Der Beruf des Friseurs hat eine lange Geschichte. Selbst die Römer haben sich schon Gedanken gemacht, was sie mit ihren Haaren machen und wie ihre Frisur aussehen soll. Heute bekommt ein Auszubildender oder eine Auszubildende je nach Ausbildungsjahr und Arbeitsort zwischen 1,50 und 4,00 Euro Stundenlohn. Die Folge: Viele Lehrstellen bleiben frei oder unbesetzt. Wer will und soll diesen Job noch machen?

Zuerst stellen wir fest, dass es sich bei diesem Beruf um einen handwerklichen Beruf handelt. Die Ausbildung dauert in der Regel zwischen zwei bis drei Jahre und wird an einer Berufsschule und einem zuständigen Betrieb durchgeführt. Friseure (auch in der Ausbildung) waschen, schneiden, pflegen, färben und frisieren die Haare ihrer Kunden. Aber sie sind auch gefragte Berater bei anderen Themen rund um die Frisur, Perücke oder das Toupet. Sie beraten die Kunden bei der Auswahl und der Verwendung von Pflegeprodukten und Kosmetika. Friseure lernen auch, wie man eine Inventur durchführt, wie man die Kasse abrechnet und wie ein individueller Behandlungsplan erstellt wird. Nach der Ausbildung stehen Jobs in Friseursalons, Wellnesshotels oder Kosmetiksalons zur Verfügung. Die Ausbildung beschäftigt sich also mit vielen verschiedenen Bereichen und sollte auch dementsprechend entlohnt werden.

Friseur – Das Geld reicht hinten und vorne nicht

Friseurlehrlinge verdienen im ersten Lehrjahr bis zu 450 Euro. Nicht wenige handwerkliche Berufe haben eine Vergütung in dieser Größenordnung, aber laut Ausbildungsreport 2017 ist bei der Qualität der Ausbildung zum Friseur oder zur Friseurin noch viel Luft nach oben. Geht man davon aus, dass ein Lehrling 160 Stunden in einem Monat arbeitet, ist das ein Stundenlohn in der Ausbildung von 2,81 Euro.

Ausbildungsvergütung

Eigene Darstellung: Ausbildungsvergütung

Selbst in einer billigen Wohngegend wird es dann mit der Miete schon schwierig. Laut dem Online-Portal ausbildung.de gibt es immer noch Betriebe, die ihren Auszubildenden deutlich weniger bezahlen als die 450 Euro. In Ostdeutschland sind es nur 308 Euro im ersten Ausbildungsjahr. Es gibt nur ganz wenige Betriebe in Deutschland, die den Tarifvertrag nicht berücksichtigen und den Auszubildenden mehr zahlen. Solche mageren Vergütungen können junge Menschen abschrecken, diese Ausbildung überhaupt anzutreten. Nach der Ausbildung beträgt das durchschnittliche Gehalt zwischen 1300 und 1800 Euro. 

Oft fallen oft Überstunden oder zusätzliche Hilfstätigkeiten an, wie etwa den Laden zu putzen. Diese zusätzlichen Tätigkeiten werden oft nicht bezahlt. Viele Auszubildende finden, dass sie schlechte Ausbildungsbedingungen haben. Fehlende Wissensvermittlung ist nur ein weiterer Punkt von vielen, den Azubis an der Ausbildung zum Friseur häufig kritisieren. Den Gewerkschaften fehlen Kontrollen und Sanktionen gegen Unternehmen, die ihre Nachwuchskräfte nicht ordnungsgemäß behandeln.

Aufgrund der schlechten Bezahlung sind viele angehende Friseure auf einen Nebenjob sowie finanzielle Unterstützung der Familie oder des Staates angewiesen. In dem Blogeintrag „Preiskampf beim Friseur – Der Unterschied zwischen „Luxus und Discount““ wurde das Thema rund um die Ausbeutung der Arbeitskräfte schon angeschnitten. Jetzt kann festgestellt werden, dass dieses Dilemma schon viel früher beginnt. Und zwar bereits in der Ausbildung. In einigen Betrieben müssen Auszubildende den ganzen Tag minderwertige Tätigkeiten ausüben und können erst nach Ladenschluss lernen, wie man Haare schneidet oder färbt.

