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Schlaf und Traum hängen biologisch gesehen eng zusammen. Doch während wir nachts friedlich schlummern und der Körper nahezu regungslos daliegt, arbeitet das Gehirn mehr, als wir je zu träumen wagten. Warum die REM-Phase dabei eine entscheidende Rolle spielt, erklären wir euch im folgenden Beitrag.

Bei Menschen unterscheidet man zwischen fünf Schlafstadien, wie im Werk Biologische Psychologie von Rainer Schandry erläutert wird. Dabei werden vier als sogenannte Non-REM Stadien und die fünfte als REM-Stadium bezeichnet. Das erste ist das Wachstadium, also das Stadium, in dem wir uns unmittelbar vor dem Einschlafen befinden. Stadium eins umfasst schließlich eine gewisse Übergangsphase zwischen dem Wachzustand und unserem Schlaf. Dabei schaltet der Körper zunehmend in den Ruhemodus. Beim Schlafen verbringen wir die meiste Zeit in Stadium zwei, welches man als sogenanntes Leichtschlafstadium bezeichnet. Die Schlafstadien drei und vier, die auch als Slow Wave Sleep bekannt sind, stehen schließlich für den mittleren bis Tiefschlaf.

Der Mensch durchläuft fünf Schlafstadien, bei denen das REM-Stadium hier rot dargestellt ist und Stadium eins ähnelt.

Wann träumen wir genau?

Ein wichtiges Schlafstadium in Bezug auf unsere Träume ist das fünfte, sogenannte REM-Stadium, auch REM-Schlaf genannt. Die Abkürzung REM steht für Rapid Eye Movement, da in der Forschung, während des menschlichen Schlafes untypische, schnelle Augenbewegungen festgestellt wurden. Eine dabei registrierte Gehirnaktivität ist sonst nur im Wachzustand üblich. Aus wissenschaftlichen Beobachtungen in den 1950er Jahren ging schließlich hervor, dass unsere Träume meistens im REM-Stadium ablaufen.

John P. J. Pinel und Paul Pauli schreiben in ihrem Lehrbuch Biopsychologie, dass der REM-Schlaf im Jahr 1953 von dem Schlafforscher Nathaniel Kleitman und seinem Studenten Eugene Aserinsky entdeckt wurde. 80 Prozent der aus dem REM-Schlaf geweckten Proband*innen berichteten anschließend von einem Traum. Währenddessen waren es beim Aufwecken aus dem Non-REM Stadium gerade mal sieben Prozent.

Bis wir einmal alle Schlafstadien durchlaufen haben, vergehen nach dem Lehrbuch Biopsychologie von Thomas Köhler wiederum circa 90 Minuten. Danach geht der gleiche Zyklus wieder von vorne los – und das ungefähr fünfmal pro Nacht. Dabei nehmen die Tiefschlafstadien zunehmend ab, während der Anteil an REM-Schlaf zunimmt. Übrigens findet der REM-Schlaf nicht ausschließlich beim Menschen, sondern auch bei Säugetieren jeder Art statt. Neben dem Non-REM Schlaf und unserem Wachzustand wird der REM-Schlaf als dritter Bewusstseinszustand betitelt.

Was zeichnet den REM-Schlaf aus?

Als auffälliges, körperliches Merkmal gilt, laut Schandry, im REM-Stadium die schnelle Augenbewegung. Diese kann man aber nicht kontinuierlich beobachten, sondern sie treten in gewissen Schüben auf, den sogenannten REM-Bursts. Grob entspricht das ein bis vier Rollbewegungen der Augen pro Sekunde, welche sich auch unter geschlossenen Augenlidern erkennen lassen. Diese sind doch nicht zwingend mit dem jeweiligen Trauminhalt in Verbindung zu bringen. Die erhöhten Genitaldurchblutungen, die ebenfalls typisch für den REM-Schlaf sind, lassen sich auf eine zunehmende Durchblutung zurückführen. Ein weiteres Merkmal dieses Schlafstadiums ist die muskuläre Inaktivierung. Die Muskeln werden dabei deswegen so gehemmt, um das intensive Ausleben des Traums nicht durch unkontrollierte Bewegungen zu unterbrechen.

