Was haben Kirchenfenster mit Wein zu tun? “Eine Menge!” sagen eingefleischte Weinkenner, denn Wein hinterlässt einzigartige Spuren. Wo manche sofort an gerötete Wangen und ein warmes Wohlgefühl in der Bauchregion denken, suchen andere nach vermeintlich nebensächlichen Flecken am Glas, die Rückschlüsse auf die Beschaffenheit des Getränks zulassen. Was sogenannte “Kirchenfenster” in Gläsern zu suchen haben und was sie bedeuten, erfahrt ihr in diesem Artikel. Weiterlesen
Beiträge
Die Kommunikation mit dem Jenseits fasziniert die Menschheit seit jeher. Geisterbeschwörung ist auch heute noch ein beliebtes Thema – ob auf YouTube oder Pyjama-Partys. Doch welche Arten von Geisterbeschwörung gibt es eigentlich und wie funktionieren sie richtig? Eine Do-it-yourself Anleitung zu drei der beliebtesten Varianten mit Gruselgarantie.
Gläserrücken leicht gemacht
Das Gläserrücken gehört zu den bekanntesten Methoden, einen Geist zu rufen. Oft verwenden Laien diese Technik, da sie relativ einfach auszuführen ist. Für diese Art der Geisterbeschwörung benötigt man nur ein DIN-A3-Blatt und ein umgedrehtes Glas. Das Blatt ist mit den Buchstaben A-Z und den Zahlen 0-9 beschriftet. Außerdem gibt es die Antwortfelder „Ja“ und „Nein“. Ein Glas befindet sich umgedreht in der Mitte des Blattes.
Alle Teilnehmer*innen der Geisterbeschwörung entscheiden sich für einen Spruch, mit dessen Hilfe sie den Geist rufen wollen, und legen die Fingerkuppe ihres rechten Zeigefingers auf das Glas. Im Chor wird der Spruch aufgesagt.
Der Geist sollte sich idealerweise zurückmelden. Die Beschwörer*innen fragen anschließend nach, ob es sich um einen guten Geist handelt. Rückt das Glas auf das Antwortfeld „Nein“, bittet man ihn höflich, wieder zu gehen. Wenn der Geist die Aussage bejaht, beginnt man mit der Fragerunde. Ganz wichtig dabei ist, den Geist immer höflich zu behandeln. Ihn zu verspotten oder zu ärgern, könnte böse Folgen für die Teilnehmer*innen der Beschwörung haben.
„Bloody Mary“ beschwören
Eine weitere recht bekannte Technik, um einen Geist zu beschwören, nennt sich „Bloody Mary“. Diese Art der Beschwörung geht auf die Legende von Mary Worth zurück, die angeblich während des 17. Jahrhunderts in Massachusetts in den USA gelebt haben soll. Ihr Gesicht sei entstellt gewesen. Aus diesem Grund hänselten sie die Kinder aus der Nachbarschaft. Es gibt aber auch noch zahlreiche andere Legenden um den Geist. Eine besagt, sie wäre Maria I. Tudor, die im 16. Jahrhundert Königin von England und Irland war. Sie ließ zahlreiche Protestant*innen hinrichten und hatte daher den Spitznamen „Bloody Mary“. Bereits seit dem 19. Jahrhundert und noch bis heute gilt es als Mutprobe, diesen Geist heraufzubeschwören.
Um die „Bloody Mary“ zu rufen, gibt es ein ganz einfaches Ritual. Dabei muss der/die Beschwörer*in sich vor einen Spiegel stellen. Der Raum, in welchem sich der Spiegel befindet, muss vollkommen abgedunkelt sein. Nur einige Kerzen sollten für Licht sorgen. Es gibt sehr unterschiedliche Vorgehensweisen. Die bekannteste besagt, dass man in den Spiegel schauen und dreimal den Namen „Bloody Mary“ wiederholen muss. Es gibt aber auch andere Anleitungen. Zum Beispiel, dass man in einem Art Singsang dreizehn Mal den Namen „Bloody Mary“ wiederholen soll. Hier ist es den Beschwörer*innen freigestellt, welche Variante er/sie wählt. Er/sie kann auch mehrere Varianten ausprobieren, um den gewünschten Effekt zu erzielen.
