber: Sind diese real? Und vor allem – wie werden sie genutzt?  Ist Fotografie ein Weg, um die Existenz von Gespenstern zu beweisen oder ist sie gar selbst ein Gespenst ?

Ich weiß nicht, wann genau meine persönliche Geschichte mit Fotografie anfing. Ich habe auf jeden Fall zum 10. Geburtstag eine kleine Kodak Camera von meinem Onkel bekommen. Ich habe sehr viele Fotos gemacht. Irgendwann wurde es ein Hobby. Mit 15 habe ich mir meine Spiegelreflex-Camera gekauft und an verschiedenen Foto-Kursen teilgenommen. Ich finde, dass Fotografie eine Art der Kunst ist, die oft unterschätzt wird. Als ich angefangen habe, den Begriff der Fotografie in Verknüpfung mit „Gespenster“ zu stellen, war ich selbst überrascht, wie viele Aspekte dieser Art ich nie wahrgenommen habe. Deswegen will ich in diesem Beitrag mehrere Gespenster der Fotografie vorstellen.

Ich will euch die von mir gefundenen Geister zeigen und hoffe, dass jeder hier auch etwas interessantes findet. Ihr werdet etwas Foto-Technik kennen lernen, da ich euch zeigen werde, wie man Gespenster „fotografieren“ und auch fälschen kann, falls man keine findet. ? Danach komme ich zur Geschichte hinter bestimmten Geister-Aufnahmen.

Nach dem Teil zur Analog-Fotografie und Fototechnik allgemien, werde ich etwas mehr zu einem bestimmten Philosophen erzählen. Ich werde euch ein Foto-Projekt vorstellen, das ich besonders interessant finde und mehr über Fotografie in Verknüpfung mit Zeit schreiben. Und über unsere Zeiten. In jedem dieser Themen wird es dabei spucken!

Etwas Technik am Anfang

Bildquelle: Solci aboutme, flickr.com

Die meisten wissen, wie eine Kamera funktioniert. Man hat ein Gerät und man soll den Knopf drücken. Dann die SD Karte in den Laptop reinstecken und Abrakadabra – alle Fotos sind da! In diesem Beitrag will ich das jedoch etwas komplexer vorstellen und werde auch ab und zu einfache Beschreibungen der technischen Seite der Fotografie vorstellen.  Es ist interessant und es wird auch das Verständnis der weiteren Teile des Textes erleichtern.

Objekte, die wir fotografieren reflektieren Licht. Das bedeutet, dass Licht zum Beispiel auf Menschen fällt und von diesen gespiegelt wird. Das Objektiv der Kamera fängt diese Lichtstrahlen ein. In dem Objektiv befindet sich eine kleine Öffnung (Blende), die eigentlich immer geschlossen ist. Sie öffnet sich nur ganz kurz beim Drücken auf den Auslöser (den magischen Knopf). Je nachdem,wie dunkel oder hell es ist, öffnet sich die Blende mehr und für länger oder kürzer. Wenn wir ein Foto an einem sonnigen Tag machen, wird es überbelichtet, wenn die Blende zu lange offen bleibt. Anders herum, wenn man z.B. ein Nacht-Panorama machen will, braucht man ein Stativ, da man eine längere Beleuchtungszeit braucht und  die Aufnahme verschwommen sein könnte, wenn die Kamera nicht perfekt stabil bleibt.

In Digitalkameras werden die Fotos anders aufgenommen und gespeichert, was aber für diesen Beitrag irrelevant ist. Es ist wichtig die Funktion der Kamera zu verstehen. Auf dem Film in der Analog- Kamera befindet sich eine lichtempfindliche Schicht, die sich verändert, nachdem Licht auf sie fällt. Das Bild wird dann auf den Film „gebrannt“ und man muss den Film weiterspulen, damit die selbe stelle nicht doppelt belichtet wird. Wenn der Film voll ist, muss man ihn zurückspulen.

Die daraus entstehenden Negative müssen dann noch in einer Dunkelkammer entwickelt werden. Ein schwarz-weiß Film wird im Dunklen in eine Entwicklerdose gespult. Eine Filmentwickler-Flüssigkeit wird eingegossen und in einer Dose über 8 Minuten bewegt (schon im Tageslicht). Weiter wird es mit Wasser gespült. Dann wieder Chemie und Wasser.

Danach sollte man aber das Foto noch vergrößern, um einen Ausdruck zu erhalten. Man braucht Papier (es gibt unzählige Sorten von Druckpapier und jede gibt dem Bild einen anderen Effekt) und einen Vergrößerer. Ein Negativ wird  eingelegt und mit einer sehr starken Lampe durchleuchtet. Dieses Bild wird nun mittels einem Objektiv auf ein lichtempfindliches Papier projiziert. Das Licht wird regelmäßig auf die ganze Fläche des Papiers geworfen. Mehr Informationen zu diesen Thema findet Ihr auf der Seite Analoge Fotografie.

Karolina Hess, Reutlingen 2017

 

Wo liegt das Problem?

Vor ungefähr  fünf Jahren war ich bei einer Freundin zum Besuch. Es war Sommer und wir haben mit „Pumba“ – ihrer neuen, jedoch gleichzeitig „alten“ Analogkamera Fotos gemacht und sie am nächsten Tag ins Labor gebracht. Wir haben beide fast einen Herzinfarkt bekommen, als wir uns die Ausdrucke angeschaut haben. Da gab es ein Portrait von mir, das aussah, wie wenn ein anderes, fast durchsichtbares Wesen vor mir stehen würde. Seine Augen waren am besten sichtbar. Nach 3 Sekunden haben wir bemerkt, das es die Oma von meiner Freundin war. Sie hat nach der Foto Aufnahme nicht weitergespult und dieselbe Stelle wurde zweimal belichtet. So entstand mein eigenes Gespenster-Foto.

Wenn ein bloßer Zufall so einen Effekt haben kann – wie stark können wir dann die Realität manipulieren, wenn wir es darauf anlegen? Digitale Fotos geben heute eigentlich unendliche Möglichkeiten. Eine leichte Farbänderung kann aus einer sonniger Landschaft eine Horror-Szene machen. Es ist kein Problem, eine Person auszublenden und ein weißes Wesen daraus zu machen. Wenn man sich mit Programen zur Fotobearbeitung auskennt, bleibt eigentlich nur die Kreativität eine Grenze.

Die Sache stellt sich jedoch anders im Falle der Analog-Fotografie dar.  Es wäre möglich, beim vergrößern des Bildes aus einer Person ein weißes Wesen zu machen (obwohl der Prozess kompliziert wäre), aber eigentlich sind die Fälschungsmöglichkeiten sehr beschränkt.

Fotografie gilt als eine Möglichkeit, die Zeit einzufrieren. Jedes Foto ist subjektiv, da es auch die Vorstellung des Autoren bezüglich eines Bildes zeigt. Bis heute dient die Fotografie immer noch der Aufzeichnung von Fakten. Was auf einem Foto aufgenommen wurde, sollte auch in dem Moment der Aufnahme tatsächlich da gewesen sein. Mit solchen Behauptungen ist es kein Wunder, dass fotografierte Gespenster und Geister als einer der stärksten Beweise für paranormale Aktivitäten und Objekte gehandelt werden. Vor allem, wenn die Fälschung nicht bewiesen werden kann.

Gespenster in der Analog-Kamera

Combermere-Foto, Combermere Abbey 1981, Bildquelle: chetansharma1774, flickr.com

Heute haben wir schon ein sehr großes Verständnis der Analog-Fotografie. Wir können Phänomene erklären, die kurz nach der Erfindung der ersten Kamera ein Rätsel waren. In der Geschichte wurden ein paar Bilder aufgenommen, deren genaue Entstehung bis jetzt ein Geheimnis bleibt. So wurden z.B. die Fotos der „Braunen Dame“ im Jahr 1936  oder das Gespenst von Newby Church in 1963 aufgenommen. Die meisten finden, dass Bilder keine realen Gespenster zeigen können – da sie nicht existieren. Man kann jedoch nicht beweisen, dass die Fotos eine Fälschung sind. Eines der interessantesten Beispiele bleibt das Foto von Lord Combermere, das schon 1891 gemacht wurde.

Lord Combermere war ein britischer Landesherr, der im Jahre 1891 von einem Pferdewagen erfasst wurde und starb. Das Foto wurde in der Combermere Residenz in Cheshire in England während Combermeres Begräbnis aufgenommen, das 4 Meilen vom Unglücksort entfernt stattfand. Der Autor des Fotos Sybell Corbet hat in der Bibliothek, die man auf der Aufnahme sehen kann, die Kamera mit einer Stunde Belichtungszeit angelassen.

Vorhin habe ich schon die Spezifika der Analog-Fotografie vorgestellt. Kameras aus dem 19. Jahrhundert sind allerdings noch nicht ganz so ausgereift gewesen wie die oben beschriebenen Verfahren. Sie brauchten viel längere Beleuchtungszeit, und das auch bei Tagaufnahmen. Diese kann man jedoch immer manipulieren. Kennt Ihr Bilder, wo Gebäude sehr scharf aufgenommen wird, aber andere Objekte wie Autos verschwommen sind? Einen solchen Effekt kriegt man bei einer langen Beleuchtungszeit. Der Blitz ist zu langsam, um ein Objekt zu fotografieren, das sich bewegt (zumindest scharf). Das Objekt bleibt auf dieser Fotografie – auch wenn man es eben nicht ganz scharf sehen kann.

