Mein Name ist Klara und ich schließe heute meine Tabs zum Thema offene Browserfenster.

Meine offenen Tabs handeln von der Zelebration des Öffnens und Schließens neuer Computertabs, was genau eigentlich „Rabbit Holes“ im Internet sind, und von Lena. Sie erzählt mir im Gespräch, warum sie immer so viele Tabs offen hat, wie ihr die ganzen Fenster einerseits helfen, wie sie manchmal aber auch Tab für Tab tiefer ins „Rabbit Hole“ hineinkriecht. Außerdem öffnet sie ihre Fenster und zeigt ihre letzten Suchanfragen.

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Junge Frau steht mit Rucksack im Wald

Lena auf dem Weg ins „Rabbit Hole“.

 

Leben am (Tab-)Limit

IPhone Tabgruppe mit 500 Tabs offen, Screenshot

500 Tabs in einem Fenster.

„Auf dem Handy habe ich im Schnitt 490 Tabs offen”, sagt Lena als erstes in unserem Gespräch. „Als du mich das erste Mal gefragt hast, waren es 481. Zwischendurch waren es auch mal 500, das ist das Maximum. Es ist mir schon mal passiert, dass man nicht mehr Tabs öffnen konnte – dann hab′ ich alle geschlossen und einen Reset gemacht.“

500 Fenster, das ist das Maximum an Browserseiten, die man in einer Tabgruppe auf dem iPhone öffnen kann, dann muss man welche schließen. Einzelne Tabgruppen kann man jedoch unbegrenzt viele eröffnen. Zur Erklärung: In einem Browserfenster können viele Tabs geöffnet sein und es können gleichzeitig mehrere Browserfenster offen sein. Beim iPhone ist das (Browser-)Fenster die „Tabgruppe“. Die Fragen an Lena beziehen sich ausschließlich auf offene Tabs in einem Fenster.

Drei meiner Freund*innen haben durchschnittlich mehr als 400 Tabs offen; Lena ist eine davon. Sie ist 30 Jahre alt, hat zum Sommersemester 2017 in Tübingen ihr Medizinstudium angefangen und schreibt momentan ihre Doktorarbeit.

Lena switcht zwischen Tabs, um Urlaub zu buchen.

Lena erzählt, dass sie meistens so viele Fenster offen habe, weil sie über ihr Handy alles Mögliche recherchiert, nachliest, vergleicht und bucht:„Ich lasse Sachen und Themen, die ich gut finde, offen und lege dann verschiedene Tabs an, sodass ich schnell zwischen den Quellen switchen kann.“

An einem Computer sieht das bei ihr anders aus, wahrscheinlich aus Gewohnheit, sagt sie. Denn auf der Arbeit im Krankenhaus kann sie aus Datenschutzgründen nicht einfach beliebig viele Tabs öffnen und vor allem nicht offenlassen. Daher laufen ihre Recherchen auf der Arbeit, zum Beispiel zur genauen Dosierung eines Medikaments, meistens so ab: Tab öffnen, suchen, Lösung rausschreiben.

Laptop auf dem Tisch, Handy und Kaffeetasse stehen daneben, Google Suchleiste ist geöffnet

Lena am Laptop mit einem „cleanen“ Browserfenster.

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Auf der Suche nach dem Kaninchen

„Rabbit Holes“ – das sind die metaphorischem, immer weiter abwärtsführendem Tunnel ins Internet, die einen stetig tiefer in ein Thema führen. Die Tabs sind Abzweigungen im Kaninchenbau, an jeder Ecke gibt es eine neue.

Diese Kaninchen haben den Weg herausgefunden. © Unsplash

Wie kommt man eigentlich an den Punkt, an dem man an die 500 Browserfenster geöffnet hat? „Es sind schon ziemlich viele unkontrollierte Tabs, oft hab′ ich irgendwelche Prominenten gegoogelt und erst jetzt, als ich mir mal all meine Tabs durchgeschaut habe, gemerkt, dass ich teilweise zwei-, dreimal gesucht habe, welche Schauspieler zum Beispiel in einem bestimmten Film mitspielen.“

Lena meint mit ‚unkontrolliert‘ dabei nicht, sich von Link zu Link durchs Internet zu hangeln, sondern eher für jede Idee, jede Suchanfrage einen neuen Tab zu öffnen, ohne mal nachzugucken, ob man genau diesen nicht schon mal geöffnet hat. Aber ab und zu fällt Lena auch in ein “Rabbit Hole” , sagt sie etwas nachdenklich. Meistens, wenn sie bei Online-Artikeln auf Links klickt und sich dadurch ein neuer Tab öffnet, in dem man wieder durch weiterführende Links in neue Abzweigungen des Kaninchenbaus gelangt. Und die Tabs bleiben offen, um den Weg zurück nicht aus den Augen zu verlieren.

Der Ausdruck „down the rabbit hole“ hat seinen Ursprung in dem Kinderbuch Alice in Wonderland von Lewis Carroll, in dem Alice immer tiefer in einen Kaninchenbau hineinfällt, bis sie in einer Parallelwelt ankommt. Die Metapher des „Rabbit Holes“ kann man mit dem deutschen Sprichwort „vom Hölzchen aufs Stöckchen kommen“ vergleichen. Es geht dabei um das Abschweifen vom Thema oder dem willkürlichen Wechsel zwischen Themen, oder aufs Internet bezogen: von Tab zu Tab zu Tab, immer tiefer in ein Thema rein.

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Hängst du an deinen Tabs?

„Ich muss dazu sagen, ich glaub, dass ich mir davor nie so viele Gedanken über meine Tabs gemacht habe.“ Lena nimmt noch einen Schluck von ihrem Kaffee, als sie darüber nachdenkt, ob keine Tabs offenzuhaben eine Erleichterung wäre. „Weiß nicht, ob das so ein Erleichterungsgefühl ist. Beim Handy nehme ich die ganzen Tabs gar nicht so als Masse wahr“, antwortet sie. „Ich hab das beim Handy auch schon mal gezielt gemacht, dass ich alle Tabs geschlossen habe. Beim Laptop ist es was anderes, da lösche ich auch öfter mal alle Tabs, damit es cleaner ist und ich besser arbeiten kann.“

Warum Lena ihre Handytabs nicht einfach zwischendurch mal löscht, oder gar direkt nach der Suchanfrage, erklärt sie ganz pragmatisch: „Meistens vergesse ich einfach, dass da so viele Tabs offen sind. Vor allem auch welche.“

Eine blanke Leinwand, auf der noch keine Tabs geöffnet sind.

In einem „cleanen“ Fenster die erste Suchanfrage zu stellen, ist ein bisschen wie auf einer blanken Leinwand den ersten Strich zu machen – was ist denn der erste Strich deines 500-Tab-großen Gemäldes? „Wie viel Zeit haben wir?“ lacht Lena und fängt an in ihrem Handy hochzuscrollen. „Ah hier, ich hab’s. Es ist eine Suche zu House of the Dragon, die Spin-off Serie von Game of Thrones.”

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Mein Name ist Klara und ich habe all meine Tabs zum Thema offene Browserfenster geschlossen.

 

Ihr habt noch nicht genug von Tabs? Dann hört doch mal bei den Tab-Spezialisten vom Podcast „too many tabs“ rein, die diesen Beitrag inspiriert haben. Und wenn ihr noch nicht genug von unseren Fenster-Beiträgen habt, dann folgt uns auf Instagram (look outside)! Mehr zum Thema lest ihr außerdem hier (look inside).

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