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Ob es Geister gibt oder nicht, ist eine Sache. Wie man mit ihnen umgeht, falls man von ihrer Existenz überzeugt ist, eine andere. Sogenannte „Geisterjäger-Schulen“ bilden die Brücke zwischen Vorstellungskraft und Praxis. Im Folgenden stellen wir ein Selbstexperiment zur Geisterjagd in den USA sowie Geisterjägergruppen aus der Schweiz und Österreich vor.

Geisterschulen gibt es nicht nur in den USA. Das Geisterjagen hat sich dort jedoch zu einer professionellen Nebenbeschäftigung etabliert, unter anderem mit der „New Jersey Ghost-Hunters-Society“ (NJGHS). Auch in Deutschlands Nachbarländern scheint das Geschäft Fuß zu fassen. Der Verein „GhostHunters Schweiz“ führt Geisterbereinigungen auf Anfrage hin durch. Zusätzlich wird dort mit anderen Praktiker*innen, wie Heiler*innen oder Medien zusammengearbeitet. Die „Vienna Ghosthunters“ bezeichnen sich als ältester und größter Verein, welcher sich in Europa mit paranormalen Aktivitäten auseinandersetzt. Auch sie helfen Betroffenen in Wien, beschäftigen sich aber auch wissenschaftlich mit paranormalen Phänomenen oder betreiben Ahnenforschung.

Die Ausbildung: Zeit und Kosten

Die Folge „Geisterjäger-Selbstexperiment“ der Wissenssendung „Galileo“ auf ProSieben stellt eine amerikanische Ghost-Hunter-Ausbildung vor. Reporter Martin Dunkelmann trifft Laura aus Pennsylvania, Chefin der „New Jersey Ghost-Hunters-Society“, eine der größten Geisterjägergruppen der USA. Innerhalb von drei Tagen bildet sie Geisterjäger*innen aus und verlangt umgerechnet 120 Euro pro Person.

Die Ausbildung bei den „GhostHunters Schweiz“ besteht wie bei der NJGHS aus Theorie und Praxis. Anders als das zweiköpfige Team in Pennsylvania, bestehen Ausbildungsgruppen der „GhostHunters Schweiz“ teilweise aus zwölf Personen. Auch bei der Tagesanzahl herrschen Unterschiede. Bei den Schweizern steht eine zweitägige Intensivausbildung auf dem Programm. Die Schüler*innen erlernen Verhaltensregeln und erhalten Einblicke in Radiästhesie oder rechtliche Grundlagen. Mit Kosten von 377 Schweizer Franken für Nichtmitglieder ist die Geisterjägerausbildung für zwei Tage teurer als bei der NJGHS. Jedoch scheint es sich hier um einen anspruchsvollen Crashkurs zu handeln. So heißt es auf der Webseite der Schweizer Geisterjäger*innen:

„Die Ausbildung ist sehr intensiv, und von den Teilnehmern wird viel verlangt. Die Nächte zwischen den Ausbildungstagen sind sehr kurz, da nachts eine Untersuchung durchgeführt wird.“ („GhostHunters Schweiz“)

Bei den „Vienna Ghosthunters“ ist die Ausbildung ausschließlich theoretisch. Auch die Tagesanzahl unterscheidet sich von den anderen beiden. Eine Intensivausbildung für Vereinsfremde dauert vier bis sieben Tage. Innerhalb des viertägigen Kurses lernen die Teilnehmer*innen Details zum Thema Klientenbetreuung oder -psychologie. Bei der siebentägigen Intensivausbildung wird zusätzlich im Bereich „Paranormale Investigationen außerhalb der Klientenbetreuung“ geschult. Preise für Nicht-Vereinsmitglieder sind der Homepage nicht zu entnehmen.

Vorbereitung: Geräte für die Geisterjagd

Die Ausbildung bei Galileo-Reporter Martin beginnt mit einem Theorieteil in Geisterkunde. Hier erfährt er, dass sowohl gute, als auch böse Geister existieren und er lernt das essentielle Equipment zum Geisteraufspüren kennen.

