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Der Kamerasucher ist im Laufe der Jahre durch den Einzug digitaler Displays immer weiter in Vergessenheit geraten. Dabei beeinflusst dieses „kleine Fenster“ entscheidend die Art und Weise, wie wir fotografieren. Doch was genau macht der Wechsel in die analoge Welt mit uns? Ich habe den Selbstversuch gewagt und mit zwei unterschiedlichen Kameras Tübingen erkundet.

Am Anfang meines Selbstversuchs stand ich vor der schwierigen Entscheidung, die „richtige“ Kamera auszuwählen. Denn die Fotografie blickt bereits auf eine weitreichende Geschichte zurück. Um einen möglichst differenzierten Vergleich zwischen der analogen und digitalen Welt zu erhalten, wollte ich eine Kamera aus den Anfängen der Fotografie benutzen. Doch wie sahen Kameras früher eigentlich aus? Sollte ich eine Camera Obscura nehmen, wie sie bei der Geburtsstunde der Fotografie am 19. August 1839 in Paris vorgestellt worden war? Oder eine Plattenkamera, deren Besonderheit es ist zum Fotografieren eine Fotoplatte aus Glas als Trägermaterial der lichtempfindlichen Schicht zu nutzen? Allerdings war bei diesen Kameras nicht nur das Gewicht störend, sondern auch die Handhabung. Erst mit der Erfindung des Rollfilms 1889 folgte eine Erleichterung, da nicht für jedes Bild eine neue Platte in die Kamera eingelegt werden musste.

Vom Suchen und Finden der richtigen Kamera

Viele Kameras der damaligen Zeit sind heute nur noch als Dekorationsobjekte zu gebrauchen. Meistens fehlen Ersatzteile, es gibt keine Filmrollen mehr oder die Linse ist mit der Zeit blind geworden. Da ich nach einer umfassenden Internet-Recherche und etlichen YouTube-Videos nicht wirklich schlauer wurde, führte mich mein Weg zum Fotogeschäft „Foto Walter“ in Tübingen. Schon vor meiner Recherche zu diesem Blog-Artikel hatte ich immer wieder ein Auge auf die nostalgischen Kameras in deren Schaufenster geworfen. Deswegen hoffte ich, dass mir dort bei der Auswahl der richtigen Kamera besser geholfen werden kann.

Dort wurde mir schnell klar, dass sich eine Foto-Tour durch Tübingen z.B. mit einer Plattenkamera als eine der ältesten Kameras nicht wirklich anbieten würde. Denn neben dem erheblichen Gewicht und dem damit verbundenen schwierigen Transport hätte ich auch Probleme mit der Belichtung und der späteren Entwicklung der Glasplatte bekommen. An diesem Punkt sah ich meinen Selbstversuch schon scheitern, da ich das Gefühl hatte, keinen realistischen Eindruck der früheren Fotografie zu bekommen, wenn ich nicht die „älteste“ Kamera dafür nutzen kann. Vor meinem inneren Auge zog sich ein riesiger Vorhang vor das Fenster, aus dem ich mich schon durch Tübingen, mit einer Plattenkamera habe, laufen sehen. Aber es sollte doch alles anders kommen als zunächst gedacht…

Fenster auf für die „HAPO 10 6×9“

Ich musste mich innerlich von meinem Selbstversuch mit der Plattenkamera verabschieden. Allerdings war diese Kamera-Art glücklicherweise nicht die einzige Kamera aus der damaligen Zeit mit einem analogen Sucher. Für meinen Selbstversuch – einen Stadtrundgang durch Tübingen und dabei verschiedene Motive fotografieren – wurde mir von einem Mitarbeiter des Fotogeschäfts die „HAPO 10 6×9“ empfohlen – eine Zweibild-Rollfilm-Kamera aus dem Jahre 1934. Das Besondere dieser Kamera ist die Zweiformat-Ausrichtung. Es können wahlweise auf dem Rollfilm entweder 8 Bilder 6×9 oder 16 Bilder im Format 4,5×6 aufgenommen werden. Zudem muss man durch den Sucher „von oben“ hineinschauen, um das gewünschte Motiv zu sehen und die Kamera entsprechend auszurichten. Dies fand ich für meinen Selbstversuch direkt spannend.

