Wenn man an Schottland denkt, kommen einem unweigerlich Whisky, der Dudelsackspieler im karierten Schottenrock oder das Ungeheuer von Loch Ness in den Sinn. Der Norden Großbritanniens hat jedoch weitaus mehr zu bieten als Whisky & Co. Alte Steinkreise und -formationen, mittelalterliche Burgen und Schlösser sowie historisch bedeutende Kriegsplätze: Gerade wenn es um schottische Spuk- und Geistergeschichten geht, kommen Fans des Übernatürlichen auf ihre Kosten.
Edinburgh ist bekannt für seine engen und dunklen Gassen sowie steilen Treppengänge. Kein Wunder, dass sich viele Schriftsteller*innen von dem „Gruselcharme“ haben anstecken lassen, so u.a. der Autor Robert Louis Stevenson („Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“) oder auch „Harry Potter“-Schöpferin Joanne K. Rowling. Welche Geistergeschichten kursieren denn aber nun in Schottlands Hauptstadt?
Die Geister in Edinburghs Untergrund
Da wären zum einen der sogenannte kopflose Trommler, der durch die Räume des Edinburgh Castles schleicht und dessen Trommelgeräuschen man heute noch lauschen kann. Ebenso gibt es eine Frau namens Janet Douglas, auch bekannt als Lady of Glamis, die 1537 wegen Hexerei auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde und nun regelmäßig in der Burg umherirrt.
Eine weitere spannende Geschichte ist die des verschollenen Dudelsackspielers. Vor einigen Jahrhunderten entdeckte man Tunnel unter der Royal Mile, von denen man annahm, dass sie Edinburgh Castle mit dem Holyrood Palace verbinden. Um der Sache auf den Grund zu gehen, schickte man einen Dudelsackspieler in die Gänge hinunter. Dabei sollte er auf seinem Instrument spielen, um mitverfolgen zu können, wo sich der Pfeifer gerade aufhält. Auf halbem Weg zwischen der Burg und dem Palast verschwand das Dudelsackspiel jedoch plötzlich. Sofort ließ man eine Rettungsmannschaft nach dem Musiker schicken, doch er ist seither nicht mehr gesehen worden. Noch heute, heißt es allerdings, kann man sein Lied auf der Royal Mile klingen hören.
Edinburgh Castle
Hoch über der Stadt Edinburgh thront das majestätische Schloss auf einem inzwischen erloschenen Vulkanfelsen. Größtenteils gebaut im 16. Jahrhundert und seitdem immer wieder Schauplatz von Plünderungen, Zerstörungen und Wiederaufbauten ist die Burg bekannt für ihre blutige und düstere Geschichte. Die wohl bekannteste Festung Schottlands ist somit nicht nur eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Edinburghs, sondern auch einer der gruseligsten Orte Schottlands mit der wohl höchsten Geisterdichte im ganzen Umkreis!
Immer wieder versuchen Wissenschaftler*innen nachzuweisen, was viele schon lange vermuten: die Existenz von Geistern innerhalb der Burgmauern. So auch der britische Psychologe Richard Wiseman, der 2001 ein Experiment mit 240 Freiwilligen durchführte. Wie BBC News berichtete, erkundete Wiseman in einer zehntägigen Studie mit seinen Testpersonen die dunklen Kammern und Kerker des Schlosses und beobachtete deren Verhalten. So gaben die Besucher*innen anschließend zu Protokoll, dass sie unterschiedliche Anzeichen von paranormalen Aktivitäten spürten. Einige fühlten eine Berührung im Gesicht oder ein Ziehen an der Kleidung. Andere wiederum bemerkten eine plötzliche Kälte oder ein brennendes Empfinden auf der Haut. Außerdem waren manche überzeugt, Schatten und Umrisse von Menschen zu sehen, obwohl sich definitiv keine im Raum befanden. Wiseman selbst zeigte sich nach dem Experiment allerdings immer noch skeptisch. Ob sich die Geheimnisse von Edinburgh Castle jemals wirklich lüften lassen, bleibt also fraglich.
