Nickelodeon hat grünen Schleim zum Symbol der Kinder- und Jugendkultur der 90er gemacht. Kombiniert mit Orange findet sich das Grün im Programm und im Merchandise des Senders wieder. Doch nicht nur Nickelodeon bedient sich dieses grellen Grüns. Eine ganze Generation wurde geprägt von Kultgegenständen in „toxic slime green“.
Das grelle Grün war in den 90er Jahren eine Trendfarbe in der Kinder- und Jugendkultur. Ein Trend, der auch mit dem Erfolg des Fernsehsenders Nickelodeon zusammenhängt. Mit Nickelodeon wurde erstmals ein weltweites Medien-Universum geschaffen, das sich nur an Kinder und Jugendliche richtete:
„Nickelodeon is always there, from breakfast to bedtime, everyday, whenever kids want to watch. Nick is their home base, a place kids can count on and trust.”
– How to Nickelodeon, Corporate Employee Handbook (1992)
Nickelodeon galt mit diesem Konzept als der Vorreiter von Cartoon Network und dem Kinder Kanal (KiKa). Nickelodeon setzte in der Vermarktung gezielt auf das Gemeinschaftsgefühl der jungen Zuschauer. Der Fernsehsender verstand und versteht sich bis heute als „Nickelodeon Nation“: eine Gemeinschaft, die sich gegen die Erwachsenen auflehnt.
„2, 4, 6, 8 – SPLAT!! Me and my generation. Don’t you like kids who look like that – Nickelodeon Nation! Talk about! Hey now (hey now), Hey now (hey now) Going to Celebration – I believe in Nick ’cause Nick believes in me – Nickelodeon Nation!“
Kids rule! Slime als Maskottchen einer Bewegung
Eine Rebellion, die grünen Slime zum Symbol der Auflehnung machte. Das bekannteste Beispiel sind die Nickelodeon Kids‘ Choice Awards. Hier werden die Gewinner auf der Bühne mit einer großen Ladung grüner Glibber-Masse „geslimed“. Mit dem Slime markiert Nickelodeon eine Welt, in der die Erwachsenen fremd sind, Kinder das Sagen haben und ihre Grenzen austesten. Die grüne Glibber-Masse ist Teil von Promos, Beiträgen und Produkten, die Nickelodeon vertreibt. So war das erste Merchandise-Produkt von Nickelodeon auch ein grünes Schleim-Shampoo. Grüner Schleim ist Symbol für Unordnung, Verweigerung von Konventionen und Unerschrockenheit. Ein Symbol, das die Identität der „Nickelodeon Nation“ kennzeichnet.
Assoziationen mit Grün
Optisch wirkt grüner Slime hauptsächlich über seine Materialität und die Tatsache, dass Erwachsene grelle Farben weniger ansprechend finden als Kinder. Tobias C. Breiner beleuchtet in seinem Buch „Farb- und Formpsychologie“ die Assoziationen mit der Farbe Grün. Sie reichen von friedlich und heilend bis stinkend und unheilig. Die Spannbreite hängt mit der jeweiligen Helligkeit und Sättigung des Grüns zusammen. Helles Grün, in diesem Fall „toxic slime green“, wird mit folgenden Attributen verbunden: jung, unreif, giftig, stinkend, dämonisch und böse. Diese Farbassoziationen werden in der Popkultur bewusst eingesetzt.
Schleimige Kultobjekte
Diese acht Kultobjekte aus den 90er Jahren stehen ganz im Zeichen des „toxic slime green“ und spielen ganz unterschiedlich mit dem Unreifen, dem Glibbrig-Giftigen und dem Unheimlich-Bedrohlichen:
Nickelodeon verkaufte eine zähere Version des Slime unter dem Namen „GAK“. 2012 wurde „GAK“ in neuer Rezeptur wieder vorübergehend von Nickelodeon vertrieben.