In der Ausbildung entstehen Schulden

Lena ist 25 Jahre alt und hat ihre Ausbildung schon seit mehr als fünf Jahren hinter sich. Trotzdem zahlt Lena noch heute ihre restlichen Schulden ab, die sich über die Jahre in der Ausbildung angesammelt haben. Sie hatte keine Unterstützung von ihrer Familie und musste alles aus eigener Tasche bezahlen. Das Geld hat hinten und vorne nicht gereicht. Lena erzählt, dass sie nicht geraucht hat, nicht feiern gegangen ist, sehr selten ins Kino mit Freunden gegangen ist und in einem Zimmer für 350 Euro gewohnt hat. Das ist schon relativ günstig. Trotzdem konnte sie nie große Sprünge machen. Sie berichtet, dass sie das letzte Mal vor zehn Jahren mit ihrer Familie im Urlaub war, weil das Geld einfach nicht dafür reicht. Sie beklagt, dass sie schon im ersten Lehrjahr wie eine normale Kraft gearbeitet und nur ein Viertel von dem verdient habe, was die Angestellten erhielten.

Eine Lösung hierfür wäre ein Mindestlohn für Auszubildende, um diese handwerklichen Berufe wieder attraktiv zu gestalten. Ein Problem ist bis jetzt, dass Azubis laut Berufsbildungsgesetz nur „angemessen“ vergütet werden müssen. Angemessen ist aber ein sehr dehnbarer und nur schwer greifbarer Begriff. Laut Carolin Schneider (Kammer-Sprecherin) steigen die Ausbildungsvergütungen stetig an. Die Entlohnung reicht zum Überleben trotz aller Vergütungs-Erhöhungen noch immer nicht aus.

Das Leben nach der Ausbildung

Oft ist die einzige Perspektive, um die Schulden, die sich in der Ausbildung angehäuft haben, abzubauen, die Selbstständigkeit. Denn durch den geringen Verdienst in der Ausbildung und auch im Job danach kann sonst schnell die Armut drohen. Das Problem, nicht genügend Geld zu haben, zieht sich dann bis in das Rentenalter durch. Denn mit dem Durchschnittsverdienst eines angestellten Friseurs und dem derzeitigen Renten-Niveau wird nicht mehr als Grundsicherung übrigbleiben. Das sind 416 Euro und die Miete der Wohnung im Monat.

Wenn die Politik nicht schnellsten solche handwerklichen Berufe und die Ausbildung wieder attraktiv gestaltet, sodass man von diesen Berufen leben kann und sich ein eigenes Leben auch leisten kann, könnte es passieren, dass diese zur Mangelware werden und vielleicht sogar aussterben. Eine grobe Richtung zeichnet sich schon seit zehn Jahren ab. Waren es im Jahr 2007 noch 40.452 Auszubildende, sind es zehn Jahre später nur noch 22.010 Azubis in Deutschland. Es bedarf schnellen Handelns, um Schlimmeres zu vermeiden.

2 Kommentare
  1. Johannes
    Johannes sagte:

    Sehr spannendes Thema: Auf der einen Seite haben es viele Friseursalons wirtschaftlich schwer, auf der anderen Seite sind 1,50 Euro Stundenlohn natürlich unwürdig. In einigen Betrieben könnte es vielleicht helfen, die Ausbildung effizienter und schneller zu gestalten. Dadurch erzielen Azubis einen höheren Umsatz und bekommen Trinkgeld. Hier ein Beispiel:

    https://www.stern.de/tv/lohndumping–warum-manche-friseure-fair-bezahlt-werden-und-andere-nicht-7705776.html

  2. black_sheep
    black_sheep sagte:

    Schätze, dass diese Entwicklung so weiter gehen wird. Friseure wurden vielleicht noch nue reich, aber heute schneiden und färben sich Leute ja zunehmend selber die Haare. Man kann das ein bisschen mit Fotographen vergleichen. In den 50er, 60er Jahren war ein Fotoapparat eben was besonderes. Heute kann jeder mit seinem Smartphone Fotos in Top Qualität machen und Tipps fürs Fotographieren gibt es auch wie Sand am Meer. Friseur und Fotograph werden irgendwann meiner Einschätzung nach vielleicht sogar Nieschenberufe sein. Positiv ist dann vielleicht, dass diese dann so gut sein müssen, dass auch die Preise angehoben werden können und Leute bereit sind für ein wirkliches Kunstwerk auch gutes Geld zu zahlen. Die Chance für Friseure liegt daher viellecht am ehesten nicht auf Standard Angeboten sonder auf extravagantem, dass eben wirklich nicht jeder selbst nachmachen kann.

Kommentare sind deaktiviert.