Fenster in der modernistischen Architektur

In der modernistischen Architektur, die in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreichte, wurde eine neue Design-Philosophie eingeführt, die sich von traditionellen Baustilen abgrenzte. Eine Schlüsselkomponente dieser Bewegung war die bewusste Nutzung von Fenstern, um das Erscheinungsbild von Gebäuden zu verändern und gleichzeitig ihre Funktionalität zu verbessern.

Dieser Beitrag beschreibt das Fenster in der modernistischen Architektur anhand von Beispielen wie dem Fagus-Werk, dem Seagram Building und der Villa Savoye, die alle von bekannten Architekten dieser Zeit stammen. Die Architekturtheorie dieser Epoche wird zudem von den Grundsätzen zweier wegweisender Pioniere geprägt: Louis Sullivan mit seinem Leitsatz „Die Form folgt der Funktion“ und Ludwig Mies van der Rohe mit dem Motto „Weniger ist mehr“. Ein weiterer wichtiger Architekt der modernen Architektur ist Walter Gropius.

Die klassische Moderne

Die klassische Moderne reicht von den Jahren 1910 bis in die 1960er. Aus diesem Zeitraum stammen einige Stile wie beispielsweise der Expressionismus oder der Funktionalismus. Dank einer Vielzahl von Strömungen weisen moderne Bauwerke oft erhebliche Unterschiede in ihrem äußeren Erscheinungsbild auf. Trotzdem sind bestimmte wiederkehrende Merkmale erkennbar, die formalen und technischen Grundsätzen folgen. Charakteristische Baumaterialien wie Stahl, Glas und Spannbeton werden häufig verwendet. Die heutige Architektur gehört auch zur modernen Architektur.

Stile der modernen Architektur

In manchen Fällen besteht die irrtümliche Annahme, dass moderne Architektur auf strikte geometrische Formen beschränkt ist, aufgrund ihres reduzierten und geradlinigen Designs. Strömungen wie der Expressionismus, bei dem oft mit gezackten und runden Formen gebaut wurde, zeigen, dass moderne Architektur vielseitiger und experimenteller sein kann. Eine weitere bedeutende Strömung der Klassischen Moderne ist der sogenannte Internationale Stil, der sich in den 1920er Jahren zunächst in Europa und später in den Vereinigten Staaten durchsetzte. Bis heute folgen viele Bürogebäude und Wolkenkratzer in den USA den Prinzipien dieses modernen Stils. Dieser Stil soll zwanglos und asymmetrisch sein. Mit der Zeit entwickelte er sich zu einem Hochhaus mit einer gläsernen Vorhangfassade, wie wir beim Seagram Building sehen werden. Die ausgewählten Beispiele gehören alle drei zum internationalen Stil.

Helligkeit, Frischluft und Offenheit: das Fagus-Werk

Horizontale Fensterstreifen prägen das Fagus-Werk in Alfeld. © Carsten Janssen / CC BY-SA 2.0 de

Eines der ersten Gebäude der modernistischen Architektur ist das im Jahr 1911 erbaute Fagus-Werk. Das Fagus-Werk steht in Alfeld (Leine) und wurde vom Architekten Walter Gropius entworfen. Der visionäre Unternehmer Carl Benscheidt beauftragte den aufstrebenden Architekten Walter Gropius damit, eine Fabrik für Schuhleisten zu bauen. Schuhleisten sind Formen, die für die Herstellung von Schuhen genutzt werden. Das Fagus-Werk verkörpert eine architektonische Vision, die zu dieser Zeit erstmals die Notwendigkeit von Helligkeit, Frischluft und Offenheit berücksichtigte. Im Sinne der modernen Architektur nutzte es Glas und Stahl, um diese Ideen des Neuen Bauens umzusetzen. Im Jahr 2011 wurde auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.

Die imposanten Fenster des Fagus-Werks sind nicht zu übersehen. Sie erstrecken sich in horizontaler Anordnung und lassen viel natürliches Licht in das Gebäude strömen. Geschickt platzierte grüne Keramikziegel verleihen den Fenstern eine strukturierte Optik und bieten gleichzeitig eine gewisse Privatsphäre. Gleichzeitig ermöglichen sie weiterhin den Blick nach draußen und schaffen eine Verbindung zur Umgebung.