Der Fotograf kam also nach einer Stunde zurück. In der linken Ecke des Bildes kann man auf der fertig entwickelten Fotografie plötzlich eine Figur sehen. Wie die meisten behaupten – jene von Lord Combermere. Theoretisch wäre es bei  einer Stunde Belichtung möglich, dass eine Person sich einfach kurz hingesetzt hat und dann gegangen ist. Genügend Menschen waren auf jeden Fall auf dem Gelände unterwegs während die Aufnahme entstanden ist. Alle Bewohner waren sich jedoch sicher, dass das Haus während der Zeremonie leer war.  Außerdem, obwohl der Fotograf meinte, dass er ein Stativ benutzt habe, scheint das Foto verwackelt zu sein. Jemand musste also die Kamera zumindest angerempelt haben.  Falls es eine Fälschung gewesen ist, war sie für das Jahr 1891 sehr überzeugend.

Der Geist der Zeit

Ich finde die Bedeutung der Fotografie ist eng mit der besprochenen Technik verbunden. Ein Foto ist immer subjektiv. Wir sehen einen Moment mit den Augen des Fotografen*in an, genau so wie er/sie es uns zeigen wollte. In diesem Sinne ist Fotografie also keine Verfälschung der Realität, sondern eine personalisierte Aufnahme eines Moments. Aus der Perspektive der Technik gesehen oder nicht, bleibt Fotografie eng mit der Zeit verknüpft.

Sehr viele sehen Fotografie als eine Technik, die es uns erlaubt, ein Stück Vergangenheit zu bewahren. Was wir sehen ist auch das, woran wir glauben. Im Vergleich zu anderen Medien scheint Fotografie hier der Gewinner zu sein. Zeit wird hier zum Gespenst, das manchmal unerwartet auftaucht, um uns an die Vergangenheit zu erinnern.  Ich finde es bis heute beeindruckend, dass ich mir nicht vorstellen muss, wie meine Großeltern aussahen, als sie in meinem Alter waren, sondern dies auf Fotos tatsächlich sehen kann. Ich hole auch oft Gespenster aus meiner eigenen Vergangenheit aus meinem Fotoalbum. Ich schaue mir manchmal meine eigene Fotos an, die ich vor mehreren Jahren aufgenommen habe und die mich an Momente erinnern, die ich schon längst vergessen habe. Dann fange ich an, neue Elemente in diesen Bildern zu entdecken, auf die ich bei der Aufnahme gar nicht geachtet habe. Bedrucktes Papier enthält eigentlich nichts weiter als Farbe, als Fotografie jedoch wird aus diesen Farben eine bestimmte Sicht auf eine Ansicht. Fotografie wird so zu einem Portal zur Vergangenheit, die wiederum selbst ab und zu wie ein Gespenst auf einem Ausdruck auftaucht.

Man kann auch in der Fotografie eigene Geister suchen und in denen nach Inspiration suchen. Hiroshi Sugimoto, ein berühmter japanischer Fotograf, hat ein Foto-Projekt gemacht, das sehr gut das Phänomen der Fotografie vorstellt. Er hat in verschiedenen Kino-Sälen auf der ganzen Welt fotografiert. Dabei hat er die Kamera ans Ende eines Saals hingestellt, sodass man fast den ganzen Raum sehen konnte. Die Beleuchtungszeit entsprach der Länge des Filmes, der gerade gespielt wurde. Der Effekt: eine Serie von wunderschönen Fotos von verschiedenen Kino-Sälen mit gäznlich weißer Leinwand in der Mitte. Nur war die Leinwand während der Aufnahme gar nicht wirklich weiß. Die vollständige Information, die im Film enthalten ist, wurde fotografiert.  Ein unsichtbarer Film für immer in einem Foto eingefangen.

Immer, wenn ich über Fotografie nachdenke, habe ich den Geist der Zeit in meinem Kopf. Wie viel Zeit wurde eigentlich auf einem Foto aufgenommen und an wie viel Zeit erinnern uns bestimmte Bilder?

Das Gespenst der Realität

Es wird Zeit, die Frage zu stellen, in der es um einen breiteren Aspekt der  Realitätsfälschung geht. Wer „1984“ von George Orwell gelesen hat oder „Matrix“ von den Wachowskisgesehen hat weiß,  dass wir vielleicht in einer verfälschten, manipulierten Realität leben. Oder in einer Nicht-Realität. Die Simulation unserer Welt scheint immer wieder ein Thema zu sein. In Matrix sehen wir eine komplett künstliche Welt. Bei Orwell eine durch Indoktrination manipulierte Welt und gebrochene Gesellschaft. Und wir sehen Bilder.

Fotografie gibt uns so viele Möglichkeiten, die Zeit einzufrieren, Momente zu behalten und die Welt anders zu malen. Wie weit ingerieren wir sie in unsere Wahrnehmung der Welt? Wenn wir davon ausgehen, dass eine Fotografie die Existenz eines Gespenstes oder Geistes beweisen kann, wo wird unser Blick auf die Welt noch verfälscht? Das was wir auf Fotos sehen wird wahrgenommen und oft auch aufgenommen. Nur was bleibt dann wahr, wenn alles was wir sehen können meistens Bilder sind, die jemand für uns vorbereitet hat?

Foto-Aufnahmen sind zum Gespenst unserer Gesellschaft geworden. Genau so wie in der Dunkelkammer, wo sich der Fotograf aussucht, welche seiner Aufnahmen er entwickelt, so werden auch größere Bilder durch Medien gefiltert. Hinter der Kamera steht immer jemand, der uns ein bestimmtes Foto zeigen will. Wir glauben den Bildern. Man kann doch nur Reales Fotografieren. Aber genau so wie man einen Geist in ein Foto einbauen und einen unsichtbaren Film fotografieren kann, so lässt sich auch viel Irreales dazuschreiben.

Diese Blick wird nicht besser, wenn man über gezielte Manipulation nachdenkt. Es ist eine persönliche Entscheidung, ob man an die Gespenster aus den Fotos glaubt oder nicht. Manche von ihnen waren bestimmt gefälscht. Durch Fälschung kann man Fotografie nutzen, um Gesellschaften zu manipulieren. Fotografie ist auch ein Geist unseres Alltags. Wir laufen neben einer Kamera ohne zu wissen, dass wir gerade aufgenommen werden. Unser Benehmen wird in Geschäften aufgezeichnet und abgespeichert, um die „Customer-Experience“ zu messen, in Museen werden wir die ganze Zeit beobachtet. An wie vielen Fotos lauft ihr eigentlich jeden Tag vorbei? Werbungen und Bilder sind heutzutage auf jeden Fall ein Geist, den man schon lange nicht mehr bemerkt. Und er taucht ab und zu in unserem Bewusstsein auf – nur der Interessanteste gewinnt unsere Aufmerksamkeit. Lustration und Datenaufnahme wachsen durch Fotografie und Bilder zur  einem sehr mächtigen Geist.

 

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Geister suchen wir in dunklen Ecken, schaurigen Ruinen oder auf dem Friedhof – doch was ist eigentlich mit den lebenden und analysierenden Geistern zwischen den Bücherregalen der Bibliotheken? Die Geisteswissenschaften werden genau wie ihre untoten Verwandten gefürchtet oder belächelt. Ein Plädoyer für den Mut, sich seines Geistes zu bedienen.

Das Abitur in der Tasche und voller großer Ideen und Fragen, was die Welt zusammenhält. Was ich werden will? Das weiß ich noch nicht so genau – mich interessieren Menschen und Literatur, ich mag Sprachen und fremde Kulturen. Ich entscheide mich gegen die Vernunft in meinem Kopf und folge meinem Herzen: Anglistik soll es sein. Meine Eltern sind nicht sonderlich überrascht – „Das passt zu dir!“ Was „Das“ ist, wissen wir zu dem Zeitpunkt alle nicht so genau.

An der Universität erfahre ich, dass ich nun zu den sogenannten Geisteswissenschaftler*innen gehöre. Dass Anglistik nur ein kleiner Teil im riesigen Becken der verschiedenen Disziplinen der Geisteswissenschaften ist, begreife ich anfangs noch nicht. Allein an der Universität Tübingen zählen über 25 Institute zur Philosophischen Fakultät, von der Geschichtswissenschaft über die Kunstwissenschaft bis hin zu den Philologien, in denen ich mein Zuhause gefunden habe. Schnell wird klar, die Geisteswissenschaft lebt vom interdisziplinären Austausch. Ich fühle mich wohl zwischen Geschichte-Nerds und Literaturliebhaber*innen und es dauert nicht lange, bis ich mich selbst auch zu dem abstrakten Feld der Geisteswissenschaftler*innen zähle.