Der einsame Highlander von Culloden
Kein anderer Ort vermag wohl das Trauma der Schotten deutlicher aufzuzeigen als Culloden, ein historisch bedeutender Landfleck in der Nähe von Inverness. Das heutige Wiesenfeld bestand im 18. Jahrhundert noch aus einer trostlosen Moorlandschaft. 1746 fand dort die blutige Schlacht zwischen der Armee von Charles Edward Stuart mit seinen Clanmitgliedern und den Engländern statt.
Keine 40 Minuten dauerte die Schlacht, in der die englischen Regierungstruppen die schottischen Highlander brutal niedermetzelten. Das Ereignis markiert einen Wendepunkt in der schottischen Geschichte, leitete es doch das Ende der schottischen Clans und ihrer Kultur ein. Ein idealer Schauplatz, der nach Geistererscheinungen und unnatürlichen Ereignissen nur so schreit. Wen wundert es also, dass Besucher*innen auch heute noch überzeugt sind, Kampf- und Kriegsgeschrei, Geschützfeuer sowie marschierende Füße und Trommelschläge wahrzunehmen? Außerdem gibt es Zeug*innen, die behaupten, sie hätten einen einsamen, erschöpften Highlander gesehen, der durch die Gegend schleiche und dabei immer wieder das Wort „besiegt“ vor sich hinmurmele.
Der älteste und gruseligste Pub Schottlands
Ohne Zweifel eignen sich alte Burgen und Schlösser sowie Schauplätze von blutigen Schlachten besonders gut für Spukgeschichten. In Schottland machen Geister jedoch auch vor „normalen“ Orten keinen Halt. So gilt im ältesten und wohl gruseligsten Pub alle Vorsicht, wenn es um unerwünschte und gespensterhafte Gäste geht. Im „Drovers Inn“, einem im Jahre 1705 eröffneten Gasthaus unweit des Loch Lomond, sollen Geister regelmäßig ein und ausgehen. Auf der Website des Gasthauses heißt es da zum Beispiel, dass ein junger Viehtreiber namens Angus vor 300 Jahren kaltblütig vor dem Inn ermordet und aufgehängt wurde. Nun soll er des Nachts durch den Pub wandern und nach seinen Mördern Ausschau halten, um Rache zu verüben. Außerdem gibt es da eine junge Bauernfamilie, die im 18. Jahrhundert auf dem Weg in die Unterkunft in einen Schneesturm geriet und in der Kälte erfror. Heute soll sie immer noch durch die Zimmer schleichen. Doch nicht nur solche Geistergeschichten machen den Pub zu etwas Besonderem, auch kuriose Berichte der Gäste selbst geben Rätsel auf. So berichtete eine Besucherin, dass sie eines Morgens Bilder auf ihrer Kamera fand, die sie schlafend zeigten. Weder Gäste noch Bedienstete konnten in das Zimmer gelangen, da es von innen abgeschlossen war. Ein weiterer unerklärlicher Vorfall ereignete sich bei einer Familie, die eine Geburtstagsfeier in dem Inn feierte. Auf den aufgenommenen Bildern der Party entdeckte die Mutter einige Tage später ein kleines Mädchen in einem rosa Kleid, das sie zuvor noch nie gesehen hatte. Weder gehörte es zu der Partygesellschaft noch waren an dem Abend überhaupt irgendwelche Kinder anwesend. Selbst die Angestellten des „Drover Inn“ waren ratlos. Im Übrigen beherbergt der Pub nicht nur Geister, auch Promis wie der schottische Schauspieler Gerard Butler sollen des Öfteren hier gesichtet worden sein.
Egal, ob in den Kerkern des Edinburgh Castles, auf dem Schlachtfeld von Culloden oder im ältesten Pub Schottlands: Geister scheint es in dem Land wohl zur Genüge zu geben. Wer also mal Lust verspürt, auf Gespensterjagd zu gehen oder einen Urlaub mit Gruselfaktor sucht, dem sei Schottland wärmstens empfohlen.