Millennial at work. Photo by rawpixel.com from Pexels

Es liegen etwa 40 Jahre zwischen der sogenannten 68er Generation und den Millennials. Innerhalb dieser 40 Jahre wurde die Welt von vielen Veränderungen geprägt, welche auch die Unterschiede zwischen den beiden Generationen hervorbrachten. Mithilfe des Verständnisses der Unterschiede und Gemeinsamkeiten können Maßnahmen ergriffen werden, um Faktoren wie Kommunikation, Zufriedenheit, Übereinkunft und die Produktivität im Arbeitsalltag zu steigern. Doch worin liegen genau diese Unterschiede und Gemeinsamkeiten? Wodurch wurden die Generationen jeweils beeinflusst?

Die Generation der 68er wurden in den 1940er oder 1950er Jahren geboren und wuchsen in einem vom Krieg geprägten Deutschland auf. Die Generation der Millennials kamen hingegen mit einige Dekaden Abstand von solch traumatisierenden Ereignissen zur Welt. Zu ihr werden Menschen gezählt, die in den 1980er bis späten 1990er Jahren geboren wurden. Die 68er rebellieren gegen alles und Millenials sind arbeitsscheu. Für alle Generationen haben sich Stereotype verbreitet – jeder ist ein Kind seiner Zeit. Aber jedes einzelne Individuum ist anders gepolt und vertritt andere Werte. Gibt es Unterschiede zwischen den Generationen im Hinblick auf Selbstverwirklichung, Werte und Work-Life-Balance im Arbeitsleben?

1. Selbstverwirklichung

Die Zeit um die 1968er Jahre war von unterschiedlichen Meinungsbildern geprägt wie kaum eine andere Zeit in der Deutschen Geschichte. Es begegneten sich Menschen auf der Arbeit, die ein grundlegend unterschiedliches Verständnis von Themen wie Hierarchie, Gleichberechtigung und Autorität hatten. Der konservativen Elterngeneration stand die aufbegehrende, nach Selbstbestimmung strebende jüngere Generation gegenüber. Was ist davon übrig?

Das Leistungsprinzip abschaffen

Einen wichtigen Einschnitt in Hinblick auf Arbeitsbedingungen und Lebensverhältnisse der Arbeitenden bildet die Rezession 1966/67. Die Zeit danach war von wirtschaftlichem Wachstum und weitreichenden Restaurationen geprägt. Durch die Erschütterung des Krieges und die Demontage der Produktionsmittel durch die Alliierten, war eine Rekonstruktion des Produktionspotentials notwendig. Das Leistungsprinzip abschaffen.

Ab 1968 wurde die Kritik am Leistungssystem der westlichen, kapitalistischen Welt, durch die neue Linke zunehmend lauter. Dem gegenüber stand die konservative Seite, die das etablierte Leistungssystem als „bürgerlichen Wert“ sah. Den Forderungen der linken Studentenbewegung wurde ein „schafft erst mal etwas“ von der konservativen Seite entgegengebracht. Ausschlaggebend für die Konflikte waren die Chancenungleichheit und die Leistungsmaßstäbe. Zudem geriet die maximale Produktivitätssteigerung zunehmend in Kritik, da diese aufgrund von endlichen Ressourcen eine Utopie sei.

„Die Frau heiratet sowieso, sie braucht keinen Beruf“

„Die Frau heiratet sowieso, sie braucht keinen Beruf.“ Bild von Jill Wellington auf Pixabay

„Die Frau heiratet sowieso, sie braucht keinen Beruf.“ Bild von Jill Wellington auf Pixabay

„Die Frau heiratet sowieso, sie braucht keinen Beruf.“ Bild von Jill Wellington auf PixabayIm beruflichen Werdegang der Frauen gab es alle denkbaren Konstellationen. Der Werdegang war von vielen Faktoren abhängig, wie dem sozialen Status, dem familiären Hintergrund und dem Grad der eigenen Selbstbestimmung. Die Zeitzeugin Helga Schillinger, die sich zu diesem Zeitpunkt in der Ausbildung befand, erinnert sich zurück:

„Auf der einen Seite gab es einige Stimmen, die für die Vereinbarkeit von Familie, Haushalt und Beruf sowie die Selbstbestimmung der Frau plädierten.“ Mittelständische Unternehmen erhörten diese und richteten sogenannte „Hausfrauenschichten“ ein. Diese „Hausfrauenschichten“ waren darauf ausgelegt, dass die Frauen neben dem Beruf Zeit für Haushalt und Nachwuchs finden konnten. In Nordrhein-Westfalen wurde auch der sogenannte „Hausfrauentag“ eingeführt. Durch ihn wurde den Frauen ein freier Tag pro Monat gewährt, an welchem sie Zeit für Haushalt und Kinder hatten.