Der REM-Schlaf wird auch oft als paradoxer Schlaf bezeichnet, da er einerseits dem Wachzustand eines Menschen sehr ähnelt, es andererseits jedoch schwer ist, jemanden aus diesem Schlafstadium aufzuwecken. In der Schlafforschung würde man sagen, dass die Weckschwelle sehr hoch ist, also ein sehr starker Reiz ausgelöst werden muss, um eine schlafende Person daraus zu wecken. Der REM-Schlaf macht in einer herkömmlichen Nacht bei einem erwachsenen Menschen ca. 20 Prozent dessen Schlafes aus. Um zwischen Non-REM und dem REM-Stadium zu wechseln, finden in unserem Gehirn einige komplexe Vorgänge statt, an denen verschiedene Neuronen und Zellen beteiligt sind.

Die Theorien von Freud und Hobson

Der amerikanische Professor für Psychiatrie, Allan Hobson, erklärt den Zusammenhang zwischen dem REM-Stadium und dem bevorzugten Auftreten von Träumen folgendermaßen: Träume seien das Endprodukt mehrerer inkohärenter, also zusammenhangsloser, Informationen aus verschiedenen Hirnregionen. Dabei versuchten die Assoziationsregionen, also die Bereiche der Hirnrinde, die zur Informationsverarbeitung von Sinneseindrücken zuständig sind, sozusagen ‚das Beste daraus zu machen‘, nämlich unseren Traum.

Aus Sigmund Freuds Traumtheorie haben sich viele Menschen die Meinung gebildet, dass Träume unsere versteckten Wünsche und Gedanken wiedergeben. Ein weiterer Ansatz aus dem Werk Biopsychologie von Pinel und Pauli, der sich hingegen spezifischer auf den REM-Schlaf bezieht, ist die Aktivierungs-Synthese-Theorie von Hobson aus dem Jahre 1989. Diese besagt, dass während des REM-Schlafs unserem Cortex, also unserer äußeren Schicht des Großhirns, beliebige Informationen zukommen. Diese werden versucht in etwas Sinnvolles umzuwandeln, was dann unseren Traum ergibt.

Im Vergleich zu Freud, bei dem der Fokus eher auf unterdrückten Gedanken liegt, ergibt sich bei Hobsons Theorie die Bedeutung unserer Träume also daraus, was unser Gehirn, neben den zufälligen Informationen, mit gespeicherten Erinnerungen verbindet.

Die wichtigsten Erkenntnisse auf einen Blick

Aus dem Zusammenhang zwischen dem REM-Stadium und Träumen haben sich viele Annahmen entwickelt, die empirisch überprüft wurden. Beispielsweise vertreten viele Menschen die Ansicht, dass Träume von äußeren Reizen beeinflusst werden können. Der Versuch der Schlafforscher Dement und Wolpert 1958 zeigte, dass von 33 Personen, die sie während des REM-Schlafs mit Wasser bespritzten, 14 nach dem Aufwachen von tropfendem Wasser oder ähnlichem in ihrem Traum berichteten.

Dass jeder Mensch träumt, hat die Traumforschung bereits herausgefunden, wie aus unserem Interview mit Michael Schredl hervorging. Bei Personen, die dennoch behaupten, sie würden nicht träumen, konnten bei Untersuchungen jedoch ebenfalls Traumberichte während des REM-Stadiums festgestellt werden. Dass Schlafwandeln und Sprechen im Schlaf hingegen mit unseren Träumen zusammenhängen, wie vielleicht viele denken, ist nicht der Fall. Im Gegenteil – beides tritt während der REM-Phase am wenigsten auf, sondern eher im Schlafstadium 4 und somit im Tiefschlaf.

Falls bei euch also bald der nächste Traum folgt, denkt daran: Es ist sehr wahrscheinlich, dass ihr euch dabei in dem REM-Stadium befunden habt und euer Gehirn versucht, für euch etwas Sinnvolles zusammenzureimen.

Titelbild: © Pixabay

 

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Kopf mit bunter Wolke Träume

 

Warum träumen wir eigentlich? Und was beeinflusst unsere Träume? Komplexe Fragen wie diese werden aus verschiedenen Sichtweisen wie etwa der Psychologie, Philosophie oder Biologie unterschiedlich beantwortet. Auch Jan Born, Schlaf- und Gedächtnisforscher, beschäftigt sich seit Jahren mit diesem Themengebiet. Ob Träumen wirklich einen Sinn macht, dazu hat der 63-Jährige aus neurowissenschaftlicher Sicht eine recht nüchterne Einschätzung.

