Felix ist ein schöner Mann, der auf schöne Männer steht. Und dabei hat er eine ganz genaue Vorstellung, was das bedeutet: groß, sportlich und behaart sollte er sein. „Behaarung macht einen Mann männlich“, sagt der 24-Jährige und schwenkt genüsslich sein Glas Weißwein-Spritz.
Es ist später Nachmittag und wir genießen die freien Stunden mit der Aussicht von seinem Balkon im zehnten Stock. Wie so oft reden wir über Themen, die zur Sektlaune gehören, wie kreative Wortspiele zu Friseursalons. Jeder hat seine sexuellen Vorlieben. Bei Felix ist es dunkles, dichtes Körperhaar an den richtigen Stellen. „Ein sexy behaarter Mann hat einen Dreitagebart. Das bringt Kanten ins Gesicht, sogar bei den schmächtigen Jungs. Perfekt ist es, wenn sich die Behaarung an der Brust nach unten hin verjüngt. Dann hat man diesen schmalen Streifen unter dem Bauchnabel.“ Er fährt die beschriebene Körperstelle mit dem Finger nach und zwinkert mir zu. „Der Pfad zum Glück?“, lache ich und nehme noch einen Schluck.
Turn-On
Felix zeigt mir Bilder von diversen Verflossenen. Gemeinsam analysieren wir die mehr oder weniger geschmacklosen Posen. Es scheint, als sei echte Akrobatik gefragt, um sich für Nacktbilder ins richtige Licht zu rücken. Bei einem Bild stoppt er und zieht das Handy näher an die Augen. Er grinst: „Ich hatte mal was mit einem Typen, der hatte einen total behaarten Arsch“, Felix stoppt und schaut mich unschuldig an. „Nicht, dass es hier jetzt zu schlüpfrig wird.“ Wir müssen beide laut auflachen – der Zug ist abgefahren, vor Jahren.
Mein fabelhafter Freund erklärt mir, dass seine Begeisterung vor allem einem dicht bewachsenen Hintern gilt. Als er von dem „unbeschreiblichen“ Gefühl berichtet, einen solchen zu streicheln, muss ich unwillkürlich an einen fröhlichen Rauhaardackel denken. Aber das behalte ich für mich. Immerhin bei der Beinbehaarung sind wir uns einig und Felix findet, wie so oft, die treffenden Worte: „Bei rasierten Männerbeinen hört der Spaß auf – das hat was von einem Nacktmull.“ Darauf prosten wir uns feierlich zu.
Ein Fetisch?
Felix lebt nach dem Motto: mehr ist mehr. Und so kann er sich auch für Achselbehaarung begeistern: „Das hat einfach was Animalisches. Vielleicht sind das Urinstinkte, die da bei mir aufkommen.“ Von dem exotisch klingenden Wort Trichophilie hat er allerdings noch nicht gehört. Trichophilie ist der Fachbegriff für Körperhaarfetischismus. Ein Fetisch? Das klingt verboten. Bei einem Fetischisten hat man den Glatzenmann mit Hornbrille vor Augen, der gerne mal seinen Trenchcoat öffnet. Manche denken an eine gebückte Gestalt im Lackkostüm, die auf Kommando schmutzige Sohlen sauber leckt. Eine kurze Internetrecherche zeigt jedoch, dass diese verstörenden Szenarien vor allem ein Produkt meiner verkorksten Fantasie sind. Ein Haarfetischist verspürt einfach nur sexuelle Erregung beim Anblick oder der Berührung von Haaren. Allerdings wird darauf verwiesen, dass sich diese Art des Fetischismus durch seine „Abnormale Beschäftigung mit Haaren“ und seine Triebhaftigkeit auszeichne. Attribute, die der fabelhafte Felix zumindest mir gegenüber nie erwähnt hat. Sexuelle Erregung beim Anblick einer prächtigen Brustmatte zu empfinden ist eine Sache, aber ist Felix mit dieser Vorliebe bereits ein Fetischist?
Vielleicht geht er auch einfach mit der Mode. Achselhaare und Bärte erleben seit geraumer Zeit eine Renaissance. Noch vor wenigen Jahren waren Körperhaare, insbesondere unter den Armen, aus dem Blick der Öffentlichkeit verbannt. In teuren Werbekampagnen waren „glatt und glänzend“ die Attribute für den perfekten Körper. Heute darf es wieder etwas ursprünglicher sein. Auch Felix weiß das und gibt zu: „Früher wären Haare für mich ein totales No-Go gewesen. Aber das Auge gewöhnt sich eben an Dinge. Was man oft sieht, das wird dann normal und Tabus werden gebrochen.“
No-Go
Trotzdem ist Haar nicht gleich Haar. Eine dünne, fleckige Behaarung akzeptiert mein anspruchsvolles Gegenüber nicht. Helle oder gar dünne Achselhaare stoßen ihn eher ab – das wirke viel zu pubertär. „Männer mit dünnen Haaren – wer findet das denn heiß? Einem Mann mit dichtem Seiten- aber dünnem Haupthaar würde man ja auch empfehlen, einen kompletten Kahlschlag zu wagen. Das kann man doch auf den Körper übertragen.“
Voll und dunkel müsse es sein, aber dabei auf jeden Fall gepflegt. Bei Flusen im Fell hört der Spaß auf. Entlausen gehört für Felix nämlich nicht zum Vorspiel: „Affen sind nicht sexy.“ Auch bei der Länge zieht er klare Grenzen. Wenn man(n) die Haare flechten könne, so Felix, dann sollte man(n) mit dem Rasierer und der Schablone ran. Zwischen einem und zwei Zentimeter lang soll es sein, das vermeintlich perfekte Körperhaar. Und vorzugsweise befindet es sich weder auf dem Fuß noch auf dem Rücken.
Auf die Frage, was er denn von weiblicher Körperbehaarung halte, kommt die Antwort prompt: „Bitte nur von den Wimpern aufwärts. Ich stehe zwar nicht auf Frauen, aber ästhetisch ansprechend dürfen sie schon sein.“ Während ich meine semi-rasierten Beine unter dem Maxi-Kleid verstecke, denke ich mir: Felix, wenn man dich nicht kennen würde, könnte man meinen, du bist ein bisschen oberflächlich.
Weitere differenzierte Betrachtungen zum Thema „Haare“ gibt es auf zwischenbetrachtung.de.
Sehr unterhaltsam geschrieben 🙂 auf jeden Fall ein anspruchsvoller Gesprächspartner, wenn es um Haare geht, denn gegen zum Beispiel dünnes Haar kann man ja in der Regel selbst nicht sehr viel unternehmen.