Vom Start–up bis zum Großkonzern, vom Single-Haushalt bis zur Großfamilie. Sie alle beschäftigen sich mit dem Problem: Wohin mit dem Plastikmüll? Während wir unsere granulatgepressten Hüllen in staatliche Verantwortung übertragen, schaffen Handelsunternehmen eigene Wege, mit Plastikrecycling umzugehen. Gibt es zu den bunten Problemen auch runde Lösungen?
In einer Welt voll buntem Granulat, gefüllt in die vielen Bereiche des Alltags, finden sich vermehrt ebenso vielfältige Versprechen. Viele Handelsunternehmen haben schon vor eine Weile erkannt, dass Verbraucher*innen vermehrt darauf achten, ob mit einem Produkt verantwortungsvoll gehandelt wird, die Verpackung recycelbar gestaltet ist und vieles mehr. Das fällt besonders bei einem Blick in die Supermarktregale auf. Bei einem genaueren Blick wird der Wald an Recyclingversprechen so dicht, dass man kaum noch hindurchsehen kann. Plastik ist zu einem Rohstoff geworden, der von Unternehmen etwa durch „geschlossene Kreisläufe“ befördert wird. Oft ist auch von Rezyklat oder Altplastik die Rede. Aber was hat es mit all diesen Schlagworten auf sich?
Besonders für Produkte, die innerhalb des Betriebes hergestellt werden, findet sich ein geschlossener Kreislauf. In der Theorie können so alle verwendeten Rohstoffe für Verpackungen recycelt und in den Verwertungsprozess zurückgeführt werden. Man denke zum Beispiel an gewöhnliche PET-Flaschen: Meistens stehen sie in Gruppen zu sechst im Regal, fassen jeweils 1,5 Liter eines beliebigen Inhalts und wenn sie geleert sind, finden sie ihren Weg zurück in den Pfandautomaten. Dort werden sie gesammelt und in großen Säcken in eine Verwertungsanlage gebracht. Dort angelangt beginnt die Magie: Die Flaschen, oder vielmehr: was davon übrig ist, werden mit mechanischen Verfahren sortiert, gewaschen, geschmolzen und zu sogenannten Rezyclaten aufbereitet. Aus diesem stellt man im besten Fall wieder neue Flaschen her. Der Kreislauf beginnt von Neuem.
Ein Konzept der Zukunft? Weit gefehlt. Der genaue Anteil von solchem Altplastik bzw. Rezyklat lässt sich nach heutigen Methoden der Analytik kaum feststellen. Das Perfide dabei ist, dass neues Plastikgranulat gerne aus Asien importiert wird – denn es ist oft günstiger als Rezyklat. Dadurch wird ein vollständiger Kreislauf mit 100 Prozent Rückführquote leider eine Utopie bleiben. Zudem ist nicht jede Verpackung so einfach zu verwerten…
Ein vielschichtiges Problem – liegt die Lösung im Tetrapak?
Beschäftigt man sich ein wenig mit Plastikverpackungen, stößt man schnell auf unattraktive Begriffe. Einer davon ist die sogenannte „Mehrschichtverpackung“. Klingt trocken, ist aber in Recyclingkreisen eine delikate Angelegenheit. Denn besagte Verpackungen bestehen nicht aus vergleichsweise harmlosem Plastikgranulat, sondern aus vielen unterschiedlichen Schichten. Von Folien bis hin zu dünnem Aluminium bieten solche mehrschichtigen Verbundstoffe oft ein übles Potpourri an Wertstoffen – die es aber ja zu recyceln gilt. Wer schon einmal etwas vom „European Green Deal“ gehört hat, kennt auch das Schicksal der Mehrschichtverpackung. Denn der Deal sagt diesen den Kampf an: Bis 2030 müssen alle Verpackungen wiederverwendbar oder recycelbar sein.
