Einige von uns kennen das: Man träumt von einer wallenden, glänzenden Mähne und wenn man morgens aufsteht, erschrickt man über das Vogelnest, das sich über Nacht auf dem Kopf gebildet hat. Dann beginnt man verzweifelt, mit Wasser, Schaumfestiger, Anti-Frizz-Mitteln oder, wer es lieber natürlicher mag, mit Kokosöl etc. gegen den Frizz anzukämpfen. Nur um nach einigen Minuten entnervt aufzugeben und wieder einmal mit der Notlösung – einem Dutt – aus dem Haus zu gehen.
Meine Geschichte
So ging es mir viele Jahre lang. Als Kind hatte ich lange, wellige Haare mit glatter Struktur. Mit etwa elf Jahren bekam ich die grandiose Idee, mir die Haare auf Schulterlänge abschneiden zu lassen. Und damit fing es an. Die Klassenfotos der ersten Jahre auf dem Gymnasium zeigen klar nachvollziehbar, wie meine Haare von glatt über eine Frisur wie Emma Watson als Hermine-Granger-im-ersten-Harry-Potter-Film zu – nennen wir es mal hauptsächlich lockig – wurden. Hauptsächlich lockig deshalb, weil meine Locken grundsätzlich nur direkt nach dem Waschen gut aussahen. Und auch nur, wenn ich sie nicht zu kurz aber auch nicht zu lange im Handtuch gelassen habe, den perfekten Moment abpasste, um den Schaumfestiger aufzutragen und sie danach bloß nicht mehr anfasste oder sie irgendeiner Art von Reibung aussetzte. Von Föhnen mal ganz zu schweigen. Das Ganze hielt dann maximal bis zum nächsten Tag, wenn ich mit dem bekannten Vogelnest wieder aufwachte.
Der Kampf mit dem Frizz
Ich habe jahrelang wirklich alles versucht. Ich habe alles an Anti-Frizz-Produkten durch, was die Beauty-Industrie zu bieten hat. Zusätzlich habe ich mit einem Dutt geschlafen, mit einem Zopf, mit zwei Zöpfen oder im Sitzen. Ich habe den perfekten Moment abgepasst, um die Pflegemittel aufzutragen und ihn ebenso oft verpasst. Und ich habe Kokos-Shampoo mit echten Stückchen, Anti-Frizz-Spülungen, Lovely-and-Smooth-Hair-Spray und Perfectly-Shiny-Hair-Balm benutzt. Alles ohne Erfolg. Das Vogelnest war jeden Morgen zuverlässig wieder da. Wenn die Haarwurzel gekrümmt ist, kann man eben nichts machen (siehe Blog-Beitrag zum Thema Haarstrukturen).
Was sind eigentlich „schöne“ Locken?
Ich möchte Locken keineswegs verteufeln. Die ganzen Hilfsmittel wie Lockenstäbe und -wickler, Papilotten oder Salz-Sprays für die perfekten Beach-Waves gibt es ja deshalb, weil sich viele Menschen Locken wünschen. Und ganz ehrlich, genau solche Haare wünsche ich mir ja auch. Das Problem ist nur, dass diese Produkte für Menschen mit glatten Haaren entwickelt worden sind. Und die haben keine Probleme mit dem Frizz, der bei Menschen mit Naturlocken meist automatisch entsteht.
Manchmal – meistens direkt nach dem Haarewaschen – schaue ich in den Spiegel und denke mir: Eigentlich kann ich ja froh sein, solche Haare zu haben, für die andere stundenlang mit dem Lockenstab hantieren müssen. Aber dann gehe ich raus in den Regen, ziehe mich um oder schlafe eine Nacht (im Liegen) – und schon hat sich das mit den „schönen“ Locken erledigt.
Auch die Reaktionen auf meine Haare waren schon immer sehr unterschiedlich: „Du hast doch so schöne Locken“ oder „andere brauchen Stunden dafür, um so auszusehen“, war die Meinung mancher. Aber auch das Gegenteil war der Fall. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der Kommentar eines Klassenkameraden. Dieser erklärte mir nach dem Schwimmunterricht: „Deine Haare sehen ja schon ein bisschen so aus, als hättest du in die Steckdose gefasst.“ Manchmal habe ich das Gefühl, die Menschen verstehen nicht ganz, wie viel Mühe man sich geben muss, um frizz-freie Locken hinzukriegen.
Und der Grad zwischen „schönen“ Locken und einer Frisur wie ein aufgeplatzes Sofakissen ist ziemlich schmal und manchmal nur eine Nachtruhe voneinander entfernt. Nun könnte man ja sagen, es ist egal, was die anderen denken. Es kommt darauf an, dass ich mich gut fühle. Aber gerade in der Pubertät, wenn man sich ohnehin nicht so ganz sicher ist, wie man eigentlich aussehen soll oder will, können einen Kommentare wie der meines Klassenkameraden schon mal verunsichern.
Die Not-Lösung
Vielleicht hängt mein Wunsch nach glatten Haaren damit zusammen, dass man ja angeblich nie mit dem zufrieden ist, was man hat. Aber eigentlich wollte ich ja gar keine glatten Haare, ich wollte doch nur kein Vogelnest mehr! Immer wieder ließ ich meine Haare natürlich, manchmal auch um den Frizz-Hassern zu zeigen, dass mir ihre Meinung nicht wichtig war. Aber nach einiger Zeit stellte ich fest, dass ich mich durch diese Trotzhaltung auch nicht besser fühlte. Also beschloss ich für mich, dass ich mich mit glatten Haaren wohler fühlte und fing an, meine Haare regelmäßig zu glätten.
Obwohl ich mich damit weitaus wohler fühlte, tat das dauerhafte Glätten den Haaren natürlich nicht gut. Länger als bis kurz über die Schultern konnte ich sie nicht wachsen lassen, weil sie an den Spitzen immer abbrachen. Außerdem nahm es ziemlich viel Zeit in Anspruch und – andere Menschen mit Locken kennen das: man kann nie „mal eben schnell Haare waschen“. Nein, bei Locken-Trägern will jede Haarwäsche sorgfältig geplant sein.
Also begann ich mich nach einigen Jahren, nach dauerhaften Glättungsmethoden umzusehen. Eine chemische Glättung kam nicht in Frage. Schließlich wollte ich meine Haare ja eigentlich wachsen lassen und ich wusste, wie schädlich die Chemikalien sind. Während meines Au-Pair-Jahres in London nach dem Abitur stieß ich dann zufällig auf eine neue Methode, die ich seitdem zweimal angewandt habe: mit zunächst ernüchternden, dann aber sehr zufriedenstellenden Ergebnissen.
In meinem nächsten Beitrag werde ich euch Näheres über meine persönliche Lösung für frizz-freie Haare erzählen…
Hat mir Spaß gemacht, diesen Beitrag zu lesen! Sehr amüsant beschrieben mit dem „Vogelnest“ und dem „Schlafen im Sitzen“. Freue mich auch als Nicht-Lockenträgerin auf Teil 2 😉
Das Problem kenne ich nur zu gut! Bis heute habe ich immer noch keine richtig gute Lösung für das Vogelnestproblem gefunden – als Vietnamesin ist es ziemlich ungewöhnlich lockige Haare zu haben, und niemand kann einem wirklich Ratschläge geben, weil Locken und Haartexturen so verschieden sind. Ich freue mich schon zu lesen, was deine Lösungen so sind!