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Es spukt in Bikini Bottom!

„Spongebob Schwammkopf“ ist eine der international erfolgreichsten Kinderserien überhaupt. Immer wieder tauchen dort Schauergestalten auf. Hier erfährst Du mehr über den „Fliegenden Holländer“, den „Spind von Davy Jones“ und was das alles mit Hipstern und alten Sportsocken zu tun hat.

Es gibt wohl kaum jemanden, der den namensgebenden Protagonisten dieser Serie noch nie gesehen hat: Gelb, viereckig und löchriger als Schweizer Käse. Sogar eine 2011 entdeckte Pilzart wurde nach ihm benannt. Die Serie „Spongebob Schwammkopf“ (im Original: „Spongebob Squarepants“) aus der Feder von Stephen Hillenburg erzählt zumeist lustige Geschichten aus dem Leben des gelben Quadratschädels oder seiner Freunde, anderer Meeresbewohner wie Seesterne, Krabben und Oktopusse – und selbstverständlich auch Eichhörnchen. Die belebte Unterwasserwelt orientiert sich dabei an vielem, was die Vorstellungen von uns Landratten über die See und Seefahrt ausmachen. Darunter auch klassisches Seemannsgarn: Geistergeschichten. Die Sage um den Fliegenden Holländer ist eine davon. Doch was hat es mit dem fiesen Gesellen auf sich? Und was macht ihn bei Spongebob so … speziell? Einfach weiter lesen und mehr erfahren. ?

Zur Einstimmung aber erstmal ein bisschen Geistergeheul:

Eine wahre Legende?

Der Geist aus dem Video oben ist der „Fliegende Holländer“, eine der beliebtesten Figuren aus der Welt des Seemannsgarns. Neben Opern, Romanen und Gedichten inspirierte die Sage auch Liedermacher und Maler. Die ursprüngliche Legende handelt von einem verfluchten Kapitän, der bis zum Ende der Welt dazu verdammt ist, die Sieben Weltmeere heimzusuchen. Wie genau er diesen Fluch auf sich gezogen hat, wird dabei in unterschiedlichen Geschichten unterschiedlich erklärt. Einigen Varianten zufolge ist der Kapitän ein Niederländer (daher auch der Name der Figur), der mit seinem Schiff das Kap der Guten Hoffnung umsegeln wollte. Diese Gegend gilt allerdings als besonders gefährlich und nur schwer passierbar für Segelschiffe. Bei diesem Unterfangen soll er geschworen haben:

„Ich werde das Kap umschiffen. Und wenn ich bis zum Tag des Jüngsten Gerichts segeln muss!“

… doch dann zerschellte er mit seiner ganzen Besatzung.

In anderen Geschichten wiederum sterben Kapitän und Crew nicht, es lässt sich also nicht sagen, ob es sich um sogenannte Post-mortem-Fälle handelt. In jedem Fall sollte sein Schwur zum Fluch für ihn und seine Mannschaft werden.

Seitdem irrt der Fliegende Holländer mit seinem geisterhaften Schiff umher. Eine Begegnung mit ihm gilt als unheilvolles Omen für den Untergang des eigenen Schiffes. Es gibt einige Aufzeichnungen von Seefahrern, die ihn tatsächlich gesehen haben wollen. Bei einer Überfahrt mit der „HMS Inconstant“ am 11. Juli 1881 an der australischen Küste erfolgte die wohl prominenteste Sichtung. Der damalige britische Kronprinz und spätere König George V.  war während seiner Marineausbildung Teil der Besatzung dieses Schiffes. In seinem Tagebuch berichtet er von den Ereignissen:

„At 4 a.m. the Flying Dutchman crossed our bows. A strange red light as of a phantom ship all aglow, in the midst of which light the masts, spars and sails of a brig 200 yards distant stood out in strong relief as she came up on the port bow […].“

Der Matrose, der den Holländer als Erster gesichtet hatte, stürzte noch am selben Tag von einem Mast zu Tode.

„Manchmal ziehe ich gerne ein Söckchen über meinen Geisterzipfel“

Die Erscheinung des Fliegenden Holländers und seines Schiffes in „Spongebob Schwammkopf“ entspricht offensichtlich nicht ganz der Beschreibung von George V. Statt von einem rötlichen Leuchten ist der Holländer von einem garstigen Grün umgeben. Optisch entspricht er allerdings dem Bild eines stereotypen Piraten: ein Hut mit breiter Krempe, ein aufwendiger Mantel mit verziertem Revers und schwerem Gürtel und natürlich Vollbart. Eigentlich fehlen nur noch die Augenklappe und das Holzbein. Letzteres ist allerdings schwierig, denn der Fliegende Holländer hat in der Vision von Stephen Hillenburg keine Beine, sondern einen – wie er ihn liebevoll nennt – „Geisterzipfel“.

