Irland ist seit vielen Jahren ein beliebtes Touristenziel. Auch die Autorin verbrachte ein Jahr mitten im Geschehen. Doch warum sind Insel und Festivitäten rund um den St. Patrick’s Day so populär, dass in den USA die größten St.-Patrick’s-Paraden weltweit abgehalten werden? Und ist Irland wirklich so grün?
17. März. St. Patrick’s Day. Anstatt die größte Koboldparade der Welt im Nachbardorf Bandon bei Cork zu besuchen, entscheiden meine Freundinnen und ich uns dazu, doch lieber die drei Stunden nach Dublin zu fahren. Wir wollen die „echte“ Paddy’s-Day-Parade erleben. Etwa zehntausend betrunkene Menschen später, alle grün angezogen und mit „Kiss me, I’m Irish“-Schildern ausgestattet, folgt die grünste Parade, die wir jemals gesehen haben. Neben den Einheimischen treffen wir Besucher aus der ganzen Welt, die sich diesen besonderen Tag in der Republik Irland nicht entgehen lassen wollen. Nach der farbenfrohen und kreativen Parade landen wir im offiziellen Koboldmuseum Dublins und trinken unseren grünen Shamrock-Shake, der übrigens nach Minze schmeckt. Anschließend finden wir unzählige Geschäfte, die so viele grüne Dinge verkaufen, dass wir das Gefühl bekommen, anderen Farben gegenüber blind zu werden. Nicht zum ersten Mal stellt sich mir die Frage, warum die Welt so fasziniert ist von Irland.
Ich selbst bin dabei keine Ausnahme. Zum Zeitpunkt des St. Patrick’s Day bin ich bereits seit über sieben Monaten Au-Pair in West Cork. Für Irland entschieden habe ich mich ein gutes Jahr zuvor, als ich 2011 mitten in den Abiturvorbereitungen steckte. Nach den Anstrengungen wollte ich so viel Farbe wie möglich mitnehmen. Irland verspricht dies: Jeder kennt die Geschichten und Klischees über grüne Wiesen, die vielen Schafe an jeder Ecke. Geschichten über Kobolde und dem Kleeblatt als Glücksbringer. Irische Tänze, Kinder mit roten Haaren und blauen Augen. Die grüne Insel.
Humble green beginnings
Irlands grüne Geschichte beginnt mehr oder weniger mit einer Legende aus dem 5. Jahrhundert. Der katholische Missionar Patrick vertrieb angeblich die Schlangen von der Insel und wurde zum Dank dafür der Schutzheilige Irlands – und hey, good job. Bis heute gibt es keine Schlangen im ganzen Land. Das könnte allerdings auch daran liegen, dass die Insel generell seit tausenden von Jahren nicht mehr von Schlangen bevölkert wird. Als sich die Landmasse Irlands vom Rest der britischen Inseln löste, nahm sie auch Abschied von Schlangen, da das Klima nicht für die Reptilien geeignet war. „Die Schlangen“ können vermutlich eher als katholische Metapher gesehen werden, die in dieser Religion immer für das Böse und die Versuchung stehen (Quelle: National Geographic 2014).
Warum genau der 17. März zu Patricks Tag erklärt wurde, ist unklar. Eventuell handelt es sich um den Todestag Patricks im Jahr 461 oder aber um den Tag des Schlangen-Exodus. Fest steht, dass er als irischer Feiertag in die Geschichte eingegangen ist und seit dem 18. Jahrhundert auch außerhalb Irlands von Auswander*innen gefeiert wird. Übrigens wird mit St. Patrick auch das dreiblättrige Kleeblatt in Verbindung gebracht, welches den Iren Glück bringen soll. Richtig gelesen, dreiblättrig – echte Iren brauchen keine vier Blätter an ihrem Klee. Drei Blätter stehen für die heilige Dreifaltigkeit im Katholizismus (Vater-Sohn-heiliger Geist), den Patrick bekanntermaßen praktizierte (Quelle: National Geographic 2010).
