Der Post-It stellt die wohl modernste, ordentlichste und gefälligste Art dar, sich selbst oder anderen einen Denkzettel zu verpassen. Die kleinen Haftzettel lassen sich auf nahezu jeder Oberfläche befestigen, lösen und erneut fixieren. Er hat es weit gebracht, der Klebezettel: Von der Zettelwirtschaft bis zur Kunstform – „post it“ – Kleb´s an!

Zur Geschichte des Klebezettels

Der Haftzettel hat sich in unseren Büros, Büchern und Terminkalendern festgeklebt. Seit 1980 ist der kleine, klebende, kanariengelbe Zettel auf dem Markt. Der Erfinder des Post-It, Art Fry, läutete damit das Ende seiner Zettelwirtschaft ein. Zuvor hatte sich Fry darüber geärgert, dass die Lesezeichen ständig aus seinem Kirchenchor-Notenheft herausfielen. Er hätte die Lesezeichen am liebsten mit Klebstoff bestrichen, damit sie ihm nicht ständig aus dem Heft fallen. Dabei wäre jedoch das Heft beschädigt worden, da die Lesezeichen nicht mehr aus dem Notenheft zu lösen gewesen wären. Eine andere Lösung musste gefunden werden. Fry erinnerte sich an den missglückten Versuch seines Kollegen Spencer Silver, einen Superklebstoff herzustellen. Mit dem Superklebstoff hatte es damals nur ein Problem gegeben: Der Kleber klebte nicht. Spencer Silvers nichtklebender Klebstoff sollte nun zur Lösung von Art Frys Problem werden. Fry bestrich seine Lesezeichen mit dem ablösbaren Klebstoff des Kollegen und erfand somit die Haftnotiz, alias den Post-It.

Der Zettel mit dem speziellen Feature

Dabei stellt der Klebezettel lediglich ein ,Upgrade‘ des einfachen Papierzettels dar. Es handelt sich um einen Zettel mit speziellen Features: Ein kleiner Zettel, der auf der Rückseite mit einem Kunstharz-Klebestoffstreifen bestrichen wird, um ihn auf Oberflächen rückstandsfrei wieder und wieder festzukleben und abzulösen. Die Produktion des magischen Zettels durchläuft mehrere Schritte: Bevor der Klebstoff auf das Papier aufgetragen wird, ist das Papier mit zwei Schichten zu überziehen. Anschließend folgt eine Grundierung, damit der später aufgetragene Kleber keinen Rückstand auf dem Klebeobjekt hinterlässt. Ein Trennmittel wird wie ein Lack über den Zettel gelegt, sodass die Papierzettel später im Post-It-Block nicht zusammenkleben. Schlussendlich wird der Spezialklebestreifen auf den Zettel gestrichen und der Post-It ist bereit für seinen vielseitigen Einsatz.

Der Post-It am Limit – extreme und alternative Klebezettel

Es gibt sie in jeder Größe, Farbe und Form. Die Firma „Post-it“ wirbt auf ihrer Internetseite mit „extreme“-Haftnotizen, die wind- und wetterfest sind – „sticks in tough conditions“. Eine Alternative zu kommerziellen Haftnotizzetteln stellt ebenfalls der nachhaltige Klebezettel aus recyceltem Papier dar. Post-Its scheinen sogar auf den virtuellen Bereich eine große Anziehungskraft auszuüben. Die Betriebssysteme Windows 7 und 8 bieten in Analogie zu den herkömmlichen Post-Its die digitale Alternative der „Kurznotiz“ an. Digitale Post-Its lassen sich so ganz einfach auf der grafischen Benutzeroberfläche des Desktops befestigen. Der Post-It wird von jedermann genutzt und stellt somit ein generationenübergreifendes Phänomen dar.

1. Teil: Post-Its sind cool

Franziska Schmied ist Schülerin an einem Schorndorfer Gymnasium und kann die Frage, ob Post-Its „cool“ sind wohl am besten beantworten, denn sie lernt und arbeitet viel mit den Haftnotizen.

Franziska Schmied mit einem Post-It

Also Franziska, sind Post-Its cool?

