Die Nase des Hundes ist in vielen Bereichen der Spurensuche unersetzlich. Gerade bei der Vermisstensuche sind Arbeitshunde nicht mehr wegzudenken. Ihre Nase nimmt kleinste Geruchspartikel wahr, die für uns Menschen im Verborgenen bleiben. Doch wie ist das, wenn Hunde zur Arbeit gehen?
Wenn Personen vermisst werden, wird zuerst die Polizei gerufen. Im Anschluss wird die Rettungsstaffel mit ihren Flächensuchhunden eingesetzt. Wenn die Rettungshunde erschöpft sind oder die Suche bislang erfolglos war, kommen sogenannte Mantrailing-Hunde als dritte Garde zum Einsatz. Mantrailing-Hunde suchen Vermisste anhand des Individualgeruchs. Das heißt, dass sie der tatsächlichen Geruchsspur einer einzelnen Person nachgehen. Mantrailing-Hunde sind überwiegend bei der Personensuche in der Stadt gefragt, können aber auch im Wald eingesetzt werden, wenn die Baumdichte gering ist.
Personensuche anhand des Individualgeruchs
Noris Bleher bildet seit sechs Jahren Hunde zum Maintrailen aus. Sie selbst hatte vor 13 Jahren damit ihre ersten Berührungspunkte. Bei den Maltesern bildete sie ihre Hündin Ayla zunächst zur Flächensuche aus und nahm an vielen Weiter- und Fortbildungen teil. „Ayla verausgabte sich körperlich sehr bei der Flächensuche, und so traute ich mich an das Thema Mantrailen heran“, erzählt Bleher. Auch wenn sie heute als freie Trailerin unterwegs ist und keiner Staffel oder Organisation angehört, arbeitet und trainiert sie eng mit Rettungsstaffeln und anderen Einsatzkräften zusammen. Doch nicht jeder, der bei ihr zum Training kommt, muss auch die Prüfung ablegen. Noris Bleher ist es wichtig, dass Mensch und Hund zusammen funktionieren und Spaß beim Mantrailing haben. Dennoch ist es für die Mensch-Hund-Gespanne ein großer Ansporn, die Prüfung zu bestehen und an realen Einsätzen teilnehmen zu können. „Bei der Arbeit mit den Hunden ist es wichtig, dass man seinen Hund lesen lernt. Deshalb dauert die Ausbildung der Mensch-Hund-Gespanne auch zwei bis drei Jahre“, meint Bleher.
Doch was ist Mantrailing genau? „Als Mantrailen bezeichnet man die Personensuche“, so Bleher. „Der Hund sucht anhand des Individualgeruchs nach der vermissten Person. Jeder Mensch hat einen individuellen Eigengeruch. Den Geruch geben wir an die Umgebung ab. Im Gegensatz zur Fährtensuche geht es beim Mantrailing nicht um die Bodenverletzung, die man beim Laufen hinterlässt, sondern um die Duftspur. Deshalb arbeitet der Hund nicht zwingend mit einer tiefen Nase.“ Durch den Wind kann es sein, dass die Geruchsspur bewegt wird. Der Hund arbeitet mit der Nase die Umgebung ab, immer auf der Suche nach diesem speziellen Geruch. Selbst wenn der Wind diese verschoben hat, kann der Hund mit seiner feinen Nase die Duft Spur des Vermissten genau erkennen. Hat er die Spur gefunden, geht der Hund ihr gezielt nach. „Das unterscheidet Personensuchhunde von Flächensuchhunden. Flächensuchhunde zeigen dem Menschen jede sitzende oder liegende Person im Umkreis an. Ein Mantrailer jedoch geht nur einem bestimmten Geruch nach und sucht diese eine Person.“
Übungstag für die Azubis
Auf einem Waldparkplatz auf der Schwäbischen Alb warten vier Hunde gespannt im Kofferraum darauf, dass es endlich losgeht. Es steht ein Blind-Trail an, das heißt es wird – als Teil der Ausbildung – eine reale Vermisstensuche simuliert. Weder Mensch noch Hund wissen, wo sich die gesuchte Person befindet. Der Mensch muss sich voll auf den Hund verlassen. Wird das spezielle Zuggeschirr ausgepackt, wissen die Hunde: Jetzt geht’s an die Arbeit. Als Erstes hält man ihnen einen Gegenstand vor die Nase, welcher stark nach der vermissten Person riecht. Am Besten eignet sich hierfür ein getragenes Kleidungsstück wie etwa ein T-Shirt. Anhand dessen sollen die Hunde die Geruchsspur des Vermissten finden. Kurz den individuellen Geruch inhaliert, und schon geht es der Spur hinterher.
