Gesundheitliche Probleme, der Arbeitgeber wird insolvent oder man findet nach dem Abschluss nicht gleich eine Stelle – schon ist man arbeitslos. Das musste Janik Scheppert* (25) zweimal erleben. Als er sich bei der Bundesagentur für Arbeit meldete, wurde er zur Teilnahme an bestimmten Maßnahmen verpflichtet, etwa Bewerbungstrainings. Diese sollten ihm helfen, in den Arbeitsmarkt einzusteigen. 

Laut der Bundesagentur für Arbeit waren 2.216.000 Menschen im Juni 2019 arbeitslos. Das sind zwar 60.000 weniger im Vergleich zum Vorjahr, aber dahinter stehen unzählige, teils tragische Geschichten wie die von Janik Scheppert*. Er erzählt in diesem Interview von den Maßnahmen der Arbeitsagentur, seinen Gefühlen während der Arbeitslosigkeit und davon, wie er es heraus geschafft hat. Die Maßnahmen sind verschiedene Mittel der Arbeitsagentur, die Menschen bei der Arbeitsfindung unterstützen sollen.

Wie sind Sie arbeitslos geworden, Herr Scheppert?

Beim ersten Mal war ich 16 Jahre alt und gerade mit der Schule fertig. Mein Vater war arbeitslos und meine Mutter die Alleinverdienerin. Er hat mir angekündigt mein Gehalt zu beanspruchen, wenn ich anfange zu arbeiten. Das sei ja normal. Dagegen habe ich mich aufgelehnt und fiel dadurch genau wie er in die Arbeitslosigkeit. Nachdem mein Vater verstorben war, fing ich an etwa ein Jahr in der Firma meiner Mutter zu arbeiten. Aber ich musste den Job wegen eines dreifachen Bandscheibenvorfalls wieder aufgeben. Zum Glück habe ich dann eine Teilzeitstelle in der Krankengymnastikpraxis gefunden, bei der ich in Behandlung war. Bei meinem ersten Besuch im Jobcenter hat mich meine Mutter begleitet. Leider war die Mitarbeiterin dort sehr steif, als es um die Maßnahmen ging: „Du musst das machen, sonst kürzen wir dir das Geld.“ Aber es gibt dort auch sehr nette Menschen, die einem wirklich helfen wollen.

Welche Maßnahmen mussten Sie besuchen?

Zuerst eine zweiwöchige Maßnahme dazu, wie ich eine Bewerbung schreibe. Das ist bestimmt für diejenigen sinnvoll, die schon länger aus der Schule heraus sind oder einen Migrationshintergrund haben. Es wird noch einmal vermittelt, wie man sich bei Bewerbungsgesprächen am besten geben kann und ein Bewerbungsschreiben richtig formuliert. Danach war ich ein Jahr lang bei der Fortbildungsschule Grone in einem Trainingscallcenter. Aber oft saßen wir von acht bis 15 Uhr nur am PC und haben uns selbst beschäftigt, weil es keine Aufgaben für uns gab. Anschließend war ich ein Jahr bei Plus Punkt, das ist ein Förderangebot für Menschen unter 25 Jahren. Auch dort habe ich mich mit Bewerbungen beschäftigt. Ich fand die Maßnahme nicht sehr hilfreich, da wir eine Gruppe von etwa 30 Leuten waren und von nur einem Dozenten betreut wurden. Der kann sich natürlich nicht um alle intensiv kümmern.

„Ich habe mich teilweise sehr gedemütigt gefühlt.“

Wie haben Sie sich während der Coachings gefühlt?
Fördermaßnahme, Foto von Lina Krivoshieva

Fördermaßnahme, Foto von Lina Krivoshieva

Ich habe zwar nur die Mittlere Reife, weil ich wegen Mobbings die Schule nicht weiter besuchen wollte, aber ich war dort extrem unterfordert. Einerseits saß ich mit Leuten in den Maßnahmen zusammen, die sich wegen schlechter Deutschkenntnisse mit dem Einstieg in den Arbeitsmarkt schwer taten. Andererseits waren da Menschen, bei denen man genau gemerkt hat, dass sie gar nicht arbeiten wollten. Der Gedanke mit ihnen gleichgestellt zu werden, war sehr demütigend.

Fanden Sie die Maßnahmen gerechtfertigt?

Da würde ich klar Nein sagen. Ich kam gerade aus der Schule, kann mich gewählt ausdrücken und meiner Meinung nach haben mir die Maßnahmen den Einstieg sogar erschwert. Ich hatte währenddessen keine Zeit, eigenständig nach einer Stelle zu suchen. Wenn man in einem Geschäft oder einer Firma nach einem Arbeitsplatz gefragt hätte, hätte man gleich eine Bestätigung für die Arbeitsagentur mitbringen müssen.

Fanden Sie die Qualifizierungen für den Einstieg in den Arbeitsmarkt geeignet?

Ich finde, dass die Förderungen nicht für diejenigen geeignet sind, die einfach eine neue Arbeit suchen, weil sie ihre unter unglücklichen Umständen verloren haben. Dort waren auch Gymnasiasten und andere, bei denen ich gedacht habe: Sie gehören hier einfach nicht hin. Die Maßnahmen sind zu wenig auf die individuelle Situation der Menschen abgestimmt.

„Ich habe es allein geschafft.“

Waren die Angebote sinnvoll für Sie?

Mir haben sie nichts gebracht. Ich verstehe aber, warum es diese Maßnahmen gibt und ich halte die Bewerbungscoachings über zwei Wochen gerade für diejenigen sinnvoll, die Schwierigkeiten damit haben. Die einjährigen Maßnahmen schaffen meiner Meinung nach nur einen strukturierten Tagesablauf. Sie helfen bestimmt Menschen, die sich diesen Tagesablauf in der Arbeitslosigkeit nicht erhalten können.

Haben Sie durch diese Maßnahmen aus der Arbeitslosigkeit herausgefunden?

Nein, ich habe es beide Male ohne die Förderangebote geschafft, einmal mit der Unterstützung meiner Mutter.

Wussten Ihre Freunden von Ihrer Arbeitslosigkeit?

Ja, meine Freunde wussten Bescheid und haben mich unterstützt, wo sie konnten. Sie haben mir keine Predigten oder Ähnliches gehalten.

Herr Scheppert, vielen Dank für das Gespräch.

 

* Name wurde geändert


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