Wir alle wissen, aus Holz wird Papier hergestellt. Irgendwie. Ganz genau können wahrscheinlich die wenigsten von uns Auskunft darüber geben. Umweltschädlich soll es vonstattengehen. Aus Holz entsteht Papier, das ist sicher. Doch steckt in jedem Papier Holz? Das scheint nicht ganz so eindeutig zu sein. Denn es gibt sie: Alternativen zu konventionellem Papier. Einer dieser Alternativen wird eine große Zukunft vorausgesagt: dem Graspapier.
Beim Anblick ein weiches, angenehmes Grün vor Augen. Unter den Fingerspitzen das bestimmte Gefühl leichter, natürlich anmutender Unebenheiten. Einmal tief Luftholen und dann den Geruch in der Nase von frisch gemähtem Gras. Man kann die Kühe auf der Weide förmlich Muhen hören, den Bauernhof in der Ferne sehen, die warme Sommersonne auf der Haut spüren …
Aber Stopp. Was nach einem lauen Sommertag auf dem Land klingt, ist in Wirklichkeit etwas anders. In Wirklichkeit stehen wir in einem nüchternen Gebäude der Universität. Kein Bauernhof, keine Kühe, keine Sonne. Nur ein einzelnes Blatt Papier zwischen den Fingern. Es ist kein gewöhnliches Blatt Papier, es ist ein Blatt Papier gefertigt aus Gras, das diesen angenehmen Geruch nach frischem Heu versprüht.
Papierherstellung aus Gras – Warum?
„Vor einigen Jahren habe ich in einem Artikel gelesen, dass in Ländern wie Indonesien jedes Jahr Waldflächen abgeholzt werden, die so groß sind wie die Schweiz. Mein Gedanke war: Dagegen muss man etwas unternehmen. Wir haben unterschiedliche Fasermaterialien getestet und haben schnell festgestellt, dass Gras aufgrund der Tatsache, dass recht wenig Lignin darin enthalten ist, eine ideale Faser ist, um daraus Papier herzustellen“, so der Geschäftsführer Uwe D’Agnone der Creapaper GmbH in Hennef, Nordrhein-Westfalen. Unter seiner Leitung hat sich das Unternehmen darauf spezialisiert, verschiedenste Papier- und Kartonageprodukte nicht mehr auf herkömmliche Art, aus Holz, herzustellen, sondern aus der Alternative Gras. Das Gras wird dabei getrocknet und im Rahmen eines durch das Unternehmen selbst entwickelten und patentierten Verfahrens weiterverarbeitet. Im Gegensatz zur konventionellen Papierherstellung mit Holz kommt dieses alternative Verfahren ohne den Einsatz von Chemie aus. Zudem kann, Herstellerangaben zufolge, die CO2-Emmission um bis zu 75% reduziert werden. Ebenso sinkt der Wasserverbrauch auf 1% dessen, was er in Zusammenkunft mit Holz betragen würde.
Es sind vor allem Verpackungsmaterialien, die bei Creapaper gefertigt werden, Alternativen zu herkömmlichen Papierverpackungen, aber auch Alternativen zu Plastik und Co.
Technisch aufwendiger ist diese Art der Papierherstellung nicht. Es können dieselben Maschinen zum Einsatz kommen, die auch unter konventionellen Fertigungsbedingungen Verwendung finden. Hinzu kommen weitere Vorteile, die für die Alternative Gras sprechen: „Zum Beispiel ist Gras ein schnell nachwachsender Rohstoff und regional zu finden. Dementsprechend können die Transportwege kurz gehalten werden. Außerdem hat es wenig Lignin. Bei Rohstoffen mit höherem Ligningehalt muss dieser durch chemische Prozesse beseitigt werden.“, erklärt Andrea Küpper, Mitarbeiterin im Vertrieb der Creapaper GmbH, auf Nachfrage. Es ist mitunter diese Tatsache, welche die konventionelle Papierherstellung zu einer Umwelt belastenden Angelegenheit werden lässt. Holz besitzt einen recht hohen Anteil des natürlichen Klebstoffes Lignin (lat. lignum, Holz), der für die Festigkeit des Rohstoffes verantwortlich ist. Während Lignin wichtiger Basisbestandteil und Garant für typische Holzeigenschaften ist, den es bei dessen Weiterverarbeitung zu Möbelstücken oder im Hausbau zu erhalten gilt, kann Lignin in der Papierherstellung keine Verwendung finden und muss daher zu Beginn des Herstellungsprozesses chemisch entfernt werden. Dieser Vorgang fügt der Umwelt erheblichen Schaden zu.
