Glas ist ein faszinierendes Material, das in der heutigen Welt allgegenwärtig ist – von den Fenstern in unseren Häusern bis hin zu den Bildschirmen unserer Smartphones. Doch wie wurde aus dem Werkstoff für hübsche kleine Gegenstände die transparente Füllfläche für Fensteröffnungen? In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Geschichte der Glasherstellung von den Glasbläsern der Antike bis zur modernen Glastechnologie.

Die Anfänge der Glasherstellung in der Antike

Die Ursprünge der Glasherstellung lassen sich bis in die Antike zurückverfolgen. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass die ersten Formen von Glas bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. im alten Ägypten und Mesopotamien entstanden sind. Die damalige Ofentechnik ließ nur die Herstellung von kleineren Objekten aus Glas zu. Zu dieser Zeit wurde Glas hauptsächlich als Glasur für Schmuck, Perlen und kleine Dekorationsgegenstände verwendet. Die Technik der Ägypter hatte sich bis 1500 v. Chr. erheblich verbessert. So konnten auch Glas für größere Gefäße hergestellt werden. Das älteste erhaltene Rezept zur Glasherstellung wurde auf Tontafeln niedergeschrieben und befindet sich in der Bibliothek des assyrischen Königs Assurbanipal (668 bis 626 v. Chr.). Die übersetzte Glasrezeptur lautet: „Nimm 60 Teile Sand, 180 Teile Asche aus Meerespflanzen und 5 Teile Kreide – und du erhältst Glas“.

Die Römer und die Blütezeit der Glasherstellung

Antikes römisches Fensterglas. 1. bis 4. Jahrhundert nach Chr. aus Straubing, Bayern, Deutschland

Die Römer spielten eine entscheidende Rolle in der Weiterentwicklung der Glasherstellungstechniken. Im 1. Jahrhundert v. Chr. entwickelten sie die Technik des Glasblasens, bei der Glas durch ein Blasrohr in verschiedene Formen gebracht werden konnte. Die Glasbläser bliesen mithilfe eines 1,5 Meter langen Metallrohrs komplexere und größere Glasgefäße in die verschiedensten Formen. Sie stellten Hohlglas (Glasbehälter), Flachglas (Fenster) und Mosaiksteine her.

In der römischen Zeit waren zudem Spiegelgläser mit einer überzogenen dünnen Metallschicht und die ersten Fensterscheiben bekannt. Im römischen Reich wurde Flachglas hergestellt, das für Glasfenster (specularia) verwendet wurde. Die Fenster der Römer hatten keine glatte Oberfläche, wodurch kein klarer Durchblick möglich war. Somit beleuchteten sie Räume und schützten vor dem Wetter. Dies zeigen Funde von den Thermen aus Pompeji, die 79 n. Chr. unter Lava begraben wurden. Für die Agrippatherme (um 19 v. Chr.) und der Nerotherme (um 62 n. Chr.) in Rom beweisen antike Texte die Existenz von Fensterscheiben.

Die Entwicklung der Glasmacherkunst wurde durch die Aufteilung in primäre Rohglasherstellung und sekundäre Glasverarbeitung stark vorangetrieben. Dies führte dazu, dass sich die Glaskunst schnell im gesamten Mittelmeerraum verbreitete. Mit der Ausdehnung des Römischen Reiches entstanden auch Glashütten in den nördlichen Provinzen, wie zum Beispiel in Gallien und in den Siedlungen Köln und Trier. Der Zusammenbruch des Römischen Reiches brachte im westlichen Teil des Imperiums einen abrupten Stillstand der reichen antiken Glaskunst mit sich. Die Glasherstellung und -verarbeitung verlagerte sich dann in das byzantinische Oströmische Reich, wo die Tradition weiterlebte.

Das Mittelalter und seine Glasherstellung

Tellerscheibe mit Bleifassung aus dem 16. Jahrhundert

Erst im Mittelalter blühte die Glasherstellung in Europa wieder auf. Im 9. Jh. n. Chr. erlebte das Glashüttenwesen nördlich der Alpen eine bemerkenswerte Wiederbelebung. Insbesondere große Abteien spielten dabei eine führende Rolle. Diese war besonders auf die steigende Nachfrage nach Fensterglas für die vermehrte Errichtung von Kirchen zurückzuführen. Die Fenster sollten die Innenräume der sakralen Bauwerke mit Tageslicht durchfluten und sie gleichzeitig vor den Einflüssen der Natur schützen. Infolgedessen wurden die Abteien zu dieser Zeit zu den bedeutenden Zentren der Glasproduktion. Sie stellten nicht nur Fenster, sondern auch Gefäße, Becher, Krüge und Flaschen her.

Im 13. Jahrhundert übernahmen weltliche Handwerker die Glasherstellung. Weil sie eine Menge pflanzliche Asche und Holz benötigten, errichteten sie ihre Glashütten im Wald. Eine besondere Errungenschaft des späten Mittelalters ist außerdem die Herstellung der ersten Brillen aus Glas zur Korrektur von Fehlsichtigkeit im 13. Jahrhundert.

Die Neuzeit und das moderne Fenster

In der frühen Neuzeit spielte Glas eine bedeutende Rolle als Material. Anfangs war es hauptsächlich den Eliten vorbehalten, doch ab der Mitte des 17. Jahrhunderts wurde es allmählich erschwinglicher und zum Standard.

Wie bereits in den früheren Epochen wurden Hohl- und Flachglas als Rohlinge in Glashütten hergestellt. Das Flachglas wurde nach der Produktion in Fensterscheiben verarbeitet. Die Scheiben waren durch das Verfahren auf eine maximale Größe von 1,20 Meter mal 2 Meter beschränkt. Beim Adel waren Fensterscheiben bereits im 15. Jahrhundert zum Standard geworden, im Bürgertum besaß nur die Oberschicht Glasfenster. Für die Unterschicht galten Fenster als unbezahlbarer Luxus. Bauern nutzen einfache Butzenscheiben, bis auch sie sich am Ende des 18. Jahrhunderts gläserne Scheiben leisten konnten.

Im Verlauf des 20. Jahrhunderts erlebte die Glasproduktion eine beeindruckende Entwicklung. Eine Reihe wegweisender Erfindungen ermöglichte schließlich die automatisierte Herstellung großer Mengen hochwertiger und kostengünstiger Glasscheiben. Dabei entstanden verschiedene Verfahren zur Herstellung von Flachglas, wie das Floatglasverfahren, das Libbey-Owens-Verfahren, das Pittsburgh-Verfahren oder das Fourcault-Verfahren.

Somit kennt die Erfindung der Glasherstellung eine faszinierende Geschichte, die Jahrtausende umspannt. Von den frühen Anfängen in der Antike bis hin zu den modernen Innovationen hat sich Glas zu einem unverzichtbaren Material in unserem Alltag entwickelt.

 

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  2. […] Fenster aus Glas gibt es schon eine ganze Weile, aber das Öffnen stellt die Menschheit immer wieder vor Probleme. Die Krux: die Griffolive, also der Griff des Fensters, muss eine kreisförmige Drehbewegung ermöglichen, um den Verschluss des Fensters in verschiedene Modi freizugeben. Erst im zwanzigsten Jahrhundert, als das Kanteneckgetriebe auf den Markt kam, war es möglich, Fenster sowohl wie eine Tür zu öffnen, als auch um bis zu 15 Grad zu kippen. […]

  3. […] zur Zeit der Römer wurden in Europa die ersten Fenster aus Glas hergestellt. Es waren kleine, sehr unregelmäßige Scheiben und der Prozess außerordentlich teuer. […]

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