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Träume begleiten uns unser ganzes Leben und verankern sich manchmal auch in der Realität. Wir interpretieren sie, lassen uns von ihnen inspirieren und sie manchmal Wirklichkeit werden. Auch die amerikanische Künstlerin Sarah Miller und der deutsche Künstler Jonas Unland leben ihre Träume in unterschiedlichen Facetten aus. Für diesen Beitrag haben sie ihre nächtlichen Traum-Inspirationen gezeichnet und geben Auskunft über ihre Vorstellungen für die Zukunft ihrer Kreativität. 

Jonas Unland ist Designer von Mensch-Computer-Interaktionen und ein sehr lebhafter TräumerEr zeichnet und malt seit seiner Kindheit und arbeitet stetig an der Entwicklung seines eigenen Stils: „Mein aktueller Kunststil kommt daher, dass ich mir meine Bilder auf T-Shirts drucken wollte. Daher bin ich auch auf digitale Kunst umgestiegen.“ Für ihn ist das Zeichnen in erster Linie ein Hobby, auch wenn er bereits angefangen hat, seine Illustrationen auf kleinem Wege zu vermarkten, indem er seine Grafiken über die Webseite Red Bubble als T-Shirt oder Sticker Designs anbietet.  

©UnlandArt

Das Werkstück „Dreams (Or: Random Bullshit Go)“ von Jonas Unland, welches komplett digital in Illustrator entstanden ist. 

Unland erzählt, dass sich seine Träume häufig so anfühlen, als würde sein Kopf ihn nächtlich mit zufälligen Dingen bewerfen, die er im Laufe seines Lebens erfahren hatFür mich fallen Träume ein bisschen in Richtung Entertainment. Vielleicht vergleichbar mit der Sneak Preview im Kino, bei der man einen zufälligen Film gezeigt bekommt. Mit etwas Glück ist der Film spannend oder lustig, mit etwas Pech eher verwirrend und irgendwie unangenehm. Meistens allerdings ist er es nicht einmal wert sich danach noch daran zu erinnern.

Für Jonas Unland haben Träume eine unterhaltende Funktion: „Einen tieferen Sinn oder irgendwelche Bedeutungen interpretiere ich allerdings nie in Träume hinein.“ Die Zeichnung, die er extra für diesen Beitrag angefertigt hat, soll genau jenes Phänomen ausdrücken. Es ist ein Selbstportrait und illustriert, wie „wirr, sinnlos und zufällig“ ihm seine Träume häufig erscheinen. Zu sehen sind unter anderem Ranken, die sich vom Zentrum bis an den Bildrand ziehen. In ihnen hängen allerlei Elemente, wie zum Beispiel eine Schlange, Berge oder Arme, die Themen darstellen, von denen Jonas Unland jüngst oder regelmäßig träumt. 

Auf die Frage, wohin es mit seinen kreativen Fähigkeiten in Zukunft gehen wird und ob es dahingehend einen Traum zu erfüllen gibt, antwortet Jonas Unland: „Zufrieden mit meinen künstlerischen Fähigkeiten war (und bin) ich nie wirklich gewesen. Dabei habe ich auch kein direktes Vorbild oder Ziel, das ich erreichen will. Daher finde ich es nicht sonderlich schlimm, nur mittelmäßige Arbeiten abzuliefern. So lange es mir Spaß macht zu malen, werde ich es weiter machen. Und wenn andere meine Bilder wirklich gut finden oder mich fragen ihnen etwas zu malen, freue ich mich sehr. Allein dafür lohnt es sich für mich weiterzumachen.“

Weitere Werke von Jonas Unland findest du auf UnlandArt.

Traumgebilde unseres Verstandes

Sarah Miller ist eine amerikanische Illustratorin, die sich in ihren Werken besonders mit psychologischen Aspekten beschäftigt, wie sie unter anderem auch im Traum vorkommen. Damit möchte sie zur Auseinandersetzung mit mentaler Gesundheit und Selbstverwirklichung anregen. Auch sie zeichnet und malt, seit sie denken kann.“Being an artist has always been second nature to me, likely because it was an outlet for me to express what I was unable to say in word.“ Viele Jahre lebte sie ihre Kreativität nur als Hobby aus, bis sie sich dazu entschloss, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen. Sie erzählt, dass es viel Mut und Ausdauer brauchte, diesen großen Schritt in die Selbstständigkeit zu gehen. Doch letztendlich hat sie einen Beruf gefunden, der sie erfüllt.