Vertrauen ist alles
Das Gespann muss sich in jeder Situation aufeinander verlassen können. Der Mensch muss erkennen, ob der Hund noch auf der richtigen Spur ist, einen Richtungswechsel anzeigt, oder die Konzentration nachlässt und der Hund einfach nicht mehr kann. Zeigt der Hund ein sogenanntes Negativ an, wird kehrt gemacht. Hier ist die gesuchte Person nicht weiter gegangen oder hat umgedreht. Auch wenn zuvor Fußgänger, Radfahrer oder Wild den Weg gekreuzt haben, darf sich der Hund nicht beirren lassen. Das ist gerade dann schwierig, wenn nach dem Aufnehmen des Geruchs die Richtung gefunden werden muss, in welche die Person gegangen ist. Wenn der Vermisste gefunden wurde, gibt es eine große Portion Futter als Belohnung. „Gerade am Anfang ist es für die Hunde wichtig, die vermisste Person auch zu finden. Die Hunde haben ein Erfolgserlebnis und bleiben motiviert“, so Noris Bleher. Nur wenn die Hunde Spaß bei der Arbeit haben, bleiben sie konzentriert dabei. Lässt die Konzentration nach, wird die Suche unsauber. „Ein Hund ist halt auch keine Maschine. Auch sie kommen an ihre Grenzen.“ Nach dem Finden der Person sind die Hunde richtig zufrieden und entspannt. Ihre Arbeit hat sich gelohnt und ausgezahlt.
„Viele fallen bei der Prüfung durch. Der Prüfungsstress ist zu groß, und das überträgt sich auf die Hunde. Plötzlich wissen die Hunde nicht mehr, was das Ganze eigentlich soll und können gar nichts mehr.“ Aus diesem Grund übt Bleher keinen Druck auf ihre Gespanne aus. Denn im realen Einsatz sind Mensch und Hund auch aufgeregt. Schließlich geht es darum, eine vermisste Person so schnell wie möglich zu finden. Das Mensch-Hund-Team muss also großem Stress standhalten können und gerade dann funktionieren. Diese Sicherheit erreicht man nur durch regelmäßiges Training und Vertrauen in sich selbst und seinen Hund.
Ist das noch Arbeit?
Für keinen der Hunde sieht das Trailen nach Arbeit aus. Ruhig, aber gespannt warten sie auf ihren Einsatz. Sobald das Zuggeschirr angezogen und die Leine eingehakt wird, sind sie voller Freude und gleichzeitig hoch konzentriert. Der Mensch am anderen Ende der Leine wird aber nicht einfach nur hinterher gezogen, nach dem Motto der Hund macht das schon. Es ist wichtig, dass man die Körpersprache seines Hundes lesen lernt, gleichzeitig muss die Leine ständig leicht auf Zug sein und immer wieder ausgegeben oder eingeholt werden. „Wenn die Leine durchhängt wird der Hund bei der Arbeit alleine gelassen“, so Noris Bleher. „Er soll zwar selbstständig arbeiten, eben auch Entscheidungen treffen, wo der Weg weitergeht, aber mit Zug auf der Leine ist es wie eine Rückendeckung und das Mensch-Hund-Team wächst mehr zusammen.“
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Man sagt immer, dass Hunde gute Freunde von Menschen sind. Ich finde es sehr gut, dass sie uns auch bei Personensuche helfen können. Aber es ist wichtig, dass sie nicht überfordert und nach der Arbeit belohnt werden:).