Denn durch einen Blick von oben nach unten kann sich auch viel an der Wahrnehmung der Realität ändern. Zeitgenössische Kameras zeigen uns im Display selbst das Bild, während wir es machen. Wir haben auch den direkten Vergleich, wir können beides wahrnehmen. Bei älteren Kameras müssen wir erst in einen Apparat blicken, um das „Bild“ zu sehen. Manchmal sogar noch um die Ecke und dann noch nicht mal das Bild, sondern eben nur die „Vorschau“ durch den Sucher. Zudem ist die Rollfilm-Kamera um einiges leichter als eine Plattenkamera und eignet sich für Außenaufnahmen so am besten. Aus diesem Grund entschied ich mich für diese Kamera mit Blick durch das Fenster von oben und einer Filmrolle im Format 6×9.

Die Rollfilm-Kamera „HAPO 10 6×9“, die für den Selbstversuch verwendet wurde.

Back to the Roots – in eine spiegelverkehrte Realität

Bevor ich mich endlich auf meine Foto-Tour durch Tübingen begeben konnte, musste ich mich zuerst an die veraltete Technik gewöhnen. Denn viele Errungenschaften der heutigen Kamera-Technik gab es zur damaligen Zeit einfach nicht. Das Einstellen der Blende und der Belichtungszeit hatte mir noch weniger Kopfzerbrechen bereitet, da ich das auch schon von digitalen Kameras her kannte. Das Einstellen der Schärfe stellte mich vor größere Probleme, zumal ich keine der Einstellungen optisch überprüfen konnte. Ich musste in mich und meine Fähigkeiten als gute Fotografin vertrauen. Oder einfach glauben, dass ich alle Einstellungen richtig gewählt hat. Auch der Sucher stellte keine Orientierungshilfe dar, da er losgelöst von der Technik im Inneren, einfach am Gehäuse befestigt wurde. Zudem sieht man durch den Sucher den Motivausschnitt spiegelverkehrt. Darüber war ich am meisten verblüfft.

Denn von digitalen Kameras war ich es gewohnt, dass ich das Motiv so fotografiere, wie ich es tatsächlich gerade vor mir sehe. Nun die Herausforderung zu haben im Kopf „umzudenken“, wie das tatsächliche Bild aussehen wird, war spannend und erschreckend zugleich. Spannend, weil ich so eine echte Herausforderung als Hobby-Fotografin hatte und erschreckend, weil ich direkt dachte „das wird doch nie etwas“. Die ersten Versuche, ein bestimmtes Motiv anzuvisieren, stellten sich auch als sehr frustrierend heraus. Nie sah ich durch den Sucher mein gewünschtes Motiv. Vor meinen Augen eröffnete sich ein Fenster zu einer winzigen Realität von etwas, das ich nicht genau bestimmen konnte.

Der Ausblick durch dieses „Fenster“ erinnerte mich an diese kleinen „Klick-Fernseher“, mit denen ich als Kind gespielt habe. Durch eine kleine Fensteröffnung in diesen Fernsehern sah man ein Bild. Betätigte man einen Knopf am unteren Rand, erschiehn ein neues Bild. Alles war nur sehr undeutlich zu erkennen und man konnte die Bilder nur erahnen. Also ganz genauso, wie ich es auch in diesem Moment mit meiner Rollfilmkamera gefühlt habe.

Und am Ende – bleibt die Aussicht auf ein gutes Foto?