Was passiert nach der Beschwörung der „Bloody Mary“? Hier gehen die Meinungen stark auseinander. Es heißt, statt seinem eigenen Gesicht sehe man das einer jungen Frau, der Blut über das Gesicht läuft. Das ist noch die harmloseste Variante. Andere berichten von einer Hand, die aus dem Spiegel kommt und den/die Beschwörer*in würgt. Es gibt auch Schilderungen von Kratzern am ganzen Körper. Diese Variante der Geisterbeschwörung ist etwas für Mutige. Da der/die Beschwörer*in sich alleine in einem abgedunkelten Raum aufhält, ist der Gruselfaktor garantiert.
„Charlie, Charlie, bist du hier?“
Die dritte Methode zur Geisterbeschwörung hat einen Netztrend ausgelöst. Dabei riefen Social-Media-Nutzer*innen den Geist Charlie, um ihm Fragen zu stellen und filmten sich dabei. Anschließend veröffentlichten sie die Videos auf ihren Social-Media-Kanälen. Dies nennt sich dann die „Charlie Charlie-Challenge“. Ursprünglich kommt das Spiel aus dem Spanischen und heißt „Juego de la Lapicera“ (Bleistiftspiel). In diesem Spiel geht es zunächst nicht um Geisterbeschwörung. Mädchen im Teenageralter nutzen es, um herauszufinden welche Jungen in sie verliebt sind. Erst seit dem Film „The Gallows“ wird das Spiel auch als Geisterbeschwörungstechnik verwendet. In diesem geht es um einen Geist namens Charlie, der eine Gruppe Schüler*innen terrorisiert. Eine Marketing-Aktion für diesen Film ging viral, und so entstand die Anleitung für die „Charlie Charlie-Challenge“.
Genau wie bei „Bloody Mary“ kann der/die Beschwörer*in nur einen bestimmten Geist rufen, nämlich Charlie. Er kam angeblich vor 20 Jahren bei einem tragischen Autounfall ums Leben. Im Gegensatz zur „Bloody Mary“ soll es sich um einen guten Geist handeln. Um diesen zu beschwören, ist nicht viel Aufwand gefordert. Es braucht lediglich ein Blatt Papier und zwei Bleistifte. Das Blatt wird doppelt mit „Ja“ und „Nein“ beschriftet. Man legt dann zwei Bleistifte überkreuzt auf das Blatt. Daraufhin stellt der/die Beschwörer*in die Frage: „Charlie, Charlie, bist du hier?“. Der Bleistift sollte sich dann von selbst bewegen und auf das Antwortfeld „Ja“ deuten. Jetzt ist der Geist von Charlie anwesend und kann Fragen beantworten. Meist führen Gruppen diese Technik der Geisterbeschwörung durch und sie ist eher ein lustiger Zeitvertreib. Gruselstimmung kann zwar aufkommen, jedoch vermutlich weit weniger als bei der Beschwörung der bösen „Bloody Mary“.
Im nachfolgenden YouTube-Video hat der Betreiber des Kanals „GeisterGlauber“ die „Charlie Charlie-Challenge“ ausprobiert. Er stellt Charlie Fragen und bekommt tatsächlich Antworten durch den Bleistift, der auf „Ja“ oder „Nein“ deutet. Auf YouTube gibt es sehr viele solcher Selbstversuch-Videos, die sich alle auf die „Charlie Charlie-Challenge“ beziehen.
Ob diese Praktiken tatsächlich einen Geist rufen können oder auf wissenschaftlich erklärbaren Phänomenen beruhen, ist fraglich. Es muss jeder für sich entscheiden, wieviel er dem Glauben schenken möchte. Für ein wenig Gruselstimmung und einen Adrenalinkick ist aber auf jeden Fall gesorgt.
Lassen sich Geister wirklich beschwören oder täuschen uns die eigenen Sinne? Unsere Reporterin hat es beim Gläserrücken ausprobiert. Ein Selbsttest bis zur Schmerzgrenze mit hohen Erwartungen und Vanilleduft.