Auf der anderen Seite – so Schillinger – gab es auch Frauen, deren Mann es ihnen nicht erlaubte, einen Beruf zu erlernen. Das könnte daran gelegen haben, dass die Durchsetzung der Frau gegenüber ihrem Mann in der Vergangenheit nicht geduldet wurde. So hatten die Frauen im sozialen Umfeld kein weibliches Vorbild, das den Männern offen widersprach oder die eigene Meinung selbstbewusst vertrat.

Die Ausbildung einer Frau wurde auch als eine Art Aussteuer gesehen, mit der sie ihr Ansehen und ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt nachhaltig steigern konnte. So war eine gute Ausbildung für eine Frau in gewissen Kreisen eine Art Imagepflege. Doch dies hatte zwei Seiten. „Eine Frau musste viel mehr Leistung erbringen, um halbwegs anerkannt zu werden.“ Erzählt Schillinger. „Es war damals unüblich, dass eine Frau eine Führungsposition einnahm.“

Quo Vadis Millennials?

Millennials oder auch Generation Y umfassen die Gruppe an Menschen, die in den 1980ern und frühen 1990ern zur Welt kamen. Man kann schon fast sagen, dass diese Generation berühmt berüchtigt ist. Böse Zungen vermuten sogar eine negativ behaftete Sicht auf diese Generation . Denn viele Klischees lassen diese Gruppe für Arbeitgeber im Vergleich zu früheren Generationen nicht besonders attraktiv aussehen. Doch was ist wirklich dran an diesen Klischees?

Heutzutage ist klar, dass das Leistungsprinzip sich nicht einfach abschaffen lässt. Wie soll soziale Gerechtigkeit erlangt und das ökonomische Gleichgewicht hergestellt werden? Wer entscheidet, was der Gesellschaft nützlich ist und was nicht? Heute ist klar: es besteht keine Neutralität, Leistung kann nicht anhand von Skalen und Formeln errechnet werden. Sie kann auch nicht hierarchisch geordnet oder mit anderen Leistungen verglichen werden.

Die Beziehung zwischen Millennials und Arbeitgebern

Selbstverwirklichung ist das Stichwort, nach dem sich viele der Millennials sehnen. Dabei kann sich das sowohl auf den Beruf als auch Freizeit beziehen. Auch wenn den Millienials die Bezahlung und die Sozialleistungen wichtig sind, so ist ihnen dennoch zwecks Selbstverwirklichung – nicht zu verwechseln mit dem Ansinnen auf Status – sind sie dazu bereit, stetig erreichbar zu sein und auch Überstunden zu leisten. Aber eben nicht zum Wohle des Unternehmens oder aus reinem Pflichtbewusstsein, sondern um sich selbst zu verwirklichen. Das heißt, dass niedere, sich wiederholende Arbeit ohne Sinn nur wenig Motivation hervorruft. Dies alles unterliegt jedoch auch gewissen Grenzen, da die Selbstverwirklichung innerhalb der Freizeit nicht vernachlässigt werden will. Daher ist der Ausgleich zwischen Beruf und Freizeit enorm wichtig. Außerdem wird erwarten die Millennials einen schnelleren Aufstieg durch harte Arbeit als die Vorgängergenerationen.

2. Werte

Becton zeigt in seiner Studie aus dem Jahr 2014 auf, dass die 68er loyal gegenüber ihrem Arbeitgeber sind, Ambitionen zeigen und leistungsorientiert arbeiten. Sie sind motiviert, die Welt durch ihre Ideale zu verändern. Trotz der geschichtlichen Ereignisse haben sie ein optimistisches Weltbild und leben ihren individuellen Lebensstil aus.