„Und was macht man dann damit?“

Laut des Statistischen Bundesamtes entschieden sich im Wintersemester 2017/18 12 Prozent aller Studienanfänger*innen für ein geisteswissenschaftliches Studium an einer deutschen Hochschule. Die Geisteswissenschaften zählen damit zu den großen Universitätswissenschaften und reihen sich neben den Natur- und Sozialwissenschaften ein. Auch wenn 12 Prozent sich nach eher wenig anhören, hat sich die Zahl der Einschreibungen für Geisteswissenschaften seit dem Wintersemester 2015/16 immerhin um 3.000 Studierende in ganz Deutschland erhöht.

Geisteswissenschaftler*innen vergraben sich gerne in Bibliotheken – Vorurteil mit wahrem Kern? (Bildquelle: CC0, pexels.com)

Das Studium beginnt. Endlich bin ich umringt von gleichgesinnten Jane-Austen-Freaks und besuche Seminare zu Theater- und Kulturwissenschaft. Ich lerne alles über Literaturanalyse, den weiten Kulturbegriff und darüber, wie man in kürzester Zeit drei Bücher parallel liest. Lesen ist so ziemlich das einzige, was ich tue, doch das stört mich nicht.

Die Semester fliegen nur so dahin, bis ich das erste Mal auf die Frage aller Fragen antworten muss: „Und was macht man dann damit?“ Ich werfe mit Fachbegriffen um mich und versuche möglichst schlau zu klingen. Schnell merke ich jedoch, dass das mein Gegenüber nicht zufriedenstellt. Von da an wechsle ich zwischen Selbstironie und einem selbstbewussten „Nichts!“, bis hin zu ansatzweise greifbaren Berufen wie Lektorin oder Kulturreferentin. Beides sind Berufe, in denen ich mich eigentlich nicht sehe.

Geisteswissenschaftlerin oder Geisterjägerin?

Langsam realisiere ich, dass außerhalb des universitären Lebens niemand so wirklich weiß, was Geisteswissenschaften genau sind – und vor allem, warum es sie gibt. Selbst ratlos über die Wissenschaft, mit der ich meine Zwanziger verbringe, beginne ich das zu tun, was die Geisteswissenschaftler*innen am besten können – recherchieren.

Der Philosoph Wilhelm Dilthey (1833-1911) sieht den Hauptcharakter der Geisteswissenschaften in dem Versuch, menschliches Handeln zu verstehen. Damit konnte er sie von den Naturwissenschaften abgrenzen, die allgemein gesprochen das Ziel des Erklärens von Naturphänomenen anstreben. Das Einzelne verstehen kann aber nur derjenige, der das Ganze im Blick hat – das Ganze ergibt sich wiederum durch das Einzelne. Es entsteht eine Art Kreislauf – der sogenannte hermeneutische Zirkel. Man merkt, wir machen uns das Leben gerne selber schwer.

Geisteswissenschaftler*innen bedienen sich ihres kritischen Geistes. (Bildquelle: Mystic Art Design, pixabay.com)

Wahrscheinlich könnte die Gesellschaft mit einer Ausbildung zur Geisterjägerin mehr anfangen, wäre zwar schräg, aber immerhin konkret. Nein, wir Geisteswissenschaftler*innen denken abstrakt und deswegen sind unsere Forschungsfelder es nun mal auch. Es geht nicht darum, zu versuchen das Tonndorfer Schlossgespenst zu fangen, sondern zu hinterfragen, wie diese Legende der weißen Frau überhaupt an Popularität gewinnen konnte.

In dem Sammelband „Geisteswissenschaft heute – Die Sicht der Fächer“ verteidigt Julia Aparicio Vogel die Existenz meines Studiengangs:

„In einer Welt, die zunehmend von Informationsüberfluss und Laienwissen dominiert wird, ist ein solcher kritischer Zugang, das Wissen um die Subjektivität jeglicher Meinung, aber auch das Expertenwissen, das die Geisteswissenschaften sehr wohl vermitteln, wichtiger denn je.“

Was G’scheits

Dieser Satz kann auch nur von einer Geisteswissenschaftlerin geschrieben sein – aber wie Recht sie damit hat. Geisteswissenschaften lehren nicht über Steuererklärungen, Kochrezepte oder Businesspläne. Es geht nicht darum, etwas „G’scheits“ zu lernen, wie man in Baden-Württemberg so schön sagt, sondern darum, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen (um Immanuel Kant hier nebenbei mal einfließen zu lassen und zu zeigen, dass sich mein Studium doch im Alltag einbringen lässt!).

Die Geisteswissenschaften beobachten mit einem differenzierten Blick gesellschaftliche Phänomene anhand verschiedener Methoden, immer darauf bedacht, das Ganze im Blick zu haben. Ich beende mein Bachelorstudium und bin zufrieden. Mein Interesse ist geweckt, am Alltäglichen und an Dingen, die Menschen bewegen. Ich habe gelernt zu hinterfragen, warum wir unser Handeln mit „Das macht man halt so“ erklären.

Im Master entscheide ich mich für die Medienwissenschaft und bleibe damit den Geisteswissenschaften treu. Ich freue mich, die lästige Fragerei nach dem Sinn meines Studiums endlich los zu sein – unter Medienwissenschaft kann sich die Allgemeinheit ja vielleicht doch etwas vorstellen. Auf die Frage aller Fragen antworte ich nun voller Zuversicht, als Antwort bekomme ich: „Aah irgendwas mit Medien“. Ist zwar nicht besser, aber immerhin antworte ich jetzt ganz konkret auf die Berufsfrage mit: „Total viel!“ – Gelogen ist das nicht.

Ob Film, Fernsehen oder Romane: Geister spuken mittlerweile in jedem Medium fröhlich vor sich hin. Doch wie so oft bleibt das Comic dabei etwas außen vor. Als großer Fan habe ich mir daher vorgenommen, einen Blick auf geisterhafte Erscheinungen des Mediums zu riskieren und fünf davon vorzustellen. 

Wer einmal vor die Aufgabe gestellt wird, so schnell wie möglich eine gewisse Anzahl von spezifischen Wesen aufzusagen, merkt, dass das gar nicht so leicht ist. Für diesen Artikel habe ich mir vorgenommen, fünf exemplarische Geister des Mediums vorzustellen und zu zeigen, was diese ausmacht. Praktisch jedes künstlerische Medium wird dieser Tage ausgiebig untersucht und bekommt seinen regelmäßigen Platz im Fokus der Forschung oder der Gesellschaft. Doch Comics kommen hierbei immer noch seltener zum Zug als  Filme oder Bücher. Dabei ist das Medium eine wahre Schatzkiste an Potential. Nichts, was der/die Zeichner*in sich vorstellen kann, kann im Comic nicht existieren. Seine Darstellungsmöglichkeiten sind geradezu grenzenlos. Ebenso vielfältig sind die Möglichkeiten, Geister darzustellen. Ohne weitere Vorreden nun also fünf Geister, die zeigen sollen, wie vielfältig Comics sein können.

Casper, the friendly ghost (Harvey Comics)

Cover zu „Harvey Comics Classics Vol. 1 – Casper The Friendly Ghost“. ©Dark Horse Comics All Rights Reserved

Gleich zum Anfang mogel ich ein bisschen. Casper ist ursprünglich keine Comicfigur, sondern entstammt einem Bilderbuch von 1939. Später wurde er ein populärer Cartoon-Charakter und feierte 1949 seinen Einstand als Comicfigur. Ab 1952 gehörte Casper dann zum festen Repertoire des Comicverlags Harvey Comics. Hier wurden Casper auch die meisten seiner bekannteren Nebenfiguren zur Seite gestellt, wie seine Onkels, das geisterhafte Trio oder die kleine Hexe Wendy.

Casper erfüllt die klassischen Geisterkriterien. Er kann fliegen (auch wenn er meistens läuft), durch Wände gehen und sieht so ähnlich aus, wie man sich als Kind einen Geist vorstellt. Nur spuken will er nicht so recht.

Eine Info am Rande, die meistens  unter den Tisch fällt:  Casper ist der Geist eines Kindes. Also ein Kind, das gestorben ist. Ihr wisst schon: für Kinder!

Gut, darüber wird noch gestritten, ob Casper tatsächlich ein Kind post mortem ist oder ob der Kleine immer schon am Geistern war. Dennoch, allein wegen des nostalgischen Wertes darf er in dieser Liste nicht fehlen.

The Spectre (DC Comics)

The Spectre auf dem Cover zu „Infinite Crisis Aftermath: The Spectre“ (2007) ©DC Comics All Rights Reserved

Von einem kleinen Gespenst, das nicht so recht spuken will, hin zu einem großen Gespenst, dessen Macht nahezu grenzenlos ist. Jim Corrigan war ein gewöhnlicher Polizist. Dann wurde er getötet. Doch für Jim war es nicht das Ende. Etwas hatte sich an seine Seele gebunden, und gemeinsam wurden sie zurückgeschickt auf die Erde. Jims Seele war zum Wirt eines Wesens namens Spectre geworden: die personifizierte Rache Gottes.

Seinen Anfang nahm The Spectre 1940, als Erfindung von Superman-Co-Erfinder Jerry Siegel und Zeichner Bernard Baily. Jim erfüllt die zentralen Kriterien eines Gespenstes ausgezeichnet. Ein verstorbener Mensch, dessen Seele weiter auf Erden wandelt. Nur ist zusätzlich an seine geisterhafte Seele ein nahezu allmächtiger Racheengel gebunden, der boshafte Sünder auf Erden jagt und für ihre Verbrechen grausam bestraft. Eine der mächtigsten und gleichzeitig ambivalentesten Figuren aus dem DC-Katalog und ein ganz besonderer Geist.