  • Thermometer: Man stellt fest, ob ein Geist anwesend ist oder nicht, wenn sich die Temperatur drastisch verändert.
  • Aufnahmegerät: Es bietet dem Geist die Chance, sich selbst zu äußern. Bei späterem Abhören, werden Geisterlaute erkennbar.
  • Kamera und Fotoapparat: Geister können durchaus auch auf Bildern sichtbar sein.

Die „GhostHunters Schweiz“ setzen ähnliche und noch weitere Geräte für die Geistererkennung ein:

Ghost Meter Pro zum Aufspüren von Geistern (Foto: Instagram, Account: mad_phelix)

  • Ghost Meter Pro: Ein Gerät, welches „junge“ von „alten“ Geistern unterscheidet. Es besitzt einen Kommunikationsmodus, um mit dem Geist zu sprechen.
  • Ghostlaser: Dieser Laserpointer erzeugt ein Streufeld. Während man eine Wand damit ausleuchtet, zeichnet eine zusätzliche Kamera Bewegungen innerhalb des Feldes auf.

Weitere technische Geräte zum Aufspüren von Geistern bei den „Vienna Ghosthunters“ sind zum Beispiel:

  • Boroskop Kamera: Kabelschächte oder enge Spalten können hiermit gefilmt werden.
  • Night Vision Multibrillen: Ermöglichen verstärkte Sicht bei Nacht und können Geister fotografieren und filmen.

Orte der Ausbildung

Friedhof für die Geisterjagd bei Nebel

Friedhof bei Nebel (Foto: kalhh, Pixabay.com)

Bei dem „Galileo Selbstexperiment“ findet ein Teil der praktischen Ausbildung in einer abgelegenen leerstehenden Villa statt, der „White Hills Mansion“. Ausgestattet mit technischen Geräten, macht sich die Gruppe auf die Suche nach Geistern und dokumentiert mögliche Hinweise. Auch die „GhostHunters Schweiz“ besuchen im Praxisteil der Ausbildung Gruselorte, an denen paranormale Erscheinungen häufig auftreten. Hierzu zählen unter anderem auch, wie bei der NJGHS, Friedhöfe. Burgen und Gruften sind ebenfalls beliebt. Hier findet das sogenannte „aktive Geisterjagen“ statt – eine Kombination aus Einsetzen der eigenen Sinne und technischen Geräten. Die Orte, an denen Schüler*innen der „Vienna Ghosthunters“ erlerntes Wissen in die Praxis umsetzen, bleiben ihnen selbst überlassen, da sie bei der Geisterjägerausbildung ausschließlich die Theorie erlernen.

Zertifizierte Geisterjagd

Am letzten Tag der Ghost-Hunter-Ausbildung geht es für Reporter Martin an die Arbeit bei Kunden. Er besucht eine Familie mit spukendem Dachboden. Das Fazit von Ausbilderin Laura fällt jedoch nüchtern aus: Es handle sich um einen freundlichen Geist – mehr erfahren wir nicht. Am Ende besteht Martin die Ausbildung und darf auf eigene Faust von nun an professionell Geister jagen.

Bei den „GhostHunters Schweiz“ erlangen alle Schüler*innen für erfolgreich durchgeführte Ausbildung ein Zertifikat und zusätzlich eine Bestätigung für die Aktivmitgliedschaft. Auch die Erlaubnis für Hausbesuche haben sie am Ende in der Tasche. Alle ausgebildeten Geisterjäger*innen erhalten im Netz ein Control Panel und dürfen Telefonabfragen durchführen. Von nun an können im Namen der „GhostHunter Schweiz“ Geisteruntersuchungen vorgenommen werden.

Die Schüler*innen der „Vienna Ghosthunters“ können nach Abschließen ihrer theoretischen Geisterjägerausbildung selbst zur Praxis übergehen. Jede*r erhält einen Homepagebutton, ein Zertifikat sowie einen Nutzungsvertrag und kann selbst dem neuen Nebenjob nachgehen.