Kultur in Bewegung
Die irische Kultur wird bis heute auch in den USA stark ausgelebt. Während der großen Hungersnot zwischen 1845 und 1849 mussten etwa zwei Millionen Iren das Land für immer verlassen. Sie flohen vor allem in die USA. Bis heute gibt es in den Staaten mehr Iren als tatsächlich in Irland leben, wie Armin Hüttemann in seinem Buch „Irland. Auf Tour“ 2011 schreibt. Etwa 12 Millionen Iren fanden eine neue Heimat in Amerika. Heute senden z.B. sehr viele US-amerikanische Fernsehsendungen der Populärkultur eine Patrick’s-Day-Episode. Sei es “How I Met Your Mother” (Barneys grüner St.-Patrick’s-Day-Anzug), eine Patrick’s-Party bei “The Office” oder auch alle paar Jahre bei “Saturday Night Live”. Ein Thema, das also auch in den USA kulturell verknüpft wurde: die Farbe Grün und Irland.
Video: St. Patrick’s Day at Dunder Mifflin – The Office
5.000 Shades of Green
Grün ist die Nationalfarbe der irischen Republik. Sie ziert die Flagge und die Insel selbst, die nicht nur „grüne Insel“, sondern oft auch „smaragdgrüne Insel“ genannt wird. Vom Flugzeug aus sieht sie aus wie ein Flickenteppich aus verschiedensten Grüntönen. Während ich Deutschland eher an gelben Mais-, Raps- oder ähnlichen Feldern erkenne, ist Irland beim Landeanflug eine Variation aus so vielen Grüntönen, dass ich sie nicht alle benennen kann – im Sommer und Winter. Während die Insel in warmen Zeiten etwas „verblasst“, wird sie im restlichen Jahr nur umso strahlender. Es ist jedes Mal ein Abenteuer, wie Irland dieses Mal aussehen mag, wenn das Flugzeug das Meer hinter sich lässt und den Anflug auf die Insel beginnt. Seit meinem Au-Pair-Jahr war ich bereits mehrere Male zurück auf der Insel, die jedes Mal andere Schattierungen vorzeigen kann: Braun-grün, schlammig-grün, grün-grün, leuchtend-grün, matt-grün, blau-grün, rötlich-grün, neblig-grün oder einfach nur grün. Irgendwann hat mich das Grün so gepackt, dass meine Haare auch für ein paar Monate den Farbton angenommen haben.
Fáilte go hÉirinn: Willkommen in Irland!
Natürlich ist nicht immer alles strahlend grün. In einem Jahr auf der Insel habe ich gelernt, dass Irland auch anders kann. Die Küstennähe sorgt für durchgehend starken Wind, durch den ein Regenschauer zum größten Abenteuer werden kann. Nach mehreren Monaten habe ich mir die irische Mentalität angewöhnt, nicht mehr panisch draußen die Wäsche abzuhängen. Regen hört meist sowieso nach fünf Minuten wieder auf. Vorwiegend beim Wandern, ob auf bekannten Touristenstrecken oder mitten im Nirgendwo, wird die Umgebung über kurz oder lang von starkem Regen getränkt. Wer dann keine Gummistiefel eingepackt hat, hat schnell ein Problem. Selbst mit Stiefeln bin ich mehrere Male tief im frischen Schlamm steckengeblieben, der zwei Minuten vorher noch nicht einmal existiert hat. Es hat etwas ganz Besonderes, in Irland in den Matsch zu fallen, weil die anderen zu schwach waren, dich zu befreien. Denn gerade nach einem Regenschauer strahlt die Landschaft nur umso grüner. Vor allem, wenn man stundenlang über schier endlose Serpentinen wandert, um am Ende auf den Slieve-League-Klippen in Donegal zu stehen und die grünste Landschaft der Welt zu betrachten.
Falls euch jetzt das Reisefieber gepackt hat, empfehle ich folgende Bücher und Quellen, um ein bisschen mehr über Irland zu erfahren:
- Irland (Auf Tour) von Armin Hüttermann
- Ireland for Dummies bringt einen grundlegenden Überblick über das kulturelle und geschichtliche Geschehen (Englisch)
- Eine kleine Anleitung zum St. Patrick’s Day in Dublin (Englisch)
- Ein geschichtlicher Hintergrund zur großen Hungersnot (Englisch)
- Ein geschichtlicher Hintergrund zum St. Patrick’s Day (Englisch)
- Ein geschichtlicher Hintergrund zu St. Patrick selbst (Englisch)
Gute Reise!
Titelbild © Natalie Adler
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Du hast es geschafft, ich habe direkt Lust darauf, in den Flieger zu steigen und nach Irland zu fliegen. 😉
Mein nächstes Reiseziel steht glaub ich fest 😀
Richtig tolle Bilder auch!
Ich finde deine Bilder sehr schön und als ich deinen Artikel gelesen habe, hatte ich Fernweh bekommen! Ich würde gerne bald nach Irland gehen! 🙂
Toller Beitrag und sehr schöne Bilder! Ich war zwar erst vor zwei Jahren in Irland, habe jetzt aber auch Fernweh bekommen! 🙂
Grün und Irland sind zwei Dinge, die ich schon immer mit einander verbunden habe. Aber ich wusste nie mehr als die Tatsache, dass Irland auch als die grüne Insel bekannt ist. Also habe ich wirklich eine Menge gelehnt! Die Art und Weise, wie du deinen Artikel geschrieben hast, gab mir echt das Gefühl, mitten in der Parade zu sein! Tolle Bilder, toller Artikel! ?
Jetzt habe ich wirklich eine ganze Menge neuer spannender Sachen über Irland gelernt. Es hat Spaß gemacht mit dir nochmal einen kleinen Ausflug in deine Irland-Erinnerungen zu machen.
Ich habe fast schon Herzschmerz beim Lesen des Artikels bekommen, weil er mich an mein Auslandssemester in Dublin und an meine wunderbare Zeit dort erinnert. Im Herbst färbt sich das viele Grün dann in eine bunte Landschaft mit rostigen Farben…
Danke für die Einordnung der vielen Hintergründe und Traditionen! Warum ausgerechnet die USA so eine Obsession mit Irland haben, hatte mich tatsächlich immer gewundert, obwohl ich von der Auswanderungswelle wusste. Was mich dazu auch noch interessieren würde: Was halten die Iren selbst eigentlich davon, dass ihr Nationalfeiertag auch von anderen so gefeiert wird? Ich könnte mir vorstellen, dass diese „Nachahmungen“ einigen Tradionons-Puristen sauer aufstoßen…
Das ist tatsächlich eine sehr gute Frage! Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, dass es meiner Au-Pair-Familie eher egal war, weil sie sich an dem Tag selbst immer eher auf die Feier konzentriert haben und sich für gewöhnlich sogar gefreut haben, wenn etwas über Irland im Fernsehen lief. Man könnte auch damit argumentieren, dass es von Iren angestoßen wurde, den Tag vor allem in den USA so groß zu feiern, weil sie „ihren Feiertag“ zelebrieren wollten und dass es vielleicht gar nicht so viele „Nachahmer“ sind – vielleicht ist das deshalb gar nicht so schlimm? Ich kann es allerdings leider wirklich nicht beantworten und es würde mich auch sehr interessieren 🙂
So schön geschrieben, dass man am liebsten jetzt schon in den Flieger steigen möchte. Mich hat das Land schon immer gereizt, leider war ich aber noch nie da… Das wird definitiv geändert, du hast mich überzeugt! 🙂
Man kann deine Begeisterung für Irland wirklich spüren beim Lesen deines Beitrags. Da bekommt man tatsächlich Lust, diese wunderschöne Landschaft und auch den Trubel am St. Patrick’s Day einmal selbst zu erleben. Nun weiß ich ja auch genau, wieso dieser gefeiert wird 🙂