Izabel (Image Comics)

Izabel auf dem Cover zu „Saga #3“ (2012) ©Image Comics All Rights Reserved

Es wird Zeit für eine meiner liebsten Geisterfiguren. Izabel liebe ich als Figur so sehr, dass ich eigentlich einen ganzen Artikel nur über sie schreiben würde, wenn das nicht etwas zu sehr vom Thema weggehen würde. Izabel ist eine Teenagerin vom Planeten Cleave aus der Comicreihe „Saga“ der Künstlerin Fiona Staples und des Autors Brian K. Vaughan. Sie sieht auch aus wie eine gewöhnliche Teenagerin. Mit dem kleinen Unterschied, dass sie rötlich transparent ist und in der Luft schwebt. Ach, und außerdem hängen ihre Eingeweide aus ihrem Torso in Ermangelung eines Unterkörpers. Ein Andenken an ihr Ableben, als sie auf eine Landmine trat.

Izabel ist in „Saga” die Babysitterin von Hazel, der Tochter der beiden Hauptfiguren Marco und Alana. Des Nachts, wenn Izabel in Erscheinung treten kann, passt sie auf das kleine Mädchen auf. Sie macht das auch sehr gut, schließlich war sie im Leben die älteste von sieben Geschwistern. Der Geist der toten Teenagerin wird somit ein fester Bestandteil der Familie. Es sei jedem empfohlen, Saga zu lesen. Izabel ist sympathisch, offen, hat einen bittersüßen Sinn für Humor und ist selbstlos wie kaum eine andere Figur in dieser Liste. Ihr tragischer Tod machte ihr allerdings auch klar, was sie verloren hat, wie ihre Familie und ihre große Liebe, ihre Exfreundin Windy.

Edwin Paine & Charles Rowland: The Dead Boy Detectives (Vertigo)

Edwin und Charles auf dem Cover zu „Dead Boy Detectives: Band 1“ (2014). ©DC Comics, Vertigo Comics & Panini Comics All Rights Reserved

Während Neil Gaiman in den 1990ern mit „Sandman” Comicgeschichte schrieb, entwickelte er eine Unsumme an Figuren, die oftmals nur in einzelnen Ausgaben vorkamen. Zwei davon waren die Internatsschüler Edwin Paine und Charles Rowland. Edwin starb 1916 und kam in die Hölle (unfair, irgendwie). Als jedoch im Zuge von Gaimans „Sandman”-Storyline „Seasons of Mist” Jahrzehnte später die Hölle von Luzifer geräumt wird und die Seelen der Toten zurückkehren, taucht Edwins Geist wieder in dem Internat auf. Dort freundet er sich mit dem Schüler Charles an.

Edwin hilft Charles dabei, allerlei Gefahren zu bestehen, die von den auferstandenen Toten ausgehen. Doch schließlich fällt auch Charles ihnen zum Opfer und stirbt. Nein, die Geschichte hat kein Happy End.

Doch einen Hoffnungsschimmer gibt es. Charles kehrt ebenfalls als Geist zurück. Als die Hölle unter neue Schirmherrschaft gestellt wird, beschließen er und Edwin, nicht ins Jenseits zurückzukehren und stattdessen in der Welt der Lebenden zu bleiben. Gemeinsam bestreiten sie nun als Detektive Abenteuer und lösen allerlei übernatürliche Fälle.

Deadman (DC Comics)

Deadman auf dem Cover zu „Deadman #1“ (1985). ©DC Comics All Rights Reserved

Last but not least: Boston Brand, seines Zeichens Zirkusakrobat par excellence, Mordopfer und Geist. Nach seinem Tod wurde Brand von der Gottheit Rama Kushna zurückgeschickt, um seinen eigenen Mord aufzuklären. Als Geist hat Deadman eine ganze Reihe klassischer Fähigkeiten. Er kann unsichtbar bleiben, durch Wände gehen, fliegen und besitzt, als besonderes Schmankerl, das Talent, von jedem Menschen Besitz zu ergreifen und deren Körper für seine Zwecke zu nutzen.

Vor seinem Ableben war Boston Brand eine der düstersten Gestalten, arrogant und eingebildet. Sein Tod ließ ihn zwar bescheiden werden, doch düster und tragisch blieb er. Gefangen zwischen Leben und Tod nutzt er seine Kräfte, um seinen Tod aufzuklären und Erlösung zu finden, indem er sich für das Gute einsetzt. Zynisch und bitter blieb er. Aber das ist eigentlich durchaus verständlich, wenn man tot ist, oder?

UNESCO-Welterbe, Touristenmagnet und Wahrzeichen – der Ayers Rock ist vermutlich der berühmteste Berg Australiens. Auch für die Aborigines hat er eine besondere Bedeutung. Gerade das führt zu Konflikten mit Besucher*innen.

Der rötliche Sand erstreckt sich bis zum Horizont. Lediglich widerstandsfähige Gräser und karge Büsche lockern das Landschaftsbild im Herzen des Kontinents auf. Hier, mitten im australischen Nirgendwo des Bundesstaats Northern Territory, erhebt sich der Ayers Rock.

Der 340 Meter hohe Inselberg ist ein Touristenmagnet und gehört zu den bekanntesten Wahrzeichen Australiens. Rund 400.000 Besucher*innen nehmen jährlich die umständliche Reise auf sich ‒ meist über das 470 Kilometer entfernte Alice Springs. Die Stadt gilt als Tor zum australischen Hinterland. Von dort kommt man nur über den Stuart Highway oder mit dem Flugzeug weiter. Die Passagiermaschinen landen direkt in Yulara, einem kleinen Ort mit Hotelanlage und Campingplatz in Reichweite des UNESCO-Welterbes. Was viele Tourist*innen aber nicht wissen: Das beliebte Ausflugsziel beherbergt einen Geist. Denn der Ayers Rock ist ein fester Bestandteil in der ‚Traumzeit‘ der Aborigines, der Ureinwohner*innen Australiens.

Ayers Rock – Heimat der Regenbogenschlange

Der Stuart Highway, bedeckt von rotem Sand.

Der rote Sand des australischen Hinterlandes bedeckt sogar den Stuart Highway, eine der wichtigsten Fernstraßen Australiens (Foto: Stephanie Constantin).

Der Begriff ‚Traumzeit‘ steht für die Mythologie und Religion der Aborigines. Sie gehört zu einer der ältesten Kulturen der Welt, die noch heute gepflegt wird. Ein Bestandteil der ‚Traumzeit‘ ist die Phase der Schöpfung. In dieser mythischen Vorzeit, von der die Geschichten der Aborigines handeln, kreierten sogenannte Schöpferwesen die Welt. Die Regenbogenschlange gilt als eines der wichtigsten Schöpferwesen – sie ist für die Entstehung von Bergen, Flüssen und Tälern verantwortlich. Dem Glauben der Aborigines nach leben die Geister der ‚Traumzeit‘ -Wesen in ihren Schöpfungen bis heute weiter. Am Ayers Rock, den die Aborigines ‚Uluru‘ nennen, lebt demzufolge der Geist der Regenbogenschlange. Corinna Erckenbrecht, Leiterin der Abteilung ‚Weltkulturen und ihre Umwelt‘ des Mannheimer Museumsverbundes ‚Reiss-Engelhorn-Museen‘, sagt: „Der Fels als Ganzes ist weniger wichtig. Es sind vielmehr einzelne Stellen, auch am Rand, die eine besondere Bedeutung haben.“ Daher seien spezielle Felshöhlen und Wasserquellen für die ansässigen Aborigines, die ‚Anangu‘, heilig.

Was für die ‚Anangu‘ heilig ist, muss jedoch für andere Stämme nicht ebenfalls wichtig sein. In Australien lebten vor der Ankunft der Briten auf dem Kontinent hunderte Stämme. Sie hatten verschiedene Sprachen und gaben der ‚Traumzeit‘ unterschiedliche Namen. Allerdings hatten auch die Mitglieder desselben Stammes nicht unbedingt den selben Wissensstand über die ‚Traumzeit‘. So waren die Stämme der Aborigines laut Erckenbrecht lockere Verbünde von Menschen, die sich untereinander durch eine gemeinsame Sprache und Kultur zugehörig fühlten. Innerhalb eines solchen Stammes lebten kundige Aborigines, die das Wissen mündlich durch Lieder, Tänze und Geschichten weitergaben. Allgemein galt das tiefere Wissen über die ‚Traumzeit‘ als geheim. Daher mussten es sich die jungen Aborigines durch bestimmte Rituale und Mutproben ‚verdienen‘.

Wohl behütetes Wissen

Felsmalereien am Ayers Rock

Die Wandmalereien in einer Höhle am Ayers Rock zeigen Geschichten aus der ‚Traumzeit‘ (Foto: Stephanie Constantin).