Laut Psycholog*innen oder Philosoph*innen verarbeiten wir in Träumen unseren Alltag. Je nach Trauminhalt zeigen also unterschiedliche Traumsymbole eine Verbindung zur Realität. Auch Jan Born studierte einst Psychologie und kennt diese Perspektive. Heute beschäftigt sich der Tübinger Professor jedoch mit der neurowissenschaftlichen Sicht aufs Träumen. Als Schlaf- und Gedächtnisforscher untersucht er, wie eigentlich unser Schlaf, unsere Träume und unser Gedächtnis zusammenhängen. Aber auch die Neurowissenschaften haben ihre Grenzen das Phänomen ‚Träumen‘ zu erklären, so Born.

Herr Born, wie erfassen Sie als Schlafforscher Träume? 

Für den Gedächtnis- und Schlafforscher Jan Born sind Träume eine Begleiterscheinung im Schlaf. © Jan Born.

Träume in der Forschung werden immer über Traumberichte, also Berichte über Träume erhoben. Wir können nicht direkt erkennen, ob jemand im Schlaf träumt oder nicht träumt. Der Ansatz in den Naturwissenschaften ist, dass man die Probanden schlafen lässt, sie während der Nacht weckt und  fragt, ob oder was ihnen in den Momenten durch den Kopf gegangen ist, bevor sie geweckt wurden. Dann geben sie einen Bericht über ihre Träume ab. Das Wichtige ist, dass der Traum, wenn er als Traumbericht erforscht wird, immer ein ‚erinnerter Traum‘ ist. Wie andere Erinnerungen trügen können, kann auch der erinnerte Traum trügen. Er muss nicht unbedingt das widerspiegeln, was tatsächlich in der Schlafphase vor der Weckung subjektiv erlebt wurde. Man muss auch als Naturwissenschaftler skeptisch bleiben, ob das, was da erzählt wird, als Traumbericht überhaupt etwas davon abbildet, was während des Schlafens stattfindet. Es ist ein erinnerter Traum und mit Erinnerung hat man auch das Gefühl, das ist etwas, das in der Zeit zurückliegt. Was macht also dann dieses subjektive Gefühl einer Erinnerung aus? Hier gibt es nach wie vor große Zweifel bei der Auswertung der Traumberichte.

Wie wertet man dann diese subjektiven Traumberichte aus?

Ich arbeite tatsächlich momentan gemeinsam mit Computerlinguisten an einem Projekt, bei dem es um die Objektivierbarkeit von Traumberichten geht. Inwiefern also Traumberichte objektiv bewertet werden können, weil es ja eigentlich subjektive Berichte sind. Ergebnisse haben wir noch keine, wir sind noch in der Forschung.

Träume hängen auch immer von den unterschiedlichen Schlafphasen ab. Können Sie als Schlafforscher diese Phasen kurz erläutern?

Im Grunde genommen gibt es zwei Kern-Schlafphasen. Zum einen den Tiefschlaf, auch Delta-Schlaf genannt oder im Englischen ‚Slow-Waves-Sleep‘, weil er so langsame Wellen hat im EEG (Elektroenzephalografie, Anm. d. Red.). Dann gibt es zum anderen den ‚Rapid-Eye-Movement‘-, abgekürzt REM-Schlaf, auch Paradoxer Schlaf genannt und von Laien auch häufig gleichgesetzt mit dem Traumschlaf.

„Der REM-Schlaf produziert eher die bizarren Träume.“

Unterscheiden sich die Träume je nach Schlafphase?

Man bekommt Traumberichte sowohl bei Weckungen aus dem REM-Schlaf als auch aus dem Non-REM- oder Delta-Schlaf. Nur unterscheiden sich die Traumberichte in Zahl und Inhalt. In Zahl daher, dass bei Weckungen aus dem Tiefschlaf die meisten Versuchspersonen sagen werden: „Ich habe nichts geträumt“. Im REM-Schlaf, da kann man ziemlich sicher davon ausgehen, dass sie sagen, sie haben gerade etwas geträumt. Dann ist der Inhalt unterschiedlich. Weckungen aus dem Non-REM-Schlaf sind eher an kognitive, gedankenartige Träume gebunden, während der REM-Schlaf eher die bizarren Träume produziert.

