In der Ära der Bilddigitalisierung verwenden Menschen zunehmend Mobiltelefone, um Bilder als Andenken aufzunehmen. Inzwischen gibt es jedoch auch einen Retro-Trend: Immer häufiger machen junge Menschen heute wieder Polaroid-Fotos. Warum kann ein Polaroid-Foto diese Menschen beeindrucken?

Mit der rasanten Entwicklung der sozialen Medien haben sich auch die Mediennutzungsgewohnheiten der Menschen stark verändert. Heutzutage sind immer mehr Menschen daran gewöhnt, Fotos und Gefühle in Bezug auf persönliche Erinnerungen auf Facebook und Instagram zu teilen. Die Nutzung sozialer Medien hat jedoch dazu geführt, dass das Leben der Menschen in gewissem Maße an Persönlichkeit verloren hat. Persönliche Erinnerungen mit Papier als Medium werden daher immer wertvoller und bedeutsamer.

Der Grund, warum wir Papier als Trägermedium des persönlichen Gedächtnisses im elektronischen Zeitalter wiederverwenden ist, dass es auf zuverlässige Art und Weise Informationen vermittelt – und dies auf ganz andere Weise als es elektronische Medien tun. Dadurch können wir vergangene Zeiten und somit die Realität reproduzieren und wiederherstellen. Zudem ist es die Universalität von Papierprodukten, die unser Leben bestimmt sowie in der Folge die Bequemlichkeit, uns vertraute Abläufe aufzugeben.

Im Zeitalter der Digitalisierung hat beispielsweise die rasante Entwicklung der mobilen Fototechnik dazu geführt, dass Menschen sich daran gewöhnt haben, Mobiltelefone zum Aufnehmen und Speichern von Fotos zu verwenden. Polaroid-Fotos jedoch bestehen aus speziellem Fotopapier, das mit seinem einzigartigen Charme unzählige Nutzerinnen und Nutzer anspricht. Diese Menschen verwenden ihre Sofortbilder, um eigene, persönliche Erinnerungen aufzubauen. Der Verkauf von Fuji Instax, dem bekanntesten Polaroid-Unternehmen, zeigt, dass die Polaroid-Fotos immer beliebter werden. Wie kommt es zu dieser Entwicklung?

Als Medium persönlicher Erinnerungen

Menschen können heutzutage unzählige Fotos schnell und einfach mit ihrem Handy aufnehmen, um Ereignisse in ihrem Leben aufzuzeichnen, doch diese digitalen Fotos stecken dann häufig in den Tiefen mobiler Alben fest. Die Menschen schauen selten auf die Fotos zurück, sodass auch die Erinnerungen an das Leben allmählich aus den Köpfen der Menschen verschwinden. Es muss außerdem bedacht werden, dass Mobiltelefone manchmal sehr plötzlich kaputt gehen oder verloren werden. Dies kann es für uns unmöglich machen, die digitalen Bilder abzurufen. Digitale Aufzeichnungen und Erinnerungen sind fragil und illusorisch, während Fotos auf Papier immer Teil unseres Lebens bleiben.

Ein Polaroid-Foto meiner Abiturfeier, © Shanting Hu

Menschen verwenden Polaroid-Fotos, um wichtige Momente im Leben aufzuzeichnen, beispielsweise Geburtstage oder Abschlussfeiern, und legen ihre Fotos liebevoll in Fotoalben ab. Wenn man diese Fotos wieder sieht, werden einem nicht nur die damit verbundenen Erinnerungen in den Sinn kommen, sondern – noch wichtiger – dass die Fotos Zeugen sind: Zeugen unseres Lebens. Sie zeigen Freunde und Verwandte, Ankünfte und Abschiede.

Ein weiterer Grund, weshalb Menschen Polaroid-Fotos anfertigen, um ihre persönlichen Erinnerungen festzuhalten, liegt im Bereich der Privatsphäre. Da Polaroid-Fotos sofort verfügbar sind, muss kein spezieller Ort zum Entwickeln der Fotos dienen. Dadurch wird die Privatsphäre der Menschen geschützt und den Menschen wird mehr Freiheit und Sicherheit ermöglicht.