Spezielles ‚Traumzeit‘ -Wissen war außerdem jeweils Frauen oder Männern vorbehalten. Dies traf unter anderem auf den Initiationsritus zu, durch den die Jugendlichen in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen wurden. „Bei der Initiation der Jungen hatten die Männer das Sagen, und bei den Mädchen die Frauen“, sagt Erckenbrecht. Es habe getrennte Bereiche gegeben, über die eigenes Wissen überliefert wurde. Manche Orte, an denen die Geister der Schöpferwesen leben, seien demnach ausschließlich Frauen zugänglich, andere nur Männern, so Erckenbrecht. Dies trifft auch auf bestimmte Höhlen am Ayers Rock zu, in denen Aborigines Initiationsrieten durchführten.

Die spirituelle Landkarte Australiens

In Australien gibt es noch unzählige weitere Orte, die für die traditionell lebenden Aborigines mit der ‚Traumzeit‘ in Verbindung stehen. Dort leben dem Glauben der Ureinwohner*innen nach ebenfalls die Geister der Schöpferwesen. Diese Orte ergeben für Kundige eine Art spirituelle Karte, die auch einen praktischen Nutzen hat. „Für sie sind das bestimmte Orientierungsmerkmale in der Landschaft. Es ist wichtig zu wissen: wo gibt es Trinkwasser, welchen Pfaden kann ich folgen, welche muss ich eher meiden“, sagt Erckenbrecht.

Vielen Nicht-Aborigines fehlt darüber das nötige Wissen. Sie betreten die Ruhestätten der Schöpferwesen, obwohl die Orte nach den Regeln der Aborigines nicht betreten werden dürfen. So wollte beispielsweise ein amerikanischer Ölkonzern exakt an einer der Kultstädten nach flüssigem Gold bohren. Für die ansässigen Ureinwohner*innen ein Sakrileg. Die Probleme, die jedoch am Ayers Rock auftreten, sind verglichen damit eher vielschichtiger Natur.

Wohin mit den verlorenen Seelen?

Eine Felsniesche am Fuß des Ayers Rock.

Die Zeichnungen der Aborigines sind bei Tourist*innen besonders beliebt (Foto: Stephanie Constantin).

Beginnt man den Aufstieg auf den Berg, sieht man Plaketten, die verunglückten Tourist*innen gewidmet sind. „Die Leute überschätzen ihre Fähigkeiten beim Klettern in der Hitze. Es ist einfach wahnsinnig steil“, erklärt Erckenbrecht. Seit den 1950er Jahren kamen beim Klettern am ‚Uluru‘ rund 40 Menschen ums Leben. Die Seelen der Verunglückten müssten nach dem Glauben der Aborigines in ein Totenreich geleitet werden. Um diesen Übergang ins Jenseits zu erleichtern, gibt es spezielle Bestattungsriten. Jedoch geschieht eben das mit den Seelen der verunglückten Tourist*innen nicht, sagt Erckenbrecht. Daher würden die Seelen der Verstorbenen noch lange am Ayers Rock ziellos herumgeistern. „Das ist für die Aborigines sehr unangenehm“, so Erckenbrecht weiter.

Ab dem 26. Oktober 2019 sollen zumindest keine weiteren Seelen am Ayers Rock dazukommen. Dann wird auch wegen der Unfälle das Klettern verboten. Die Ureinwohner*innen würden sowieso nicht auf die Idee kommen, auf den Berg zu klettern. Erckenbrecht sagt: „Für die Aborigines ist das völlig sinnentleert. Da oben ist nichts.“ Der Blick vom Ayers Rock streift nur über karge Vegetation und rötlichen Sand, der sich bis zum Horizont erstreckt.

Charlie Charlie bist du hier?

Die Kommunikation mit dem Jenseits fasziniert die Menschheit seit jeher. Geisterbeschwörung ist auch heute noch ein beliebtes Thema – ob auf YouTube oder Pyjama-Partys. Doch welche Arten von Geisterbeschwörung gibt es eigentlich und wie funktionieren sie richtig? Eine Do-it-yourself Anleitung zu drei der beliebtesten Varianten mit Gruselgarantie.

Gläserrücken leicht gemacht

Das Gläserrücken gehört zu den bekanntesten Methoden, einen Geist zu rufen. Oft verwenden Laien diese Technik, da sie relativ einfach auszuführen ist. Für diese Art der Geisterbeschwörung benötigt man nur ein DIN-A3-Blatt und ein umgedrehtes Glas. Das Blatt ist mit den Buchstaben A-Z und den Zahlen 0-9 beschriftet. Außerdem gibt es die Antwortfelder „Ja“ und „Nein“.  Ein Glas befindet sich umgedreht in der Mitte des Blattes.

Alle Teilnehmer*innen der Geisterbeschwörung entscheiden sich für einen Spruch, mit dessen Hilfe sie den Geist rufen wollen, und legen die Fingerkuppe ihres rechten Zeigefingers auf das Glas. Im Chor wird der Spruch aufgesagt.

Der Geist sollte sich idealerweise zurückmelden. Die Beschwörer*innen fragen anschließend nach, ob es sich um einen guten Geist handelt. Rückt das Glas auf das Antwortfeld „Nein“, bittet man ihn höflich, wieder zu gehen. Wenn der Geist die Aussage bejaht, beginnt man mit der Fragerunde. Ganz wichtig dabei ist, den Geist immer höflich zu behandeln. Ihn zu verspotten oder zu ärgern, könnte böse Folgen für die Teilnehmer*innen der Beschwörung haben.

„Bloody Mary“ beschwören

Eine weitere recht bekannte Technik, um einen Geist zu beschwören, nennt sich „Bloody Mary“. Diese Art der Beschwörung geht auf die Legende von Mary Worth zurück, die angeblich während des 17. Jahrhunderts in Massachusetts in den USA gelebt haben soll. Ihr Gesicht sei entstellt gewesen. Aus diesem Grund hänselten sie die Kinder aus der Nachbarschaft. Es gibt aber auch noch zahlreiche andere Legenden um den Geist. Eine besagt, sie wäre Maria I. Tudor, die im 16. Jahrhundert Königin von England und Irland war. Sie ließ zahlreiche Protestant*innen hinrichten und hatte daher den Spitznamen „Bloody Mary“. Bereits seit dem 19. Jahrhundert und noch bis heute gilt es als Mutprobe, diesen Geist heraufzubeschwören.

Geisterbeschwörung der Bloody Mary

Für die Beschwörung der „Bloody Mary“ benötigt man lediglich einen Spiegel und Kerzenlicht. (Foto: whitedaemon, Pixabay.com)

Um die „Bloody Mary“ zu rufen, gibt es ein ganz einfaches Ritual. Dabei muss der/die Beschwörer*in sich vor einen Spiegel stellen. Der Raum, in welchem sich der Spiegel befindet, muss vollkommen abgedunkelt sein. Nur einige Kerzen sollten für Licht sorgen. Es gibt sehr unterschiedliche Vorgehensweisen. Die bekannteste besagt, dass man in den Spiegel schauen und dreimal den Namen „Bloody Mary“ wiederholen muss. Es gibt aber auch andere Anleitungen. Zum Beispiel, dass man in einem Art Singsang dreizehn Mal den Namen „Bloody Mary“ wiederholen soll. Hier ist es den Beschwörer*innen freigestellt, welche Variante er/sie wählt. Er/sie kann auch mehrere Varianten ausprobieren, um den gewünschten Effekt zu erzielen.

Was passiert nach der Beschwörung der „Bloody Mary“? Hier gehen die Meinungen stark auseinander. Es heißt, statt seinem eigenen Gesicht sehe man das einer jungen Frau, der Blut über das Gesicht läuft. Das ist noch die harmloseste Variante. Andere berichten von einer Hand, die aus dem Spiegel kommt und den/die Beschwörer*in würgt. Es gibt auch Schilderungen von Kratzern am ganzen Körper. Diese Variante der Geisterbeschwörung ist etwas für Mutige. Da der/die Beschwörer*in sich alleine in einem abgedunkelten Raum aufhält, ist der Gruselfaktor garantiert.

„Charlie, Charlie, bist du hier?“

Die dritte Methode zur Geisterbeschwörung hat einen Netztrend ausgelöst. Dabei riefen Social-Media-Nutzer*innen den Geist Charlie, um ihm Fragen zu stellen und filmten sich dabei. Anschließend veröffentlichten sie die Videos auf ihren Social-Media-Kanälen. Dies nennt sich dann die „Charlie Charlie-Challenge“. Ursprünglich kommt das Spiel aus dem Spanischen und heißt „Juego de la Lapicera“ (Bleistiftspiel). In diesem Spiel geht es zunächst nicht um Geisterbeschwörung. Mädchen im Teenageralter nutzen es, um herauszufinden welche Jungen in sie verliebt sind. Erst seit dem Film „The Gallows“ wird das Spiel auch als Geisterbeschwörungstechnik verwendet. In diesem geht es um einen Geist namens Charlie, der eine Gruppe Schüler*innen terrorisiert. Eine Marketing-Aktion für diesen Film ging viral, und so entstand die Anleitung für die „Charlie Charlie-Challenge“.