Für die Millennials hat ihr Status eine höhere Wichtigkeit als für die vorgehenden Generationen. Das kann allerdings auch daran liegen, dass die älteren Generationen schon diesen Status durch die langjährige Berufserfahrung erreicht haben. Die Millennials neigen dazu, einen Arbeitgeber zu suchen, der Freiheit und Autonomität unterstützt. Wenn ihnen das nicht gegeben wird, sind sie auch dazu bereit, die Arbeitsstelle zu wechseln.

Viele glauben, dass Millennials sich bei der Wahl des Berufs auf ihre Familienmitglieder und Freunde berufen. Wieder falsch – auch hier konnte die Studie von Hayes ein weiteres Klischee über die berüchtigten Jahrgänge entkräftigen. Allerdings bestätigt Hayes, dass finanzielle Aspekte weniger wichtig sind als entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten oder auch den zur eigenen Persönlichkeit passenden Job zu finden.

3. Work-Life-Balance

Viele Individuen fanden in den 1960er Jahren bei ihrer Arbeit keinen Raum für Kreativität, Selbstentfaltung und ein erfüllendes Familienleben. Vordergründig entwickelten sich die Leistungsanforderungen an die vorgegebenen Faktoren. Die Unternehmen flexibilisierten Arbeitszeiten, wodurch den Individuen Raum für Kreativität und Selbstentfaltung gegeben wurde. Der emotionale Zusammenhalt zwischen Arbeitnehmern und Unternehmen wurde gefördert, da dies zu einer Leistungssteigerung führte. Bei Feierabend ließen die Arbeitnehmer sprichwörtlich alles stehen und liegen und die Freizeit konnte beginnen. Nach Feierabend wurden die Angestellten nur im äußersten Notfall kontaktiert und hatten keine Verpflichtungen, Arbeiten für das Unternehmen zu verrichten.

Im Gegensatz zu „Work-Life-Balance“, gibt es jedoch gerade in der Generation der Millennials den Begriff „Work-Life-Blend“. Das heißt, dass zu den zahlreichen Erwartungen der Generation an ihre Arbeitgeber gehört, dass die Millenials während ihrer Arbeitszeit auch private Angelegenheiten regeln können. Wie zum Beispiel, dass sie Anrufe tätigen oder vielleicht mal kurz gegenüber bei der Post ein Paket abholen. Im Gegenzug dazu sind Millennials bereit, in ihrer Freizeit zu arbeiten oder zur Verfügung zu stehen. Dadurch, dass sie den digital Natives angehören, ist es für sie natürlich über digitale Medien erreichbar zu sein. Dies führt auch zur hervorragenden Vernetzung der Millennials, die sich sowohl analog als auch digital bemerkbar macht.

Tatsächlicher Unterschied oder Mythos?

Der Unterschied in Bezug auf die individuellen und wahrgenommenen Werte der Generationen können zu Konflikten führen. Allerdings wurden keine Unterschiede zwischen extrinsischen, intrinsischen, sozialen und altruistischen Werten festgestellt. Die Unterschiede fallen geringer aus, als man vermuten mag. In einer Metastudie von Jessica Hayes werden die  Unterschiede zwischen den Generationen als Mythos abgetan. Nicht nur das – es werden sogar Stereotype wie, dass die Millennials weniger Interesse an Gesellschaft und Politik hätten, invertiert.

Oft spricht und denkt man über die verschiedenen Generationen der letzten einhundert Jahre in festgelegten Bahnen und Mustern. Jedoch belegen Studien, dass alle Generationen sich als bedeutend diverser darstellen, als die Allgemeinheit wahrhaben möchte – trotz gemeinsam durchlebter gesellschaftlicher Ereignisse. Das Denken in Stereotypen hat einen evolutionären Vorteil – Menschen können Informationen schneller verarbeiten und schnell Entscheidungen treffen. Über Klischeedenken ließe sich wahrscheinlich eine eigene Serie an Artikeln schreiben. Bis dahin sollte man versuchen – wie bei allen Themen – einen „open mind“ zu behalten.

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