„Ja klar, auf jeden Fall sind die cool! Obwohl man sich heute viele Notizen auf dem Handy schreiben kann, ist es doch nochmal etwas anderes. Und heutzutage ist es auf jeden Fall sehr wichtig, dass man gut organisiert ist und keine wichtigen Termine vergisst.“

Für Franziska sind Klebezettel besonders wichtig, um Dinge aufzuschreiben oder um kurze Notizen zu machen. Sie heftet die Klebezettel meistens an ihre Pinnwand und an ihren persönlichen Arbeitsplatz in der Schule, um sich Formeln zu notieren. Auch als kleine Spickzettel haben sich die Post-Its ,bewährt‘.

Einen Krieg anzetteln – der „Post-It War“

Aber die Zettel sind noch vielseitiger und kreativer einzusetzen, wie Franziska weiß: Im sogenannten „Post-It War“, einer Kunstform, die mit dem Material der Klebezettel arbeitet, werden viele Post-Its an Fenstern und anderen Oberflächen angebracht, sodass sie aus der Ferne betrachtet ein Bild oder Motiv vor den Augen der Betrachter generieren. Die Kunstform entwickelte sich nach und nach zu einer Wettbewerbsform. Vor allem an den Fenstern großer Unternehmen wurden nun ,Kriege‘ angezettelt. Wenn Franziska unendlich viele Post-Its in unterschiedlichen Farben hätte, würde sie am liebsten einen Minion, eine Animationsfilmfigur, auf das Bürofenster ihres Vaters heften:

„Ich würde wahrscheinlich einen Minion nehmen, weil die einfach süß und witzig aussehen. Oder eine andere bekannte Comicfigur, sodass wenn jemand vorbeiläuft, man das Motiv erkennt und sich daran freut. Oder ich nehme ein hässliches Motiv um meinen Vater zu ärgern.“

Ein Beispiel des Post-It Wars

2. Teil: Verzettelt

Herr Wieser unterrichtete am Katholischen Freien Bildungszentrum St. Kilian in Heilbronn und wurde 2014 Opfer seiner verzettelten Schüler. Wiesers Post-It-Konsum war zuvor selbst den Schülerinnen und Schülern nicht unbemerkt geblieben:

„Ich verwende sie täglich, um mir Notizen zu machen und To-Dos aufzuschreiben. Ich sollte – glaube ich – mal bei der Firma Post-it anrufen und mir einen Mengenrabatt aushandeln.“

Die Schülerinnen und Schüler beschlossen, ihn und seinen Auto beim Abi-Scherz mächtig zu ärgern:

„Mein ehemaliger Deutsch-Kurs hat sich überlegt, mein Auto hinter Dutzenden Post-Its (zum Glück waren sie übergroß) zu verstecken. Ich entdeckte mein Auto und war eigentlich überrascht, wie cool die Form aussah. Ich hatte das Auto ja gerade auch deswegen gekauft. Es war ein bisschen wie bei dem Künstler Christo, der Monumente übergroß verhüllt und so ihre Silhouette betont.“

Auf die Frage, was er mit all den Klebezetteln auf seinem Auto gemacht habe, antwortet er:

„Das ist eine lustige Geschichte: Ich hatte an dem Tag Stress und musste schnell wohin fahren. Aber alleine wäre ich mit dem Einsammeln der Post-Its nicht fertig geworden. Also habe ich meine 5. Klasse geholt und demjenigen ein Eis versprochen, der mir die meisten Post-Its bringen kann. Die Sache war in einer Minute erledigt.“

Man fragt sich, ob diese Erfahrung seine Beziehung zu Klebezetteln verändert hat. Eigentlich nicht. Aber Herr Wieser erzählt diese Anekdote immer wieder gerne.

Gerhard Wiesers Auto nach dem Abi-Scherz 2014

3. Teil: Der Post-It als Kommunikationsmedium

Die US-amerikanische Serie „Sex and the City“ führt die Kommunikation über und mit Klebezettel ad absurdum: Die Hauptfigur Carrie wird von ihrem Freund Jack Berger verlassen, indem er ihr einen Post-It mit der Botschaft „I´m sorry, I can´t, don´t hate me“ hinterlässt. Glücklicherweise werden Klebezettel nicht ausschließlich zum Träger unangenehmer Botschaften.