Charlie kommt nicht

Beim Selbstversuch hat Charlie sich nicht blicken lassen. (Foto: Anne-Sophie Fauser)

Genau wie bei „Bloody Mary“ kann der/die Beschwörer*in nur einen bestimmten Geist rufen, nämlich Charlie. Er kam angeblich vor 20 Jahren bei einem tragischen Autounfall ums Leben. Im Gegensatz zur „Bloody Mary“ soll es sich um einen guten Geist handeln. Um diesen zu beschwören, ist nicht viel Aufwand gefordert. Es braucht lediglich ein Blatt Papier und zwei Bleistifte. Das Blatt wird doppelt mit „Ja“ und „Nein“ beschriftet. Man legt dann zwei Bleistifte überkreuzt auf das Blatt. Daraufhin stellt der/die Beschwörer*in die Frage: „Charlie, Charlie, bist du hier?“. Der Bleistift sollte sich dann von selbst bewegen und auf das Antwortfeld „Ja“ deuten. Jetzt ist der Geist von Charlie anwesend und kann Fragen beantworten. Meist führen Gruppen diese Technik der Geisterbeschwörung durch und sie ist eher ein lustiger Zeitvertreib. Gruselstimmung kann zwar aufkommen, jedoch vermutlich weit weniger als bei der Beschwörung der bösen „Bloody Mary“.

Im nachfolgenden YouTube-Video hat der Betreiber des Kanals „GeisterGlauber“ die „Charlie Charlie-Challenge“ ausprobiert. Er stellt Charlie Fragen und bekommt tatsächlich Antworten durch den Bleistift, der auf „Ja“ oder „Nein“ deutet. Auf YouTube gibt es sehr viele solcher Selbstversuch-Videos, die sich alle auf die „Charlie Charlie-Challenge“ beziehen.

Ob diese Praktiken tatsächlich einen Geist rufen können oder auf wissenschaftlich erklärbaren Phänomenen beruhen, ist fraglich. Es muss jeder für sich entscheiden, wieviel er dem Glauben schenken möchte. Für ein wenig Gruselstimmung und einen Adrenalinkick ist aber auf jeden Fall gesorgt.

Ist ein Medium jemand, der mit Geistern in Verbindung tritt? Jemand, der Energien aus unterschiedlichen Dimensionen wahrnimmt? Wie wird man ein Medium? Wie funktioniert Channeln? Wir gehen diesen Fragen auf den Grund.

Eine junge Frau sitzt mit Tränen in den Augen mit Theresa Caputo am Tisch. Die junge Frau heißt Kearstan und hat ihren Freund bei einem Asthmaanfall verloren. Sie erlebt diesen Moment immer und immer wieder. Sie kann nicht loslassen und sagt, sie habe ihr Glück, ihre Liebe verloren. In der Serie „Long Island Medium“ will das beliebte Medium ihr nun helfen, diesen tragischen Verlust hinter sich zu lassen. Sie nimmt Kontakt zu Kearstan’s Freund auf: „Er möchte dir danken, weil du ihn so geliebt hast, wie er es verdient hat.“

In der Medienwissenschaft ist ein Medium ein Mittel zur Wahrnehmung, der Verständigung, der Verbreitung sowie eine Form von Kommunikation. Doch auf spiritueller Ebene ist ein Medium ein Mensch, der Verbindung zur Geisterwelt bzw. zu einer anderen Dimension aufnimmt und Botschaften empfängt. Anders ausgedrückt ist ein Medium eine Art Übersetzer zwischen der realen und der unsichtbaren Dimension. Deshalb wird ein Medium auch oft Channel genannt.

Wie wird man ein Medium?

Eine Infowebseite über mediale Ausbildungen sagt, die Grundvoraussetzung um ein Medium zu werden sei zu akzeptieren, dass der menschliche Körper nur eine Hülle der Seele ist, die den physischen Tod überlebt und irgendwo weiter existiert.

Laut Susanne, die sich selbst als Medium bezeichnet, ist die sogenannte Medialität keine Gabe, die nur Auserwählte besitzen. Es gibt Theorien die besagen, dass grundsätzlich jeder Mensch dazu in der Lage sei, mit anderen Dimensionen zu kommunizieren. Denn jeder Mensch besitzt eine mehr oder weniger ausgeprägte Wahrnehmungsfähigkeit. Doch jedem Menschen ist es selbst überlassen, ob er diese bereits vorhandene Fähigkeit weiterentwickelt oder nicht.

Ein Medium muss lernen sich mit der Geisterwelt zu verbinden, das Wahrgenommene richtig einzuordnen und lernen zu unterscheiden, mit wem es in Verbindung steht. Einige Menschen besitzen seit ihrer Geburt oder frühen Kindheit diese Fähigkeiten, andere müssen die Fähigkeiten trainieren und weiterentwickeln. Auch eine Nahtoderfahrungen oder die Trauer um einen geliebten Menschen kann diese Fähigkeiten auslösen.

Channeling? Wie arbeitet ein Medium?

Übersetzt bedeutet Channeling „Etwas durch einen Kanal empfangen“. Der Kanal ist dabei das Medium. Somit ist das Channling die Anwendung der medialen Fähigkeiten, also das Herstellen der Verbindung zur Geisterwelt und das Übersetzen von Botschaften.

Ein Medium spricht weniger von der Geisterwelt sondern von einer anderen Dimension. Diese Geisterdimension umgibt uns und ist nicht von der menschlichen Welt getrennt. Dimensionen sind unterschiedliche Bewusstseinsebenen. Um dies besser zu verstehen, vergleicht „Mediumausbildung“die Dimension mit einem Radio. Jeder Kanal bzw. Dimension hat eine andere Frequenz als die des menschlichen Körpers. Erst wenn die Abstimmung stimmt, kommt eine klare und deutliche Verbindung zustande. Ein Medium lernt sich auf diese Frequenz einzustimmen. Allerdings entscheidet letztendlich der Geist, ob diese Verbindung entsteht.

Kommt eine Verbindung zustande, muss sich das Medium zuerst sicher sein, um wen es sich handelt. Vor allem bei Verstorbenen ist es wichtig zu wissen, wie er gestorben ist, wie er aussah oder ob er Eigenheiten hatte. Ist das Medium sich sicher, beschreibt es was er sieht, hört und fühlt. Das „Wesen“ in einer anderen Dimension teilt alles mit was er zu sagen hat, warnt vor Gefahren oder beantwortet offene Fragen. Die Aufgabe eines Medium ist es dem Kunden mit Hilfe des Geistes Fragen zu beantworten und Klarheit zu schaffen. Oft wird dadurch ein neuer Blickwinkel eröffnet.

Allerdings kommt nicht immer eine Verbindung zustande. Laut dem Onlinemagazin Viversium- Sprituelle Lebensberatungist dies unter anderem von folgenden Faktoren abhängig:

  • Der Geist will nicht in Kontakt treten.
  • Dem Medium fehlt die Erfahrung, fühlt sich nicht gut oder ihm fehlt die Energie.
  • Der Kunde glaubt nicht daran, dass die Verbindung zustande kommen kann.
  • Der Kunde muss offen und bereit für die Botschaften sein und darf keine Angst vor Negativem haben.

Kritik

Channeling findet heutzutage auf viele Arten statt:

  • Auf Esoterikmessen
  • Kostenpflichten Telefonhotlines
  • Einzelsitzungen
  • Gruppensitzungen

Kunden suchen Rat und zahlen dafür, laut Zeit-Online, bis zu 180 Euro pro Stunde. Einige Medien machen Vorschläge, was der Kunde zu tun hat. Beispielsweiße einem Missbrauchstäter zu verzeihen oder den Beruf wechseln. Die Gefahr der Abhängigkeit besteht, da der Kunde sich nicht mehr zutraut Entscheidungen alleine zu treffen und immer und immer wieder das Medium aufsucht. Das Medium Susanne betont ausdrücklich auf ihrer Webseite, dass sie keine Entscheidungen für den Kunden trifft oder ihm sagt, was er zu tun hat. 

Auch Theresa Caputo muss mit Kritik und Betrugsvorwürfen leben. Laut Focus-Online gibt es Vorwürfe von Ron Tebo, Gründer der Webseite SciFake.com. Caputo würde die sogennate „Cold Reading“ Technik anwenden. Aufgrund der Kleidung und Körpersprache schließt man auf hier auf Probleme der Person, stellt allgemeine Fragen und erhöht somit die Chance auf einen Treffer. Des Weiteren würden die Kunden bzw. Klienten vor dem Treffen mit Caputo genau durchleuchtet und analysiert werden.

Vieles ist nicht wissenschaftlich erklärbar – dazu gehört wohl auch die Kommunikation mit Verstorbenen. Doch muss immer alles rational erfasst werden? Ob wir nun an die Fähigkeiten eines Medium glauben, bleibt jedem selbst überlassen. Aber unsere Lieben sind immer bei uns. Wenn wir sie brauchen, geben wir uns Kraft.

„Jeder, der schon einmal einen geliebten Menschen verloren hat, wünscht sich einen letzten Augenblick, um noch etwas zu sagen, was er unbedingt sagen wollte.“ 

Jennifer Love Hewitt

Vor ein paar Wochen habe ich mal wieder „Beetlejuice“ angesehen. Einen Film, den ich liebe, seit ich ihn mit ungefähr zehn Jahren zum ersten Mal gesehen habe. Keine Frage, Tim Burton hat 1988 mit diesem Film definitiv seinen viertbesten Film abgeliefert, hinter „Ed Wood“ und „Big Fish“ und möglicherweise „Batman Returns“. Keine Sorge, es ist in Ordnung, wenn du das anders siehst. Du liegst falsch, aber es ist okay, wenn du mir nicht zustimmst.