Dennoch verzeichnet die Papierproduktion einen stetigen Anstieg. Allein in Deutschland werden jährlich etwa 22 Millionen Tonnen Papier aus Holz produziert. Demgegenüber stehen lediglich knapp 20 000 Tonnen Papier, die pro Jahr aus alternativen Rohstoffen hergestellt werden. Neben Gras, gibt es zahlreiche weitere schnell nachwachsende Alternativen, sogenannte einjährige Pflanzen. Hierzu zählen beispielsweise Flachs, Hanf, Sisal, Abaca, Jute oder Baumwolle.
Die auf dieser Grundlage gefertigten Papierendprodukte finden meist eine eher spezielle Anwendung, etwa für Wertpapiere, Filtrationsprodukte sowie für technische Anwendungen.
Eines der weltweit wenigen Unternehmen, das sich auf diese Art der Papierherstellung spezialisiert hat, ist CELESA mit Sitz in der Nähe von Barcelona. Doch auch wenn es einige Unternehmen gibt, die das nachhaltige Potential einjähriger Pflanzen im Feld der Papierherstellung erkannt haben und Ambitionen besitzen, dessen Ausbau weiter voranzutreiben, „werden sie herkömmliches Papier aus Holz wohl kaum verdrängen“, dessen ist sich Folkert Waller, Vertriebsleiter der Conrad Jacobson Zellstoff GmbH in Hamburg und Handelspartner von CELESA, sicher. Zu gering sei die Ausbeute, zu teuer die Produktion und somit auch die Endprodukte. Potential sieht Folkert Waller hingegen lediglich in der Papierproduktion auf Grundlage von Gras. Ihm zufolge ist es Graspapier, das in der Lage sei, Holz als Herstellungsgrundlage die Stirn zu bieten und dessen Produktion auch „massentauglich“ sei.
Davon ist man auch bei Creapaper überzeugt. Zu den Kunden des Graspapierherstellers zählen sowohl die Industrie als auch Privatpersonen: „Im Bereich Verpackungen, Einweggeschirr und Büroausstattungen sind wir mit verschiedenen Industriekunden in Kontakt, aber auch Privatkunden können Produkte bei uns erwerben. Wir haben auch einen Onlineshop, in dem einige Produkte angeboten werden.“, so Andrea Küpper vom Unternehmen.
Die Kunden, die bisher am Graspapier interessiert waren, hätten „spezifisch nach einem nachhaltigem Material gesucht“.
Teurer sei die holzfreie Alternative für den Kunden nicht. Es gebe eben, wie auch bei herkömmlichen Papieren, „preisliche Unterschiede“.
Bei Creapaper in Hennef ist man derweil ständig auf der Suche nach neuen Anwendungsbereichen für das alternative Papierprodukt. Aktuell in der Entwicklungsphase befinden sich Neuerungen von Einweggeschirr und von Food-Verpackungen im Cateringbereich sowie für den Einsatz in Supermärkten.
Der Zukunft des Graspapiers blickt man in Hennef in jederlei Hinsicht sehr positiv entgegen:
„Wir sehen die Zukunft von Graspapier sehr positiv. Da das Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger wird, gehen wir auch von einer steigenden Nachfrage aus. Die Frage der Hauptabnehmer ist schwer zu beantworten, da die Nutzung von Papier in so vielen Bereichen liegt.“
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