In der Ecke steht ein verstaubter Plattenspieler. Daneben stapeln sich Kisten randvoll mit längst ausrangierten Madonna-Platten und VHS-Kassetten. Die alte Filmrolle liegt sicher eingewickelt in vergilbten Zeitungen, die über den WM-Sieg 1974 berichten. Da vibriert das Handy, Instagram hat eine Benachrichtigung geschickt. Zurück im Hier und Jetzt. Zumindest so lange, bis der Handybildschirm wieder schwarz ist.

Analoge Medien sind tot. Oder? Viele Jugendliche jedenfalls verbinden die Kassette oder das Schnurtelefon nur noch mit Anekdoten aus längst vergangenen Zeiten. Kein Wunder also, dass sich ein Ausflug auf den Dachboden anfühlt wie eine Zeitreise durch die Mediengeschichte. Digitale Medien haben dieses Zeitalter längst erobert. Digital ist grundsätzlich alles, was auf Datenbasis basiert, die Daten sind computabel. Im Umkehrschluss ist analog, was vor dem Computer war, also beispielsweise Printmedien oder Rundfunk, aber auch unterschiedliche Aufzeichnungs- und Speicherungsmedien. 

Eine mediale Zeitreise

Plattenspieler erleben ein Comeback, aber vielen sind die Platten zu kostspielig.

Schon tot oder nur staubig? Die gute alte Plattensammlung verstaubt. (Bildquelle: Pixabay)

Wir erinnern uns gerne an die Tage als Kind auf dem Teppich in unserem Kinderzimmer, gebannt dem Kassettenrekorder lauschend, in dem Benjamin Blümchen auf Dauerschleife läuft. Die gesamte Bandbreite an Episoden, die einem heute über diverse Streaming-Dienste zur Verfügung stehen, hatte man schließlich nicht. Die Hälfte des Hörspiels wurde erreicht? Dann muss die Kassette entnommen und umgedreht werden. Aber vorsichtig, sonst zieht man wieder das Band aus der Rolle und muss es mit dem Buntstift neu aufrollen. Nervig… Analoge Technik hatte eine lange Reise, bevor die überlegenere Art sie langsam verdrängte. Und genau diese Reise schauen wir uns heute einmal genauer an.

1800 – Die Zeitung als erstes Massenmedium

Der Beginn des 19. Jahrhundert markiert einen Wendepunkt im Zeitungswesen und mit ihm in der gesamten Medienwelt. Die zunehmende Alphabetisierung der Bevölkerung führte zu der hohen Nachfrage, erstmals großflächig Informationen und Meinungen auszutauschen. Zeitungen wie die Times wurden gegründet und etablierten sich schnell bei den Lesenden und mit ihnen neue Technologien, die das Drucken und Verbreiten von Zeitungen einfacher machten. Angesichts der wachsenden Städte und der voranschreitenden Aufklärung in Europa kam es unter anderem  zu einem steigenden Interesse an Nachrichten aus Wirtschaft und Politik. Verbesserte Druckmaschinen und geringere Kosten führten auch bald zu höheren Auflagen. Somit entstand das erste richtige Massenmedium.

In Zeiten des Internets, der Apps und der sozialen Medien verliert die klassische Zeitung nun mehr und mehr an Bedeutung. 2010 kam beispielsweise die F.A.Z.-Net-App auf den Markt, womit Nutzende zu jeder beliebigen Tageszeit aktuelle Nachrichten verfolgen können, ohne zuvor ein Abonnement abzuschließen oder auf dem Weg zum Bahngleis noch die aktuelle Ausgabe besorgen zu müssen. Wieder einmal siegt der Komfort, den digitale Medien zweifellos bieten. Die einst verlässliche materielle Nachrichtenquelle musste in den letzten Jahren dem Onlineangebot weichen. Praktischer als Nachrichten in Form von Push-Mitteilungen oder beim alltäglichen Scrollen durch Instagram direkt auf das Smartphone zu bekommen, kann schließlich keine Zeitung arbeiten.

Schneller, einfacher, praktischer, zugänglicher.

Damit überzeugen Onlinemedien uns jeden Tag. Fraglich ist nur, ob man die Präsenz verschiedener Medienhäuser in den sozialen Netzwerken als eine Art „Digital Afterlife“ der einst nur gedruckten Zeitungen sehen kann. Ein Nachleben im Digitalen, nachdem die vorherige Lebensform verstorben ist. Oder liegt hier vielleicht doch eher eine digitale Wiedergeburt vor?

1865 – Die Schreibmaschine und das liebste Werkzeug von Dichtern und Denkern

Als 1865 die Schreibmaschine durch Rasmus Malling-Hanssen ihren Weg seriell in die Medienwelt fand, dachte möglicherweise noch niemand an die Möglichkeit, einen Schreibfehler durch das Betätigen einer einzigen Taste zu löschen und das, so oft es einem beliebt. Dennoch hatte die Erfindung der Schreibmaschine große Bedeutung für die Effizienz von Privatpersonen und Unternehmen gleichermaßen. Das damals noch kugelförmige Instrument erfreute sich bereits in seinen frühen Jahren großer Beliebtheit und verbreitete sich schnell. Selbst der berühmte Philosoph Friedrich Nietzsche setzte sich mal auf lobende, mal auf erzürnte Weise mit dem Gerät auseinander. Trotzdem war er der Meinung, es könne die menschliche Art zu denken fundamental beeinflussen: „Unser Schreibzeug arbeitet mit an unseren Gedanken“.