Zeitguise ©Sarah Miller

Die Malerei „Zeitguise“ von Sarah Miller. Gearbeitet hat sie mit verschiedenen digitalen Pinseln in Photoshop

Auch ihre Illustration für diesen Beitrag entsprang der Traumwelt. „The subject of this painting was inspired by a real dream, where I was painting an enigmatic figure surrounded by abstract shapes and colors – a fantasy character born within a dream.“ Starke Kontraste und monochromatische Farben spielten dabei eine große Rolle. Bei der Übertragung in die reale Welt hielt sie sich so nah wie möglich an die Traumvorlage. Auch den Bezug zur Traumwelt hat sie in der Illustration verarbeitet. Sarah Miller beschreibt, dass es sich um einen Charakter handelt, der die unendlichen Traumgebilde unseres Verstandes repräsentiert, in denen Zeit nicht existiert und wir frei von Zwängen sind – frei, unsere eigenen Kreationen zu erwecken.

„This character is a force that represents mystery and power, almost like a guardian of time and creation. They exist in black and white, void of all color except yellow – a color of enlightenment and wisdom, and commonly associated with deities.“ Die Symbolik und Farbigkeit spielt demnach eine besondere Rolle. So steht zum Beispiel der Schlangenstein für Kreativität, Wiedergeburt, Zeit und Unendlichkeit, während die Federn Freiheit und Spiritualität wiederspiegeln. „I titled this piece Zeitguise to allude to a form or presentation of ‚time,‘ and the mysteries it hides.“

Sarah Millers größter Traum ist es, eines Tages ihre Ideen in einem Buch oder einem Videospiel zu publizieren. In den letzten Jahren gestaltete sie viele Entwürfe zu Welten, Charakteren oder Videospieldesigns, die sie fleißig ausbaut. „My goals are to grow my brand, share my work, and continue my art career until I can make this dream happen and finish my first story.“

Weitere Werke von Sarah Miller findest du auf SarahMillerCreations.

 

Wenn ihr noch mehr zum Thema Traum in der Kunstwelt lesen möchtet, schaut doch einfach mal hier vorbei: Von Dürer bis Dalí – der Alptraum im Gemälde

Interessiert ihr euch dafür, wie ihr zu eurem Traumberuf findet? Dann ist dieser Beitrag vielleich auch etwas für euch: Schritt für Schritt zum Traumberuf

 

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Träume Kopf bunte Wolke

Ein Portrait der Chicagoer Künstlerin Ash Windbigler und der Gespenster, die durch ihr Werk spuken.

Künstlerin Ash Windbigler

„Für mich sind Gespenster nicht nur der Geist eines verstorbenen Menschen. Ich denke immer an die Person, die ich in der Vergangenheit war, als ich klein war. Diese Person ist jetzt auch eine Art Gespenst.“

Ash Windbigler zögert nicht, wenn sie von den Gespenstern ihrer Vergangenheit spricht. Was ihr aktuelles Leben angeht, ist sie sich weniger sicher.

Wenn man die aus Indiana stammende 28-Jährige fragt, welche Art von Künstlerin sie ist, spricht sie zunächst von einem Abschluss in Grafikkunst, ihre Liebe für 3D-Collagen und dem einen Mal, als sie mit einem Kugelschreiber auf ein Gemälde zeichnete. Die Bezeichnung, für die sie sich letztlich entscheidet, ist aber „selbst gelernte Malerin“. Was ihr auf jeden Fall klar ist, ist dass sie von Gespenstern „besessen“ ist.

„Ein großer Teil meiner Werke beziehen sich auf Geister, den Tod oder das Jenseits“, sagt die Künstlerin. Bis zu ihrem 15. Lebensjahr besuchte Windbigler eine konservative, protestantische Kirchenschule. „Ich bin sehr religiös aufgewachsen und die Idee, dass es wirklich ein Jenseits gibt, wurde in meinen Kopf gepflanzt. Jetzt glaube ich nicht mehr, was bedeutet, dass es dann wohl auch kein Jenseits gibt. Solche Fragen haben einen großen Einfluss auf meine Werke.“

Zeichentrickfiguren und Künstlerkollektive

Bild: Ash WIndbigler

Wenn man durch Windbiglers Arbeiten blättert, stößt man auf Kaugummi-Rosa und Babyblau, Zeichentrickfiguren und Gespenster. In einem ihrer Drucke (rechts) hat sie einen Frontalzusammenstoß zweier Autos vor einem hellrosa Hintergrund dargestellt. Ein Regenbogen, ein Rehkitz und ein lächelndes Gespenst springen aus den Wracks. Diese Mischung von makabren und kindlichen Elementen ist typisch für ihren Stil.

Windbigler ist schon länger als sie denken kann künstlerisch tätig. Ihren ersten Kunstunterricht hatte sie aber erst in der Sekundarschule. Zu dieser Zeit sind einige, geliebte Menschen in ihrem Leben gestorben. Darunter auch eine junge Cousine, die bei einem Autounfall ums Leben kam.

„Meine Bilder in der Sekundarschule hatten keinerlei Zwischentöne. Sie waren immer dunkel, ohne ein helles Element. Mit Humor konnte ich nichts anfangen. Es war dieser klassische Emo-Stil: Skizzen von Gerard Way von ‚My Chemical Romance‘“, lacht Windbigler und bezieht sich auf den Sänger einer Teeny-Pop-Punk-Band der Zweitausenderjahre.