Als Warnung, weil das dieser Tage natürlich immer wichtig ist: Dieser Text enthält Spoiler für „Beetlejuice“, einen dreißig Jahre alten Film. Welche Überraschung. Wenn ihr also den Film noch nicht kennt und mit Spoilern für einen dreißig Jahre alten Film ein Problem habt, dann schaut ihn euch schnellstmöglich an.

Filmplakat

 

Wenn ihr mit Spoilern  kein Problem habt, aber trotzdem den Film noch nicht gesehen habt, schaut ihn euch jetzt trotzdem an. Macht euch keine Sorgen, ich kann warten. Speichert diesen Tab, geht auf Amazon und leiht ihn euch zum Streamen aus oder bestellt euch die DVD. Vielleicht gibt es den Film auch irgendwo kostenlos. Schaut ihn euch nur an. Tut euch den Gefallen. Ich warte solange.

Willkommen zurück. Was mich persönlich so an „Beetlejuice“ begeistert, ist, wie unglaublich optimistisch und sogar lebensbejahend er letztendlich ist. Klar, der Film beginnt mit dem überraschenden Unfalltod von Adam und Barbara Maitland. Letztendlich ist die Botschaft des Filmes im Grunde aber, dass der Tod dir nicht die Freude am Leben nehmen muss.

Noch kurz zum Plot

Kurz zur Handlung: „Beetlejuice“ beginnt mit dem tragischen Tod der Maitlands, dargestellt von Alec Baldwin und Geena Davis. In ihr nun leerstehendes Haus zieht alsbald die reiche Familie Deetz ein, bestehend aus Bauunternehmer Charles und seiner Frau, der Bildhauerin Delia (Jeffrey Jones und Catherine O’Hara), sowie Charles‘ Goth-Tochter aus erster Ehe, Lydia, gespielt von einer jungen Winona Ryder. Falls ihr euch je gefragt habt, was die Gute vor „Stranger Things“ gemacht hat. Die Maitlands, die von ihrer Sachbearbeiterin im Leben danach erfahren, dass sie für 125 Jahre in ihrem Haus bleiben müssen, beschließen, dass die neuen Bewohner*innen aus dem Haus verschwinden müssen. Doch ihre Spukversuche und Poltereien bleiben vergebens. In ihrer Ratlosigkeit beschließen die beiden, Hilfe bei dem selbstständigen Poltergeist Betelgeuse, dargestellt von Michael Keaton, zu suchen. Diese Entscheidung soll sich jedoch schon bald als Fehler herausstellen, denn Betelgeuse verfolgt voll und ganz seine eigenen Pläne.

 

Beetlejuice, Beetlejuice, Beetlejuice! Via Giphy

Das ist gut, aber wir machen es ganz anders!

Soviel zunächst zum Inhalt. Tim Burton hat das Drehbuch des Films deutlich verändert. Die ursprüngliche Fassung war wesentlich düsterer und mehr Horrorfilm als explizite Horrorkomödie. In Tim Burtons Film weichen die Maitlands mit ihrem Auto einem Hund aus und fahren in einen Fluss, ihr Tod ist entschärft. In der Originalfassung des Drehbuchs von Autor Michael McDowell ist der tödliche Autounfall der Maitlands explizit und brutal. Später exhumieren sie den Dämon Betelgeuse, eine wesentlich grausamere Gestalt. Betelgeuse versucht in der Urversion auch nicht, die Familie Deetz zu vertreiben, sondern zu ermorden. Lydia ist im Drehbuch zwei Töchter, eine ältere und eine neunjährige jüngere Schwester. Betelgeuse versucht die erstere nicht nur zu heiraten, sondern explizit zu vergewaltigen, letztere wird nur verstümmelt. Charmant. Ihr wisst schon. Für Kinder.

Tim Burton hat wohl dieses Drehbuch gesehen und gemeint, dass man daraus bestimmt einen guten Film machen kann. ABER man muss ein paar Kleinigkeiten ändern. Aus der expliziten Gewalt des Todes der Maitlands wird ein sanfterer Tod, aus den beiden Töchtern der Familie Deetz wird Lydia. Und aus dem bösen Dämon Betelgeuse wird Michael Keatons überzogener Mix aus einem Gebrauchtwagenhändler und einem perversen Poltergeist.

Zum Besseren geändert

Die Änderungen waren wohl eine gute Entscheidung. Winona Ryders finale Version von Lydia wirkt gleichermaßen kindlich verletzlich als auch erwachsen und durch ihre Goth-Attitüde ist sehr sympathisch. Sie fühlt sich von ihrem Vater und ihrer Stiefmutter missverstanden und als würde sie nicht ganz reinpassen. Somit macht es Sinn, dass sie sich Ersatzeltern in den Geistern der Maitlands sucht.

Doch die wohl beste Änderung des Filmes ist der titelgebende Geist selbst. Kein mörderischer Dämon aus den Niederhöllen, sondern der Betelgeuse, der Michael Keaton zu einem Superstar machte. Keatons Version des Charakters ist opportunistisch und fies. Er ist pervers, belästigt Barbara und hat eine abnormale Attraktion zu Lydia. Diese will er heiraten, um seinen Fluch zu brechen und in der Welt der Lebenden frei Unheil stiften zu können.

Betelgeuse ist im finalen Film nicht wirklich böse, eher selbstsüchtig, vollständig durchgeknallt und distanzlos. Was er vorher war, ist nicht ganz klar. Er behauptet, studiert und durch die Pest gelebt zu haben. Ob es stimmt oder nicht, das bedeutet nichts. Wichtig ist sein Dasein jetzt, als wahnsinniger Poltergeist.

Erinnerungen eines Poltergeists an das Leben vor dem Tod. Via Giphy

Perfekter Poltergeist

Sein Leben vor dem Tod ist nicht von Bedeutung. Es ist impliziert, dass er Selbstmord begangen hat. In jedem Fall war er zwischenzeitlich Angestellter der Jenseitsbürokratie, wurde aber gefeuert. Nun verdingt er sich als „Bio-Exorzist”, herbeigerufen durch das dreimalige Aussprechen seines Namens. Michael Keaton spielt den Charakter in all seinem Wahnsinn, seinem Sarkasmus und seinen Gemeinheiten. Das alles unter zentimeterdickem Make-Up, ein Kunststück das nicht vielen Schauspieler*innen gelingt.

Doch Keaton geht in dieser Situation völlig auf. Er ist natürlich begabt für körperliche Comedy, seine Mimik ist selbst unter der Schminke wahnsinnig vielseitig. Warum um alles in der Welt wurde er seinerzeit nicht als bester Nebendarsteller für den Oscar nominiert? Dinge, die wir nie verstehen werden. Keaton begnügt sich damit, jede Szene, in der er vorkommt, zu stehlen und den Film zu seiner persönlichen Show zu machen. Überhaupt, Michael Keaton ist einer der besten Schauspieler aller Zeiten. Das ist eine simple Wissenschaft.

Und eben so einen Schauspieler braucht es in dieser Rolle. Antagonist Betelgeuse bildet immerhin das Zentrum des Filmes. Der Aspekt des Poltergeisterns ist in diesem Film zentral. Der Geist ist laut, offensiv anstrengend, furchteinflössend und dabei extrem lästig für alle anwesenden. Und er hat dabei einen Heidenspaß. Diese Freude daran, allen auf die Nerven zu gehen. Daran, dass die Maitlands schnell bereuen, ihn um Hilfe gebeten zu haben, diese Freude am Schabernack ist es, was den Film so erinnerungswürdig macht.

Die Ewigkeit in der Warteschleife

Keatons Betelgeuse ist weniger ein durchtriebenes Böses, das besiegt werden muss. Vielmehr ist er eine Lästigkeit, die die beiden Familien, tot oder lebendig, zwingt, sich zusammenzuraufen. Die Moral der Geschichte ist eine, die das Leben bejaht und den Tod nicht als etwas Grundschlechtes, sondern vielmehr als einen neuen, abenteuerlichen Abschnitt des Lebens darstellt. Somit ist es eigentlich nur logisch, dass am Ende Lydia mit ihren Eltern und ihren toten Zieheltern feiert, dass sie eine Eins in Mathe hat, und der Antagonist bekommt was er verdient. Die Ewigkeit im Wartebereich in der Bürokratie im Jenseits. Schlimmer kann die Hölle auch nicht sein.

Bildquellen: © Warner Bros. & Warner Home Video all rights reserved 

Lassen sich Geister wirklich beschwören oder täuschen uns die eigenen Sinne? Unsere Reporterin hat es beim Gläserrücken ausprobiert. Ein Selbsttest bis zur Schmerzgrenze mit hohen Erwartungen und Vanilleduft.