Als Vertreter des Retro-Trends

Polaroid-Fotos als Filmfotografie waren im letzten Jahrhundert sehr beliebt, doch in der Ära der Digitalfotos wurden sie oft ignoriert. Heute jedoch haben Menschen, insbesondere Jugendliche und Studierende, die analoge Fotografie für sich wiederentdeckt. Dies ist zum einen auf die gesunkenen Preise und die hohe Kaufkraft der genannten Zielgruppe zurückzuführen. Zum anderen vermitteln Polaroid-Fotos ein bestimmtes Gefühl und stellen darüber hinaus eine Brücke zwischen dem letzten Jahrhundert und der heutigen Zeit dar. Viele junge Menschen nutzen die Polaroid-Fotos heutzutage im Rahmen eines Retro-Trends, um ihre ästhetische Orientierung und ihren Lifestyle zu zeigen. Darüber hinaus verwenden viele Prominente Polaroid-Fotos als Cover ihrer Musikalben, wodurch Polaroid-Fotos bei jungen Erwachsenen an Beliebtheit gewinnen.

Eine Freundin mit einer Polaroid-Kamera, © Shanting Hu

Als Werkzeug zur Kommunikation mit Menschen

Wenn Menschen Polaroid-Fotos nicht nur zum Aufzeichnen des persönlichen Alltags, sondern auch zum Aufzeichnen von Reisen und anderen Personen verwenden, bringen Polaroid-Fotos die Menschen einander näher. Erzeugt wird diese Art der Kommunikation durch den Fotoapparat in Zusammenspiel mit den fotografierten Menschen. Als der berühmte französische Fotograf Eric Lafforgue nach Nordkorea reiste, wollte er Polaroid-Fotos ursprünglich als kreative Technik einsetzen, um die Landschaft abzubilden. Er entdeckte jedoch bald, dass Polaroid-Fotografie der beste Weg war, um mit den Einheimischen zu kommunizieren. Jedes Mal, wenn Eric Polaroid fotografierte, stellte er fest, dass er die Koreaner auf eine andere, neue Art und Weise beobachten konnte. In dem folgenden Zitat beschreibt er zum Beispiel die emotionale Reaktion frisch verheirateter Paare auf Polaroid-Fotos:

„Jedes Paar wird am Hochzeitstag nach Vanda kommen, um die Statuen der Pjöngjang-Führer zu würdigen. Wenn sie in ihre Gesichter schauen, sieht es nicht nach einer glücklichen Zeit aus, sie sehen zu ernst aus. Aber als sie ihre Fotos in Polaroid sahen, begannen sie zu lächeln, sogar zu lachen und vergaßen diese ernste Etikette!“

7 Kommentare
  1. Lisa Ellinger
    Lisa Ellinger sagte:

    Was ich an Polaroid Fotos so schön finde: man fängt meistens ganz bewusst die besonderen Momente ein – die, die man wirklich fest halten will. Mit dem Smartphone wird so vieles dokumentiert, egal wie viel Bedeutung es für einen hatte.
    Die ‚Vergänglichkeit‘ von digitalen Fotos habe ich auch schon erlebt. Nach einer richtig schönen Geburtstagsfeier, bei der tolle Fotos entstanden sind, ist mein Handy am nächsten Tag kaputt gegangen – die Fotos waren auf dem Gerät gespeichert und daher unwiderruflich verloren. Das hat mich richtig geärgert und traurig gemacht. Hätten wir an dem Abend eine Polaroid Kamera gehabt, würden die Fotos jetzt bestimmt noch an meiner Lichterkette hängen 🙂

  2. Costanza Terino
    Costanza Terino sagte:

    Das ist interessant: Ich beobachte schon seit einiger Zeit einen Trend zum Polaroid. Zum Beispiel können für Feste und Veranstalltungen sogenannte „Fotoboxen“ gemietet werden. Die Polaroid-Bilder sind für die Gäste der letzte Schrei und die „Fotobox“ ist während der Veranstalltung meist ausgelastet und non stop im Gebrauch. Polaroid-Bilder werden so zu wunderbaren Erinnerungen und einzigartigen Suveniers. Danke für den schönen Artikel!