Das alles änderte sich, als sie an eine Kunsthochschule in Indianapolis ging. Dort fand sie eine Gruppe Freunde, mit denen sie später das Kunstkollektiv „The Droops“ formte. Die Gruppe war lokal bekannt für ihre witzigen Wandgemälde. Eines davon erlangte sogar nationale Bekanntheit: Eine Einheimische beantragte das Gemälde zu verdecken, weil es männliche Genitalien in einem Hot Dog-Brötchen zeigte. Sie war nicht erfolgreich.

„Auch unser Name, The Droops, hatte die gleiche Art Humor, die ich heute mag. Witzig, aber auch ein bisschen traurig.“ Man denkt an „Drops den Hund“, die amerikanische Zeichentrickfigur, die auf Englisch „Droopy“ heißt. „Meine Zeit in der Gruppe hat mir wirklich geholfen meine Ideen auf eine Weise zu präsentieren, die auf den ersten Blick nicht so dunkel ist.“

Die Geister, die sie malte

Gespenster und Geister spuken durch ihre Werke, wie durch eine Geisterbahn. Ob Caspar, das freundliche Zeichentrick-Gespenst aus den USA, oder ein klassischer Bettlaken-Geist, nie sehen ihre Figuren wirklich furchteinflößend aus.

Beispiel eines typischen Windbigler-Gespensts:

Wo sie Gespenster malt, folgen oft Regenbogen. Sie erklärt, dass sie ‒ abgesehen davon, dass sie einfach Spaß zu malen machen ‒ den Moment bedeuten, in dem ein Geist von einem Ort verdrängt wird. Über ihr Gemälde „Lady Lazarus“, sagt sie:

„Es hat eine doppelte Bedeutung. Ich sehe es an und denke, es hat definitiv mit dem Tod zu tun.‘ Aber es ist auch eine Geschichte über Identität. Ihre Seele wird von irgendetwas ausgesaugt. Der dunkle Schrank könnte eine Besessenheit verkörpern, vielleicht böse Erinnerungen oder Selbstmordgedanken.“

„Lady Lazarus“; Bild: Ash Windbigler

Der Name des Gemäldes wurde von ihrem Lieblingsgedicht der amerikanischen Poetin Sylvia Plath inspiriert; ein Gedicht, das sie wiederum an ihre liebste biblische Geschichte erinnert, die Geschichte von Lazarus:

„Ich liebe diese Geschichte, weil es da diesen Moment der Enttäuschung gibt, in dem alle auf Jesus böse sind, weil er nicht rechtzeitig gekommen ist um Lazarus zu retten. Und dann erweckt er ihn von den Toten. Mein Gemälde gründet tief in dieser Geschichte: diese Person, die als Gespenst neu geboren wird.“

Mom and Dad

Religion ist nur ein Aspekt ihrer Kindheit, der Windbigler noch heute beeinflusst. Die konservative Familie, in der sie aufgewachsen ist, mit einer strengen Mutter und Polizeichef-Vater, spielt auch eine Rolle.

Einmal hatte sie ein Buch über Poltergeister für ein Schulprojekt nach Hause gebracht („Dass ich dieses Thema ausgesucht hatte, sagt schon vieles.“) Aber ihre Mutter verbat ihr, das Buch über das Übernatürliche ins Haus zu bringen. „Und ich habe es immer geliebt, alles zu tun, von dem meine Mutter nicht wollte, dass ich es tue“, sagt sie. „Mir geht es heute noch so.“

„Ein anderes Mal, nachdem meine Cousine Felicia gestorben ist, saß ich mit meiner Mutter im Auto. Ich war sehr traurig und still und dann habe ich sie gefragt, ‚Glaubst du, dass gestorbene Menschen uns hören können?‘ Und sie hat sofort geantwortet: ‚Nein.‘ Einfach nein. Und dann habe ich es noch mehr geglaubt.“

Mit ihrem Vater war es anders: „Mein Papa fand Gespenster und Außerirdische und Verschwörungstheorien alle toll. Oder manchmal fand ich seine Tatort-Aufnahmen bei uns zu Hause. Meine Eltern hatten beide ihren eigenen Einfluss auf meine Obsession.“

In der Vergangenheit zu leben ist also für Windbigler ganz normal, eine Gemeinsamkeit, die sie mit Gespenstern teilt und die sie schätzt. „Ich hatte immer die Denkart, dass aktuelle Ich am alten Ich zurück zu spiegeln. Für mich ist das vergangene Ich auch ein Art Gespenst oder Geist. Die Idee eines Geist-Selbsts finde ich wirklich spannend. Die meisten Gespenster in meinen Werken sind solche Geister.“