Ob für ein paar Tage Geisterbeschwören dreistellige Beträge gerechtfertigt sind, bleibt fraglich. Vorstellungskraft und Interesse am Thema Geister müssen wohl immer mit vorhanden sein; dann steht dem Gruselerlebnis nichts mehr im Weg.

 

Alle Deutschen kennen Geisterbahnen auf dem Rummelplatz, mit Springteufeln und Gespenstern auf dem Förderband. Amerikanische „haunted houses“ bieten mit echten Schauspieler*innen Geister aus Fleisch und Blut. Anna Pladson, amerikanische Geisterhaus-Schaupielerin in Minneapolis (und Schwester der Autorin), erzählt.

Protokolliert von Kristie Pladson

Mein erstes Geisterhaus-Projekt war eine alte Kirche, die wir 2014 in ein Spukhaus verwandelt hatten, um Spenden zu sammeln. Das Kirchengebäude hatte diese perfekte, gruselige alte Turnhalle samt Umkleideräumen im Untergeschoss, die wir mit blutigen Handabdrücken bedeckten. Von dort ließen wir die Besucher*innen starten und ihren Weg aufwärts durch die Kirche suchen, während jemand fortwährend gruselige Musik auf der Orgel spielte. Allerdings mussten wir jeden Samstagabend alles wieder runterreißen für den Gottesdienst am Sonntag.

Als Teil meines Theater-Studiums haben wir 2015 ein Geisterhaus für Valley Scare, einen Halloween-Vergnügungspark, neu designt. Unser Thema war „Die Insel des Dr. Moreau“, eine Geschichte von einem Arzt, der Menschen tierische Eigenschaften verleiht. Wir wandelten ein früheres Spuk-Ferienlager („Camp WeKillOu“) um. Auf diese Weise hatten wir mehrere Gebäude, mit denen wir arbeiten konnten, was eher untypisch ist. Mit jedem Gebäude konnte man einen neuen Schritt der Mensch-Tier-Verwandlung nachvollziehen. Im ersten Gebäude waren Schauspieler*innen in Doktorkitteln – es gibt nämlich Menschen, die wirklich Angst vor Ärzt*innen haben – und solche in Krankenhaus-Nachthemden, denen Hörner aus der Stirn wuchsen und dergleichen mehr. Draußen hatten wir dann Leute in Käfigen, und von da an wurde es nur noch bizarrer. Ich spielte eine Frau, die in einen Oktopus verwandelt worden war, darum saß ich in einem Wassertank und hatte Tentakel.

2016 haben wir auch ein „normales“ Theaterstück in einer historischen Villa aufgeführt, das aber auch wie ein Geisterhaus-Schauspiel wirkte. Die Zuschauer*innen folgten unserer Darbietung und wurden von ihr durch dieses beängstigende, dunkle, alte Haus geführt. Das Stück war „Blaubarts Puppenhaus“, eine Kombination aus Ibsens „Ein Puppenhaus“ und einer Legende von Blaubart dem Piraten – beides Geschichten, die von gefangengehaltenen Frauen handeln. Die Villa war das „Puppenhaus“ und wir Schauspieler*innen stellten die darin gefangenen Puppen vor.

Pladson (ganz links) in „Blaubarts Puppenhaus“; Foto: Mike Neuharth, 2016

Geisterhäuser faszinieren mich, weil sie diese seltsame Form von Theater sind, mit der alle etwas anfangen können. Es gibt so viele Leute, die von sich sagen, dass sie Theater nicht mögen oder verstehen. Geisterhäuser dagegen schauen sie sich an. Die sind aber Theater. Es sind kurze Stücke, vielleicht nur fünf Minuten lang, aber sie sind immersives Theater. Wenn Du in ein Geisterhaus gehst, weißt Du, dass Dir dort Angst eingejagt wird. Wenn Du ins Theater gehst, hast Du keine Ahnung, was passieren wird. Du weißt nicht, ob Du weinen oder lachen oder was Du sonst erleben wirst. Bei einem Geisterhaus weißt Du, woran Du bist. Es geht darum, dass Du erschreckt wirst, und dass Du schon vorher weißt, dass Du erschreckt wirst.