Mittlerweile musste die Schreibmaschine längst einer digitalen und zugegebenermaßen sehr viel praktischeren Form von Tasten und Systemen weichen. 1975 brachte Ed Roberts mit dem Modell „Altair 8800“ den ersten Personal Computer auf den Markt, womit die PC-Industrie ihren rasanten Anfang nahm. Diese intelligente Technologie löste die sehr viel unzugänglichere Schreibmaschine nach und nach ab. Ihr Zeitalter ist vergangen und in ihrem Fall ist auf eine Wiederauferstehung vermutlich nicht zu hoffen, weshalb man sie womöglich bereits für tot erklären kann.

1876 – Das Telefon revolutioniert die Kommunikation

Das Schnurtelefon gehört schon lange in die Kiste "alter Medien".

Früher an der Schnur, heute am Ladekabel. (Bildquelle: Pixabay)

Als Alexander Graham Bell 1876 den Fernsprecher vorstellte, war dies ein bedeutender Schritt für die Kommunikationsgeschichte. Plötzlich war es möglich, direkt mit Menschen zu sprechen, die am anderen Ende der Stadt wohnten. Die Erfindung markiert einen nicht wegzudenkenden Meilenstein der gegenseitigen Kommunikation. Auch, wenn zu Beginn noch nicht viele Leute Telefone besaßen und die Netze zunächst längst nicht so ausgebaut waren, wie sie es bereits einige Jahrzehnte später der Fall war. Allerdings wird dieses Zeitalter längst von einem neuen überschattet: Spätestens als Steve Jobs im Jahr 2007 das erste iPhone vorstellte, war das Telefon dem Untergang geweiht. Seit das Smartphone in unser Leben getreten ist, stirbt das gute alte Festnetztelefon einen langsamen aber sicheren Tod. Was einst eine völlig neue Ära der Kommunikation einleitete, entwickelt sich in vielen Haushalten immer weiter zu einer verblassten Erinnerung.

1877 – Noch vor der Glühbirne kam der Plattenspieler

Der Plattenspieler wurde genau wie die Glühbirne von Thomas Edison erfunden.

Der Ton kam vor dem Licht. (Bildquelle: Pixabay)

Wer den Namen Thomas Edison hört, denkt vermutlich zuerst an die Glühbirne. Doch zwei Jahre vor dieser Entdeckung ging dem berühmten Erfinder ein ganz anderes Licht auf. 1877 meldete Edison das Patent für seinen Phonographen an. Dieser musste noch mit der Hand angetrieben werden, um der verbauten Walze Töne zu entlocken. Der Plattenspieler,  den wir heute noch von unseren Eltern kennen, etablierte sich allerdings erst in den zwanziger Jahren des folgenden Jahrhunderts. Man mag sagen, dass der Plattenspieler in den letzten Jahren als beliebtes Retro-Produkt ein Comeback erleben durfte, doch viele Menschen lassen sich aus Preisgründen von dieser Wiederbelebung zurückhalten. Schließlich kostet ein einziges Album auf Schallplatte mehr als das monatliche Abo für Spotify oder Apple Music, die einem unbegrenzten Zugang zur Musikwelt eröffnen.

1979 wurde Musik durch den Walkman erstmals mitführbar und konnte somit auch außerhalb des eigenen Wohn- oder Schlafzimmers genossen werden. 2001 stellte Steve Jobs schließlich den ersten iPod vor, womit eine völlig neue, praktische Möglichkeit entstand, jedes Lied der Welt zu downloaden und überall zu hören, wo man es wünschte. Mittlerweile vereinen unsere Smartphones jedes einzelne der zuvor genannten Geräte. Wir können Zeitung lesen, schreiben, telefonieren und Musik hören – wenn wir wollen, sogar alles gleichzeitig. Eine fortgeschrittene Art hat für das Aussterben vieler analoger Medien gesorgt und auch wenn das Interesse an längst verlorenen Arten nie ganz vergeht, so ist die Begeisterung für Neues in der Bevölkerung meist deutlich mehr vertreten. Vor allem, wenn das Neue so unglaublich praktisch und vielfältig – und lebendig – ist wie das Smartphone.

2024 – Der Tod der analogen Medien

Egal ob Plattenspieler, Schreibmaschine oder Kassetten – das Zeitalter der analogen Medien scheint abgelaufen. Die Einfachheit, die digitale Medien mit sich bringen, siegt schlichtweg über die Nostalgie, die analoge Technologie in uns auslöst. Die Nostalgie, die uns an die guten alten Zeiten erinnert, in denen wir nicht ständig erreichbar waren und unsere Aufmerksamkeitsspanne noch weiter reichte als bis zum nächsten Reel. Allerdings erfahren diese Medien zum Teil ein Nachleben. Oder aber eine Wiedergeburt.

Nie ganz vergessen – Das Nachleben der analogen Medien

Zweifellos lässt sich das Sterben klassischer analoger Medien nicht aufhalten, schließlich gilt Darwins Survival of the fittest auch für sie. Der Aufwand und die Kosten, die mit ihnen verbunden sind, sind nicht mehr zeitgemäß. Und so verstauben sie im Dachboden unserer Großeltern zusammen mit den vielen Erinnerungen, die sie – zumindest noch für gegenwärtigen Generationen – in sich tragen. Und dennoch werden sie vermutlich erst einmal nicht gänzlich von der Bildfläche verschwinden. Ab und zu bahnen wir uns den Weg durch den verstaubten Dachboden, drehen an der Wählscheibe des Schnurtelefons und legen eine Platte auf. Um der guten alten Zeiten willen.

Link zur "Media Afterlife"-Homepage

 

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Beitragsbild: Pixabay

1 Antwort
  1. Alina Habermann
    Alina Habermann sagte:

    Sehr schön, sich nochmal an die ganzen alten Medien zurückzuerinnern, auch an die, die vor unserer Zeit kamen… Ich denke heute immer noch sehr gerne an den Kassettenrekorder meiner Kindheit zurück!

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