„Gänsehaut – Die Stunde der Geister“ war neben „Geschichten aus der Gruft“ und „Eerie Indiana – Die andere Dimension“ die Gruselserie schlechthin für Kinder in den 90er Jahren. Die Serie basiert auf der gleichnamigen Buchreihe von R. L. Stine und ist, nach Harry Potter, die erfolgreichste Kinderbuchserie der Welt.
Zur Kaugummi-Zigarette gab es in den 90ern einen erfrischenden Solero Shot. Leider schmolzen die grünen Eisperlen mit Limetten-Geschmack in der Packung schnell aneinander und man bekam sie nicht immer in fester Form aus dem Shot-Behälter.
„Gruselig wie in einem Horrorfilm!“ versprach damals das Yps-Heft, dem die Klebehand regelmäßig beilag. Jedes Kind der 90er hat die Freuden und Enttäuschungen der Klebehand miterlebt, denn nach zehn Minuten hatten die meisten Hände ihre Klebekraft bereits verloren.
In diesem grellen gelb-grünem Outfit hatte Will Smith seinen ersten Auftritt in der Kult-Serie „The Fresh Prince of Bel-Air“. Der gleichnamige Charakter wird als kindischer Fremdkörper im noblen Bel-Air dargestellt, wo er bei seinem reichen Onkel und dessen Familie unterkommt.
Einen Center Shock Kaugummi zu essen ist noch immer eine Mutprobe. Müsste man die Farbe „Toxic Slime Green“ als Geschmack beschreiben, würde man wahrscheinlich den Geschmack eines „Center Shock – Hidden Apple“ beschreiben.
Auch das Logo „Married with Children“ spielt mit der schaurigen Wirkung von grünem Schleim. Es steht für den vermeintlichen Horror des Familienlebens, den der Protagonist Al Bundy tagtäglich erlebt.
Der Hersteller nannte die Wasserspritz-Pistole mit den grellgrünen Tanks ursprünglich „Power Drencher“. Mit dem Namenswechsel zu „Super Soaker“ kam jedoch der Durchbruch, der die Wasserspritz-Pistole zu einem absoluten Kultobjekt der 90er machte.
Buchtipp
Interessierst du dich für die Marketingstrategien von Nickelodeon und die Kinder- und Jugendkultur der 90er Jahre? Sarah Banet-Weiser analysiert in ihrem Buch „Kids Rule! Nickelodeon and Consumer Citizenship“ anschaulich die Marketingstrategien von Nickelodeon in den 90er Jahren.
© Illustrationen von Sandra Amberg
Eine Farbe als Marketingstrategie – ein spannendes Beispiel. Haben Adaptionen von Nickelodeon das auch übernommen?
Die Illustrationen sind wirklich toll!
Da kommen wirklich Kindheitserinnerungen hoch! Der grüne Schleim, den alle Eltern als giftig und gefährlich eingestuft haben war bei uns Kindern doch der Hit!
Was für ein cooler Beitrag! Ich habe mich direkt daran erinnert, wie ich mich damals stundenlang in der Bibliothek aufgehalten und vollkommen in die Gänsehaut-Bücher versunken bin. Ganz zu schweigen von den Center Shocks, die mir den Tag immer ver“sauert“ haben 😉
Dein Beitrag hat mich persönlich ja dazu motiviert, beim letzten Einkauf nach Jahren mal wieder bei den Center Shocks zuzugreifen. Um es mit den Worten von ‚Von wegen Lisbeth‘ zu sagen: Diese Center Shocks schmecken auch nicht mehr wie früher. Vielleicht aber auch, weil mein exzessiver Konsum in der Kindheit meinen Säure-Geschmackssinn hat absterben lassen?;)
Oh wow, das ist ein wahnsinniger Nostalgie-Post! Für mich als Kind der frühen 90er war das jetzt gerade sehr schön zu lesen, weil ich alles brav abnicken konnte und natürlich sofort den Fresh Prince im Ohr hatte 🙂 Ich fand den Schleim bei den Kids Choice Awards immer so unfassbar widerlich, aber war auch gleichzeitig begeistert davon, weil man sich ja doch irgendwie diebisch darüber freut, so etwas zu sehen.