Geisterhaus-Schauspieler*innen müssen präsenter bleiben als Schauspieler*innen auf einer normalen Bühne. Du kannst Dich nicht so tief in Deine Rolle fallenlassen, weil Du stets Deine Zuschauer*innen im Blick behalten musst. Sie sind Dir so viel näher, es ist dunkler, vielleicht ist da Nebel, man sieht schlecht, und es ist viel intimer. Zusätzlich bist Du wahrscheinlich dabei, etwas Gefährlicheres als der*die durchschnittliche Bühnenschauspieler*in zu machen. Du musst tief genug in der Rolle sein, um ihnen Angst einzujagen, aber auch wieder nicht so tief, dass Du Dich vergisst und sie berührst oder gar verletzt. Du brauchst ein gewisses Maß Selbstbeherrschung. Denn manchmal hast Du da Typen die mit echten Motorsägen rumrennen. Sie nehmen die Kette runter, klar, aber wir machen es so realistisch wie nur irgend möglich. Auf der Bühne würde man so weit nicht gehen.

In gewisser Hinsicht ist Geisterhaus-Schauspielerei schwieriger als Bühnenschauspielerei, weil Du eine Vorführung in Endlosschleife zeigst. Du musst es hinbekommen, drei Minuten lang absolut präsent zu sein, und dann, wenn die Gruppe weg ist, durchzuatmen und das Gleiche nochmal darzubieten – und nochmal, und nochmal, den ganzen Abend.

Anna Pladson, Spukhaus-Schauspielerin; Foto: Anna Sibenaller 2017

Geisterhäuser haben versteckte Ausgänge und Codewörter, um Besucher*innen wieder rauszubekommen, wenn sie es nicht mehr aushalten. Wenn man zum Beispiel „chicken“ sagt, stoppt alles. Alle Schauspieler*innen halten an, das Licht geht an oder es kommt jemand mit einer Taschenlampe und führt die Person aus dem Haus.

Es gibt eine ganze Liste an Sachen, die für die Besucher*innen verboten sind, weil es sehr leicht passieren kann, dass etwas ein böses Ende nimmt: Es sind beengte Räume, Leute werden klaustrophobisch, dazu kommt dann noch der Kunstnebel, und die Leute flippen aus. Das ist ja der Sinn der Sache. Wir pushen die Leute soweit sie nur können. Wenn sie damit dann nicht mehr umgehen können, musst Du Deinerseits wiederum einen Plan B haben.

Menschen werden echt komisch in Geisterhäusern. Sie sagen furchtbare Dinge zu Dir. Ich war als ein Oktopus verkleidet, darum haben die Leute mich kaum angesprochen. Aber zu meinen Freund*innen, die Arztkittel oder Nachthemden trugen, sagten sie „You’re fucking ugly!“ und solche Sachen. Ich glaube, die Besucher spielen sich so auf, weil sie verunsichert sind und versuchen, Kontrolle zurückzugewinnen.

Pladson als Oktopus bei Valley Scare; Foto: Valley Scare, 2015

Trotz der Bezeichnung handeln unsere „Geisterhäuser“ nicht wirklich von Gespenstern und Geistern, einfach weil die so schwer darzustellen sind. Wie kreierst Du ein schwebendes Ding? Du kannst etwas auf eine Leinwand projizieren, aber es kann Dir nicht nahe kommen. Es ist zu schwierig, einen Geist physisch darzustellen. Er sollte luftig und leicht sein und durch Dich und durch Wände hindurch schweben. Wie soll man das nachbilden? Gespielte Gespenster sind schwer. An echte Gespenster glaube ich aber 100 Prozent. Es gibt ein Theater, das ich kenne, da spukt es wirklich und mehrere meiner Freund*innen haben dort die selben Geister gesehen.

Beitragsfoto, Anna Pladson in der Spukkirche; Cody Nelson, 2014

Ein Einblick in den ValleySCARE Spukhäuser 2016: