Ohne Salz würde der Mensch nicht überleben. Vor Jahrtausenden wurde der weiße Mineralstoff höher geschätzt als wertvolle Edelmetalle, heute ist er so günstig wie noch nie. Für die heutigen Salzbauern aus dem peruanischen Hochland stellt die Arbeit mit dem einst Weißen Gold der Inkas nur noch eine kleine Einnahmequelle dar.

Im heiligen Inka-Tal des Rio Urubambas (Valle Sagrado de los Incas) in den Anden von Peru wird seit der Inkazeit Salz in steilen Gebirgsterrassen gewonnen. Bereits kurz nach Sonnenaufgang laufen die Salzbauern (Salineros) aus dem winzigen Bauerndorf Maras zu Fuß und mit ihren schweren Werkzeugen hinauf zur höchsten Salzfarm der Welt: Salinera de Maras. In einer Höhe von rund 3.380 Metern und dünner Luft ist der morgendliche Weg zur Arbeit bereits beschwerlich.

Ein Salinero klopft das leere Salzbecken wieder platt.

Das salzhaltige Quellwasser aus einem Mineralstock im Inneren des Felsens spült wertvolle Mineralien aus dem Gebirgsmassiv und führt über ein Adersystem aus Kanälen zu den einzelnen, sehr flachen Becken. Im Frühjahr, wenn die Regenzeit endet und die Sonne das Wasser zum Verdunsten bringt, beginnt die Zeit des Salzabbaus, die bis in den regenreichen Monat Juni andauert. Während der Wintermonate liegen die Salzterrassen aufgrund des vielen Regens brach. In der Zeit des Salzabbaus ist der Großteil des Wassers nach drei Tagen verdunstet und nur noch die einzelnen, trockenen Salzkristalle bleiben übrig. Die Salzkruste, die sich nun in den Becken gebildet hat, wird per Hand aufgebrochen. Die Salzwerker(innen), wie die Salineros wörtlich übersetzt heißen, tragen anschließend das Salz mit einfachen Schaufeln oder Spachteln ab und verpacken es in Säcke. Um sie vor den unvorhersehbaren Witterungen der Anden zu schützen und transportfertig zu machen, tragen die Salineros die Salzsäcke in ein trockenes Lager am oberen Rand der Salinen. Später wird das Salz auf Lastwagen in die peruanische Hauptstadt Lima und somit ans Meer transportiert. Die kurvige und steile Strecke durch die Serpentinen der Andenstraßen dauert mehr als 20 Stunden und ist für die Fahrer jedesmal eine anstrengende Herausforderung.

Der harte Arbeitstag eines Salineros endet erst spät abends mit der Reinigung der Werkzeuge, die durch das Salz anderenfalls korrodieren würden. Auch die Frauen der Salineros arbeiten zum Teil in den Salinen (Anlage zur Gewinnung von Speisesalz) mit, oder bauen Mais, Gemüse und Obst an. Das selbstgebraute Maisbier Chicha macht die extrem harte Arbeit in den hohen Salinen und unter der prallen Sonne der Anden erst erträglich. Schon zur Zeit der Inkas war die Region um Maras ein wichtiges Handelszentrum: Alte Überreste von Ruinen, die als Lagerhallen dienten, sind rund um den Ort verstreut. Auch Mais, Gemüse und Obst wird in der Region angebaut und gehört zum Alltagsgeschäft der heutigen Bergbauern.

Die 4000 Salzpfannen der Salinera de Maras

Die knapp 4.000 Salzpfannen wurden mühsam aus Stein und Lehm zum Teil vor rund 1.000 Jahren gefertigt. Das Prinzip des Salzabbaus hat sich seit der Inkazeit bis heute kaum verändert. Jeder Salinero ist verantwortlich für fünf bis zehn Salzbecken und arbeitet sieben Tage die Woche von Sonnenaufgang bis spät nach Sonnenuntergang. Die Salineras de Maras werden heute von einer Kooperativen der Bewohner aus Maras und den umliegenden Dörfern bewirtschaftet, doch das große Geld landet nicht bei den Arbeitern der Salinen. Das wertvolle Salz wurde einst als Weißes Gold der Inkas bezeichnet, doch seit dem 16. Jahrhundert und der Plünderung sowie Eroberung durch die Spanier, verlor es stetig an Wert.