Meine Foto-Tour durch Tübingen führte mich vorbei an der Stiftskirche, der Alten Aula, dem Rathaus und der berühmten Stadtaussicht auf Tübingen vom Neckar aus. Ich versuchte jeweils das Motiv mit der Rollfilmkamera aufzunehmen und danach das Bild mit einer digitalen Kamera nachzustellen. Eine Aufgabe, die mich stellenweise an meine Grenzen brachte. Denn den genau gleichen Blick auf die Realität zu erschaffen, war fast unmöglich. Zumal ich bei der analogen Kamera eh erst nach der Entwicklung des Films gesehen habe, ob ich mein gewünschtes Motiv getroffen habe.

Als ich dann die fertigen Bilder in den Händen hielt, ist mir direkt aufgefallen, wie sehr sich mein Blickwinkel und damit mein Fenster zur Realität während des Fotografierens verändert hat. Die analogen Bilder sind optisch viel näher am Geschehen dran. Manchmal zeigen sie nur Elemente der ursprünglichen Motiv-Idee. Beispielsweise wollte ich das Gebäude der alten Aula mit der analogen Kamera fotografieren. Aber habe letztendlich nur das mittlere Fenster mit dem Balkon getroffen. Dasselbe passierte mir mit dem Rathaus in Tübingen. Statt einer Totalaufnahme des Gebäudes ist auf der Fotografie nur die Rathausturmuhr zu sehen. Es wirkt im Nachhinein auf mich wie eine Art Fokus. Ein Fokus auf die Dinge, die vielleicht ansonsten für mich untergegangen wären, weil ich eher dazu neige, Gebäude in ihrer Totalen zu fotografieren.

Der Blick durch den analogen Sucher ist wie eine Reise zurück zu den Anfängen der Fotografie: ein Fenster zur Vergangenheit und gleichzeitig eine Form der Entschleunigung. Denn statt viele Aufnahmen zu machen, konzentrierte ich mich mehr auf die Motivsuche. Ich hatte auch nur wenige Chancen, ein gutes Bild zu machen (um genau zu sein 8 Chancen). Jedes Motiv musste sitzen, wenn ich auf den Auslöser drückte. Ich habe diesen Ausflug in die Vergangenheit trotz allem sehr genossen. Sicherlich werde ich auch ein weiteres Mal mit der Kamera durch Tübingen streifen. Auch wenn es am Anfang sehr anstrengend war, so bin ich überaus froh mich dieser Herausforderung gestellt zu haben, denn so habe ich eine neue Perspektive auf die Realität erhalten. Mein Fenster zur Vergangenheit ist nun offen und deins? 

 

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© für alle Bilder: Dorinne Schnabel

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Kurze Einleitung

Gespenster in der Fotografie ist ein sehr facettenreiches Thema. Dieser Beitrag wird mehrere Aspekte dahinter beleuchten und die direkten und indirekten Verbindungen zu Geistlichkeit aufzeigen. Fotografie macht nichts anderes, als Momente einzufrieren. Aber: Sind diese real? Und vor allem – wie werden sie genutzt?  Ist Fotografie ein Weg, um die Existenz von Gespenstern zu beweisen oder ist sie gar selbst ein Gespenst ?

Ich weiß nicht, wann genau meine persönliche Geschichte mit Fotografie anfing. Ich habe auf jeden Fall zum 10. Geburtstag eine kleine Kodak Camera von meinem Onkel bekommen. Ich habe sehr viele Fotos gemacht. Irgendwann wurde es ein Hobby. Mit 15 habe ich mir meine Spiegelreflex-Camera gekauft und an verschiedenen Foto-Kursen teilgenommen. Ich finde, dass Fotografie eine Art der Kunst ist, die oft unterschätzt wird. Als ich angefangen habe, den Begriff der Fotografie in Verknüpfung mit „Gespenster“ zu stellen, war ich selbst überrascht, wie viele Aspekte dieser Art ich nie wahrgenommen habe. Deswegen will ich in diesem Beitrag mehrere Gespenster der Fotografie vorstellen.