  3. Ann-Christine Strupp
    Ann-Christine Strupp sagte:

    Polaroid-Fotos haben wirklich einen ganz besonderen Charme, und auch eine tolle Optik! Leider sind sie, soweit ich weiß, nicht so toll für die Umwelt. Aber im Endeffekt benutzt man die Kamera ja – wie hier auch schon erwähnt wurde – nur in ganz besonderen Momenten, und macht nicht wie mit dem Smartphone tausende Fotos. Eigentlich echt schade, wie inflationär Fotos heute geschossen werden. Ich habe oft das Gefühl, dass sich mehr darauf konzentriert wird, als wirklich darauf, den Moment zu genießen und mit den eigenen Augen aufzufangen. Aber das ist nochmal ein anderes Thema…

  4. Anne Schneider
    Anne Schneider sagte:

    Ich besitze zwar keine eigene Polaroid-Kamera, doch finde, dass Polaroid-Fotos besser in Erinnerung bleiben und meist größeren Wert besitzen als die unzähligen Bilder, die man mit dem Smartphone aufnimmt; vor allem, da man jene physisch anfassen, in der Hand halten und in seiner Wohnung aufhängen kann (während man digitale Fotos heute nur noch selten entwickeln lässt). Ich selbst fotografiere gerne mit einer analogen Spiegelreflexkamera. Dadurch, dass man mit einem Film nur eine begrenzte Zahl an Fotos schießen kann, nimmt man sich mehr Zeit für’s Fotografieren und konzentriert sich bewusster auf Motiv und Bildkomposition. Die geschossenen Bilder bekommt man schließlich erst nach dem Entwickeln zu sehen, sodass man seine Neugier (sind die Bilder etwas geworden? Habe ich immer die richtige Blende gewählt? Hoffentlich ist nichts unscharf…) erst einmal zügeln muss. Bilder, die ich also wirklich auf Papier habe – vielleicht in ein Album eingeklebt – haben für mich persönlich größeren Wert als Bilder im digitalen Format.

  5. Lioba Wunsch
    Lioba Wunsch sagte:

    Mir fällt auch immer wieder auf, welche Masse an Fotos ich digital mit mir „herumschleppe“, ohne dass jemals etwas mit diesen Fotos geschieht. Vielleicht schaffen sie es irgendwann noch auf die Festplatte meines Computers und fristen dann dort ihr Dasein – ziemlich traurig. Ein Polaroid-Foto hat hingegen eine ganz andere Bedeutung, wohl auch weil man es physisch in der Hand halten kann. Diese Bilder kommen in ein Album oder an die Zimmerwand. Natürlich spielt hier auch der Charme des Retro-Looks eine Rolle, das merke ich auch bei mir. Die Entwicklung dieser Retro-Trends inmitten der Digitalisierung finde ich sehr spannend und bin gespannt, wie es weitergehen wird.

  6. Larissa Dahner
    Larissa Dahner sagte:

    Ich beobachte den Trend zurzeit auch extrem. Egal ob auf Hochzeiten, Geburtstagen oder bei sonstigen Festen. Dort werden Erinnerungen mit einer Polaroid Kamera oder auch in Fotoboxen geschossen, die man direkt ausdrucken und mitnehmen kann. Man erhält eine ganz besondere Erinnerung und kann sie mit sich tragen. Des öfteren habe ich auch schon digitale Bilder von meinem Handy in Polaroidform entwickeln lassen, einfach weil mir die Form besonders gut gefällt.

  7. FredericaTsirakidou
    FredericaTsirakidou sagte:

    Der Reiz an Polaroid Fotos ist irgendwie, dass man nur einen Versuch hat. Keine 20 Selfies auf dem Handy, sondern nur ein einziger Versuch. Manchmal stimmt das Licht nicht ganz oder das Grinsen ist schief, aber trotzdem hängt man sich gerne alle an die Wand. Schön wenn man etwas in der Hand halten kann und es nicht mit der Zeit in den Tiefen des Computers verschwindet. Besonders hat mir die Geschichte am Ende gefallen die, die Reaktion auf Polaroid Kameras anschaulich zeigt.

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