Hunderttausende US-Polizisten sorgen in den Vereinigten Staaten täglich für das Wohl von Millionen von Menschen. Was aber, wenn sich ein Teil der Bevölkerung gegen ihre Ordnungshüter wendet? Wenn vereinzelte Gruppen plötzlich ganze Bewegungen auslösen und den Polizisten der eigene Staat Steine in den Weg zu legen scheint?
Am 4. Juli wurden im Bundesstaat Arizona sechs US-Polizisten einer Starbucks-Filiale verwiesen, nachdem sich ein Gast durch ihre Anwesenheit unwohl gefühlt hatte. Eine Aktion, die gerade am Unabhängigkeitstag der USA für Unmut innerhalb der Polizeigemeinschaft sorgte. Doch die Themen, mit denen die amerikanische Polizei heutzutage konfrontiert ist, reichen weit über derartige Erlebnisse hinaus. Sie steht unter ständiger Beobachtung, manche Bürger scheinen sie misstrauischer anzusehen als die Verbrecher, die sie verhaften. Bis zu einem gewissen Grad scheint diese kritische Auseinandersetzung eine gute Sache zu sein, aber in den Augen mancher US-Polizisten geht dies zu weit. Denn manchmal scheint genau die Gesellschaft, die sie immer wieder in unangenehme Situationen verwickelt, auch diejenige zu sein, die sie am Boden sehen möchte. In einem persönlichen Gespräch mit einem Polizisten aus dem Bundesstaat New York erhalte ich einen Einblick in eine Sichtweise, die sonst weniger thematisiert wird. Weniger, weil sie nicht unkritisch ist. Umso wichtiger ist es mir, an dieser Stelle zu erwähnen, dass es sich bei den folgenden Aussagen nicht um meine persönliche Sichtweise handelt. Ebenso gibt es zu allen Statements auch Gegendarstellungen, die ich jedoch an dieser Stelle nicht näher beleuchten werde.
Hands Up
Während meines Gesprächs mit dem US-Polizisten fällt im Hinblick auf die negative Polizeidarstellung nicht selten auch der Name des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama, der innerhalb vieler Strafverfolgungsbehörden verachtet zu werden scheint. „Er tat alles, um die Spaltung zwischen unseren Gemeinden und der Polizei zu verstärken – und besonders, wenn es sich um einen weißen Offizier und einen Schwarzen Verdächtigen handelte“, so der Polizist. Was 2014 in Ferguson passiert ist, sei das perfekte Beispiel hierfür.
Im August 2014 wurde in Ferguson, Missouri der damals 18-jährige Michael Brown nach tätlichen Übergriffen auf den US-Polizisten Darren Wilson von selbigem erschossen. Es folgten lang anhaltende Unruhen und Demonstrationen gegen etwas, das einige als rassistische Polizeigewalt bezeichneten. Es habe sich jedoch heraus gestellt, dass die Polizei zu diesem Zeitpunkt nichts falsch gemacht hatte. Der Schaden sei bereits angerichtet gewesen. Die so genannten „Hands up, don’t shoot“- und „Black Lives Matter“-Bewegungen sind beide aus Ferguson hervorgegangen und waren, so mein Interviewpartner, die Ursache für mehrere gewaltsame Übergriffe und die Ermordung amerikanischer Polizisten in den darauffolgenden Jahren. Beide Bewegungen beruhen auf der „Hands-up“-Geste, die Obama und sein Generalstaatsanwalt propagiert hätten. Medien zufolge berichtete eine Zeugin des Vorfalls mehrfach darüber, dass Michael Brown bei der Auseinandersetzung mit Wilson die Hände in der Luft gehabt hätte. Diese Aussage wurde jedoch wenige Wochen später wieder revidiert. Die „Hands-up“-Geste hatte sich jedoch bereits als zum Symbol des Protests entwickelt. Auch eine Klage der St. Louis Police Officers Association gegen fünf Spieler der St. Louis Rams, die am nächsten Spieltag mit erhobenen Händen das Spielfeld betraten, wurde zur Empörung einiger Polizisten abgelehnt. Auch fünf Jahre später sehen sich manche US-Polizisten unter den kritischen Blicken der Umherstehenden bei ihren Einsätzen mit dieser Geste konfrontiert.