„Heeey, ich hatte auch einen Wunsch frei. Und Obst ist gut gegen Skorbut!“ (Staffel 2, Folge 33). ©Nickelodeon und Viacom Int. All rights reserved.

Als  Bote von Unheil und Tod kann man den Holländer in „Spongebob Schwammkopf“ allerdings nur schwerlich bezeichnen. Schließlich begegnet er uns häufig als Neurotiker (er kann ohne seine „Dinnersocke“, die er über seinen Geisterzipfel zieht, nicht essen) und sogar als Hippie-Hipster (siehe Bild oben). Aber einen Trumpf hat der schaurige Kollege doch im Ärmel, um die Einwohner Bikini Bottoms in Angst und Schrecken zu versetzen …

Der „Spind von Davy Jones“

Wer den Groll des Fliegenden Holländers auf sich zieht, der wird in den „Spind von Davy Jones“ gesperrt. Der „Spind“ ist in der deutschen Übersetzung eine Anspielung auf einen englischen Ausdruck aus der Seemannssprache: „Davy Jones‘ Locker“ (Locker = Spind). Der „Locker“, eigentlich eher mit „Kiste“ oder „Schrank“ zu übersetzten, ist in der ursprünglichen Sage um Davy Jones als eine Form von Hölle oder letztem Grab für ertrunkene Seefahrer zu verstehen. Davy Jones, sozusagen der Teufel der hohen See, sperrt alle über Bord gegangenen Matrosen dort ein. Erste schriftliche Erwähnungen dieser Figur finden sich schon Anfang des 18. Jahrhunderts. Der schottische Arzt und Schriftsteller Tobias Smollet schrieb zum Beispiel in seinem Buch „The Adventures of Peregrine Pickle“ (1751):

„This same Davy Jones, according to sailors, is the fiend that presides over all the evil spirits of the deep, and is often seen in various shapes, perching among the rigging on the eve of hurricanes, ship-wrecks, and other disasters to which sea-faring life is exposed, warning the devoted wretch of death and woe.”

In „Spongebob“ ist der „Spind“ zwar nicht wirklich das, was man sich unter einer ewigen Verdammnis vorstellt … aber er kommt dem sehr nah. Denn der Spind ist voller stinkiger, ekliger, alter Sportsocken! ?

 

Ein Spind voller Stinkesocken – kein Wunder, dass Mr. Krabs da nicht rein will. Via GIPHY.

 

Und diese Socken gehören keinem Geringeren als Davy Jones. Aber Moment – nicht der Davy Jones. Ein kleiner Hinweis:

 

Hey, hey, we’re the Monkees
You never know where we’ll be found
So you’d better get ready
We may be comin‘ to your town

 

Die Rede ist natürlich vom Briten Davy Jones, einem Musiker, der mit der Band „The Monkees“ berühmt geworden ist (Text von oben aus dem Lied „(Theme From) The Monkees“ ). Was? Der Hinweis hat euch nicht gereicht? Und ihr kanntet den nicht? Tja, da geht es euch wie mir – also, haben wir alle schon mal etwas gelernt! Dass er in der Serie in einem merkwürdigen, veraltet wirkenden Samt-Hemd daherkommt, macht ihn um einiges gruseliger als jeden teuflischen Seemannsgeist, den man sich vorstellen kann, findet ihr nicht?

 

Der britische Musiker Davy Jones begrüßt den Holländer in „seinem Spind“. Via GIPHY.

 

Die schräge Seite des Schaurigen

Die alten Gruselgeschichten der Seefahrer, die Stephen Hillenburg in seiner Serie auf solch ironische Weise unterbringt, geben besonders dem jungen Zuschauer mehr mit als lustiges Gegröle oder Stinke-Witze. Obwohl der Fliegende Holländer eine echte Schauergestalt ist, hat er doch auch eine schrullige und liebenswerte Art an sich. Das wird besonders deutlich, als der Holländer in einer Folge sogar bei Spongebob Zuhause einziehen muss. So wie der Fliegende Holländer durchaus seine „menschliche“ Seite hat, so ist wohl alles, was uns im Alltag Angst macht, bei genauerem Hinsehen gar nicht so furchterregend. Und wenn wir uns nur darauf einlassen, merken wir, dass wir uns gar nicht erst hätten ängstigen müssen.

Vielleicht ist die Botschaft aber auch etwas plumper, und wir sollten uns nicht vor irgendwelchen Geistergestalten fürchten, sondern stattdessen vor dem wahren Grauen: Hipstern und alten Socken.