Bedeutet das nun das Aus für die praktischen Behältnisse für Milch und Co.? Nein, denn eine Lösung ist schon in Sicht. Die stammt von einem Verbund aus vier Unternehmen (BASF, Sulayr, Evertis und Bobst) und verspricht, selbst solche resistenten Problemfälle erfolgreich wiederzuverwerten. Ihre Produkte greifen dabei perfekt ineinander: Sulayr sind Experten für Recycling, BASF liefert Industrieklebstoff, Evertis die Folie und Bobst eine Anlage die Komponenten zu verbinden. Im Inneren des Lösungsverfahrens schlägt ein Herz aus PET-Mehrschichtfolie, die mit wasserbasiertem Klebstoff zusammenlaminiert wird. Nach Gebrauch können die einheitlichen Schichten wieder voneinander getrennt und in den Kreislauf ihrer Herstellung zurückgeführt werden. Ein Novum auf dem Markt, denn es zeigt, dass Verwertung von Verpackungen aus mehreren Komponenten gemeinsam möglich sein kann.
Aus dem Bad ins Meer? So weit kommt es nicht mehr!
Von bunten Versprechungen über mehrschichtige Probleme hin zu zukunftsfähigen Lösungen – diesen Ansatz verfolgt das Berliner Start-up Circleback. Am plastikverseuchten Strand von Panama wurde die Idee geboren und hier in Deutschland schließlich umgesetzt. Der Standort ist nicht zufällig gewählt: Denn bei uns sorgt das Pfandsystem für eine Eindämmung der Plastikflut – zumindest bei Getränken. Doch gibt es einen Ort im Haushalt, neben der Küche, der einen enormen Plastikschatz birgt: das Bad. Shampoo-Flaschen, Creme- und Zahnpasta-Tuben sind für das Unternehmen ein wertvoller Rohstoff. Ziel ist eine Recyclingquote von 90 Prozent. Zu Hilfe kommen soll die praktikable Idee des Pfandsystems. Speziell Unternehmen aus dem Bereich der Kosmetik- und Körperpflege sind angesprochen. Die Partnermarken bezahlen Circleback eine Gebühr für Sammlung und Reinigung. Dafür bekommen die Verbraucher*innen von Circleback über eine App bis zu 20 Cent pro Plastikverpackung erstattet. Und das Konzept geht auf: Immer mehr Unternehmen nutzen den Service. Mittlerweile läuft in einem Supermarkt in Berlin auch die Pilotphase eines solchen Badartikel-Pfandautomaten.
Greenwashing – die dunkle Seite der Macht
Im Zuge aufkommender Umweltfreundlichkeit von Unternehmen findet sich auch der Begriff des „Greenwashings“ immer öfter. Mithilfe von unsauberen Methoden wird den Verbraucher*innen ein Bild von lückenlosem Recycling, verantwortlichem Handeln und Umweltbewusstsein gezaubert. Mit der Realität hat dies jedoch wenig bis gar nichts zu tun. Ein Beispiel dafür lenkt den Fokus wieder auf die Plastikflaschen. Denn die Deutsche Umwelthilfe warf etwa Danone, Lidl und Pepsi Greenwashing bei manchen ihrer Einwegflaschen vor. Die Unternehmen hatten zuvor mit Plastikflaschen aus 100 Prozent Rezyklat geworben.
„Die suggerierten geschlossenen Materialkreisläufe und vereinzelte Showprodukte täuschen nicht darüber hinweg, dass Einweg-Plastikflaschen klimaschädliche Verpackungen sind. Die Lösung der Plastikmüllkrise kann nicht noch mehr Einweg-Plastik sein!“ so Barbara Metz, stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe.
Es ist nicht alles Gold, was glänzt
Das berühmte Shakespeare-Zitat lässt sich gut und gerne auf Plastikrecycling und Handelsunternehmen übertragen. Genauer auf teils faule Versprechen, die Produkte in besseres Licht stellen. Daher ist es ratsam, sich mit solch goldenen Behauptungen genauer auseinanderzusetzen. Dennoch sind bereits vielversprechende Lösungen am Markt und die Entwicklung steht nicht still. Wir können also gespannt sein – auf neue runde Lösungen für bunte Probleme.
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Bei den ganzen Möglichkeiten, Plastik zu recyclen, verliert man schnell mal den Überblick. Dein Beitrag hat mir geholfen, Licht ins Dunkle zu bringen. Danke für deine Recherche und den guten Beitrag!