Ein Zufluchtsort für Straftäter
Ein weiteres Problem, mit dem sich die amerikanischen Strafverfolgungsbehörden fast täglich konfrontiert sähen, sei die illegale Einwanderung und die Hürden innerhalb der sogenannten „Sanctuary States und Cities“. Seit 2015 gälten bereits sieben Staaten als Zufluchtsstaaten für illegale Einwanderer, und die Zahl einzelner Städte steige regelmäßig weiter. Innerhalb dieser Staaten und Städte herrsche eine starke Einschränkung, was die Kooperation mit der Einwanderungsbehörde betrifft. Als Grund wird der Schutz der illegalen Einwanderer, die sich ein friedliches Leben in den Vereinigten Staaten ermöglichen möchten, genannt. Das Konzept sehe jedoch auch vor, dass die Einwanderer nach einem schweren Verbrechen den Kriminalbehörden übergeben werden dürften. Eine Idee, die laut dem New Yorker Polizisten in der Praxis allerdings allzu oft anders aussehe und das Land jedes Jahr mehr als 150 Milliarden Dollar kosten soll.
In der Vergangenheit konnten die Strafverfolgungsbehörden in Grenzgebieten zu Kanada und Mexiko bei Auseinandersetzungen mit mutmaßlich illegalen Einwanderern die Border Patrol, den amerikanischen Grenzschutz, kontaktieren. So auch um den Eriesee, an den der Bundesstaat New York angrenzt. Der Polizist erzählt mir, wie es noch vor wenigen Jahren war: „Der Grenzschutz kam und half uns mit dem mutmaßlich illegalen Einwanderer. Sollte sich herausstellen, dass er sich tatsächlich illegal in den Vereinigten Statten aufhielt, insbesondere, wenn zuvor Anklage gegen ihn erhoben wurde, nahm ihn der Grenzschutzbeamte für eine Abschiebungsanhörung in Gewahrsam.“ Heutzutage sei der amerikanischen Polizei die Kooperation mit der Border Patrol vollständig untersagt. Selbst Personen, die zuvor verhaftet wurden und ihre Strafe absitzen mussten, würden in ihre Gemeinden zurückgebracht, anstatt wie zuvor üblich zur Abschiebung an die Border Patrol übergeben zu werden.
Die Realität sieht anders aus
In vielen Fällen hätten illegale Einwanderer, die nach strafrechtlichen Verurteilungen aus dem Gefängnis entlassen wurden, amerikanische Staatsbürger ermordet. In einem kürzlich untersuchten Fall in Dunkirk, NY wurde ein illegal eingewanderter Mann nach einer fallengelassenen Vergewaltigungsanklage aus dem Gefängnis entlassen, ging anschließend zum Haus des Opfers zurück und vergewaltigte die Frau erneut. Ebenso gab es kürzlich einen Fall im Bundesstaat New Hampshire, bei dem ein mittlerweile legaler Einwanderer mit seinem Auto in eine Gruppe von Motorradfahrern raste und sieben von ihnen tötete. Bevor er seine Aufenthaltsgenehmigung erhalten hatte, hatte er bereits mehrere Anklagen wegen Alkohol- und Drogenmissbrauchs am Steuer. Nach Ansicht der hiesigen Polizei hätten seine früheren Anklagen ihn daran hindern müssen, überhaupt einen Führerschein zu erhalten, und er hätte abgeschoben werden sollen. „So auch jetzt als legaler Einwanderer“, wirft der New Yorker Polizist kleinlaut ein.
Er ist nur ein Beispiel eines US-Polizisten, der sich von seinem eigenen System verraten fühlt. Von der fehlenden finanziellen Unterstützung gar nicht erst angefangen. Dass dabei der ein oder andere seiner Partner mit 250.000 Meilen auf der Anzeige und selbstgekauften Scheibenwischern zu den Einsätzen fahren muss, fällt für ihn hier schon kaum mehr ins Gewicht.
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