Eine volle Haarpracht gilt nicht nur als Schönheitsideal, sie wird gleichzeitig mit Vitalität und Attraktivität assoziiert. Nicht selten kommt es bei Frauen wie Männern jedoch zum Haarausfall, der die Lebensqualität der Betroffenen beeinträchtigt und sich negativ auf das Selbstbewusstsein auswirkt. Oftmals erscheint eine Haartransplantation als letzte Möglichkeit, die kahlen Stellen am Kopf erfolgreich zu bekämpfen. Doch welche Methoden und Techniken werden heutzutage praktiziert? Welche Risiken birgt eine Haartransplantation und wie sieht es eigentlich mit den Kosten aus?
Der medizinische Fachausdruck für krankhaften Haarausfall lautet Alopezie. Frauen wie Männer sind vom Haarausfall betroffen, Männer leiden jedoch viel häufiger darunter. So tritt die androgenetische Alopezie, also der erblich bedingte Haarausfall, bei rund 80 Prozent der deutschen Männer auf, bei Frauen hingegen sind es nur 20 bis 30 Prozent. Neben der erblichen Veranlagung gibt es noch weitere Ursachen, die zum Haarausfall oder Ausdünnen der Haare führen können:
- Probleme mit der Schilddrüse (Unterfunktion und Überfunktion)
- Haarausfall durch bestimmte Medikamente
- Haarverlust durch ungesunde Lebensweise: Stress, falsche Ernährung, Rauchen, zu wenig Schlaf
- Insbesondere bei Frauen: Haarausfall in der Menopause (Umschwung des Hormonhaushalts), Einnahme oder Absetzen der Antibabypille, Haarausfall während und nach der Schwangerschaft
Doch warum sind insbesondere Männer so stark vom Haarausfall betroffen? Schuld ist in den meisten Fällen das männliche Sexualhormon Testosteron bzw. eines seiner Abbauprodukte namens Dihydrotestosteron (DHT). Dieses verkürzt die Wachstumsphase der Haare in der Kopfhaut und lässt die Haarwurzeln, auch Follikel genannt, absterben. Follikel am Hinterkopf hingegen scheinen relativ immun gegen DHT zu sein. Oft kann man beobachten, dass Männer ihr komplettes Haar am Oberkopf verloren haben, der Haarkranz am Hinterkopf aber weiterhin kräftig wächst. Aus diesem Grund eignet sich insbesondere dieses Areal für eine Haartransplantation, da die Region dicht mit Haaren besiedelt ist und die Follikel regelmäßig nachwachsen.
Die Haartransplantation verhilft zu neuer Haarpracht
Da der Leidensdruck der Betroffenen oftmals sehr hoch ist und viele Mittel zur Bekämpfung des Haarausfalls nicht das gewünschte Ergebnis erzielen, entscheiden sich viele Leidtragende für einen operativen Eingriff. Bei einer Haartransplantation werden vorhandene Haare an eine Stelle mit wenig oder keinem Haar verpflanzt. Laut dem 2017 veröffentlichten Jahresbericht des Verbandes Deutscher Haarchirurgen e.V. Berlin (VDHC) wurden im Jahr 2016 weltweit etwa 600.000 Haartransplantationen durchgeführt, davon circa 80.000 in Europa. Vorzugsweise unterziehen sich Männer der operativen Haarverpflanzung: 85 % der Patienten waren männlich, nur 15 % weiblich. Seit der ersten Haartransplantation im Jahr 1952 in den USA von Dr. Norman Orentreich wurden die Methoden sowie Techniken kontinuierlich optimiert, um ein natürlich wirkendes Resultat zu erzielen.
Methoden der Haartransplantation
Für die Verpflanzung der Haare an eine andere Position gibt es mehrere Möglichkeiten. Ziel dabei ist eine möglichst narbenfreie Transplantation. Hier ein Überblick der Methoden, die aktuell am häufigsten praktiziert werden:
- Micrograft-Methode (MMG)
Auch als Streifenmethode bekannt, da ein behaarter Hautstreifen vom Geber-Bereich, meist vom Hinterkopf, entnommen wird. Anschließend wird der Streifen in Micrografts, also in kleine Haarfollikel-Einheiten mit zwei bis vier Haaren, aufgeteilt. Danach werden die Grafts an den kahlen Stellen verpflanzt.
- Follicular Unit Transplantation (FUT)
Bei dieser Methode wird ebenfalls ein Haar- bzw. Hautstreifen von einer behaarten Körperstelle entnommen. Dieser Hautlappen ist circa 10 bis 20 cm lang und 1 bis 2 cm breit. Im Gegensatz zur Micrograft-Methode werden die Hautstreifen mit einem Mikroskop in einzelne Follikulare zergliedert. Anschließend werden die Follikulare in die entsprechenden Stellen eingesetzt. Im Vorfeld werden dazu sogenannte Empfangslöcher gebohrt.