Ich will euch die von mir gefundenen Geister zeigen und hoffe, dass jeder hier auch etwas interessantes findet. Ihr werdet etwas Foto-Technik kennen lernen, da ich euch zeigen werde, wie man Gespenster „fotografieren“ und auch fälschen kann, falls man keine findet. ? Danach komme ich zur Geschichte hinter bestimmten Geister-Aufnahmen.

Nach dem Teil zur Analog-Fotografie und Fototechnik allgemien, werde ich etwas mehr zu einem bestimmten Philosophen erzählen. Ich werde euch ein Foto-Projekt vorstellen, das ich besonders interessant finde und mehr über Fotografie in Verknüpfung mit Zeit schreiben. Und über unsere Zeiten. In jedem dieser Themen wird es dabei spucken!

Etwas Technik am Anfang

Bildquelle: Solci aboutme, flickr.com

Die meisten wissen, wie eine Kamera funktioniert. Man hat ein Gerät und man soll den Knopf drücken. Dann die SD Karte in den Laptop reinstecken und Abrakadabra – alle Fotos sind da! In diesem Beitrag will ich das jedoch etwas komplexer vorstellen und werde auch ab und zu einfache Beschreibungen der technischen Seite der Fotografie vorstellen.  Es ist interessant und es wird auch das Verständnis der weiteren Teile des Textes erleichtern.

Objekte, die wir fotografieren reflektieren Licht. Das bedeutet, dass Licht zum Beispiel auf Menschen fällt und von diesen gespiegelt wird. Das Objektiv der Kamera fängt diese Lichtstrahlen ein. In dem Objektiv befindet sich eine kleine Öffnung (Blende), die eigentlich immer geschlossen ist. Sie öffnet sich nur ganz kurz beim Drücken auf den Auslöser (den magischen Knopf). Je nachdem,wie dunkel oder hell es ist, öffnet sich die Blende mehr und für länger oder kürzer. Wenn wir ein Foto an einem sonnigen Tag machen, wird es überbelichtet, wenn die Blende zu lange offen bleibt. Anders herum, wenn man z.B. ein Nacht-Panorama machen will, braucht man ein Stativ, da man eine längere Beleuchtungszeit braucht und  die Aufnahme verschwommen sein könnte, wenn die Kamera nicht perfekt stabil bleibt.

In Digitalkameras werden die Fotos anders aufgenommen und gespeichert, was aber für diesen Beitrag irrelevant ist. Es ist wichtig die Funktion der Kamera zu verstehen. Auf dem Film in der Analog- Kamera befindet sich eine lichtempfindliche Schicht, die sich verändert, nachdem Licht auf sie fällt. Das Bild wird dann auf den Film „gebrannt“ und man muss den Film weiterspulen, damit die selbe stelle nicht doppelt belichtet wird. Wenn der Film voll ist, muss man ihn zurückspulen.

Die daraus entstehenden Negative müssen dann noch in einer Dunkelkammer entwickelt werden. Ein schwarz-weiß Film wird im Dunklen in eine Entwicklerdose gespult. Eine Filmentwickler-Flüssigkeit wird eingegossen und in einer Dose über 8 Minuten bewegt (schon im Tageslicht). Weiter wird es mit Wasser gespült. Dann wieder Chemie und Wasser.

Danach sollte man aber das Foto noch vergrößern, um einen Ausdruck zu erhalten. Man braucht Papier (es gibt unzählige Sorten von Druckpapier und jede gibt dem Bild einen anderen Effekt) und einen Vergrößerer. Ein Negativ wird  eingelegt und mit einer sehr starken Lampe durchleuchtet. Dieses Bild wird nun mittels einem Objektiv auf ein lichtempfindliches Papier projiziert. Das Licht wird regelmäßig auf die ganze Fläche des Papiers geworfen. Mehr Informationen zu diesen Thema findet Ihr auf der Seite Analoge Fotografie.

