Was mit dem Wunsch nach einer Tasse Kaffee begann, öffnet heute Fenster in die ungewöhnlichsten Welten. Von wunderschönen Reisezielen über Glühbirnen bis hin zu Wildkatzenoperationen – Webcams bieten faszinierende Einblicke. Eine Sammlung.

Die Kollegin mit zerzauster Frisur und Jogginganzug, beim Chef rennen die Kinder durchs Bild – Webcams dienten zu Corona-Zeiten als Fenster in die Wohnzimmer der Teammitglieder und gewährten den einen oder anderen unfreiwilligen Einblick. Nach unzähligen Tagen im Homeoffice hat wohl jeder erst einmal genug von den etlichen Videokonferenzen und den damit verbundenen Webcam-Marathons. Doch wer glaubt, die kleinen Geräte seien aus dem Bedürfnis heraus entstanden, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, der liegt weit daneben: Alles begann mit dem Wunsch nach einer Tasse Kaffee.

Von Koffein und Kameras

Der Computerwissenschaftler Quentin Stafford-Fraser wollte 1991 eigentlich nur den Mitarbeitenden in seiner Forschergruppe helfen, die auf der Suche nach einer Tasse Kaffee immer wieder eine leere Kanne vorfanden. Damit sie nicht immer umsonst drei Stockwerke hinunterlaufen mussten, erfand er ganz nebenbei die Webcam: Um das begehrte Koffein besser verteilen zu können, richtete er eine Kamera auf die Filtermaschine und schrieb eine Software, die es ermöglichte, ein Bild der Maschine in das interne Netzwerk des Labors zu übertragen. Dreimal pro Minute erreichte ein verschwommenes Abbild der Maschine die Bildschirme der Labormitarbeiter*innen an der Universität Cambridge. Endlich konnten alle den Kaffeepegel ganz genau verfolgen. Später wurden die Bilder auch ins Internet übertragen und die ganze Welt konnte auf die Kaffeemaschine blicken. Die Webcam war geboren. Berühmt wurde am Ende übrigens nicht die Kamera, die die Online-Kommunikation revolutionierte, sondern die alte Filtermaschine. Im Jahr 2001 ersteigerte das Nachrichtenmagazin Spiegel Online die wohl teuerste defekte Kaffeemaschine für den stolzen Preis von 3.350 britischen Pfund. Sie wurde repariert und konnte bis 2015 wieder über zwei Webcams beobachtet werden.

Ausblick in fremde Welten

Im Vergleich zu der ersten Webcam sind die heutigen Geräte wesentlich kleiner und handlicher. Sie sind erschwinglicher geworden und werden inzwischen weltweit eingesetzt. Sie bieten unzählige Möglichkeiten und öffnen ein breites Spektrum an Fenstern in verschiedene Welten. Mit Hilfe von Webcams ist es nicht nur möglich, Videokonferenzen abzuhalten, sondern auch Erfahrungen und Momente mit anderen zu teilen. Ob es darum geht, die Freuden eines Familienfestes über große Distanzen hinweg zu teilen oder um andere an Reisen und Abenteuern teilhaben zu lassen – Webcams haben die zwischenmenschliche Kommunikation grundlegend verändert.

Hier eine Auswahl schöner, interaktiver, mysteriöser und im wahrsten Sinne merkwürdiger Webcams.

Ein Fenster mit Meerblick

Diese traumhafte Aussicht auf die Bucht von Portofino ist nur einen Klick entfernt. (Screenshot der Website; © VisioRay)

Wer keine Zeit oder kein Geld hat zu verreisen, kann dies zumindest ersatzweise am Bildschirm tun und in fremde Welten eintauchen. Wie wäre es mit einem Ausblick auf die Bucht von Portofino?

Skurriles live vom OP-Tisch

Diese Live-Kamera überblickt einen Raum im Kitten Rescue Sanctuary in Los Angeles. (Screenshot der Website; © Explore Annenberg LLC).

Tiere sind der absolute Renner in der Webcam-Welt. Besonders skurril: Über diesen Livestream lassen sich gelegentlich Wildkatzenoperationen verfolgen. Die Livekamera befindet sich direkt über dem Operationstisch im Krankenhaus von „Big Cat Rescue“, einer Einrichtung, die exotische Großkatzen rettet und beherbergt. Rund 70 bis 90 Operationen werden hier jährlich durchgeführt.

Wem das zu viel ist, der kann auch Babykatzen beim Spielen oder beim Mittagsschlaf zuschauen.

Shark-Cam: ein Fenster in die Unterwasserwelt

Mit etwas Geduld kann man hier neben einer Vielzahl von Fischen auch Haie entdecken. (Screenshot der Website; © Explore Annenberg LLC)

Wer will, kann hier Fische beobachten. Diese Live-Unterwasserkamera befindet sich 34 Meilen vor der Küste von Cape Fear, North Carolina. Der Livestream soll neben den vielen verschiedenen Fischen auch Haie zeigen. Nach 20 Minuten vor der Linse ist endlich der erste Hai durch meinen Bildschirm geschwommen.

Dem Monster von Loch Ness nachstellen

Die Betreiber dieser Website sind der Ansicht, dass es zahlreiche Beweise für die Existenz des Ungeheuers von Loch Ness gibt. (Screenshot der Website; © Mikko Takala (TV Featured Cryptozoologist))

Wer keinen Hai entdecken konnte, der kann sein Glück am schottischen Loch Ness versuchen. Hier kann jeder die Wasseroberfläche beobachten und warten, ob das Ungeheuer auftaucht.

Smart Home im Livestream steuern

Auf dieser Website kannst du dich auf Kosten anderer amüsieren. (Screenshot der Website; © Restil (C))

Das Smart Home von Fremden steuern lassen – für die meisten wohl die absolute Horrorvorstellung. Doch ein Texaner will genau das: Er gewährt nicht nur einen Einblick in sein Zuhause, sondern lässt seit 1997 die Nutzer*innen die Lampen in seiner Wohnung an- und ausschalten. Einfach auf die entsprechenden Schalter klicken und im Livestream schauen, was passiert.

Für besonders Geduldige: The Pitch Drop Experiment

Der neunte Pitch Drop fiel im April 2014. (Screenshot der Website; © The University of Queensland)

Das Langzeitexperiment beobachtet das Tropfverhalten von Pech. Hier ist Timing gefragt – etwa alle zehn Jahre fällt vor der Webcam ein Tropfen der schwarzen Masse.

Die ewige Glühbirne

Die Glühbirne befindet sich in einem Feuerwehrhaus in Kalifornien. (Screenshot der Website; © LP Firefighter Foundation)

Ähnlich viel passiert hinter diesem Fenster. Der Blick fällt auf eine brennende Glühbirne, nichts bewegt sich. Spannender ist allerdings die Geschichte dahinter. Die Birne wurde 1901 entzündet und brennt seitdem ununterbrochen. Sie gilt als die am längsten brennende Glühbirne der Welt. Kritiker*innen würden den Nutzer*innen solcher Angebote wohl unterstellen, sie hätten zu viel Zeit.

Titelbild © Unsplash

 

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