Problematik des Sal des Maras

Auch die kleinsten Salineros sind oft in den Salinen mit dabei und spielen, während die Eltern arbeiten.

Das Sal de Maras wird in drei Qualitätsstufen unterteilt: Die oberste Salzschicht wird sal extra genannt und ist ein Tafelsalz, das in die ganze Welt exportiert wird. Das sal primera wiederum wird vor allem in Peru als Speisesalz verwendet. Die dritte Salzstufe wird industriell verwertet. Das sal extra wird an Gourmets der ganzen Welt teuer verkauft (bis zu 24 Euro für 100 Gramm). Die Salineros erhalten jedoch lediglich umgerechnet etwa acht Euro für 100 Kilogramm Salz. Selbst die eigene Kooperative zahlt den Salzbauern somit keinen fairen Lohn für die harte Arbeit. Das große Geschäft mit dem Salz machen andere: Exporteure, die das Weiße Gold der Anden zu hohen Preisen in die Industrieländer liefern.

 

Zukunft des Inka-Salzes

Der gebürtige Peruaner Víctor Cáceres versucht den Salineros zu helfen: Er entwickelt gemeinsam mit den Salzbauern Salzmischungen mit typischen, peruanischen Kräutern der Anden und verkauft diese vor allem in Europa, aber auch in anderen Industrieländern. Cáceres zahlt den Salineros faire Löhne, hat eine Schule für die Kinder von Maras errichtet und unterstützt die Salzbauern bei Sitzungen und Gesprächen mit der Kooperativen. Viele der Salzbauern sind Analphabeten und verstehen wenig bei den Bilanzberichten der Kooperativen und können sich aus diesem Grund auch nicht gegen die Ausbeutung wehren.

Am Schluss kann ich aus eigener Erfahrung und Beobachtung aus Peru sagen, dass die Salineros unfassbar viel leisten und durch die Unterstützung von Víctor Cáceres und der Schulbildung der Kinder ihnen hoffentlich nachhaltig geholfen werden kann, sodass die harte körperliche Arbeit endlich fair entlohnt wird.

Wer sich einen visuellen Eindruck von der Arbeit der Salineros aus den Anden machen möchte, kann sich weiterführend die Reportage von Andrea Oster anschauen.

 


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4 Kommentare
  1. Rebecca Zeller
    Rebecca Zeller sagte:

    Als Mensch, der prinzipiell alles nachsalzt, finde ich den Beitrag ultrainteressant! Wie die Bedingungen der Arbeitenden sind und vor allem, in welchem Rahmen ihnen geholfen werden kann, beschreibst du hier sehr gut. Lebendig, voller bildhafter Beschreibungen und eigenen Erfahrungen – so verleihst du dem Thema die gewisse….Würze 😉

  2. Lioba Wunsch
    Lioba Wunsch sagte:

    Sehr spannend und informativ – gerade auch weil Salz etwas so Alltägliches in unserer Küche ist. Kaum einer wird sich bei der Zugabe der obligatorischen Prise Salz ernsthaft fragen, wie und wo es gewonnen wurde und wie genau die Arbeitsbedingungen derer aussehen, die es abbauen. Der Beitrag regt zum Nachdenken an und zu einem bewussteren Konsum des „weißen Goldes“.

  3. Laura Mitlewski
    Laura Mitlewski sagte:

    Ein wirklich spannender Beitrag! Salz hat man einfach immer in der Küche. Mir bis jetzt gar nicht bewusst gewesen, für wie selbstverständlich ich es immer gehalten habe. Dabei macht man sich kaum Gedanken darüber, wo es herkommt und welche Menschen es abgebaut haben. Salz als weißes Gold zu betrachten, macht einem seinen Wert bewusst. Salz ist eben nicht nur lecker im Salat, sondern – in Maßen – auch ganz wichtig für unsere Gesundheit.

  4. Franziska Sieb
    Franziska Sieb sagte:

    Super spannender Artikel über ein Thema, über welches ich vorher wenig wusste – und mir ehrlich gesagt vor dem Lesen auch wenig Gedanken gemacht habe. Jeder von uns hat mindestens eine Packung Salz im Küchenschrank, es gehört einfach zum Alltag dazu. Umso wichtiger sich bewusst zu machen, wo es herkommt und wie es entsteht. Der Artikel regt echt zum Nachdenken an!

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