Ich schalte das Licht aus. Wir sitzen zu dritt im Halbdunkeln um den Tisch im Wohnzimmer unserer Wohngemeinschaft. Darauf liegt ein Kreis aus mit Buchstaben und Zahlen beschrifteter Blätter, in der Mitte stehen ein Glas und zwei weiße Kerzen. Die Kerzen sollen böse Geister fernhalten und verströmen einen aufdringlichen Vanilleduft. Wir legen alle unseren Zeigefinger auf das Glas, dann beginnen wir mit der Séance. „Großer Geist, wir rufen dich“, sagen wir im Chor – und ich muss mir ein Lachen verkneifen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen Geist beim Gläserrücken zur rufen. Das hat meine Mitbewohnerin Teresa erzählt. Sie ist die Einzige von uns, die schon an solchen Sitzungen teilgenommen hat. Nachdem sich der Geist durch ein Zeichen bemerkbar gemacht hat, sollen wir ihm Fragen stellen. Alles ist erlaubt, nur die Zukunft ist Tabu. Durch das Glas soll sich der Geist uns mitteilen. Denn dieses soll sich nach einer Weile scheinbar von selbst bewegen und erst langsam, später teilweise rasant zu den Blättern rücken. Diese sind mit allen Buchstaben des Alphabets, den Zahlen von 0 bis 10 sowie ja und nein beschriftet. Der auf diese Weise entstandene Text wird als Mitteilung des gerufenen Geistes gedeutet und von einem Teilnehmer oder einer Teilnehmerin der Séance protokolliert.
„Bist du da?“
Uns antwortet der Geist vorerst nicht. Wir wiederholen in kurzen Abständen unseren Satz und fragen danach: „Bist du da?“ Aber das Glas bewegt sich nicht. „Vielleicht sollten wir einen anderen Spruch ausprobieren?“, frage ich nach einer Weile. Teresa zuckt mit den Schultern und geht googeln. Unsere Handys haben wir nämlich alle aus dem Zimmer verbannt. Die Signale könnten den Geist stören, habe ich nachgelesen. Deshalb kann ich die Séance auch nicht aufnehmen, was mich als Journalistin ein bisschen stört. Denn ein kurzes Video von uns um den Wohnzimmertisch mit geschlossenen Augen im Kerzenschein wäre bestimmt gar nicht schlecht.
Trotzdem gibt es online etliche Videos von Séancen, die alle angeblich keine Fälschungen sein sollen. Einmal fliegt das Glas plötzlich in die Luft und zerspringt an der Zimmerdecke, ein anderes Mal bewegt es sich, obwohl die beiden jungen Männer ihre Finger zurückgezogen haben. Bei einem Selbstversuch Darmstädter Journalismusstudenten erscheint ein 36-jähriger Geist aus Calw namens Hoep. Ganz ernst kann ich das alles nicht nehmen.
Gläserrücken soll Zugang zu Verborgenem schaffen
Es gab und wird immer Phänomene geben, die Menschen nicht erklären können. Das sei aber laut dem Verein „Sekten-Info Nordrhein-Westfalen“ schwer zu akzeptieren. Wenn Menschen mit Logik oder Wissenschaft nicht weiterkämen, versuchten sie diese Phänomene anders zu deuten. Eine Möglichkeit dafür sind okkulte Praktiken – zu denen neben Kartenlegen, Pendeln oder Astrologie auch Gläserrücken zählt. Das lateinische Wort „okkult“ bedeutet „verborgen“. Okkulte Praktiken sollen demnach Zugang zu diesem Verborgenen schaffen und es begreifbar machen. Gläserrücken gehört zu den beliebtesten gemeinschaftlich betriebenen okkulten Praktiken. Denn es erfordert wenig Aufwand und alle benötigten Gegenstände sind leicht zu beschaffen oder selbst herzustellen. In der Regel werden Séancen nachts durchgeführt – vor allem auch zur Geisterstunde.
Vielleicht hätten wir doch auf Nummer sicher gehen und bis Mitternacht mit unserer Sitzung warten sollen. Seit mehr als zwanzig Minuten rufen wir abwechselnd nach dem großen Geist und fragen, ob jemand mit uns sprechen möchte. Bisher möchte das niemand. Obwohl mein ausgestreckter Arm langsam zu schmerzen anfängt, fühle ich mich sehr entspannt – fast wie im Yoga, wenn wir immer wieder dasselbe Mantra wiederholen. Dennoch frage ich mich, was wir falsch machen. Wir haben einen zweiten Spruch ausprobiert, haben inzwischen die Augen geschlossen und den Tisch gewechselt, weil darin Metall verbaut ist. Eigentlich machen wir alles richtig. Nur durch die Stimmen aus dem Nachbarzimmer könnte sich der Geist jetzt noch gestört fühlen. Meine andere Mitbewohnerin schaut eine Serie. Sie hatte uns von Anfang an für verrückt erklärt. „Ihr spinnt doch“, sagte sie, als ich ihr das erste Mal von unserer geplanten Séance erzählte. Das funktioniere nicht, sei alles wissenschaftlich bewiesen.