Dunkles Glas zieht sich in die Höhe: das Seagram Building

Die Fassade aus Glas und Bronze des Seagram Buildings steht für Fortschritt und Innovation. © Max Hermus, Dutch Wikipedia

Ein Beispiel aus dem Internationalen Stil ist das Seagram Building in New York City. Entworfen wurde es von Ludwig Mies van der Rohe zusammen mit dem Architekten Philip Johnson. Das im Jahr 1958 fertiggestellte Hochhaus verkörpert die essenziellen Merkmale des Internationalen Stils auf ikonische Weise. Mit seiner klaren, rechteckigen Form, dem Einsatz von Stahl und Glas sowie seiner minimalistischen Ästhetik hat das Seagram Building einen unvergleichlichen architektonischen Einfluss auf das 20. Jahrhundert ausgeübt.

Das Hochhaus zeichnet sich durch seine Fassade aus dunklem Glas und Bronze aus. Es steht symbolisch für den Fortschritt und die Innovation in der Architektur. Der deutsche Mies van der Rohe prägte die moderne Architektur, indem er sie auf das Wesentliche reduzierte. Seine Werke zeichnen sich durch Einfachheit und Klarheit aus und haben einen enormen Einfluss auf die Architekturwelt. Sein minimalistisches Design ohne überflüssige Verzierungen revolutionierte die Branche und inspiriert bis heute Architekten weltweit.

Die Fenster des Seagram Building erstrecken sich vertikal in einer eindrucksvollen Reihe entlang der Bronzefassade und lassen das natürliche Licht in die Innenräume fließen. Die klaren Glasflächen bieten einen atemberaubenden Ausblick auf die Metropole New York City, schaffen aber auch eine Verbindung zwischen der lebendigen Außenwelt und dem ruhigen Inneren des Gebäudes. Die Fenster unterstreichen seinen unverkennbaren Platz in der Skyline der Stadt.

Panoramablick aus Bandfenstern: die Villa Savoye

Eine fast nahtlose Verbindung zwischen Drinnen und Draußen schaffen die langen Fensterbänder der Villa Savoye. © LStrike / CC-by–sa 3.0 de

Auch Charles-Édouard Jeanneret Le Corbusier war ein bedeutender Architekt der modernen Zeit. Er baute viele bahnbrechende Gebäude auf der ganzen Welt. Ein prägendes Gebäude von Le Corbusier ist die Villa Savoye, die sich in der Nähe von Paris befindet. Die Villa Savoye wurde im Jahr 1928 erbaut und wird als das Haus der modernen Architektur bezeichnet. Sie ist das Ergebnis von zehn Jahren Forschung und Experimenten. Dabei werden die fünf Punkte einer neuen Architektur umgesetzt: Stelzen, ein langes Bandfenster, ein Flachdach, ein freier Grundriss und freie Fassaden.

Die Fenster der Villa Savoye sind durchgehende horizontale Fensterbänder, die sich über alle Außenwände der Fassade erstrecken. So können sie den Innenraum mit viel Licht durchfluten. Das lange Bandfenster ermöglicht eine weitreichende Aussicht auf das Panorama, so dass das Landschaftsbild in vollen Zügen genossen werden kann. Durch das schlichte Design und ihre großzügige Anordnung schaffen die Fenster ein Gefühl von Weite und ermöglichen eine nahtlose Verbindung zwischen Innen- und Außenraum. Sie sind ein markantes Merkmal der Villa Savoye und tragen zu ihrer zeitlosen Eleganz bei.

Fazit

In der modernistischen Architektur erfüllen Fenster somit also nicht nur Funktionen in Sachen Licht und Luftaustausch, sondern spielen auch eine wesentliche Rolle bei der ästhetischen Gestaltung und der Verbindung von Innen- und Außenräumen. Die Verwendung von Glas und die bewusste Beschränkung bei der Gestaltung der Fenster prägen maßgeblich das Erscheinungsbild zahlreicher modernistischer Gebäude. Durch die geschickte Integration der Fenster in das Gesamtkonzept entstehen einzigartige architektonische Kompositionen.

Titelbild © Pixabay

Ihr habt noch nicht genug von unseren Fenster-Beiträgen? Dann folgt uns auf Instagram (look outside)! Mehr zum Thema lest ihr außerdem hier (look inside).