- Follicular Unit Extraction (FUE)
Diese Art der Haarverpflanzung zählt zu den modernsten Methoden. Hier werden mithilfe einer sehr dünnen Hohlnadel schonend einzelne follikuläre Einheiten (bestehend aus einer bis vier einzelnen Haarwurzeln) aus dem Geber-Bereich entnommen und danach an den gewünschten Stellen eingesetzt. Den Ablauf einer Transplantation mit FUE-Methode gibt es hier zu sehen (Achtung! Nichts für schwache Nerven):
Risiken einer Haartransplantation
Wie jeder operative Eingriff birgt auch die Haartransplantations-Operation Risiken. Es können Infektionen der Haut auftreten sowie ein länger anhaltendes Taubheitsgefühl im Behandlungsgebiet. Zudem können sich Wunden entzünden und dadurch Narben auf der Kopfhaut bilden. Außerdem kann es passieren, dass Follikel abgestoßen werden und das Nachwachsen der Haare dadurch ausbleibt.
Was kostet eine Haartransplantation?
Die Preise für eine Haartransplantation variieren je nach Land und Aufwand der Operation. Je höher der Grad des Haarausfalls, d.h. je mehr Haarwurzeln verpflanzt werden müssen, umso höher sind die Kosten für eine Operation. In Deutschland muss mit Ausgaben zwischen 2.500 und 8.000 Euro gerechnet werden. In der Türkei hingegen zahlt man einen vergleichsweise geringen Preis für die Behandlung: gerade mal 1.300 bis 2.000 Euro. Das deutsche Online-Portal Statista verglich die durchschnittlichen Gesamtkosten von Schönheitsoperationen in Deutschland nach Art des Eingriffs in den Jahren 2013 bis 2017. Im letzten Jahr lag der Durchschnittswert bei 4720 Euro. Im Vergleich zum Jahr 2015 mit durchschnittlichen 5060 Euro macht sich also ein leichter Preisabfall bemerkbar. Ebenfalls gut zu wissen: Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für den Eingriff in der Regel nicht.
Wenn dauerhafter Haarausfall eine so starke Belastung für die betroffene Person darstellt, dass er zur Einschränkung der Lebensqualität und psychischen Belastung führt, sollte eine operative Haartransplantation in Erwägung gezogen werden. Doch nicht jede Geheimratsecke ist gleich Vorbote für eine Glatze. Oftmals bedingt auch eine ungesunde Lebensweise einen temporären Haarverlust oder Haarausfall. Moderne Methoden der Haartransplantation versprechen eine schonende Haarverpflanzung, die Narbenbildung verhindern soll. Allerdings kann nicht garantiert werden, dass der Eingriff immer erfolgreich ist. Neben den gängigen Risiken einer Operation, wie beispielsweise einer Infektionsgefahr, könnte der Körper die verpflanzten Haarwurzeln abstoßen und dadurch kein neues Haarwachstum entwickeln. Dass die Haartransplantation schon lange kein Tabu-Thema, sondern längst salonfähig ist, verdeutlichen prominente Personen, wie etwa Jürgen Klopp und Christian Lindner. So gibt es aber auch Männer wie Jude Law und Bruce Willis, die zu Geheimratsecken und Glatze stehen und diese vermeintlichen Schönheitsfehler zu ihrem Markenzeichen machen.
Quellen und weitere Links zum Thema:
Haartransplantation
https://www.haartransplantation-vergleich.de/kosten/
https://www.haartransplantation-vergleich.de/methoden/
https://www.menshealth.de/artikel/haartransplantation.444310.html
https://www.apotheken-umschau.de/Haarausfall/Haarausfall-Was-Maennern-hilft-459469.html
Haarausfall
https://www.zentrum-der-gesundheit.de/haarausfall-ursachen.html
http://www.medizinfo.de/pressemitteilungen/23.04.2012/Auszug%20S3-Leitlinie.pdf
https://www.haarausfall.de/haarausfall/haarausfall-maenner
https://www.haarausfall.de/haarausfall/haarausfall-frauen
https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Androgenetische%20Alopezie%20bei%20Frauen
https://www.zentrum-der-gesundheit.de/haarausfall-frauen.html
https://www.onmeda.de/krankheiten/haarausfall.html
Erfahrungsbericht von einer Haartransplantation in der Türkei
https://www.youtube.com/watch?v=Hod2Hnvh9q8
Erfahrungsbericht von einer Haartransplantation in Deutschland (Kopf und Augenbrauen): Kim Debkowski (Künstlername: Kim Gloss)
Dass Männer zu Haarausfall neigen war mir zwar klar, dass aber 80% der Männer von erblich bedingtem Haarausfall betroffen sind, ist doch irgendwie überraschend für mich. Da wird mir wieder bewusst, wie wichtig es ist, dass es Vorreiter in Sachen Haartransplantation wie Klopp oder Lindner gibt. Denn die steuern zumindest ein bisschen dazu bei, dass aus einem Tabu-Thema ein legitim zu diskutierendes Problem wird. Am Ende bleibt für mich aber doch der Zweifel, ob damit nicht ein fragwürdiges Schönheitsideal reproduziert wird.