Die Kommunikation via Haftnotizen zwischen Hannah Kuhn, studentische Hilfskraft am Deutschen Seminar der Universität Tübingen, und ihrer Chefin Dr. Christine Renz stellt eine erfreulichere Variante jener Distanzkommunikation dar. Hannah entwickelte mit ihrer Chefin, Frau Dr. Christine Renz, ein auf Post-Its basierendes Kommunikationssystem:

„Da wir meist nicht gleichzeitig im Büro sind, schreiben wir kurze Infos und Arbeitsanweisungen gerne auf Klebezettel, um uns abzusprechen. Auf die Nachrichten muss auch nicht geantwortet werden, sodass die Größe des Klebezettels völlig ausreicht. So sorgen die Klebezettel für Ordnung.“

Wie war es zu dieser Kommunikation gekommen? Anfangs schrieb Frau Renz die Arbeitsanweisungen für Hannah noch auf große DIN-A4-Blätter, da Hannah räumlich und zeitlich unabhängig arbeiten können sollte:

„Es war mir ein Bedürfnis, dass Frau Kuhn weiß, wofür sie die Unterlagen vorbereitet, sortiert und strukturiert. Sie sollte nachvollziehen können, in welchem Vorgang der Arbeitsschritt steckt. Der Prozess sollte durchsichtig gemacht werden.“

Frau Dr. Renz beim Verfassen eines Post-Its

Im Laufe der Zeit tauchten irgendwann Post-Its im Büro auf. Vermutlich hatte eine weitere Hilfskraft sie mitgebracht. Von diesem Tag an waren die Post-Its im regen Gebrauch. Für Christine Renz stellen die Haftzettel eine Entlastung dar:

„Post-Its sind für mich ein Abbild der Struktur in meinem Kopf. Sobald ich die gelben Zettel sehe, wird die Struktur erneut aktiviert. Wenn eine Sache abgearbeitet wurde, kommt auch der Post-It weg.“

Warum kommunizieren Hannah und Frau Renz via Post-Its?

„Wenn wir uns sehen, dann benötigen wir keine Klebezettel, aber wenn wir nicht gleichzeitig im Büro sind, würde es sonst schnell unübersichtlich werden und ich würde nicht wissen, welche Aufgaben und Texte für welche Seminare gedacht sind.“

Sonst kommunizieren Christine Renz und Hannah mit niemand anderem via Post-It. Ausgenommen der Kommunikation mit sich selbst in Form von wichtigen Erinnerungen, die Frau Renz zum Beispiel für Sitzungen auf den Zetteln notiert. Und dann gibt es da noch die Post-Its in ihrem Kopf:

„Manche Erlebnisse, Ereignisse und Begegnungen sind wie Post-Its in meinem Kopf. “

Post-Its, Klebezettel und Haftnotizen spielen in jedem Leben eine Rolle. Was auch immer man anzetteln möchte – es gibt bestimmt einen passenden Post-It dafür.

 


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3 Kommentare
  1. Papiermensch
    Papiermensch sagte:

    Klasse Sache, diese Post-Its! Danke für den kenntnisreichen und unterhaltsamen Artikel, auch zu den ‚unorthodoxen‘ Verwendungsmöglichkeiten der kleinen Klebezettel; muss dringend meinen Vorrat wieder aufstocken. 😉

  2. Larissa Dahner
    Larissa Dahner sagte:

    Auf jeden Fall eine sehr spannende Kommunikationsweise zwischen Frau Renz und ihrer Studentin, vor allem in Zeiten von Whatsapp, wo man sich schnell schreiben kann.
    Ich benutze so gut wie keine Post its, nur sehr, sehr selten. Ich schreibe alles online auf dem Laptop oder auf dem Handy auf. Lass mich dann auch an wichtige Sachen erinnern. Trotzdem glaub ich dass Post its noch sehr viel in Verwendung sind, vor allem da sie extrem praktisch sind.

  3. Anne Schneider
    Anne Schneider sagte:

    Interessanter Artikel zu den kleinen Helferlein, du unser Leben ein bisschen leichter machen sollen. Vom Begriff des „Post-It War“ habe ich bisher nicht gehört und wusste auch nicht, dass es sich um eine Art Kunstform handelt. Jedoch habe es aber schon ein paar Mal mitbekommen, vor allem als ich eine Zeit lang auf einem Wohnheimkomplex auf dem Campus gewohnt habe. Diese Art der Kommunikation mit den Nachbar-WGs fand ich auch jeden Fall sehr kreativ und amüsant.

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