Ich schalte das Licht aus. Wir sitzen zu dritt im Halbdunkeln um den Tisch im Wohnzimmer unserer Wohngemeinschaft. Darauf liegt ein Kreis aus mit Buchstaben und Zahlen beschrifteter Blätter, in der Mitte stehen ein Glas und zwei weiße Kerzen. Die Kerzen sollen böse Geister fernhalten und verströmen einen aufdringlichen Vanilleduft. Wir legen alle unseren Zeigefinger auf das Glas, dann beginnen wir mit der Séance. „Großer Geist, wir rufen dich“, sagen wir im Chor – und ich muss mir ein Lachen verkneifen.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen Geist beim Gläserrücken zur rufen. Das hat meine Mitbewohnerin Teresa erzählt. Sie ist die Einzige von uns, die schon an solchen Sitzungen teilgenommen hat. Nachdem sich der Geist durch ein Zeichen bemerkbar gemacht hat, sollen wir ihm Fragen stellen. Alles ist erlaubt, nur die Zukunft ist Tabu. Durch das Glas soll sich der Geist uns mitteilen. Denn dieses soll sich nach einer Weile scheinbar von selbst bewegen und erst langsam, später teilweise rasant zu den Blättern rücken. Diese sind mit allen Buchstaben des Alphabets, den Zahlen von 0 bis 10 sowie ja und nein beschriftet. Der auf diese Weise entstandene Text wird als Mitteilung des gerufenen Geistes gedeutet und von einem Teilnehmer oder einer Teilnehmerin der Séance protokolliert.

„Bist du da?“

Auf dem Wohnzimmertisch sind alle Utensilien fürs Gläserrücken aufgebaut.

Gläserrücken in der Wohngemeinschaft (Foto: Hannah V.)

Uns antwortet der Geist vorerst nicht. Wir wiederholen in kurzen Abständen unseren Satz und fragen danach: „Bist du da?“ Aber das Glas bewegt sich nicht. „Vielleicht sollten wir einen anderen Spruch ausprobieren?“, frage ich nach einer Weile. Teresa zuckt mit den Schultern und geht googeln. Unsere Handys haben wir nämlich alle aus dem Zimmer verbannt. Die Signale könnten den Geist stören, habe ich nachgelesen. Deshalb kann ich die Séance auch nicht aufnehmen, was mich als Journalistin ein bisschen stört. Denn ein kurzes Video von uns um den Wohnzimmertisch mit geschlossenen Augen im Kerzenschein wäre bestimmt gar nicht schlecht.

Trotzdem gibt es online etliche Videos von Séancen, die alle angeblich keine Fälschungen sein sollen. Einmal fliegt das Glas plötzlich in die Luft und zerspringt an der Zimmerdecke, ein anderes Mal bewegt es sich, obwohl die beiden jungen Männer ihre Finger zurückgezogen haben. Bei einem Selbstversuch Darmstädter Journalismusstudenten erscheint ein 36-jähriger Geist aus Calw namens Hoep. Ganz ernst kann ich das alles nicht nehmen.

Gläserrücken soll Zugang zu Verborgenem schaffen

Es gab und wird immer Phänomene geben, die Menschen nicht erklären können. Das sei aber laut dem Verein „Sekten-Info Nordrhein-Westfalen“ schwer zu akzeptieren. Wenn Menschen mit Logik oder Wissenschaft nicht weiterkämen, versuchten sie diese Phänomene anders zu deuten. Eine Möglichkeit dafür sind okkulte Praktiken – zu denen neben Kartenlegen, Pendeln oder Astrologie auch Gläserrücken zählt. Das lateinische Wort „okkult“ bedeutet „verborgen“. Okkulte Praktiken sollen demnach Zugang zu diesem Verborgenen schaffen und es begreifbar machen. Gläserrücken gehört zu den beliebtesten gemeinschaftlich betriebenen okkulten Praktiken. Denn es erfordert wenig Aufwand und alle benötigten Gegenstände sind leicht zu beschaffen oder selbst herzustellen. In der Regel werden Séancen nachts durchgeführt – vor allem auch zur Geisterstunde.

Vielleicht hätten wir doch auf Nummer sicher gehen und bis Mitternacht mit unserer Sitzung warten sollen. Seit mehr als zwanzig Minuten rufen wir abwechselnd nach dem großen Geist und fragen, ob jemand mit uns sprechen möchte. Bisher möchte das niemand. Obwohl mein ausgestreckter Arm langsam zu schmerzen anfängt, fühle ich mich sehr entspannt – fast wie im Yoga, wenn wir immer wieder dasselbe Mantra wiederholen. Dennoch frage ich mich, was wir falsch machen. Wir haben einen zweiten Spruch ausprobiert, haben inzwischen die Augen geschlossen und den Tisch gewechselt, weil darin Metall verbaut ist. Eigentlich machen wir alles richtig. Nur durch die Stimmen aus dem Nachbarzimmer könnte sich der Geist jetzt noch gestört fühlen. Meine andere Mitbewohnerin schaut eine Serie. Sie hatte uns von Anfang an für verrückt erklärt. „Ihr spinnt doch“, sagte sie, als ich ihr das erste Mal von unserer geplanten Séance erzählte. Das funktioniere nicht, sei alles wissenschaftlich bewiesen.

Eine wissenschaftliche Erklärung gibt es tatsächlich. Demnach entsteht die Bewegung des Glases durch den so genannten Carpenter-Effekt, den der englische Physiologe William Benjamin Carpenter erstmals 1852 beschrieb. Bei diesem wird durch Gedanken oder Vorstellungen eine Bewegung ausgelöst – wenn beispielsweise beim Autofahren der Beifahrer eine imaginäre Bremse tritt, weil ihm der Fahrer zu schnell fährt. Die Bewegung des Beifahrers resultiert aus dem Wunsch, das Auto zu bremsen. „Während des Gläserrückens baut sich eine ähnliche Erwartungshaltung auf: Funktioniert es oder funktioniert es nicht?“, so der Neurologe Tim von Oertzen im MDR. „Jeder will eigentlich, dass es funktioniert – weil man es ja gerne erfahren möchte.“ Die Wünsche, Hoffnungen oder Ängste der Teilnehmer können zu Muskelkontraktionen führen, die das Glas bewegen. „Es ist nicht so, dass jemand aktiv das Glas schiebt, aber unbewusst werden Bewegungen auf das Glas übertragen“, erklärt von Oertzen. Gläserrücken werde deshalb auch durch die bewusste oder unterbewusste Zielvorstellung der beteiligten Personen beeinflusst. Wenn die Teilnehmer*innen demnach eine positive Einstellung haben, erhalten sie eher ein positives Resultat; sind sie negativ eingestellt fällt dieses eher negativ aus.

„Wir hatten nach der Sitzung solche Angst“

Teresa hat als 13-Jährige bereits an einer erfolgreichen Séance mit Freundinnen teilgenommen. Damals hat sich tatsächlich ein Geist bemerkbar gemacht – zumindest vermutet sie das. Ganz sicher ist sie sich nicht. „Es kann immer jemand dabei sein, der sich einen Spaß daraus macht und das Glas absichtlich verrückt“, sagt sie. „Trotzdem hatten wir nach der Sitzung solche Angst, dass wir lieber bei meiner Freundin übernachtet haben, statt nach Hause zu fahren.“

Es gibt in Deutschland mehrere Beratungsstellen der Bundesländer, Kirchen oder Polizei, die über Okkultismus aufklären. Zwar scheinen hierzulande nicht viele Menschen regelmäßig an okkulten Praktiken teilzunehmen – offizielle Zahlen dazu gibt es keine, aber dennoch kommt es auch zu tragischen Vorfällen. So wie vor mehr als zwanzig Jahren in Forchheim. Dort hatte der vermeintliche Geist seines verstorbenen Freundes dem 15-jährigen Thomas und dessen 18-jährigen Freund Markus beim Gläserrücken erzählt, wie süß das Sterben sei. Woraufhin sich die beiden Jugendlichen mit Auspuffgasen das Leben nahmen. Der geplante Selbstmord zweier weiterer Mitglieder der Clique konnte nur durch Zufall verhindert werden.

Kein Spuk im Stuttgarter Altbau

So dramatisch geht unsere Sitzung zum Glück nicht zu Ende. „Wie war die Erfahrung für euch?“, fragt Teresa in die Runde, während ich das Licht einschalte. „Enttäuschend“, sagt mein Freund Alex. Nachdem uns fast vierzig Minuten kein Geist geantwortet hat, haben wir die Séance beendet. Und ich fühle mich darin bestätigt, dass es keine Geister gibt. Dabei war ich wirklich offen dafür, mich vom Gegenteil überzeugen zu lassen. „Kurz hatte ich wirklich das Gefühl, das Glas hätte sich bewegt“, sagt Teresa. „Aber als ich die Augen aufgemacht habe, stand es noch an genau derselben Stelle wie vorher.“ Wir schweigen betreten. „Vielleicht lag es am Ort?“, frage ich. Wir wohnen zwar in einem Stuttgarter Altbau – aber das will ja nichts heißen. „Nächstes Mal sollten wir auf den Friedhof gehen“, sagt Teresa. Ich stelle mir vor, wie wir im Kreis um unsere beschrifteten Blätter sitzen und die Vanillekerzen flackernde Schatten an die Grabsteine werfen. Worauf habe ich mich da nur eingelassen?