Karolina Hess, Reutlingen 2017

 

Wo liegt das Problem?

Vor ungefähr  fünf Jahren war ich bei einer Freundin zum Besuch. Es war Sommer und wir haben mit „Pumba“ – ihrer neuen, jedoch gleichzeitig „alten“ Analogkamera Fotos gemacht und sie am nächsten Tag ins Labor gebracht. Wir haben beide fast einen Herzinfarkt bekommen, als wir uns die Ausdrucke angeschaut haben. Da gab es ein Portrait von mir, das aussah, wie wenn ein anderes, fast durchsichtbares Wesen vor mir stehen würde. Seine Augen waren am besten sichtbar. Nach 3 Sekunden haben wir bemerkt, das es die Oma von meiner Freundin war. Sie hat nach der Foto Aufnahme nicht weitergespult und dieselbe Stelle wurde zweimal belichtet. So entstand mein eigenes Gespenster-Foto.

Wenn ein bloßer Zufall so einen Effekt haben kann – wie stark können wir dann die Realität manipulieren, wenn wir es darauf anlegen? Digitale Fotos geben heute eigentlich unendliche Möglichkeiten. Eine leichte Farbänderung kann aus einer sonniger Landschaft eine Horror-Szene machen. Es ist kein Problem, eine Person auszublenden und ein weißes Wesen daraus zu machen. Wenn man sich mit Programen zur Fotobearbeitung auskennt, bleibt eigentlich nur die Kreativität eine Grenze.

Die Sache stellt sich jedoch anders im Falle der Analog-Fotografie dar.  Es wäre möglich, beim vergrößern des Bildes aus einer Person ein weißes Wesen zu machen (obwohl der Prozess kompliziert wäre), aber eigentlich sind die Fälschungsmöglichkeiten sehr beschränkt.

Fotografie gilt als eine Möglichkeit, die Zeit einzufrieren. Jedes Foto ist subjektiv, da es auch die Vorstellung des Autoren bezüglich eines Bildes zeigt. Bis heute dient die Fotografie immer noch der Aufzeichnung von Fakten. Was auf einem Foto aufgenommen wurde, sollte auch in dem Moment der Aufnahme tatsächlich da gewesen sein. Mit solchen Behauptungen ist es kein Wunder, dass fotografierte Gespenster und Geister als einer der stärksten Beweise für paranormale Aktivitäten und Objekte gehandelt werden. Vor allem, wenn die Fälschung nicht bewiesen werden kann.

Gespenster in der Analog-Kamera

Combermere-Foto, Combermere Abbey 1981, Bildquelle: chetansharma1774, flickr.com

Heute haben wir schon ein sehr großes Verständnis der Analog-Fotografie. Wir können Phänomene erklären, die kurz nach der Erfindung der ersten Kamera ein Rätsel waren. In der Geschichte wurden ein paar Bilder aufgenommen, deren genaue Entstehung bis jetzt ein Geheimnis bleibt. So wurden z.B. die Fotos der „Braunen Dame“ im Jahr 1936  oder das Gespenst von Newby Church in 1963 aufgenommen. Die meisten finden, dass Bilder keine realen Gespenster zeigen können – da sie nicht existieren. Man kann jedoch nicht beweisen, dass die Fotos eine Fälschung sind. Eines der interessantesten Beispiele bleibt das Foto von Lord Combermere, das schon 1891 gemacht wurde.

Lord Combermere war ein britischer Landesherr, der im Jahre 1891 von einem Pferdewagen erfasst wurde und starb. Das Foto wurde in der Combermere Residenz in Cheshire in England während Combermeres Begräbnis aufgenommen, das 4 Meilen vom Unglücksort entfernt stattfand. Der Autor des Fotos Sybell Corbet hat in der Bibliothek, die man auf der Aufnahme sehen kann, die Kamera mit einer Stunde Belichtungszeit angelassen.