Was passiert aus Ihrer Forschungssicht im Gehirn, während wir träumen?

Vieles spricht dafür, dass der Traumbericht, also das, was Menschen von ihren Träumen erzählen, im Moment des Aufwachens in kürzester Zeit generiert wird und das dann der Rest, also die Story, die daraus entsteht, ein konfabulierender Akt des erwachenden, sich erinnernden Gehirns ist.

Sie meinen also, die Menschen erfinden den Rest der Geschichte?

Mit dieser Theorie stehe ich eher am Rand der Traumforschung, außer bei den Neurowissenschaftlern, die sich damit beschäftigen. Die Leute ohne Vorwissen würden geradewegs Träume mit REM-Schlaf im Wesentlichen assoziieren, aber das geht meiner Meinung nach zu weit und stimmt aus meiner neurowissenschaftlichen Sichtweise nicht ganz.

Nun zur Verbindung Ihres Spezialgebiets, dem Schlafen und dem Träumen. Gibt es einen Zusammenhang zwischen unserer Schlafqualität und unseren Träumen?

Im Grunde genommen ist da schon ein Zusammenhang. Es gibt Arbeiten, die zeigen, dass Leute vermehrt von Träumen in Phasen gegen Ende der Nacht berichten, wenn sie während der REM-Schlafphasen häufiger wach werden, also schlechter schlafen. Dieses kurze Aufwachen versetzt das Gehirn in einen Zustand, in dem Traumerlebnisse so gespeichert werden, dass es sich am nächsten Morgen noch daran erinnert. Deshalb würde ich einen schlechteren Schlaf mit häufigerem Aufwachen und daher mit erhöhtem Erinnern verbinden. Aber umgekehrt würde man sagen, dass Alpträume, aus denen man aufwacht, verbunden sind mit einer Verschlechterung der Schlafqualität, weil die Leute Probleme haben wieder einzuschlafen. Auch wenn jemand schlechter schläft bei etwa Absetzphänomenen von Schlafmitteln, kann das mit schlechten Träumen zusammenhängen.

„Träumen ist einfach ein sinnloses Nebenprodukt der Gehirnaktivität.“

Abschließend eine sehr komplexe Frage: Warum träumen wir eigentlich?

Da gibt’s keine Antwort. Ich sehe das als Epiphänomen. Träumen ist einfach ein sinnloses Nebenprodukt der Gehirnaktivität. Das liegt daran, dass man im Wachzustand ständig Bewusstsein generiert und wenn man aufwacht, dann ist die Aktivität des Gehirns ziemlich chaotisch. Aber es gibt Instanzen im Gehirn, die einen dazu zwingen, Episoden zu konstruieren und alles in Raum und Zeit zu bringen. Das Gehirn versucht dann diese residuale Aktivität, die da irgendwo rumschwirrt in den Netzwerken in so eine Art raum- und zeitepisodische Sequenz hineinzukriegen und das ist der Traumbericht.

„Wir würden auch gut durch die Welt kommen, wenn wir nicht träumen würden.“

Warum ist Träumen ein „sinnloses Nebenprodukt“?

Naja, es geht hier mehr um die Funktion des Träumens. Aus biologischer Sicht gibt es keine Funktion des Träumens. Wir würden auch gut durch die Welt kommen, wenn wir nicht träumen würden. Aber das ist genau die Frage, die die Neurowissenschaft beschäftigt, nämlich die Frage des Bewusstseins. Als Neurowissenschaftler muss man da konsequent sein, denn das Bewusstsein als solches hat keine Funktion. Es hat für einen Philosophen eine Funktion in dem Sinne, wenn er über den freien Willen und die freie Entscheidung nachdenkt, dann braucht er Bewusstsein, in dem der freie Wille lokalisiert ist. Das braucht der Neurowissenschaftler nicht. Für den entsteht Bewusstsein und auch Traumbewusstsein immer als Folge einer neuronalen Aktivität. Aber man kann jetzt nicht sagen, dass der neurowissenschaftliche Ansatz empirischer ist, der hat seine Grenzen. Deshalb kann man die Frage, warum wir ein Bewusstseinsphänomen brauchen, neurowissenschaftlich nicht beantworten.

Vielen Dank, Herr Born, für das Gespräch!

 

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