Es ist 16 Uhr an einem sonnigen Freitagnachmittag. Während der Großteil Deutschlands seine Sachen packt, das Büro oder den Arbeitsplatz verlässt und voller Vorfreude in den Feierabend und das Wochenende startet, geht es für Marco erst los mit der Arbeit: In weißem Hemd und schwarzer Hose poliert er Besteck und Gläser und deckt Tische ein: Sein Arbeitsplatz ist das Restaurant eines großen Golfclubs in Süddeutschland – ein beliebtes Ausflugsziel, nicht nur für Golfer.

Der Golfclub hat die ganze Woche geöffnet – sieben Tage die Woche. Die Mitarbeiter haben eine 6-Tage-Woche. Also einen freien Tag wöchentlich, so erzählt Marco mir in unserem Gespräch. Aber:

„Man hat natürlich nicht am Wochenende frei, weil da natürlich die Großkampftage sind.“

Marco arbeitet vorübergehend als Kellner in dem Restaurant des Golfclubs, bis sein Promotionsstudium beginnt. Seine Schicht tritt er in der Regel um 12 Uhr mittags an. Denn im Golfclub gibt es von 11 Uhr bis 21 Uhr durchgehend warme Küche. Seine Aufgaben sind es, die Tische einzudecken, den Gästen Speisen und Getränke zu bringen, die Tische abzuräumen und dafür zu sorgen, dass sich die rund 500 Besucher pro Tag rundum wohl fühlen. Da es ohne Pause warme Küche gibt und die Golfer mal Golf spielen und mal bei Speis und Trank ein Päuschen einlegen, ist immer was los; kaum Zeit für Pausen, so Marco. Wann der Tag endet, liegt weder in Marcos Hand, noch in der seines Chefs:

„Abends richtet sich der Feierabend danach, wie lange die Leute bleiben.“

Und das wiederum hängt vom Wetter ab, vom Wochentag und von der Stimmung auf der Terrasse oder im Restaurant.

Golfer sind Genießer

Gut gelaunt, entspannt und in Vorfreude auf ein paar schöne Stunden nehmen die Gäste im Restaurant des Golfclubs Platz. Marco bringt ihnen die Speise- und Getränkekarte an den Tisch und serviert kurze Zeit später die bestellten Getränke, mit denen die Herrschaften auf die gemeinsame (Frei)Zeit anstoßen – während Marco mit der Essensbestellung in die Küche eilt und sie dort abgibt.

„Die Leute haben meistens Zeit. Sie genießen das Wetter oder die schöne Zeit zusammen.“

Die Golfer kommen an jedem Tag der Woche, zu jeder Uhrzeit; sie scheinen viel Freizeit zu haben. Golfer, so Marcos Eindruck, sind Genießer. Sie freuen sich über ein schönes Glas Wein oder ein kühles Bier und essen gerne leckere Speisen – die sie im hochpreisigen Golfclub auch bekommen. Allerdings sind die Erwartungen der Gäste dementsprechend hoch und die Enttäuschungen tief, wenn etwas nicht stimmt. Doch zum Glück ist das Team des Golfclubs eingespielt und motiviert, sodass es kaum Grund zur Beschwerde gibt.

Ganz schön viel Arbeit!

Winkende Hände, leere Gläser, wartende Gäste, drängelnde Köche – so ein Arbeitsalltag als Kellner kann schon ganz schön stressig werden, vor allem bei durchgehend warmer Küche. Zu jeder Zeit können die Gäste sich hier etwas bestellen. Ob ein stärkendes Mittagessen vorm Golfen, Kaffee und ein Stück Kuchen am Nachmittag oder ein feierliches Abendmahl nach gewonnenem Golfturnier. Jede dieser Speisen bringen Marco und seine Kollegen an die Tische, eines nach dem anderen. Und wenn ein Tisch frei wird, kommen gleich die nächsten Gäste, die sich eine schöne Zeit machen wollen.

„Das kann natürlich anstrengend werden: Wenn man schon einen langen Tag hatte und dann kommen noch mehr Leute, die gut drauf sind und lange bleiben wollen.“

Marco sieht die Arbeit in der Freizeit zweigeteilt: Auf der einen Seite, so sagt er, ärgert er sich manchmal: Seine Gäste genießen ihre Freizeit, während diese für ihn Arbeitszeit ist.

„Allgemein ist es an sich nicht schön, wenn alle frei haben und man selbst muss arbeiten, aber so ist das halt in der Branche.“

Eine Branche, in der man sich damit abfinden muss, dass die Arbeitszeiten sich stark nach dem Kunden richten; es gibt nun mal nur Arbeit, solange es Gäste gibt:

„Die Gastronomie lebt davon, dass Leute kommen. Und die kommen nur, wenn sie nicht arbeiten müssen.“

Auf der anderen Seite ist es natürlich schön, so Marco, wenn die Leute gut drauf sind; im Gespräch vergleicht er seine Arbeit mit der von Bäckereiangestellten: Die haben zwar geregelte Arbeitszeiten, doch sind die Kunden besonders am Morgen im Stress, weil sie zur Arbeit müssen oder sonstige Verpflichtungen haben. Das ist in seinem Beruf nicht der Fall – bei ihm landen die Gäste, nachdem der stressige Tag überstanden ist. Es ist für ihn außerdem ein gutes Gefühl, wenn seine Gäste die Zeit in seiner Obhut genießen und sich wohl fühlen. Er freut sich, wenn ein nettes Gespräch mit den Gästen entsteht oder sie sich für seine gute Arbeit bedanken. Und natürlich bringt auch das Trinkgeld stets ein Lächeln auf seine Lippen! Die Dankbarkeit und Freude der Gäste und das gute Trinkgeld sind für Marco Grund genug diesen Beruf auszuüben.

1 Antwort
  1. Yanzhu Bao
    Yanzhu Bao sagte:

    Gut geschrieben und klare Struktur! Manchmal habe ich mich auch gewundert, wie die Kellner sich fühlen, wenn ich z.B. in einer Cafeteria am Samstag Tea trinke und sie arbeiten. Sie wollen auch eine Pause machen und genießen am Wochenende die Zeit mit Familien oder Freunden. Von mir aus würde ich mich freuen darüber, Trinkgeld zu bekommen und ein „Danke schön“ zu hören, wenn ich eine Kellnerin wäre und am Wochenende arbeiten müsste.

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