Eine wissenschaftliche Erklärung gibt es tatsächlich. Demnach entsteht die Bewegung des Glases durch den so genannten Carpenter-Effekt, den der englische Physiologe William Benjamin Carpenter erstmals 1852 beschrieb. Bei diesem wird durch Gedanken oder Vorstellungen eine Bewegung ausgelöst – wenn beispielsweise beim Autofahren der Beifahrer eine imaginäre Bremse tritt, weil ihm der Fahrer zu schnell fährt. Die Bewegung des Beifahrers resultiert aus dem Wunsch, das Auto zu bremsen. „Während des Gläserrückens baut sich eine ähnliche Erwartungshaltung auf: Funktioniert es oder funktioniert es nicht?“, so der Neurologe Tim von Oertzen im MDR. „Jeder will eigentlich, dass es funktioniert – weil man es ja gerne erfahren möchte.“ Die Wünsche, Hoffnungen oder Ängste der Teilnehmer können zu Muskelkontraktionen führen, die das Glas bewegen. „Es ist nicht so, dass jemand aktiv das Glas schiebt, aber unbewusst werden Bewegungen auf das Glas übertragen“, erklärt von Oertzen. Gläserrücken werde deshalb auch durch die bewusste oder unterbewusste Zielvorstellung der beteiligten Personen beeinflusst. Wenn die Teilnehmer*innen demnach eine positive Einstellung haben, erhalten sie eher ein positives Resultat; sind sie negativ eingestellt fällt dieses eher negativ aus.
„Wir hatten nach der Sitzung solche Angst“
Teresa hat als 13-Jährige bereits an einer erfolgreichen Séance mit Freundinnen teilgenommen. Damals hat sich tatsächlich ein Geist bemerkbar gemacht – zumindest vermutet sie das. Ganz sicher ist sie sich nicht. „Es kann immer jemand dabei sein, der sich einen Spaß daraus macht und das Glas absichtlich verrückt“, sagt sie. „Trotzdem hatten wir nach der Sitzung solche Angst, dass wir lieber bei meiner Freundin übernachtet haben, statt nach Hause zu fahren.“
Es gibt in Deutschland mehrere Beratungsstellen der Bundesländer, Kirchen oder Polizei, die über Okkultismus aufklären. Zwar scheinen hierzulande nicht viele Menschen regelmäßig an okkulten Praktiken teilzunehmen – offizielle Zahlen dazu gibt es keine, aber dennoch kommt es auch zu tragischen Vorfällen. So wie vor mehr als zwanzig Jahren in Forchheim. Dort hatte der vermeintliche Geist seines verstorbenen Freundes dem 15-jährigen Thomas und dessen 18-jährigen Freund Markus beim Gläserrücken erzählt, wie süß das Sterben sei. Woraufhin sich die beiden Jugendlichen mit Auspuffgasen das Leben nahmen. Der geplante Selbstmord zweier weiterer Mitglieder der Clique konnte nur durch Zufall verhindert werden.
Kein Spuk im Stuttgarter Altbau
So dramatisch geht unsere Sitzung zum Glück nicht zu Ende. „Wie war die Erfahrung für euch?“, fragt Teresa in die Runde, während ich das Licht einschalte. „Enttäuschend“, sagt mein Freund Alex. Nachdem uns fast vierzig Minuten kein Geist geantwortet hat, haben wir die Séance beendet. Und ich fühle mich darin bestätigt, dass es keine Geister gibt. Dabei war ich wirklich offen dafür, mich vom Gegenteil überzeugen zu lassen. „Kurz hatte ich wirklich das Gefühl, das Glas hätte sich bewegt“, sagt Teresa. „Aber als ich die Augen aufgemacht habe, stand es noch an genau derselben Stelle wie vorher.“ Wir schweigen betreten. „Vielleicht lag es am Ort?“, frage ich. Wir wohnen zwar in einem Stuttgarter Altbau – aber das will ja nichts heißen. „Nächstes Mal sollten wir auf den Friedhof gehen“, sagt Teresa. Ich stelle mir vor, wie wir im Kreis um unsere beschrifteten Blätter sitzen und die Vanillekerzen flackernde Schatten an die Grabsteine werfen. Worauf habe ich mich da nur eingelassen?