Vorhin habe ich schon die Spezifika der Analog-Fotografie vorgestellt. Kameras aus dem 19. Jahrhundert sind allerdings noch nicht ganz so ausgereift gewesen wie die oben beschriebenen Verfahren. Sie brauchten viel längere Beleuchtungszeit, und das auch bei Tagaufnahmen. Diese kann man jedoch immer manipulieren. Kennt Ihr Bilder, wo Gebäude sehr scharf aufgenommen wird, aber andere Objekte wie Autos verschwommen sind? Einen solchen Effekt kriegt man bei einer langen Beleuchtungszeit. Der Blitz ist zu langsam, um ein Objekt zu fotografieren, das sich bewegt (zumindest scharf). Das Objekt bleibt auf dieser Fotografie – auch wenn man es eben nicht ganz scharf sehen kann.

Der Fotograf kam also nach einer Stunde zurück. In der linken Ecke des Bildes kann man auf der fertig entwickelten Fotografie plötzlich eine Figur sehen. Wie die meisten behaupten – jene von Lord Combermere. Theoretisch wäre es bei  einer Stunde Belichtung möglich, dass eine Person sich einfach kurz hingesetzt hat und dann gegangen ist. Genügend Menschen waren auf jeden Fall auf dem Gelände unterwegs während die Aufnahme entstanden ist. Alle Bewohner waren sich jedoch sicher, dass das Haus während der Zeremonie leer war.  Außerdem, obwohl der Fotograf meinte, dass er ein Stativ benutzt habe, scheint das Foto verwackelt zu sein. Jemand musste also die Kamera zumindest angerempelt haben.  Falls es eine Fälschung gewesen ist, war sie für das Jahr 1891 sehr überzeugend.

Der Geist der Zeit

Ich finde die Bedeutung der Fotografie ist eng mit der besprochenen Technik verbunden. Ein Foto ist immer subjektiv. Wir sehen einen Moment mit den Augen des Fotografen*in an, genau so wie er/sie es uns zeigen wollte. In diesem Sinne ist Fotografie also keine Verfälschung der Realität, sondern eine personalisierte Aufnahme eines Moments. Aus der Perspektive der Technik gesehen oder nicht, bleibt Fotografie eng mit der Zeit verknüpft.

Sehr viele sehen Fotografie als eine Technik, die es uns erlaubt, ein Stück Vergangenheit zu bewahren. Was wir sehen ist auch das, woran wir glauben. Im Vergleich zu anderen Medien scheint Fotografie hier der Gewinner zu sein. Zeit wird hier zum Gespenst, das manchmal unerwartet auftaucht, um uns an die Vergangenheit zu erinnern.  Ich finde es bis heute beeindruckend, dass ich mir nicht vorstellen muss, wie meine Großeltern aussahen, als sie in meinem Alter waren, sondern dies auf Fotos tatsächlich sehen kann. Ich hole auch oft Gespenster aus meiner eigenen Vergangenheit aus meinem Fotoalbum. Ich schaue mir manchmal meine eigene Fotos an, die ich vor mehreren Jahren aufgenommen habe und die mich an Momente erinnern, die ich schon längst vergessen habe. Dann fange ich an, neue Elemente in diesen Bildern zu entdecken, auf die ich bei der Aufnahme gar nicht geachtet habe. Bedrucktes Papier enthält eigentlich nichts weiter als Farbe, als Fotografie jedoch wird aus diesen Farben eine bestimmte Sicht auf eine Ansicht. Fotografie wird so zu einem Portal zur Vergangenheit, die wiederum selbst ab und zu wie ein Gespenst auf einem Ausdruck auftaucht.

Man kann auch in der Fotografie eigene Geister suchen und in denen nach Inspiration suchen. Hiroshi Sugimoto, ein berühmter japanischer Fotograf, hat ein Foto-Projekt gemacht, das sehr gut das Phänomen der Fotografie vorstellt. Er hat in verschiedenen Kino-Sälen auf der ganzen Welt fotografiert. Dabei hat er die Kamera ans Ende eines Saals hingestellt, sodass man fast den ganzen Raum sehen konnte. Die Beleuchtungszeit entsprach der Länge des Filmes, der gerade gespielt wurde. Der Effekt: eine Serie von wunderschönen Fotos von verschiedenen Kino-Sälen mit gäznlich weißer Leinwand in der Mitte. Nur war die Leinwand während der Aufnahme gar nicht wirklich weiß. Die vollständige Information, die im Film enthalten ist, wurde fotografiert.  Ein unsichtbarer Film für immer in einem Foto eingefangen.

Immer, wenn ich über Fotografie nachdenke, habe ich den Geist der Zeit in meinem Kopf. Wie viel Zeit wurde eigentlich auf einem Foto aufgenommen und an wie viel Zeit erinnern uns bestimmte Bilder?

Das Gespenst der Realität

Es wird Zeit, die Frage zu stellen, in der es um einen breiteren Aspekt der  Realitätsfälschung geht. Wer „1984“ von George Orwell gelesen hat oder „Matrix“ von den Wachowskisgesehen hat weiß,  dass wir vielleicht in einer verfälschten, manipulierten Realität leben. Oder in einer Nicht-Realität. Die Simulation unserer Welt scheint immer wieder ein Thema zu sein. In Matrix sehen wir eine komplett künstliche Welt. Bei Orwell eine durch Indoktrination manipulierte Welt und gebrochene Gesellschaft. Und wir sehen Bilder.

Fotografie gibt uns so viele Möglichkeiten, die Zeit einzufrieren, Momente zu behalten und die Welt anders zu malen. Wie weit ingerieren wir sie in unsere Wahrnehmung der Welt? Wenn wir davon ausgehen, dass eine Fotografie die Existenz eines Gespenstes oder Geistes beweisen kann, wo wird unser Blick auf die Welt noch verfälscht? Das was wir auf Fotos sehen wird wahrgenommen und oft auch aufgenommen. Nur was bleibt dann wahr, wenn alles was wir sehen können meistens Bilder sind, die jemand für uns vorbereitet hat?

Foto-Aufnahmen sind zum Gespenst unserer Gesellschaft geworden. Genau so wie in der Dunkelkammer, wo sich der Fotograf aussucht, welche seiner Aufnahmen er entwickelt, so werden auch größere Bilder durch Medien gefiltert. Hinter der Kamera steht immer jemand, der uns ein bestimmtes Foto zeigen will. Wir glauben den Bildern. Man kann doch nur Reales Fotografieren. Aber genau so wie man einen Geist in ein Foto einbauen und einen unsichtbaren Film fotografieren kann, so lässt sich auch viel Irreales dazuschreiben.

Diese Blick wird nicht besser, wenn man über gezielte Manipulation nachdenkt. Es ist eine persönliche Entscheidung, ob man an die Gespenster aus den Fotos glaubt oder nicht. Manche von ihnen waren bestimmt gefälscht. Durch Fälschung kann man Fotografie nutzen, um Gesellschaften zu manipulieren. Fotografie ist auch ein Geist unseres Alltags. Wir laufen neben einer Kamera ohne zu wissen, dass wir gerade aufgenommen werden. Unser Benehmen wird in Geschäften aufgezeichnet und abgespeichert, um die „Customer-Experience“ zu messen, in Museen werden wir die ganze Zeit beobachtet. An wie vielen Fotos lauft ihr eigentlich jeden Tag vorbei? Werbungen und Bilder sind heutzutage auf jeden Fall ein Geist, den man schon lange nicht mehr bemerkt. Und er taucht ab und zu in unserem Bewusstsein auf – nur der Interessanteste gewinnt unsere Aufmerksamkeit. Lustration und Datenaufnahme wachsen durch Fotografie und Bilder zur  einem sehr mächtigen Geist.

 

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